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Literatur Für Rätselfreunde. Runde XVI

longtime
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Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von longtime
Fortsetzung der Rätselrunden...?

(Ich will Wellings letzten, interessanten Beitrag fortsetzen.)

Ich biete hier ein Rätsel an (ohne den Titel des Gedichts), das nicht wegen seiner literarischen, sondern seiner biografischen und historischen Bedeutung bekannt wurde:

N.N.:

Du bist bei mir,
Wenn auch dein Leib verging,
Und immer ist’s, als ob
Dein Arm mich noch umfing.

Dein Auge strahlt mir zu
Im Wachen und im Traum.
Dein Mund neigt sich zu mir,
Dein Flüstern schwingt im Raum:

"Geliebtes Kind! Sei stark!
Sei Erbe mir!
Wo du auch immer bist,
Ich bin bei dir!"


*

Nicht nur der persönliche, sondern noch mehr der überindividuelle Zusammenhang ist mir wichtig:

Wer schrieb das Gedicht?

Und für wen wurde es verfasst; an wen erinnert es?

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longtime
enigma
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von enigma
als Antwort auf longtime vom 10.02.2009, 13:37:53
Das Gedicht soll Nina Gräfin von Stauffenberg im Gefängnis für ihren Mann verfasst haben, nachdem sie nach dem Scheitern des Attentats getrennt von ihren Kindern in Sippenhaft genommen und später ins KZ verlegt wurde.

Während der Haft wurde die jüngste Tochter Konstanze ím Januar 1945 geboren.

Diese Tochter, inzwischen heißt sie Konstanze von Schulthess, ist verheiratet, hat 4 Kinder und lebt in der Schweiz.
Und sie hat ein Buch über ihre Mutter geschrieben.
Offenbar lag ihr daran, das Image ihrer Mutter zu verändern und öffentlich deutlich zu machen, dass Nina von Stauffenberg nicht nur die unbedarfte Ehefrau war, sondern im Gegenteil ihren Mann tatkräftig unterstützte und selber aktiv im Widerstand tätig war.

Das alles habe ich mir aber im Internet zusammengesucht.

Da ich das Buch nicht gelesen habe, kann ich mir im Moment ein eigenes Urteil über die Rolle von Frau von Stauffenberg und die Objektivität ihrer Tochter nicht bilden.
Aber es war trotzdem interessant, darüber zu lesen.

Gruß


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enigma
longtime
longtime
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von longtime
als Antwort auf enigma vom 10.02.2009, 16:32:56
Ja, enigma:

das ist Nina Schenk Gräfin von Stauffenbergs Gedicht für ihre Kinder “Unser Papi“.

Du hast es prima erklärt:
Dieses Gedicht verfasste Nina von Stauffenberg 1944 während ihrer fünfmonatiger KZ-Haft in Ravensbrück, als sie dort in Folge der „Sippenhaft“ eingeliefert war; isoliert und schwanger mit dem Kind, von dem sie am 27. Januar 1945 entbunden wurde; der Tochter ihres am 20. Juli 1944 getöteten Mannes Claus.

Konstanze schrieb die 2008 ein Buch über ihre Mutter veröffentlichte: Konstanze von Schulthess: "Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg". München/Zürich: Pendo Verlag.

*

Ich habe dieses Gedicht ausgewählt, das fromm und mädchenhaft-rührungvoll für die Kinder das Bewusstsein einer Gemeinsamkeit mitteilen soll, als Auftrag des Vaters.

Für mich steht es auch geheimnisvoll, aber nicht irrational mit dem letzten Ausruf vor der Ermordung Stauffenberg in Verbindung „Es lebe das heilige Deutschland“, eine geistige Gemeinsamkeit, die im Nazireich absolut fehlte; obwohl überall von "deutsch" und Ehre" und "Auftrag" geschwätzt wurde.

Es gibt zwar Zeugen und Historiker, die den Spruch abgewandelt wissen wollen: „Es lebe das geheime Deutschland“.
Aber ich glaube, dass dieses von Stauffenberg und seiner Frau geteilte Wissen um das heilige Deutschland gemeint ist, das ein religiöse und humanistisches, Freiheit liebendes war, so dass der Tyrannenmord nicht nur als Schillersches Balladenthema, sondern als heilige Verpflichtung galt.

