Literatur Schatten umarmen

madrilena
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Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
In Anbetracht der schrecklichen Unruhen in Frankreich wegen der Homoehe, im Angesicht einer solchen Intoleranz und gleichzeitig der Tatsache, dass in Cannes dieses Jahr die Goldene Palme ein französischer Film, der von der Liebe zwischen zwei Frauen handelt, gewonnen hat, möchte ich hier nach und nach in einigen Kapiteln den Lesetext meines zweiten Buches "Schatten umarmen", den ich bei Veranstaltungen vorlese, reinstellen.
Hilde Möller
www.hillaseven.de

Außerdem möchte ich darauf aufmerksam machen, dass in Mainz ab morgen, 31. Mai die Minibuchmesse in der Rheingoldhalle stattfindet, in der auch der Kranichsteiner Literaturverlag, der mein Buch "Schatten umarmen" rausbrachte, ausstellt.

Hier eine Stimme zu meinem Buch von Ingrid Noll
"Besonders gefallen haben mir die anschaulichen, einfühlsamen Eindrücke aus Israel. Ich war noch niemals dort, aber beim Lesen konnte ich mich sofort hinträumen, konnte riechen, schauen, hören und erleben. Die politischen Verhältnisse werden in einer so behutsamen Weise dargestellt, dass sie zwar Trauer und Mitleid erwecken, aber niemals einseitig Partei ergreifen. Die Autorin schildert das vorsichtige Kennenlernen einer Deutschen und einer Israelin, das trotz der Vorbelastung und Verletzlichkeit dieser Beziehung in eine große Liebe mündet."
(Ingrid Noll
)

Und nun der Prolog zu meinem Buch
"Schatten umarmen" ISBN 3-929265-13-3

Nichts deutete darauf hin.
Die Sonne verfinsterte sich nicht.
Keine dunklen Wolken schoben sich vor die gelbe Mondsichel.
Der Tag stieg wie jeden Morgen rot und glühend über den Horizont.
In der Wüste legte sich allmählich das Heulen des Nachtwindes.
Ein Felsbrocken, losgebrochen durch Regen, Wind und die Jahreszeiten, stürzte krachend und polternd in eine Schlucht mit dem dumpfen Aufprall zerberstenden Gesteins. Das Echo vibrierte zwischen den kahlen Berghängen und öden Tälern, überschlug sich und türmte sich auf, bis es sich im fahlen Blau des Morgenhimmels verlor. Aus der Tiefe verstummte der schrille Schrei eines Schafes, als die Felsmassen es zermalmten.
Am Rand des Abgrundes versammeln sich Geier....
Sie haben Zeit, .... sitzen reglos als scharf umrissene Schatten auf den umliegenden Hügeln.....
Ihre runden Augen glitzern starr.
madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 29.05.2013, 22:14:45
Leider ist sie schon tot, die mir so sehr verehrte Hilde Domin, die diese Kritik über "Schatten umarmen" geschrieben hat. Für mich besonders wichtig, da ich zumindest ein klein wenig durch unsere persönliche Bekanntschaft nach einer ihrer Lesungen in Frankfurt ihr Leben als Jüdin kennen lernen durfte.

"Besonders hat mich an dem Buch bewegt, wie lebendig das Land Israel und seine Bewohner geschildert und dem Leser nahe gebracht werden statt der fürchterlichen täglichen Berichte in Zeitung und Fernsehen. Auch die Rolle der israelbegeisterten jungen Deutschen ist überzeugend."
(Hilde Domin)


Hier stelle ich jetzt das nächste Kapitel meines Lesungstextes rein, über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen.:

