Literatur Lyrik/Gedichte für Liebhaber
Herbstmond
Der kürbisgelbe Mond auf seinem Geistergang
Schwebt überm Bergabhang und lebt
Im Abendlicht schon hell der Nacht voraus.
Er fliegt mit mir am Bahngeleis entlang
Und liegt im Himmel wie ein Schneckenhaus,
Hängt in der gelben Weinberglaube
Wie eine goldene Riesentraube.
Hoch überm Straßenstaube darf er wandern
Und läßt beschränkte Wege gern den andern.
Er schwebt wie nur ein aufgejagter Weih
Im lila Abendäther überm Staube frei,
Ist wie von einem Ei die goldene Schale.
Draus kriecht die Nacht und schleicht sich tief zum Tale,
Die Nacht, die hinterm Mond herstreicht,
Bei der er oft verliebt errötete und auch verliebt erbleicht.
Max Dauthendey
Der kürbisgelbe Mond auf seinem Geistergang
Schwebt überm Bergabhang und lebt
Im Abendlicht schon hell der Nacht voraus.
Er fliegt mit mir am Bahngeleis entlang
Und liegt im Himmel wie ein Schneckenhaus,
Hängt in der gelben Weinberglaube
Wie eine goldene Riesentraube.
Hoch überm Straßenstaube darf er wandern
Und läßt beschränkte Wege gern den andern.
Er schwebt wie nur ein aufgejagter Weih
Im lila Abendäther überm Staube frei,
Ist wie von einem Ei die goldene Schale.
Draus kriecht die Nacht und schleicht sich tief zum Tale,
Die Nacht, die hinterm Mond herstreicht,
Bei der er oft verliebt errötete und auch verliebt erbleicht.
Max Dauthendey
Mascha Kaleko Gedicht:“ Für Einen“
Musik: Oliver Hartmann, Sprecher: Frank Suchland
Die Andern sind das weite Meer
Du aber bist der Hafen
So glaube mir: Kannst ruhig schlafen
Ich steure immer wieder her
Du bist der Leuchtstern. Letztes Ziel…
Die Andern… das ist Wellenspiel
Mascha Kaléko)
Für Einen
Musik: Oliver Hartmann, Sprecher: Frank Suchland
Die Andern sind das weite Meer
Du aber bist der Hafen
So glaube mir: Kannst ruhig schlafen
Ich steure immer wieder her
Du bist der Leuchtstern. Letztes Ziel…
Die Andern… das ist Wellenspiel
Mascha Kaléko)
Für Einen
Re: Lyrik/Gedichte für Liebhaber
Danke dir Steve - für das Gedicht von Mascha Kaléko.
Ich antworte mit eines ihrer Gedichte, geschrieben nach dem Tod ihres einzigen Sohnes, Steven.
Ich antworte mit eines ihrer Gedichte, geschrieben nach dem Tod ihres einzigen Sohnes, Steven.
Angefangene Gedichte
Aus einem aufgehörten Leben
Wer doch den Mut zur Feigheit hätte,
Denn Feigheit nennt man jenen Mut,
Der die zu schwer gewordne Kette
Des Daseins leise von sich tut.
Wer doch den Mut zur Feigheit hätte,
Dem allen aus dem Weg zu gehn
Und unerkannt, an fremder Stätte
Allein im Nachtwind zu verwehn.
Es fragt sich nur, geht es nicht drüben weiter?
Dann bleibt man auch im Tod noch Außenseiter.
(Aus "Heute ist morgen schon gestern")
Aus einem aufgehörten Leben
Wer doch den Mut zur Feigheit hätte,
Denn Feigheit nennt man jenen Mut,
Der die zu schwer gewordne Kette
Des Daseins leise von sich tut.
Wer doch den Mut zur Feigheit hätte,
Dem allen aus dem Weg zu gehn
Und unerkannt, an fremder Stätte
Allein im Nachtwind zu verwehn.
Es fragt sich nur, geht es nicht drüben weiter?
Dann bleibt man auch im Tod noch Außenseiter.
(Aus "Heute ist morgen schon gestern")
Danke für das Gedicht von Mascha Kaléko - ich seh wir lesen gleiche Bücher )))
Ja da kann ich dann auch nur mit dem wohl kürzesten Gedicht von ihr antworten:
Lieben Gruß
Steve
Ja da kann ich dann auch nur mit dem wohl kürzesten Gedicht von ihr antworten:
Mein schönstes Gedicht
Mein schönstes Gedicht?
Ich schrieb es nicht
Aus tiefsten Tiefen stieg es.
Ich schwieg es!
Mascha Kaléko
Mein schönstes Gedicht?
Ich schrieb es nicht
Aus tiefsten Tiefen stieg es.
Ich schwieg es!
Mascha Kaléko
Lieben Gruß
Steve
Re: Lyrik/Gedichte für Liebhaber
Stimmt Steve - immer wieder begegnet mir mein eigener Lesegeschmack, wenn ich dich lese.
Nochmals Mascha Kaléko - und als Kontrast zu deinem so kurzen, nicht geschriebenen Gedicht, hier ein etwas längeres:
Liebe Grüße
Miriam
Nochmals Mascha Kaléko - und als Kontrast zu deinem so kurzen, nicht geschriebenen Gedicht, hier ein etwas längeres:
Möblierte Melancholie
(Melancholie eines Alleinstehenden)
Wenn ich allein bin, ist das Zimmer tot.
Die Bilder sehn mich an wie fremde Wesen.
Da stehn die Bücher, die ich längst gelesen,
Drei welke Nelken und das Abendbrot.
