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Literatur Literarische Sendungen

Literarische Sendungen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Da ist was im Busch:

Heute - "Streng öffentlich! vom 8. April 2007, wdr5; 21.03 Uhr:

http://www.wdr5.de/sendungen/streng_oeffentlich/862156.phtml

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elfenbein
Re: Literarisches Motiv "Spazierengehen"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.04.2007, 09:42:34
Spazierengehen... … nicht nur zu Ostern:

"Übers Spazierengehen und über Spaziergänger"
Die Autorin, Ute Naumann, im wdr:

„Nur die ergangenen Gedanken haben Wert." Das hat Friedrich Nietzsche gesagt, und diese Erkenntnis teilen viele mit ihm, nicht nur Philosophen. Es gibt Menschen, die den Spaziergang brauchen, um mit ihren Lebensproblemen ins Reine zu kommen. Andere lassen sich flanierend durch die Stadt treiben - nur um zu sehen und zu betrachten. Auf Friedhöfen sieht man Menschen, die ziellos zwischen den Grabreihen umher schlendern. Sie lesen die Inschriften auf Grabsteinen, phantasieren über fremdes und das eigene mögliche Schicksal. Der von Kindern zuweilen gehasste Familienspaziergang am Sonntag kann ihnen noch in späteren Jahren Spaziergänge verleiden. Und der vom Hund und seinen Bedürfnissen erzwungene tägliche Spaziergang bringt Menschen zusammen, die sich sonst nie begegnet wären.
"Das Spazierengehen ist weder nützlich noch hygienisch. Wenn's richtig gemacht wird, wird's nur um seiner selbst willen gemacht."
So steht es in einem kleinen Aufsatz von Franz Hessel - geschrieben 1881 und heute noch bedenkenswert. [wdr3.de-Text]

Übers Spazierengehen und über Spaziergänger
Die Autorin, Ute Naumann, macht darauf aufmerksam, das bisher, in der deutschen Literatur, nur Männer über ihr Wandern geschrieben haben.
Frauen gehen mit Kinder, mit Hunden, mit Männern spazieren… - Aber entwickeln sie keine eignen Gedanken dabei, die sich niederschreiben möchten?
Eine Erklärung hat Ute Naumann dafür nicht versucht.
Sie zitierte Sokrates, Goethe, Schiller, Mörike, Heine, Nietzsche, Rilke, Thomas Bernhard, Hanns Dieter Hübsch…


Mein Beitrag:

R.M. Rilke: Spaziergang

Schon ist mein Blick am Hügel, dem besonnten,
dem Wege, den ich kaum begann, voran.
So faßt uns das, was wir nicht fassen konnten,
voller Erscheinung, aus der Ferne an —

und wandelt uns, auch wenn wir’s nicht erreichen,
in jenes, das wir, kaum es ahnend, sind;
ein Zeichen weht, erwidernd unserm Zeichen ...
Wir aber spüren nur den Gegenwind.

(…)

"So viel Schönheit verdienst du nicht, der du nicht warmherzig von ihr zeugst", so dichtete Botho Strauß, und es ist seine persönliche Art und Aufforderung, sich dem Frühling im Spaziergang zu verschreiben, zum Bocksgesang.


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elfenbein
emma7
emma7
Mitglied

Re: Literarische Sendungen
geschrieben von emma7
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.04.2007, 09:42:34

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emma7

Hi Elfenbein, du bist schon wieder qualitativ und quantitiv meilenweit voraus - ich komme zu nichts mehr!!

Zum 175.ten von W.B. noch was Aktuelles:

Ein Onkel,
der Gutes mitbringt,
ist besser als eine Tante,
die bloß Klavier spielt.


Schönen Sonntag noch.

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Re: Literarisches Motiv
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 09.04.2007, 16:52:00
Angelika Rolling:
Sonntag

Ganz ferne Musik.
Mundharmonika oder Kirchweiih.
Es riecht nach Sonne in Sägespanen.
Hemdärmel der Knechte
bauschen sich, Bohnenblüten.

In Kammern tropft Harz.
Vom Sommer der Zeitung
schlummert der Ahn
in bestaubten Kamillen.

Kirchenfähnleinsvereine
läuten schalmeiend vorüber,
bis es segnet.

Die Gänge spazieren
sich leichter.