"Schatten umarmen"
Ben Gurion Flughafen in Tel Aviv... Sonnenlicht blitzte auf den Flügeln einer startenden Maschine. Kerosingestank in der Luft und Miriam, die auf Katharina zulief.
Sie nahmen ein Taxi zum Zentrum.
Katharina konnte nur schauen: moderne Fassaden von Einkaufszentren, riesige Bankgebäude, daneben herrschaftliche Villen, von denen der Putz bröckelte.
Straßencafés und vom Strand her die Silhouetten großer Hotels. Und Lärm! Alle Menschen schienen gleichzeitig zu sprechen, zu lachen.... Autos hupten... Bremsen quietschten... und über allem das Dröhnen orientalischer Musik aus Kofferradios!
Miriam setzte sie an einem gelb gestrichenen Haus ab, das mitten in einem wild wuchernden Garten stand - “ich muss noch zur Uni, bis heute Abend also”.
Es war ein helles Zimmer mit Balkon, das ihr Frau Grossman zeigte und dabei ihre Lebensgeschichte erzählte.
Als sie endlich allein war, trat sie auf den winzigen Balkon.
Sie schloss die Augen, atmete tief ein. Ein süßer Orangengeruch verband sich mit dem Duft des wilden Jasmin, der verschwenderisch im Garten blühte. Es roch nach Meer und Sommer und aus einem Fenster unter ihr stiegen fremdländische Küchendüfte empor.
‘Ich bin in Israel.‘ Katharina sagte es nicht laut, fühlte es als große Wärme.
Jetzt Koffer auspacken? N e i n, sie kramte ihre Jeans hervor, streifte einen leichten Pulli über, und rannte fast durch die schmalen Straßen zum Strand hinunter.
Sie musste den Sand unter ihren Füßen spüren... zog Schuhe und Strümpfe aus.
Das Wasser war kühl, die lang hereinwogenden Wellen umspülten ihre Füße. Sie ging am Strand entlang. Spürte die Sonne auf ihrem Gesicht und jetzt rief sie es laut über das Wasser, gegen den lauen Wind, ins leise Schmatzen der Wellen: ‘Ich bin in Israel.’
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 30.05.2013, 10:10:47
Das Kapitel von vornhin war ein bisschen kurz. Deshalb hier erst mal die Meinung eines jungen Lesers und danach den Rest des ersten Kapitels.

"Zuerst denkt man bei dem Titel an ein klassisches Frauenbuch. Nachdem mir die Autorin aber sagte, sie schreibe über das Leben wollte ich es dann doch mal versuchen.
Wer lange umschweifende Beschreibungen sucht, tut dies vergeblich. Die Charaktere sind aber trotzdem klar beschrieben. Wichtig sind die Beziehungen der Menschen untereinander. Sie sind es auch die das Buch so interessant machen.
Die Betrachtung der Beziehung Deutschland Israel steht nicht im Mittelpunkt. Die Betrachtung ist frisch und zeitgemäß.

Schatten umarmen liest sich sehr schnell in einem durch und macht Lust auf mehr."
Tot978