Grau ist der Abend. Meine Wirtin tobt.
Ich werde irgendwo ins Kino gehen.
- Mit Ellen konnte ich mich gut verstehen.
Doch vorgen Sonntag hat sie sich verlobt.
... Das letzte Jahr ist so vorbeigeweht.
Mitunter faßt mich eine schale Leere.
Der Doktor sagt, daß dies neurotisch wäre.
Ob es wohl andern Leuten ähnlich geht
Ich träume manchmal, daß der Flieder blüht.
(Ich kann zuweilen ziemlich kitschig träumen.)
Erwacht man morgens dann in seinen Räumen,
Spürt man erst recht, wie es von draußen zieht.
Dann pflückt man statt der blauen Blümelein
Die ewig-weißen Blätter vom Kalender
Und packt die noch zu frühen Sommerbänder
Und seine Sehnsucht leise wieder ein.
Vorm Fenster friert der nackte Baum noch immer,
Und staubgeschwärzter Schnee taut auf den Beeten.
Der Ofen raucht. Und mein möbliertes Zimmer
Schreit schon seit Herbst nach helleren Tapeten.
Mein bester Freund ist nach Stettin gezogen.
Der Vogel Jonas blieb mir auch nicht treu.
Die Winterlaube hat der Sturm verbogen.
-Nun sitz ich da und warte auf den Mai ...
(Melancholie eines Alleinstehenden)
Wenn ich allein bin, ist das Zimmer tot.
Die Bilder sehn mich an wie fremde Wesen.
Da stehn die Bücher, die ich längst gelesen,
Drei welke Nelken und das Abendbrot.
Grau ist der Abend. Meine Wirtin tobt.
Ich werde irgendwo ins Kino gehen.
- Mit Ellen konnte ich mich gut verstehen.
Doch vorgen Sonntag hat sie sich verlobt.
... Das letzte Jahr ist so vorbeigeweht.
Mitunter faßt mich eine schale Leere.
Der Doktor sagt, daß dies neurotisch wäre.
Ob es wohl andern Leuten ähnlich geht
Ich träume manchmal, daß der Flieder blüht.
(Ich kann zuweilen ziemlich kitschig träumen.)
Erwacht man morgens dann in seinen Räumen,
Spürt man erst recht, wie es von draußen zieht.
Dann pflückt man statt der blauen Blümelein
Die ewig-weißen Blätter vom Kalender
Und packt die noch zu frühen Sommerbänder
Und seine Sehnsucht leise wieder ein.
Vorm Fenster friert der nackte Baum noch immer,
Und staubgeschwärzter Schnee taut auf den Beeten.
Der Ofen raucht. Und mein möbliertes Zimmer
Schreit schon seit Herbst nach helleren Tapeten.
Mein bester Freund ist nach Stettin gezogen.
Der Vogel Jonas blieb mir auch nicht treu.
Die Winterlaube hat der Sturm verbogen.
-Nun sitz ich da und warte auf den Mai ...
Liebe Grüße
Miriam
Die "Möbilierte Melancholie" stimmt mich irgendwie traurig.
Das Leben
Autor unbekannt
Alles beginnt, langsam und behend,
wie eine zarte Knospe,
aus der ein Blatt im frühlingsfrischen Grün
sich voller Sehnsucht in den Himmel reckt.
Der Reifeprozess, die Umwandlung,
aus dem zarten hellgrün wird kräftiges Dunkelgrün,
und dann,
es kommt die Zeit, da geht die Kraft zuende,
aus Grün wird Gelb,
aus Gelb wird Braun,
dann folgt der freie Fall auf die Erde,
nach dem Fall, der Zerfall,
bis die Natur ihr verwelktes Geschöpf wieder zu sich geholt hat.
Autor unbekannt
Alles beginnt, langsam und behend,
wie eine zarte Knospe,
aus der ein Blatt im frühlingsfrischen Grün
sich voller Sehnsucht in den Himmel reckt.
Der Reifeprozess, die Umwandlung,
aus dem zarten hellgrün wird kräftiges Dunkelgrün,
und dann,
es kommt die Zeit, da geht die Kraft zuende,
aus Grün wird Gelb,
aus Gelb wird Braun,
dann folgt der freie Fall auf die Erde,
nach dem Fall, der Zerfall,
bis die Natur ihr verwelktes Geschöpf wieder zu sich geholt hat.
Verfall
Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.
Georg Trakl
Am Abend, wenn die Glocken Frieden läuten,
Folg ich der Vögel wundervollen Flügen,
Die lang geschart, gleich frommen Pilgerzügen,
Entschwinden in den herbstlich klaren Weiten.
Hinwandelnd durch den dämmervollen Garten
Träum ich nach ihren helleren Geschicken
Und fühl der Stunden Weiser kaum mehr rücken.
So folg ich über Wolken ihren Fahrten.
Da macht ein Hauch mich von Verfall erzittern.
Die Amsel klagt in den entlaubten Zweigen.
Es schwankt der rote Wein an rostigen Gittern,
Indes wie blasser Kinder Todesreigen
Um dunkle Brunnenränder, die verwittern,
Im Wind sich fröstelnd blaue Astern neigen.
Georg Trakl
Gut lesen
gut lesen,
das heißt langsam,
tief, rück- und vorsichtig,
mit Hintergedanken,
mit offen gelassenen Türen,
mit zarten Fingern und
Augen lesen...
Friedrich Nietzsche
gut lesen,
das heißt langsam,
tief, rück- und vorsichtig,
mit Hintergedanken,
mit offen gelassenen Türen,
mit zarten Fingern und
Augen lesen...
Friedrich Nietzsche