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Literatur Literatur-Nobelpries für Swetlana A l e x i j e w i t s c h

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Literatur-Nobelpries für Swetlana A l e x i j e w i t s c h
geschrieben von longtime
Viel Freude heute (bei mir) über den Lit-Nobelpreis die Russin Swetlana Alexijewitsch:

Hatte, weil ich von dem journal. Preis-Verdacht gelesen hatte, wieder "Im Banne des Todes. Geschihten russischer Selbstmörder" gelesen" (1994 dt. erschienen), und zwar vom zuletzt berichteten Todes-Fall: "Die Geschichte von einem Jungen, der hundert Jahre nach dem vierten Traum der Vera Pawlowna Gedichte schrieben": Igor Poglasow, Schüler der 8. Klasse, 14 Jahre" –
Die Mutter berichtet dort von ihrer und des Sohnes Vergangenheit, die ein vielfältiges literarisches Leben war; mit literarischen Ansätzen ihres Sohnes:

Sie zitiert die Klassikerin Bella Achmadulina:
„Ich wollte alles, und ich reichte Honig,
Honig reichte ich, aber er wurde zu Gift...“

Hier der Schlusssatz der Mutter, in der Sprache von Sw. Alexijewitsch:

"'Ich schließe die Türen, die ich nicht aufgestoßen habe...' so nannten sie später seinen Gedichtband.
Noch ein schrecklicher Gedanke ist in mir: Und wenn er nun selbst eine ganz andere Geschichte erzählt hätte...."


Ja, Frau Alexijewitsch kann erzählerisch sowohl für Betroffenheit und Elend und Schrecken sorgen – aber auch für Reflexion und Erfassen der Zeitumstände und Empathie und auch Katharsis.

Hier nachhörbar, ein [/url] aus dieser schrecklichen Sammlung über Freitod-Beispiele:

Die gestrige Abwertung der Literatur von Swetlana Alexijewitsch durch Irene Radisch, der ZEIT-Redakteurin, finde ich deplaziert, sinnlos und abwegig.

In der Kulturzeit: Hören und Staunen:

[url=http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=54485]Frau Radisch zu ihrem Literaturbegriff - Teil l1


Irene Radisch - Interview 2. Teil:

Wenn Literatur nicht die Wirklichkeit, die so brutal wie zu Dostojewski oder wie zu Bulgakows Zeiten sein kann oder so gespenstig wie zu unseren Zeiten der Flüchtlingskitsch sein mag, aufnehmen kann, sie gestalten und sprachlich eigenständig erscheinen kann, sollte man auf die sog. „hohe“ Literatur verzichten, wie sie Frau Irene Radisch wohl im Sinne hatte.

Fr. Radisch ist eine prima Redakteurin für die ZEIT; sie sollte aber nicht als Literaturhistorikerin mit Unterscheidungen zwischen Historie und Poesie sich gerieren.
Wohl „Jahrhundertromane“, mit denen man die Köpfe von SchülerInnen einschlagen kann.

Alexijewitschs Werk ist große Literatur, Weltiteratur, keine „oral history“; sie bedarf mehr der Aufmerksamkeit als die allzeit unterhaltsame Banalliteratur, auch wenn sie Bestseller- oder wahre Literatur genannt wird.

Im Deutschen wäre z.B. Alfred Döblins Roman „Berlin. Alexanderplatz“ keine Literatur.
Und viele "hohe" Literatur finde ich entsetzlich langweilig, stilistisch pieselig, gekünstelt - alle Th. Mann-Romans z.B.

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