Literatur Balladen
Zu jeder Zeit hat mich die Freundschaft zwischen zwei Menschen tief bewegt, wie sie in Schillers Bürgschaft zum Ausdruck kommt. Und auch dass durch diese Freundschaft ein böser Tyrann seine Herzenseinstellung ändern konnte und die demütige Bitte äußerte doch der dritte im Bunde sein zu dürfen.
Sie erinnert mich außerdem an meine Schulzeit, in der wir schwitzend diese Ballade auswendig lernen mussten.
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
»Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!«
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben:
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen.«
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
»Drei Tage will ich dir schenken;
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh' du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.«
Wegen des enormen Umfanges der Ballade habe ich nur die ersten 3 Verse eingesetzt. Wer mag kann sie unter diesem Link weiterlesen.
Bürgschaft - Schiller
Sie erinnert mich außerdem an meine Schulzeit, in der wir schwitzend diese Ballade auswendig lernen mussten.
Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich
Damon, den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
»Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!«
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben:
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen.«
Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
»Drei Tage will ich dir schenken;
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh' du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.«
Wegen des enormen Umfanges der Ballade habe ich nur die ersten 3 Verse eingesetzt. Wer mag kann sie unter diesem Link weiterlesen.
Bürgschaft - Schiller
"....Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen.....«
Ist Freundschaft dies, wenn ungefragt
der Freund den Freund stellt als Bürgen?
Ich jedenfalls hätte dies niemals gewagt;
ich würde wohl eher selbst mich erwürgen!
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen.....«
Ist Freundschaft dies, wenn ungefragt
der Freund den Freund stellt als Bürgen?
Ich jedenfalls hätte dies niemals gewagt;
ich würde wohl eher selbst mich erwürgen!
Vielleicht gab es zu Schillers Zeiten noch Freundschaften, in der einer für den anderen eingetreten ist. Heute nicht mehr denkbar, zugegeben.
Aber eigentlich zeigt sich in dieser Ballade doch ein unglaubliches Vertrauen, die der Angeklagte seinem Freund entgegengebracht hat. Hätte er dies nicht gehabt, niemals hätte er ihn zum Bürgen preisgeben können. Er wusste es einfach, dass der Freund ihm helfen würde.
Andererseits kommt aber auch der unbändige Wille zum Ausdruck den für ihn bürgenden Freund nicht im Stich zu lassen, selbst wenn Naturgewalten und sonstige Schwierigkeiten ihn hindern würden.
Wie sieht das heute mit Bürgschaften aus? Werden sie oft nicht sogar missbraucht?
Echte Freundschaft setzt eben auch Vertrauen voraus.
Aber eigentlich zeigt sich in dieser Ballade doch ein unglaubliches Vertrauen, die der Angeklagte seinem Freund entgegengebracht hat. Hätte er dies nicht gehabt, niemals hätte er ihn zum Bürgen preisgeben können. Er wusste es einfach, dass der Freund ihm helfen würde.
Andererseits kommt aber auch der unbändige Wille zum Ausdruck den für ihn bürgenden Freund nicht im Stich zu lassen, selbst wenn Naturgewalten und sonstige Schwierigkeiten ihn hindern würden.
Wie sieht das heute mit Bürgschaften aus? Werden sie oft nicht sogar missbraucht?
Echte Freundschaft setzt eben auch Vertrauen voraus.
Viel mehr hat mich beim Lernen damals beschäftigt, warum der Mann, nachdem die Brücke von den Fluten weggerissen wurde, erst stundenlang sinnlos am Ufer herumläuft und auf eine Fähre wartet und dann doch schwimmt, anstatt gleich hinüber zu schwimmen und was das für dumme Räuber gewesen sein mögen, die einen klitschnassen Mann ohne Gepäck und sichtbar ohne Wertsachen überfallen?
Ich liebe Balladen!
Sie sind eine Gedichtart, leicht überzogen in ihrem Inhalt,
aber umsomehr das Gefühl ergreifend.
