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Literatur Literarischer Adventskalender

longtime
longtime
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Re: Für Chris
geschrieben von longtime
als Antwort auf chris vom 22.12.2008, 08:53:32
Ich trage nach.... : Gedicht und Kurzkommentar:
Die hier passenden Alterszahlen von 1749 ... - 1822....?

**

Johann W. von Goethe:
Weihnachten

Bäume leuchtend, Bäume blendend,
Überall das Süße spendend,
In dem Glanze sich bewegend,
Alt und junges Herz erregend -
Solch ein Fest ist uns bescheret,
Mancher Gaben Schmuck verehret;
Staunend schaun wir auf und nieder,
Hin und her und immer wieder.

Aber, Fürst, wenn dir's begegnet
Und ein Abend so dich segnet,
Dass als Lichter, dass als Flammen
Vor dir glänzten allzusammen
Alles, was du ausgerichtet,
Alle, die sich dir verpflichtet:
Mit erhöhten Geistesblicken
Fühltest herrliches Entzücken.

*
(Entstanden 1822; erster Druck 1827.)

*
„Fürst“:

Der angeredete „Fürst“ - Herzog Carl August, der JWG fürstlich beschenkt hatte - schrieb an Goethe noch am 25.12.1822: „Den schönsten Dank für den lieben, reichen, wohllautenden ‚Heiligen Christ’, den mir mein Enkelchen gestern abend gab.“ – Ob dem Herzog die wenig phantasievolle Sinn- und Reim-Gestaltung dieser Gelegenheitstüftelei aufgegangen ist, hat er in dem Satz, der noch nicht mal ein eigenmächtiges Verb, passend zum Objekt „Dank“ enthielt, nicht ausgeduckt, pardon: ausgedrückt.
– Mag sein: Das Alter ehrt man (im Gedicht); über Reime beschwert man (sich nicht).

*

Dieses Gedicht muss niemand weih-festlich auf sich beziehen; es ist von einer historischen Figur in Ehrerbietung und Abhängigkeit auf eine Hochwohlgeborene Instanz geschrieben und drückt nur sekundär eine persönliche Intention, die man als Leser nicht auf sich (oder andere Fürsten) beziehen müsste.

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longtime
welling
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Re: Für Chris
geschrieben von welling
als Antwort auf longtime vom 22.12.2008, 09:15:34
Als Ergänzung noch 1832 als Goethes Todesjahr. Seine und Schillers Daten sind die einzigen außerfamiliären, die ich verlässlich parat habe.
Nie, aber wirklich nie, vergesse ich am 28. August Goethes Geburtstag.

Die kleine Harzgemeinde Elend war mir mal einen Umweg wert auf einer Reise, sie und Schierke und den Harz erwähnt er neben Leipzig mit Auerbachs Keller im Faust.
Mit Carl-August war er, abgesehen davon, dass das sein Dienstherr war, auch freundschaftlich verbunden, wenn ich mich recht erinnere, zogen die beiden in jüngeren Jahren geradezu orgiastisch durch die Lande.

Welling
chris
chris
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Re: Für Chris
geschrieben von chris
als Antwort auf welling vom 22.12.2008, 10:38:21



23. Dezember

Vom Himmel in die tiefsten Klüfte
ein milder Stern hernieder lacht;
vom Tannenwalde steigen Düfte
und hauchen durch die Winterlüfte,
und kerzenhelle wird die Nacht.

Mir ist das Herz so froh erschrocken,
das ist die liebe Weihnachtszeit!
Ich höre fernher Kirchenglocken
mich lieblich heimatlich verlocken
in märchenstille Herrlichkeit.

Ein frommer Zauber hält mich wieder
anbetend staunend muß ich stehn;
es sinkt auf meine Augenlieder
ein goldner Kindertraum hernieder,
ich fühl's, ein Wunder ist geschehn.

(Theodor Storm)




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longtime
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Re: Für Chris
geschrieben von longtime
als Antwort auf chris vom 23.12.2008, 07:29:40
Unstürmisch zu Storm:


Wer sich da weiter einstimmen oder bilden will – ob wg. Klüfte, ob wg. Düfte:

Corinna Kirchhoff rezitiert leise:
http://de.youtube.com/watch?v=9zfbMMizhWs

Lückentext:
http://www.gigers.com/matthias/schule/lueckengedicht_storm_vom_himmel.html

Was "Klassisches":
http://www.wissen-digital.de/literatur/Vom_Himmel_in_die_tiefsten_Kl%C3%BCfte

Als TIPP:
„Bergsänger G.“ heißen’s:

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longtime
chris
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Re: Literarischer Adventskalender
geschrieben von chris
als Antwort auf longtime vom 02.12.2008, 16:53:30




24. Dezember

Auch ist mir kein Weihnachten,
wo es auch war, vergessen,
ohne dass es hinter meinen geschlossenen Augen
eine Sekunde unbeschreiblich hell wurde.

(R. M. Rilke)



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