Forum Kunst und Literatur Literatur Ein Beitrag über Eduard Mörike

Literatur Ein Beitrag über Eduard Mörike

longtime
longtime
Mitglied

Ein Beitrag über Eduard Mörike
geschrieben von longtime
Einiges über den April, den Frühling und verschiedene Gedichte von Euard Mörike im
"Haus der deutschen Sprache".



Einen schönen Sonntag zu diesem Thema wünscht euch... ASR!


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longtime
Re: Ein Beitrag über Eduard Mörike
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf longtime vom 26.04.2009, 00:04:07
Danke, longtime, für diesen schönen Beitrag zu Eduard Mörike.

"Mein Wappen ist nicht adelig
Mein Leben nicht untadelig,
Und was da wert sei mein Gedicht,
Fürwahr, das weiß ich selber nicht."


So scherzt er, protestantisch Bescheidenheit übend, und doch wusste er, dass er durchaus ein begabter Poet war.
Mir hat es besonders sein Gedicht…vom Tage, vom heute gewesenen Tage… angetan.

Aber außer seinen Gedichten liebe ich seine
Historie der schönen Lau

"Es begann in Ludwigsburg, endete in Stuttgart. Nie hat ihn sein Weg aus dem Umkreis dieser beiden Nachbarstädte hinausgeführt."

Aber in Blaubeuren am Blautopf war er gewiss.
Nur hier vor Ort konnte ihm diese Geschichte einer Wassernixe einfallen.

Im Prospekt der Stadt kann man dazu lesen:

"Ein Blick genügt: Dieser Ort hat etwas Magisches. Blau und Grün fließen schier unvergleichlich ineinander. Gleichsam ein leuchtendes Auge aus den Tiefen des Erdreiches, Quelle für Mythen, Märchen und allerlei wundersame Geschichten. Eine der schönsten ist wohl die „Historie von der schönen Lau“, in der Eduard Mörike erzählt, wie eine Wassernixe am Blautopf das Lachen wieder lernt. Eine Steinskulptur am Ufer erinnert an sie … und noch heute soll sie an manchen Tagen in den Tiefen des Quelltrichters kurz zu sehen sein."

Sie ist einen Besuch wert, die schöne Lau,
und auch diese Farben, die nicht zu beschreiben, auch nicht wirklich zu fotografieren sind,
die sich zu jeder Tages- und Jahreszeit, mit jeder Wetterlage ändern,
die man mit eigenen Augen sehen und in sich aufnehmen muss,
besonders im Frühling, wenn alles sich öffnet, und sich noch intensive Düfte dazu gesellen.



roseluise

enigma
enigma
Mitglied

Re: Ein Beitrag über Eduard Mörike
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 26.04.2009, 09:20:29
"Die Historie von der schönen Lau" mag ich auch gerne.

Und auch dieses Gedicht:

Storchenbotschaft

Des Schaefers sein Haus und das steht auf zwei Rad,
Steht hoch auf der Heiden, so fruehe, wie spat;
Und wenn nur ein mancher so'n Nachtquartier haett!
Ein Schaefer tauscht nicht mit dem Koenig sein Bett.

Und kaem ihm zu Nacht auch was Seltsames vor,
Er betet sein Spruechel und legt sich aufs Ohr;
Ein Geistlein, ein Hexlein, so lustige Wicht,
Sie klopfen ihm wohl, doch er antwortet nicht.

Einmal doch, da ward es ihm wirklich zu bunt:
Es knopert am Laden, es winselt der Hund;
Nun ziehet mein Schaefer den Riegel - ei schau!
Da stehen zwei Stoerche, der Mann und die Frau.

Das Paerchen, es machet ein schoen Kompliment,
Es moechte gern reden, ach, wenn es nur koennt!
Was will mir das Ziefer? - ist so was erhoert?
Doch ist mir wohl froehliche Botschaft beschert.

Ihr seid wohl dahinten zu Hause am Rhein?
Ihr habt wohl mein Maedel gebissen ins Bein?
Nun weinet das Kind und die Mutter noch mehr,
Sie wuenschet den Herzallerliebsten sich her?

Doch halt! warum stellt ihr zu zweien euch ein?
Es werden doch, hoff' ich, nicht Zwillinge sein? -
Da klappern die Stoerche im lustigsten Ton,
Sie nicken und knicksen und fliegen davon.

Eduard Mörike

Gruß

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enigma
longtime
longtime
Mitglied

Re: Ein Beitrag über Eduard Mörike
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 27.04.2009, 11:00:35
Zu der nicht ganz richtig erfassten Schreibung des Ortsnamens Cleversulzbach im HDS-"Gedicht des Monats": "Der alte Turmhahn" von Mörike:

Als Mörike 1840 den alten, nicht mehr verwendungsfähigen Turmhahn von seinem Kirchturm in Cleversulzbach an sich genommen hatte, schrieb er darüber zwanzig respektlose Verse mit denen der Wetterhahn sich stolz meldet; mit der Einleitung „Zu Klepperfeld im Unterland…“

1855 erschien mit Holzschnitten von Ludwig Richter der Wetterhahn in der Form, wie er dann fortan blieb, die bekannteste deutsche Pfarrhausidylle, mit dem „Paradehahn deutscher Gemütsinnigkeit“ (Prof. F. Sengle):

Text:

http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1858&kapitel=221&cHash=138e184449turmhahn#gb_found


Ein anderer Germanist, ein französischer, sah hier europäische Zusammenhänge:

Robert Minder:

Mörike trage „keine Schuld am Schindluder, das mit seinem Gedicht gerade auch in der Goebbelszeit getrieben wurde. (…) Mörikes Biedermeiersofa steht Heines Matratzengruft und dem Divan Oblomows näher als der Geißblattlaube im Schrebergärtchen des Durchschnittsbürgers“.
(R.M.: Kultur und Literatur in Deutschland und Frankreich.1962).

*

TIPP:
Cleversulzbach mit dem Mörike-Museum


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longtime
marianne
marianne
Mitglied

Re: Ein Beitrag über Eduard Mörike
geschrieben von marianne
als Antwort auf longtime vom 27.04.2009, 14:43:36
Eduard Mörike:

Früh im Wagen

Es graut vom Morgenreif
In Dämmerung das Feld,
Da schon ein blasser Streif
Den fernen Ost erhellt.

Man sieht im Lichte bald
Den Morgenstern vergehn
Und doch am Fichtenwald
Den vollen Mond noch stehn:

So ist mein scheuer Blick,
Den schon die Ferne drängt,
Noch in das Schmerzensglück
Der Abschiedsnacht versenkt.

Dein blaues Auge steht,
Ein dunkler See, vor mir,
Dein Kuss, dein Hauch umweht,
Dein Flüstern mich noch hier.

An deinem Hals begräbt
Sich weinend mein Gesicht,
Und Purpurschwärze webt
Mir vor dem Auge dicht.

Die Sonne kommt;- sie scheucht
Den Traum hinweg im Nu,
Und von den Bergen streicht
Ein Schauer auf mich zu.

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