Wenn man sie nur mit dem Kopf zerlegt, wie ein Metzger das
Stück Fleisch, geben sie nicht viel her, ja, sie können
sogar teilweise lächerlich scheinen.
Das sind sie aber nicht, sie sind Erlebnisse von ernster
Tiefe und Emotion.
Wer sein Gemüt öffnet - dazu braucht es in unserer
aufgeklärten (?) Zeit sogar manchmal Mut, der kann
von Balladen Lebensmut und -kraft lernen.
Sirona, weiter so!
Es gibt von Alfred Weitnauer ein herziges Büchle:
"Sängers Fluch", darin sind auf allgäuerisch
einige Balladen herzerfrischend "verdichtet".
Auch die obige!
Ich darf hier nur darauf aufmerksam machen.
Clematis
Sie sind eine Gedichtart, leicht überzogen in ihrem Inhalt,
aber umsomehr das Gefühl ergreifend.
Wenn man sie nur mit dem Kopf zerlegt, wie ein Metzger das
Stück Fleisch, geben sie nicht viel her, ja, sie können
sogar teilweise lächerlich scheinen.
Das sind sie aber nicht, sie sind Erlebnisse von ernster
Tiefe und Emotion.
Wer sein Gemüt öffnet - dazu braucht es in unserer
aufgeklärten (?) Zeit sogar manchmal Mut, der kann
von Balladen Lebensmut und -kraft lernen.
Sirona, weiter so!
Es gibt von Alfred Weitnauer ein herziges Büchle:
"Sängers Fluch", darin sind auf allgäuerisch
einige Balladen herzerfrischend "verdichtet".
Auch die obige!
Ich darf hier nur darauf aufmerksam machen.
Clematis
Hallo Wolkenschieber,
in der Tat hatte ich beim ersten Lesen ähnliche Gedanken.
Doch wie Clematis richtig schrieb, kommt es bei den Balladen auf den Inhalt an, außerdem sollte man auch die dichterische Freiheit des Verfassers berücksichtigen.
Dass dieser Freund „sinnlos“ am Ufer hin- und herläuft könnte seinen aufgeregten und panischen Zustand beschreiben. Die Angst nicht rechtzeitig den Freund einzulösen mag ihn geistig gelähmt haben, so dass er keine logischen Schlussfolgerungen mehr ziehen konnte.
Und ein klatschnasser Mensch (er war ja nicht nackt) hat sicher an seiner Kleidung noch Taschen oder Wertgegenstände, z.B. eine Kette, einen Ring usw. Vielleicht vermuteten die Räuber etwas Ähnliches finden zu können.
Vorrangig beschrieb Schiller hier eine tiefe Freundschaft und unverbrüchliche Treue zweier Menschen, durch die ein böser Mensch zur Einsicht gekommen ist und sich gerne diesem Bund anschließen wollte.
in der Tat hatte ich beim ersten Lesen ähnliche Gedanken.
Doch wie Clematis richtig schrieb, kommt es bei den Balladen auf den Inhalt an, außerdem sollte man auch die dichterische Freiheit des Verfassers berücksichtigen.
Dass dieser Freund „sinnlos“ am Ufer hin- und herläuft könnte seinen aufgeregten und panischen Zustand beschreiben. Die Angst nicht rechtzeitig den Freund einzulösen mag ihn geistig gelähmt haben, so dass er keine logischen Schlussfolgerungen mehr ziehen konnte.
Und ein klatschnasser Mensch (er war ja nicht nackt) hat sicher an seiner Kleidung noch Taschen oder Wertgegenstände, z.B. eine Kette, einen Ring usw. Vielleicht vermuteten die Räuber etwas Ähnliches finden zu können.
Vorrangig beschrieb Schiller hier eine tiefe Freundschaft und unverbrüchliche Treue zweier Menschen, durch die ein böser Mensch zur Einsicht gekommen ist und sich gerne diesem Bund anschließen wollte.
Ach, Ihr lieben heutigen Kopfmenschen!
