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Literatur Katzengedicht von Theodor Storm

missiskarin
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Katzengedicht von Theodor Storm
geschrieben von missiskarin
In seiner Lyriksendung - immer sonntags um 9.03 Uhr auf 3SAT - trug der Literat Lutz Görner dieses Katzengedicht vor und erinnerte an Theodor Storm.

Ich stelle es hier ein, weil es in die Blogantwort auf "Die Katze Kessy" wegen seiner Länge nicht hinein paßte.

Katzengedicht

Vergangnen Maitag brachte meine Katze
Zur Welt sechs allerliebste kleine Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzen Schwänzchen.
Fürwahr, es war ein zierlich Wochenbettchen!

Die Köchin aber, Köchinnen sind grausam,
Und Menschlichkeit wächst nicht in einer Küche.
Die wollte von den sechsen fünf ertränken,
Fünf weiße, schwarzgeschwänzte Maienkätzchen
Ermorden wollte dies verruchte Weib.

Ich half ihr heim! Der Himmel segne
Mir meine Menschlichkeit! Die lieben Kätzchen,
Sie wuchsen auf und schritten binnen kurzem
Erhobnen Schwanzes über Hof und Herd;
Ja, wie die Köchin auch ingrimmig drein sah,
Sie wuchsen auf, und nachts vor ihrem Fenster
Probierten sie die allerliebsten Stimmchen.

Ich aber, wie ich sie so wachsen sah,
ich preis mich selbst und meine Menschlichkeit.
Ein Jahr ist um, und Katzen sind die Kätzchen,
Und Maitag ist's! - Wie soll ich es beschreiben,
Das Schauspiel, das sich jetzt vor mir entfaltet!

Mein ganzes Haus, vom Keller bis zum Giebel,
Ein jeder Winkel ist ein Wochenbettchen!

Hier liegt das eine, dort das andre Kätzchen,
In Schränken, Körben, unter Tisch und Treppen,
Die Alte gar - nein, es ist unaussprechlich,
Liegt in der Köchin jungfräulichem Bette!

Und jede, von den sieben Katzen
Hat sieben, denkt euch! sieben junge Kätzchen,
Maikätzchen, alle weiß mit schwarzem Schwänzchen!

Die Köchin rast, ich kann der blinden Wut
Nicht Schranken setzen dieses Frauenzimmers;
Ersäufen will sie alle neunundvierzig!

Mir selber, ach, mir läuft der Kopf davon -
O Menschlichkeit, wie soll ich dich bewahren!

Was fang ich an mit sechsundfünfzig Katzen! ??

Theodor Storm 1817-1888

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missiskarin
Re: Katzengedicht von Theodor Storm
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf missiskarin vom 27.07.2007, 18:46:40
Ob KATZ’ – ob HUND...?

Sehr kühl und biegsam sind sie, wenn sie schreiten,
Und ihre Geleibe fließet sanft entlang.
Wenn sie die Pratzenfüßchen breiten,
Schmiegt sich die Erde ihrem runden Gang.

Ihr Blick ist demutvoll und manchmal etwas irr.
Dann spinnen ihre Krallen fremde Fäden,
Aus Haar und Seide schmerzliches Gewirr,
Vor Kellerstufen und zerbrochnen Läden.

Im Abend sind sie herrisch weit entrückt,
Verzauberte auf nächtlich weißen Steinen,
In Schmerz und Wollust sehnsuchtskrank verzückt
Hörst du sie fern durch deine Nächte greinen.

... und…?
Macht das auch dein Hund?

*
(Nach einem Gedicht von Monika Luise Teichmann)

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hubertine

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