Literatur Nature humaine Serge Joncourt Prix FEMINA 2020
Dieser vielschichtige Roman von Serge Joncourt, der 2020 mit dem Prix FEMINA ausgezeichnet wurde, behandelt am Beispiel der südfranzösischen Bauernfamilie Fabrier ökologische, wirt-schaftliche, soziale und politische Entwicklungen Frankreichs im Zeitraum 1976 bis 2000. In diesem Roman werden viele auch heute noch aktuelle ökologische Probleme in einer oft emotionalen Form in Verbindung mit prägnanten Werturteilen erfasst, z. B : Atomkraftwerke, Auto-bahnbau, extensive Landwirtschaft und Massentierhaltung, Ölpest, Unwetterkatastrophen im Zeichen des Klima-wandels, Fehlentwicklungen der Konsumgesellschaft, Lebensmittelskandale. Drei Genera-tionen der Bauernfamilie Fabrier erleben die gewaltigen Veränderungen der Lebens-bedingungen und reagieren darauf auf höchst unterschiedliche Weise. Der Roman ist aber auch eine rührende und tragische deutsch-französische Liebesgeschichte zwischen dem Bauernsohn Alexandre Fabrier und der aus der DDR stammenden Studentin Constanze. Die Biologie- und Jurastudentin Constanze, die Alexandre in der WG ihrer in Toulouse studierenden Schwester Caroline kennenlernt, ist die große Liebe Alexandres, die Constanze auch erwidert. Trotz ihrer Kontakte z. T. gewaltbereiten linksorientierten Umwelt-aktivisten(Anton, Xabi) distanziert sich Constanze weitgehend von politischer Gewalt, sie animiert jedoch Alexandre, sich an illegalen Aktionen zu beteiligen. Obwohl beide die Liebe zur Natur und zum bäuerlichen Leben teilen, wird ihre Liebesbeziehung vor allem belastet durch das ausgeprägte Freiheitsbedürfnis Constanze , ihr Reisebedürfnis und ihre humanitäre Grundeinstellung. Schade ist, dass der Autor den politischen Widerstand in der DDR völlig ausklammert, was auch mit der kritischen Persönlichkeit Constanzes nicht vereinbar scheint. Insgesamt ist der Roman aber sehr lesenswert.