Daheim
im Biergarten klappert's.
*
(In: A.R.: Unterwegs. Gedichte. Zürich 1963)

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elfenbein
Re: Literarisches Motiv
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.04.2007, 14:23:08
Ricarda Willinch:
Wir Glockenmaderln

Ein Domprälat wird begraben.
Die Trauergäste traben
hinter der schwarzen Bahre her.

Alle Glocken läuten.
Die wir wohl Müh sonst scheuten,
wir Dirnen, o wie freuten
wir uns auf diesen Tag!

Wir hingen an den Strängen,
wir lauschten vollen Klängen,
es flogt das helle Haar.
Wir zogen und wir keuchten,
vom hohen Turm wir scheuchten
der Fledermäuse Schar.

Die Sonne, die muß scheinen,
ob Mann und Weib und Bischof weinen!
Die Glocken klingen klar.

Und an dem Strang wir stöhnen,
auf daß die Glocken jubeln, dröhnen
und allem Leide höhnen
so heut wie immerdar.

Dann durften wir spazieren gehn,
kichern, albern, Röckchen drehn.
... daß keins von uns gar
ein Prälatenschnitzel war.

(Aus: R.W.: Wenn's glockt und lockt...)
--
elfenbein
enigma
enigma
Mitglied

Re: Literarisches Motiv "Spazierengehen"
geschrieben von enigma
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.04.2007, 15:54:45
Spazierengehen:Find`ich gut!
Darum ein weiteres Gedicht zum Thema:

Frühlingslied des Rezensenten

Frühling ist’s, ich laß es gelten,
Und mich freut’s, ich muß gestehen,
Daß man kann spazierengehen,
Ohne just sich zu erkälten.

Störche kommen an und Schwalben,
Nicht zu frühe, nicht zu frühe!
Blühe nur, mein Bäumchen, blühe!
Meinethalben, meinethalben!

Ja! Ich fühl‘ ein wenig Wonne,
Denn die Lerche singt erträglich,
Philomene nicht alltäglich,
Nicht so übel scheint die Sonne.

Daß es keinen überrasche,
Mich im grünen Feld zu sehen!
Nicht verschmäh‘ ich auszugehen,
Kleistens „Frühling“ in der Tasche.
Ludwig Uhland
--
enigma

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Re: Literarisches Motiv
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf enigma vom 17.04.2007, 08:09:58
Zu Uhlands Gedicht gehört natürlich diese Hexameter-Dichtung:

Ewald Christian von Kleist:

"Der Frühling" - ein Gedicht (Fassung 1760)


Empfangt mich, heilige Schatten! Ihr hohen belaubten Gewölbe.
Der ernsten Betrachtung geweiht, empfangt mich, und haucht mir ein Lied ein
Zum Ruhm der verjüngten Natur! Und ihr, o lachende Wiesen,
Voll labyrinthischer Bäche! bethaute, blumigte Thäler!
Mit eurem Wohlgeruch will ich Zufriedenheit athmen. Euch will ich
Besteigen, ihr duftigen Hügel! und will in goldene Saiten
Die Freude singen, die rund um mich her, aus der glücklichen Flur lacht.
Aurora soll meinen Gesang, es soll ihn Hesperus hören.
(...)
*
Forts. s. Linktipp!

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elfenbein
Medea
Medea
Mitglied

Re: Literarisches Motiv
geschrieben von Medea
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.04.2007, 07:20:35
Frische Fahrt

- Joseph Freiherr von Eichendorff -

Laue Luft kommt blau geflossen,
Frühling, Frühling soll es sein.
Waldwärts Hörnerklang geschossen,
Mutger Augen lichter Schein;

und das Wirren bunt und bunter
wird ein magisch wilder Fluß,
in die schöne Welt hinunter
lockt dich dieses Stromes Gruß.

Und ich mag mich nicht bewahren.
Weit von Euch treibt mich der Wind,
auf dem Strome will ich fahren,
von dem Glanze selig blind.

Tausend Stimmen lockend schlagen,
hoch Aurora flammend weht,
fahre zu, ich mag nicht fragen
wo die Fahrt zu Ende geht.


Medea.






Re: Literarisches Motiv
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Medea vom 18.04.2007, 08:01:57
Mörike auf Wanderung, zum Sammeln von Versteinerungen und Metaphern:

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elfenbein

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