Gegen sechs Uhr holte Miriam sie ab, sie sagte: “Ich habe mich mit einer jungen Lehrerin aus Jerusalem für heute Abend verabredet. Wir treffen sie später, einverstanden?”
Katharina war mit allem einverstanden! Vielleicht konnte ihr diese Lehrerin den Anfang in Jerusalem erleichtern....
Sie gingen ins Mulhagina, wo Miriam israelisches Essen bestellte. Erst als ihr der Geruch in die Nase stieg, spürte Katharina Hunger. Unterhalten konnten sie sich nicht, hörten hingerissen der Musik zu.
Warum hatte sie sich nur in Deutschland nie so jung gefühlt?
“Katharina, das ist Lea.” Miriam war aufgestanden, um eine junge Frau zu begrüßen.
Katharina hatte schon mitbekommen, dass in Israel alle gleich per du waren, also sagte sie. “Hallo, Lea, schön dich kennenzulernen.”
Als erstes fielen ihr ihre Augen auf. Das Gesicht schien vor allem aus diesen Augen zu bestehen. Ein leuchtendes Braun mit unzähligen goldenen Punkten, die das dämmrige Licht im Café einfingen.
Lea reichte ihr eine schmale, ringlose Hand: “Bist du heute erst angekommen? Woher kommst du?”
Sie hatten Englisch gesprochen... bevor Katharina antworten konnte, mischte sich Miriam ein.
“Ihr könnt Deutsch miteinander sprechen! Katharina kommt aus Deutschland, und Lea spricht sehr gut Deutsch.”
Bildete sie es sich ein oder zuckte Lea zurück? Das Lächeln in ihrem Gesicht erlosch.
Am Nebentisch wurde ein Stuhl frei, Katharina zog ihn rasch für Lea an ihren Tisch.
Wahrscheinlich hatte sie sich das Zurückweichen nur eingebildet.
Lea bestellte sich ebenfalls Wein... Katharina beobachtete sie verstohlen. Sie war etwas kleiner als sie, hatte langes, lockiges, dunkles Haar, ein schmales Gesicht, völlig ungeschminkt. Schlank war sie, sah in dem bunten, weiten Rock fast zerbrechlich aus und... wirkte verwirrend anziehend.
Miriam überschrie jetzt den Lärm ringsumher: “Gehen wir an den Strand? Hier ist es so laut!”
In Tel Aviv war nichts wirklich weit entfernt. Mitternacht war längst vorüber, aber fast die ganze Stadt schien an einer ausgelassenen Party teilzunehmen!
Lea unterhielt sich angeregt mit Miriam... Katharina zog sie nicht mit ins Gespräch. Also hatte sie sich die Zurückweisung doch nicht eingebildet. Komisch!
Sie setzte sich auf den Boden und zog wieder ihre Schuhe aus. Spürte den warmen Sand unter ihren nackten Füßen. Von fern hörte sie Miriams Stimme. “Katharina, was ist mit dir, warum bleibst du zurück?”
Auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht spiegelten sich die Lichter Jaffas im Wasser.
Sie stand auf und schlenderte zu Miriam. Lea war weitergegangen.
“Was ist mit Lea? Stör ich? Wollte sie mit dir allein sein?”
Miriam sah sie nachdenklich an. “Es... liegt an dir, und hat doch nichts mit dir zu tun.”
“Bitte keine Rätsel, dafür habe ich heute Abend schon zu viel Wein getrunken.”
“Du bist... Deutsche.”
Sie hatte alles erwartet, nur nicht diese Antwort. Sie traf sie wie ein Faustschlag.
“Du meinst, sie ist so, weil ich aus Deutschland komme?”
Und dachte, du hättest darauf gefasst sein müssen.
“Leas Vater war in Treblinka, und die Mutter musste sich jahrelang in Danzig verstecken. Sie haben alle Verwandten verloren.”
Katharina blieb erstarrt stehen. Die Freude, die sie noch vor wenigen Minuten erfüllte, wich einer Kälte, die sie frieren machte.
Das gab es doch nicht! Was hatte sie mit der Generation ihrer Eltern zu tun? Lea kannte sie nicht, wusste nichts von ihr. Ahnte nicht, wie sehr sie sich mit der deutschen Vergangenheit auseinandergesetzt hatte. Dass sie sich aber trotzdem nicht für sie verantwortlich fühlte.
Sie hatten Lea mittlerweile eingeholt. Katharina sprach sie direkt an, Umwege mochte sie nicht: “Du hast ein Problem damit, dass ich Deutsche bin? Ich kann nichts dafür.”
“Ich weiß, aber das ist nicht wichtig.”
“Das kann doch nicht dein Ernst sein! Was habe ich mit dem Schicksal deiner Eltern zu tun?”
Sie spürte, wie sie langsam wütend wurde. Noch nie hatte sie sich für das, was sie ist, entschuldigt.
Wieder Leas Stimme, ein bisschen verloren, ein bisschen trostlos: “Das sag ich mir auch immer wieder, trotzdem...” Sie beendete den Satz nicht und doch lag in diesem trotzdem ihre ganze Unversöhnlichkeit.
“Das ist nichts als Voreingenommenheit.” Sie waren langsam am Strand weiter gegangen. Katharina dachte an die langen Nächte, in denen sie über das sogenannte Tausendjährige Reich gelesen hatte und ahnte, dass sie sich auf etwas vorbereitet hatte, das sich nicht vorbereiten ließ.
Lea ging wortlos neben ihnen, schien weit weg zu sein. Fing nach einer Weile wieder an zu sprechen:
“Ich weiß, ich bin ungerecht. Meine Mutter empfindet da anders, sie sagt, sie ist Deutsche.“
Sie blieb stehen, wandte sich Katharina zu: „Dabei habe ich sie sehr selten lachen gehört, aber oft weinen.”
Von einer kleinen Bar am Strand wehten Musikfetzen herüber.
Katharina empfand Leas Verletzlichkeit ganz nah. Warum hatte sie nur so harsch reagiert? Sie konnte Lea wohl kaum ihr Gefühl von Bedrohung vorwerfen. Was wusste sie schon von ihrer Kindheit, vom Leid ihrer Eltern.
Dennoch meinte sie jetzt: “Haben wir Deutschen überhaupt eine Chance bei dir? Es waren unsere Großeltern, vielleicht noch die Eltern. W i r nicht!“
Und wusste doch gleichzeitig, dass sie Lea ihre verständliche Voreingenommenheit nicht nehmen konnte?
‚Wenn sie mir wenigstens die Möglichkeit dazu gäbe’.
Vielleicht .. wenn sie nach Jerusalem kam?
‘Will ich sie denn überhaupt wiedersehen?’
Zweifelnd schaute sie zu Lea. Manchmal huschte das Licht einer Laterne von der Strandpromenade über ihr Gesicht. Ein trauriges Gesicht. Ausdruck von Hoffnungslosigkeit. Und Einsamkeit...
Katharina steckte die Hände tief in ihre Hosentaschen, starrte auf den Sand unter ihren Füßen. Nein, sie war nicht verantwortlich für das, was die Deutschen getan hatten, aber sie war Deutsche.
Unsicher blickte sie wieder zu Lea - da war noch etwas, das sie nicht benennen konnte, etwas, das sie beunruhigte.
Irgendwo im Osten wurde es hell, Sonnenaufgang... - nicht langsam, keine zögernden Farben! Mit schmerzhafter Wucht trifft das Licht auf den Strand, das Wasser, die Menschen.
In der Nähe saß eine Gruppe junger Leute. Einer der Männer spielte auf einer Gitarre, ein anderer auf einer Mundharmonika, eine junge Frau sang mit rauer Stimme zur Melodie der Instrumente. Katharina blieb stehen, lauschte der Musik.
“Setz dich doch”, forderte sie der Gitarrenspieler auf.
Sie empfand ihre Einsamkeit plötzlich nur noch als brennenden Schmerz. War nirgendwo und überall. Wollte dazugehören.
Sie setzte sich neben die Gruppe in den warmen Sand. Schloss die Augen. Spürte die morgenfrische Luft auf ihrer Haut. Stellte sich vor, den Sonnenaufgang einzuatmen, die Bewegung des Meeres, den Geruch nach Salz und Fisch, die Melodie neben ihr. Und alles würde zu einem Gesang zusammenströmen.