Damals in der Nazizeit hat kein einziger Geistlicher, kein Bischof, kein Papst eine solche moralische Verpflichtung bekennen wollen und damit die Nichtigkeit des militärischen Eides auf die Person des satanisch bösen und gottlosen „Führers Hitler“ hätte öffentlich machen können.
Diese Schuld und Schuldigkeit wird auch heute noch nicht mal diskutiert oder eingestanden. Stattdessen gilt immer noch "Ehre der Soldaten".

Ich werde in einigen Tagen die Diskussion im Falle Stauffenberg über die Spruchvarianten und die Hintergründe im BLOG veröffentlichen.

--
longtime

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welling
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von welling
als Antwort auf longtime vom 10.02.2009, 17:52:31
Gäbe es nicht die Möglichkeit der blitzschnellen Informationsbeschaffung im Internet, hätte ich euch ein zweistrophiges Gedicht eines deutschen Autors eingestellt, eines Autors, der verdient - tausendfach verdient -, dass wir besonders heute an ihn denken und den einen oder anderen Text lesen.

Da das Einstellen des Gedichts also rätselungeeignet ist, eine kleine Umschreibung.

Es geht um das materielle Haben, das ständig wachsende, und um das Wenighaben, das zwangsweise nach 0 tendiert. Und die lumpigen Habenichtse haben nicht mal das Recht zum Leben.
Natürlich meinte diese Geistesgröße das satirisch.

Wie ist sein Name und wie heißt das Gedicht?

Viel Freude beim Raten

welling
pelagia
pelagia
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von pelagia
als Antwort auf welling vom 17.02.2009, 18:10:48
Mir fällt eine Lesung mit Aussiedlern ein und ein Fragment aus einem Gedicht, das oft zitiert wurde.
Gern wär ich weiter
Gegangen Schlägt das
Die Gedanken auch tot

: Wegverwaltet, wegverwaltet
sind meine Füße:
Der Autor hätte heute seinen 20. Todestag, aber sicher meinst Du jemand anderen.
--
pelagia
welling
welling
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von welling
als Antwort auf pelagia vom 17.02.2009, 18:33:42
Hallo Pelagia,

Du meinst den Autor Rolf Bossert. Ihn meinte ich in der Tat nicht.
Der Gesuchte lebte wesentlich früher. Aber der 17. Februar spielte in beider Dasein eine Rolle.

Einen Link zu Rolf Bossert füge ich bei
Gruß
welling

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longtime
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von longtime
als Antwort auf welling vom 17.02.2009, 19:43:22
Das Heines Todestag der 17. Februar ist (1856) - deshalb ist er der gemeinte; so meine ich.

Aber das politische Gedicht hier... - ob's das gemeinte ist?

Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Thräne,
sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne;
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch.
Wir weben hinein den dreyfachen Fluch --
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterkälte und Hungersnöthen;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt --
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen läßt --
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Und Fäulniß und Moder den Wurm erquickt --
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht --
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreyfachen Fluch,
Wir weben, wir weben!


*

Vielleicht rät ein anderer genauer!



--
longtime
welling
welling
Mitglied

Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von welling
als Antwort auf longtime vom 18.02.2009, 10:26:44
Longtime,

jawohl, Heinricht Heine ist der Gemeinte.

Aber es ist ein anderes Gedicht gemeint. Zwei Strophen (4-Zeiler jeweils) hat es und es befasst sich nicht so speziell mit einer Berufsgruppe (Weber) und einer Region (Schlesien).

Es geht um das Haben - viel, wenig oder nichts.

Bitte ein zweiter Anlauf!!

Gruß

welling
cecile
cecile
Mitglied

Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von cecile
als Antwort auf welling vom 18.02.2009, 10:48:15
Ich versuche mal den zweiten Anlauf zu nehmen - und der wird gleich zu einem

Weltlauf

Hat man viel, so wird man bald
Noch viel mehr dazu bekommen.
Wer nur wenig hat, dem wird
Auch das wenige genommen.

Wenn du aber gar nichts hast,
Ach, so lasse dich begraben -
Denn ein Recht zum Leben, Lump,
Haben nur die die etwas haben.


Es ist das starke Anfangsgedicht aus Heines "Lazarus".


--
cecile
welling
welling
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Re: Für Rätselfreunde. Runde XVI
geschrieben von welling
als Antwort auf cecile vom 18.02.2009, 13:09:49
Ja, Cecile,

der Weltlauf war gemeint.

Danke fürs Mitraten
--
welling

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