Es geht doch um eine Freundschaft, um ein unendliches
Vertrauen, und zwar - was immer übersehen wird -
beidseitig!
Nicht süf ungut, sagt der Schwabe, bei solch
heiklen Diskussionen
Clematis
Es geht doch um eine Freundschaft, um ein unendliches
Vertrauen, und zwar - was immer übersehen wird -
beidseitig!
Nicht süf ungut, sagt der Schwabe, bei solch
heiklen Diskussionen
Clematis
Hallo Sirona - natürlich gibt es die dichterische Freiheit, aber eben auch die Freiheit des Betrachters oder Lesers Es wäre ja auch noch interessant zu erfahren, welches Land oder welche Region es nur gewesen sein mag, in der es so starken Regen und brechende Dämme gleich neben brennender Hitze und grosser Dürre gegeben haben mag .. so weit auseinander konnte beides ja nicht voneinander sein und die Kleidung des Mannes müsste ja noch nass gewesen sein, wodurch der Durst so schlimm nicht gewesen sein kann. Um Ausreden war er wenigstens nicht verlegen, der Damon
Hallo Wolkenschieber, das ist ein sehr guter Denkanstoß, der mich veranlasst hat im Internet nachzuforschen. Dabei stieß ich auf diese Seite.
Dionys
Demnach handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um König Dionysios II, der in Syrakus (Ostküste Siziliens) herrschte.
Syrakus
Da Schiller ein Faible für die griechische Kultur hatte ist es möglich dass er bei der Ballade diesen Herrscher im Sinn hatte.
Danke Wolkenschieber, habe wieder etwas dazu gelernt.
LG Sirona
Dionys
Demnach handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um König Dionysios II, der in Syrakus (Ostküste Siziliens) herrschte.
Syrakus
Da Schiller ein Faible für die griechische Kultur hatte ist es möglich dass er bei der Ballade diesen Herrscher im Sinn hatte.
Danke Wolkenschieber, habe wieder etwas dazu gelernt.
LG Sirona
Die Gottesmauer
Draus vor Schleswig an der Pforte
Wohnen armer Leute viel.
Ach! des Feindes wilder Horde
Werden sie das erste Ziel.
Waffenstillstand ist gekündet;
Dänen ziehen aus zur Nacht;
Russen, Schweden sind verbündet,
Brechen ein mit wilder Macht.
Draus vor Schleswig, weit vor allen
Liegt ein Hüttlein ausgesetzt.
Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt ein frommes Mütterlein:
»Herr, in deinen Schoß ich schütte
Alle meine Sorg’ und Pein!«
Doch ihr Enkel, ohn Vertrauen,
Zwanzigjährig, neuster Zeit,
Hat, den Bräutigam zu schauen,
Seine Lampe nicht bereit.
Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt das fromme Mütterlein.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein:
»Daß dem Feinde vor uns graue,
Nimm in deine Burg uns ein!«
»Mutter«, spricht der Weltgesinnte,
»Eine Mauer uns ums Haus
Kriegt fürwahr nicht so geschwinde
Euer lieber Gott heraus!«
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
»Enkel, fest ist mein Vertrauen,
Wenn’s dem lieben Gott gefällt,
Kann Er uns die Mauer bauen,
Was Er will, ist wohl bestellt.«
Trommeln rumdidum rings prasseln;
Die Trompeten schmettern drein;
Rosse wiehern, Wagen rasseln;
Ach, nun bricht der Feind herein!
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
Rings in alle Hütten brechen
Schwed und Russe mit Geschrei,
Fluchen, lärmen, toben, zechen,
Doch dies Haus gehn sie vorbei.
Und der Enkel spricht in Sorgen:
»Mutter, uns verrät das Lied!«
Aber sieh! das Heer von Morgen
Bis zur Nacht vorüberzieht.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
Und am Abend tobt der Winter,
Um die Fenster stürmt der Nord.
»Schließt die Laden, liebe Kinder!«
Spricht die Alte, und singt fort.