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madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 30.05.2013, 10:30:58
Mit einer weiteren Lesermeinung möchte ich den nächsten Abschnitt meines Lesetextes aus "Schatten umarmen" bringen. Es sind selbstverständlich nur Ausschnitte, Lesungen erlauben von der Zeit her eben nicht mehr Text.
Über Rückmeldungen würde ich mich sehr freuen.
LG madrilena

Lesermeinung
Von I. Frey Eggenschwiler
"Schatten umarmen" ist ein sehr sinnliches und feinfühliges Buch, das in Israel angesiedelt ist, und die Liebe zwischen Katharina aus Deutschland, und Lea, einer Israelin, beschreibt. Die Vergangenheit, das Leid, das Lea's Familie in Deutschland während der Nazizeit erleben musste, wirft weiterhin seine Schatten über die jungen Leute.
Eine wunderbare Figur aus Hilde Möllers Geschichte ist auch Lea's Vater, der mit der Liebe zu seiner Tochter, seiner unerwarteten Offenheit und Toleranz, für Hoffnung auf Friede steht.
Hilde Möller webt viele kleine, bunte, fröhliche, aber auch traurige Ereignisse in ihren Roman ein, die mich nachhaltig faszinieren.
Sie weckt durch ihre Beschreibungen des Landes, der verschiedenen Völker, der Natur mit ihren Pflanzen und Düften, ein Interesse für Jerusalem, das zuvor bei mir noch nie aufgekommen ist. Ich bin dankbar, dieses Werk entdeckt zu haben.


