Forum Kunst und Literatur Literatur Erich Weinert ein Dichter der Arbeiterklasse

Literatur Erich Weinert ein Dichter der Arbeiterklasse

Milan
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Erich Weinert ein Dichter der Arbeiterklasse
geschrieben von Milan
Arbeitslose!

Kein Hemd auf dem Leib und nichts im Bau­che!

Die letz­te Etap­pe ist Wohl­fahrts­amt,

Wärme­hal­le und Grau­pen­jau­che!

Das Ende: Die Schwind­sucht auf der Plau­ze!

Und dann liegt ihr ir­gend­wo auf der Schnau­ze!

Hal­loh, wo sind die Mil­li­ar­den ge­blie­ben,

Die aus Ar­bei­ter­gro­schen zu­sam­men­ge­trie­ben?

Ant­wort von oben: Du lie­ber Gott!

Der Staat hat für so vie­le zu sor­gen!

Er muß sich schon Geld zu­sam­men­bor­gen.

Und dann wollt auch ihr noch ein Huhn im Pott?

Dann ist er bank­rott!

Denn erst kom­men die Ar­beits­lo­sen ers­ter Klas­se:

Der pen­sio­nier­te Fürs­ten­ver­ein.

Das ist schon ein schwe­rer Schlag in die Kas­se!

Aber der Staat muß dank­bar sein!

Dann die Mil­lio­nen Steu­er­ge­schen­ke;

Sonst ver­hun­gert uns die Großin­dus­trie.

Das darf nicht sein; da gibt’s kei­ne Men­ken­ke!

Dann muß der Staat sei­ne Pfaf­fen fut­tern,

Da­mit ihr was für die See­le habt!

Und daß die Sa­che mit der Reichs­wehr klappt,

Muß er noch eine Mil­li­ar­de ver­but­tern.

Dann kom­men Mi­nis­ter, Staats­anwälte,

Tech­ni­sche-Not­hil­fe-An­ge­stell­te,

Renn­stall­be­sit­zer, Po­li­zei­präsi­den­ten,

Ge­neräle a.D. und Acht­gro­schen­agen­ten.

Da kann doch für euch nichts mehr übrig sein!

Das seht ihr wohl ein!

Dei­nen Ho­nig, Bie­ne, fres­sen die Droh­nen!

Das mögen wohl hun­dert­tau­send sein.

Ihr aber seid schon drei Mil­lio­nen;

Bald wer­det ihr zehn Mil­lio­nen sein!

Und laßt ihr euch von den Droh­nen ver­ja­gen,

Dann seid ihr kei­ne rich­ti­gen Bie­nen!

Die ma­chen was ganz and­res mit ih­nen!

Ich darf es euch lei­der nicht sa­gen.

Aber ihr braucht bloß ei­nen Im­ker zu fra­gen!

Erich Wei­nert, 1930

Quelle : KAZ

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