Forum Kunst und Literatur Literatur David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010

Literatur David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010

longtime
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David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von longtime
Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht in diesem Jahr an Grossman, meldet die ZEIT heute

Die Auszeichnung für den israelischen Schriftsteller David Grossman.
Begründung: Viele Jahre lang engagiere er sich für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern.


Grossman: Eine Frau flieht vor einer Nachricht


Rezensionen des Romans bei perlentaucher.de:

Rezensionen zu dem Roman von Grossman:

longtime
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Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von longtime
als Antwort auf longtime vom 10.06.2010, 13:37:34
Ein umfangreicherer, aktueller Text über David Grossman:
Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 10.06.2010, 14:00:37
Das ist doch mal eine gute Nachricht, vielen Dank fürs Einstellen.

Im vorigen Jahr hatte ich mich an einer Kampagne beteiligt, die sich dafür einsetzte, dass Barenboim diesen Preis bekommen sollte, das hatte leider nicht geklappt, stattdessen erhielt ihn dieser komische Magris (ist nicht abwertend gemeint), den fast niemand kennt und den ich auch heute noch nicht kenne.
Und jetzt muss ich wirklich endlich mal sein Buch "Eine Frau flieht vor einer Nachricht" lesen, das habe ich mir schon seit langem vorgenommen. Ein großes Versäumnis, dass ich Grossmann bisher nur aus Artikeln kenne, nicht aber aus seinen Romanen, ich geb's zu und schäme mich. Aber das, was ich bisher an Artikeln gelsen habe, hat mir sehr gut gefallen, vor allem seine Trauerrede um seinen gefallenen Sohn, die einen glühenden Appell gegen diese Kriege und für Frieden enthielt (ich habe sie in meinem PC, vielleicht finde ich sie mal im WWW, dann stelle ich sie ein.

Grossmann ist ein wirklich würdiger Preisträger genau für diesen Preis, ich freue mich darüber.

Und hier noch ein Link zu seinem Artikel gegen den Gaza-Krieg:

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Linta
Linta
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Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von Linta
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.06.2010, 15:04:41

@longtime

Danke fürs Einstellen. Hatte heute den Bericht in "Die Zeit" gelesen.


@Marina
genau an der Kampagne hatte auch ich mich beteiligt und war ebenso enttäuscht.


L.
enigma
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Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von enigma
als Antwort auf Linta vom 10.06.2010, 16:21:42
Hallo Marina,

ich kann Dir nur absolut beipflichten. Ich habe auch schon öfter, wenn ich wieder etwas über Grossman gelesen habe, gedacht, dass es nun an der Zeit ist, endlich ein Buch von ihm zu lesen.
Das nehme ich mir nun auch wieder mal vor.

Die Rede von David Grossman zum Tode seines Sohnes hatte mich damals auch sehr berührt.
Wie er seinen Sohn beschrieben hat als redlichen und verantwortungsvollen, aber auch sensiblen und feinfühligen Menschen, das klang sehr glaubhaft.
Ich möchte einen Auszug aus dieser Rede direkt hier einstellen, weil ich empfunden habe und meine, dass es für Menschen ungeheuer wichtig ist zu wissen, was Barmherzigkeit und Idealismus bedeuten in einer Zeit, in der allzu oft die zwei großen “M” (Macht und Mammon) angebetet werden.

Hier der Auszug:
(...)Uri, der immer zur Stelle war. Auf den man sich in allem verlassen konnte. Uri mit seiner tiefen Empfindsamkeit für alles Leid, alles Unrecht. Und mit seiner Barmherzigkeit. Ein Wort, bei dem ich – wann immer ich es dachte – an ihn dachte.
Und er war ein idealistischer Mensch. Dieses Wort ist in den letzten Jahren abgewertet, sogar lächerlich gemacht worden. In unserer zerrissenen und grausamen und zynischen Welt ist es nicht »cool«, idealistisch zu sein. Oder ein Humanist. Oder wirklich sensibel zu sein für die Not des Anderen, auch wenn der Andere ein Feind auf dem Schlachtfeld ist.“ (...)

Ich hatte mir auch den Text gespeichert und den Link dazu, unter dem der deutsche Text in der ZEIT ONLINE erschienen wa.
Den Text kann man hier finden:


Wie Du und Linta habe ich mich auch für Barenboim engagiert, wie Ihr schon gesagt habe, ohne Erfolg.

Longtime, danke für die Einladung zu diesem Thema.


Gruß von Enigma


Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 10.06.2010, 19:07:34
Hallo Enigma,
vielen Dank für deine Rückmeldung und Einstellen der Rede. Ich finde sie wirklich sehr beeindruckend und über die Tragik eines persönliches Schicksals hinausweisend.