Aber mit den Flocken fliegen
Nur Kosakenpulke ’ran;
Rings in allen Hütten liegen
Sechszig, auch wohl achtzig Mann.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt sie fort die ganze Nacht.
Morgens wird es still: »O schaue,
Enkel, was der Nachbar macht!«
Auf nach innen geht die Türe;
Nimmer käm er sonst heraus:
Daß er Gottes Allmacht spüre,
Liegt der Schnee wohl haushoch draus.
»Eine Mauer um uns baue!«
Sang das fromme Mütterlein.
»Ja! der Herr kann Mauern bauen!
Liebe, gute Mutter, komm,
Gottes Wunder anzuschauen!«
Spricht der Enkel und ward fromm.
Achtzehnhundertvierzehn war es,
Als der Herr die Mauer baut’;
In der fünften Nacht des Jahres
Hat’s dem Feind davor gegraut.
»Eine Mauer um uns baue!«
Sang das fromme Mütterlein.
Clemens Brentano
Draus vor Schleswig an der Pforte
Wohnen armer Leute viel.
Ach! des Feindes wilder Horde
Werden sie das erste Ziel.
Waffenstillstand ist gekündet;
Dänen ziehen aus zur Nacht;
Russen, Schweden sind verbündet,
Brechen ein mit wilder Macht.
Draus vor Schleswig, weit vor allen
Liegt ein Hüttlein ausgesetzt.
Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt ein frommes Mütterlein:
»Herr, in deinen Schoß ich schütte
Alle meine Sorg’ und Pein!«
Doch ihr Enkel, ohn Vertrauen,
Zwanzigjährig, neuster Zeit,
Hat, den Bräutigam zu schauen,
Seine Lampe nicht bereit.
Draus vor Schleswig in der Hütte
Singt das fromme Mütterlein.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein:
»Daß dem Feinde vor uns graue,
Nimm in deine Burg uns ein!«
»Mutter«, spricht der Weltgesinnte,
»Eine Mauer uns ums Haus
Kriegt fürwahr nicht so geschwinde
Euer lieber Gott heraus!«
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
»Enkel, fest ist mein Vertrauen,
Wenn’s dem lieben Gott gefällt,
Kann Er uns die Mauer bauen,
Was Er will, ist wohl bestellt.«
Trommeln rumdidum rings prasseln;
Die Trompeten schmettern drein;
Rosse wiehern, Wagen rasseln;
Ach, nun bricht der Feind herein!
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
Rings in alle Hütten brechen
Schwed und Russe mit Geschrei,
Fluchen, lärmen, toben, zechen,
Doch dies Haus gehn sie vorbei.
Und der Enkel spricht in Sorgen:
»Mutter, uns verrät das Lied!«
Aber sieh! das Heer von Morgen
Bis zur Nacht vorüberzieht.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
Und am Abend tobt der Winter,
Um die Fenster stürmt der Nord.
»Schließt die Laden, liebe Kinder!«
Spricht die Alte, und singt fort.
Aber mit den Flocken fliegen
Nur Kosakenpulke ’ran;
Rings in allen Hütten liegen
Sechszig, auch wohl achtzig Mann.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt das fromme Mütterlein.
»Eine Mauer um uns baue!«
Singt sie fort die ganze Nacht.
Morgens wird es still: »O schaue,
Enkel, was der Nachbar macht!«
Auf nach innen geht die Türe;
Nimmer käm er sonst heraus:
Daß er Gottes Allmacht spüre,
Liegt der Schnee wohl haushoch draus.
»Eine Mauer um uns baue!«
Sang das fromme Mütterlein.
»Ja! der Herr kann Mauern bauen!
Liebe, gute Mutter, komm,
Gottes Wunder anzuschauen!«
Spricht der Enkel und ward fromm.
Achtzehnhundertvierzehn war es,
Als der Herr die Mauer baut’;
In der fünften Nacht des Jahres
Hat’s dem Feind davor gegraut.
»Eine Mauer um uns baue!«
Sang das fromme Mütterlein.
Clemens Brentano