Eben gerade habe ich in der Sendung von „Scala“ vom WDR 5 ein Interview mit seinem Verleger, Michael Krüger vom Hanser Verlag, gehört. Das hat sich wirklich gelohnt, es war sehr interessant. Er hat Grossmann als den „sanftesten Menschen, den man sich vorstellen kann“, beschrieben und bezeichnete ihn außerdem als eines der „verwundeten Kinder, der sein eigenes Kind im Krieg verloren hat“, ich finde, das passt zu seinen sensiblen Texten. Und er sagte, dass Grossmann jemand sei, der nie versuche, ein Megaphon an sich zu reißen, um sich in den Mittelpunkt zu stellen, sondern eher gern im Hintergrund bleibe. Außerdem wies er darauf hin, dass seine Kinderbücher ganz besonders gut seien und seine sanfte Seele zeigten. Er berichtete auch, dass Grossman für ein Kinderprogramm im israelischen Rundfunk tätig war. Das wusste ich nicht und fand es sehr sympathisch und aufschlussreich. Seinen Roman „Eine Frau flieht vor einer Nachricht“ bezeichnete er als ein „Meisterwerk“, einen der „großen Romane unserer Zeit“.
Der steht jedenfalls jetzt als nächstes auf meiner Liste, vielleicht können wir es gemeinsam lesen und uns danach darüber austauschen, das wär doch mal was.

Das Gespräch gibt es als Podcast im WDR, falls jemand nochmal reinhören möchte, und das kann ich sehr empfehlen.

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senhora
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Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von senhora
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.06.2010, 22:06:00
Mich interessiert besonders das Buch „Der gelbe Wind“, in dem David Grossman seine Erfahrungen in Israel und Palästina beschreibt und auch das Buch „Stichwort: Liebe“.
„Ein Roman, der auch ein düsteres Kapitel der deutschen Geschichte aufschlägt, ist das Buch "Stichwort: Liebe" - 1991 erschienen. Darin erzählt er nicht nur davon, wie es heute ist, als Jude in Israel zu leben, sondern auch, aus der Perspektive eines wissbegierigen Jungen, davon, auf welche Schranken man heute in Israel stößt, zu erfahren, was der Holocaust für die Jüngeren bedeutet.“

Seine Rolle als politischer Mahner wird auch in seinen Äußerungen zur aktuellen Situation in Nahost deutlich. Mich spricht an, dass Grossman keine schrillen Töne verwendet, wenn er Situationen beschreibt, sondern sich eher als Chronist versteht.

Senhora

enigma
enigma
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Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 10.06.2010, 22:06:00
Ja, Marina,

wir lesen es und tauschen uns dann darüber aus.
Das ist was!

Ich grüße Dich - und bis dann...

Enigma
Mitglied_bed8151
Mitglied_bed8151
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Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 10.06.2010, 13:37:34
Grossmann ist kein Pazifist, aber auch kein Bellizist. Er ist bereit, mit dem Feind zu verhandeln (was für einen Zionisten nicht selbstverständlich ist). Er setzt sich ein für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern. Er weiß, dass Israel nur im Frieden mit seinen Nachbarn überleben kann, andernfalls im Krieg mit seinen Nachbarn untergehen wird. Die Jury hat eine gute Wahl getroffen, finde ich. Das zarte Pflänzchen israelische Friedensbewegung wird dadurch gestärkt. - Übrigens... In Israel ist Grossman - drücken wir es vorsichtig aus - nicht gerade beliebt. Dort dominieren die Hardliner, die auf alles oder nichts setzen und, wie es aussieht, nichts ernten werden.

Ich gratuliere dem Preisträger.

--
Wolfgang

Ausdrücklich hat ihm der Börsenverein die Auszeichnung verliehen, weil er sich "aktiv für die Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern einsetzt". Und natürlich verknüpft sich mit dieser Wahl die Erwartung, dass David Grossman in der Frankfurter Paulskirche wiederholen wird, was er seit Jahren in Zeitungsartikeln und Interviews immer wieder über die einzig mögliche friedliche Zukunft seine Landes gesagt hat: dass sie nur im Rahmen einer Zweistaatenlösung möglich sein wird; dass Israel Land gegen Frieden tauschen und über 100 000 Siedler wird umsiedeln müssen; dass Jerusalem, seine Geburtsstadt, geteilt werden wird und die palästinensischen Flüchtlinge nach Palästina werden zurückkehren können.

aus... Was der Konjunktiv aus den Menschen macht (von Lothar Müller), SZ, 11.06.2010
Re: David Grossman erhält den Friedenspreis des dtsch. Buchhandels 2010
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 11.06.2010, 15:30:24
"Grossmann ist kein Pazifist, aber auch kein Bellizist."

Das stimmt, Grossmann ist bei weitem nicht so pazifistisch und kritisch wie z. B. Uri Avnery oder Daniel Barenboim, von dem ich gerade ein sehr interessantes Interview in der „Zeit“ gelesen habe. Das hat aber auch sein Gutes, denn damit erreicht er wahrscheinlich mehr.
Alle diese Leute sind „in Israel nicht gerade beliebt", sondern werden eher als Staatsfeinde und Nestbeschmutzer gesehen. Sie sprechen zu viele Wahrheiten aus. Außerdem setzen sie dem üblichen simplen Freund-Feind-Schema etwas entgegen und sind damit unbequem.

Und da wir auch schon über unsere misslungene Kampagne vom letzten Jahr zu Daniel Barenboim (die vielleicht daran scheiterte, dass er kein Schriftsteller ist) geschrieben haben, setze ich hier noch den Link mit seinem Interview ein.

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