Szenenwechsel

Katharina fuhr mit dem Bus nach Jerusalem. Fast eine Woche war sie in Tel Aviv geblieben, gefangen von der Lebendigkeit dieser hellen Stadt.
Lea hatte sie nicht mehr gesehen. Aber an jenem ersten Abend hatte sie Katharina noch ihre Adresse in Jerusalem zugesteckt.
‘Warum hat sie das getan?’ fragte sich Katharina erstaunt.
Gleichmäßig brummte der Motor. Die Straße stieg an, die Anhöhen glichen eher niedrigen Bergen mit tief abfallenden Steilhängen....
Unvermutet erhob sich Jerusalem vor ihnen. Vormittagssonne auf dicken Mauern. Ihre Strahlen glitten über Friedhöfe mit weißen Gräbern.... Spiegelten sich im Glas moderner Hochhäuser. Der Jerusalemstein schimmerte rötlich unter einem klaren Märzhimmel. Licht auf Kuppeln, Minaretten und Kirchtürmen, die aufstrebend den Himmel zu berühren schienen.
Unerwartet ein Gefühl, das ihr den Atem nahm: ‚von hier werde ich nie mehr fortgehen’.
Und die Sonnenstrahlen spiegelten, brachen und vervielfältigten sich in der goldenen Kuppel des Felsendoms.
Der Bus hielt in der Jaffastraße. Katharina nahm ein Taxi. Sie reichte dem Taxifahrer ihren Zettel mit verschiedenen Adressen. Er verstand, meinte in gebrochenem Englisch: “ich dich bringen zum Yemin Moshe. Ist Künstlerviertel.“
Als der Taxifahrer in einer gepflegten Straße anhielt, runzelte sie skeptisch die Stirn: ‘Ziemlich vornehm! Hier vermieten die doch nicht.’ Und fand dennoch gleich bei der ersten Adresse ein Zimmer! Der Raum war nicht groß, mit einem weit geöffneten Fenster, durch das Sonnenlicht strömte; eingerichtet mit modernen Möbeln und viel zu teuer. Sie schaute aus dem Fenster, blickte auf die mächtigen Mauern der Altstadt. Hoch auf reckte sich der Turm der Davidszitadelle und sogar vom Ölberg konnte sie ein Stück erblicken.
Sie konnte unmöglich widerstehen. Wusste gleichzeitig, dass sie schnell eine Wohnung suchen musste. Für solche Preise reichte ihr Geld nicht lange.
Sie war so ungeduldig, wollte gleich los. Bezwang ihre Ungeduld. Packte aus, hing die wenigen Sachen in den Schrank. Ein Zettel fiel heraus – die Adresse von Lea.
‘Ich möchte wissen, wo sie wohnt.’
Warum eigentlich? Es gab nichts, was sie mit Lea verband. Oder...?
Sie sah wieder die Traurigkeit im blassen Gesicht. Hörte ihre abweisenden Worte. Empfand Zuneigung, was sie eher verwirrte als überraschte.
Kurz entschlossen machte sie sich auf den Weg. Auf einer Straßenkarte suchte sie Leas Adresse. Sie lief die Keren ha Yessod entlang. Stockender Autoverkehr... Eselskarren neben laut hupenden Taxis. Lärm. Menschen. Irgendwann die Bezalel. In der Nähe musste Lea wohnen.
Sie fand ein Blumengeschäft, kaufte einen bunten Frühlingsstrauß, schrieb auf eine Karte nur die Frage: “Sehen wir uns wieder?” ,und ihren neuen Absender. Die Blumenfrau versprach, den Strauß gleich zur angegebenen Adresse zu bringen.
Als könnte sie sich erst jetzt Jerusalem nähern, hielt Katharina ein Taxi an und ließ sich zum Jaffa-Tor fahren. Stand gebannt vor der alten Mauer, wollte sie anfassen, tat es. Und wieder diese Ahnung: ‘Hier geh ich nie mehr weg’.
Sie bog in eines der verwinkelten Gässchen... suchte den Himmel über der engen Straße... fühlte die Wärme der Mittagssonne und hatte nie zuvor dieses Glücksgefühl gekannt.
Sie tauchte ein in den orientalischen Bazar. War weit offen für die erregenden Gerüche. Sprachfetzen, Farben - und über allem die Stimme des Muezzins, die aus scheppernden Lautsprechern den Lärm im Gewirr der Straßen übertönte.
Müde war sie vom vielen Herumlaufen, beschloss, in ihre Pension zu gehen. Als sie in ihre Straße einbiegt, kommt ihr Lea entgegen.
“Ich war bei deiner Vermieterin und habe einen Zettel für dich dort gelassen. Danke für die Blumen. Warum, Katharina?”
“Ich weiß es nicht.” Katharina ist überrascht. Die Begegnung war zu unerwartet. - Sie haben sich nicht die Hand gegeben. Gehen schweigend nebeneinander, als würden beide nur daran denken, wieviel zwischen ihnen ungesagt war.
Lea spürt das Ungesagte. Wehrt sich gegen die beunruhigende Körperlichkeit. Nicht wieder! Und vor allem nicht zu dieser Frau! Sie denkt an ihre letzte Beziehung. Vier Jahre sind seit damals vergangen. Der Schmerz ist Wehmut gewichen. Sie kann sogar an die Freundin denken, ohne dieses ohnmächtige Gefühl von Sehnsucht und Trauer. Sie war die erste Frau, die sie geliebt hatte. Lea versuchte, sich ihr Gesicht vorzustellen. Erschrak, weil sie sich nicht mehr an das Lächeln ihrer Augen erinnerte: ‚Und dabei hat es einmal eine Zeit gegeben, wo ich sicher war, die Trennung nicht aushalten zu können!‘
Lieben war für sie Abhängigkeit. Warten auf einen Blick. Lauschen auf Schritte, die sich nähern - vorbeigehen. Das Telefon, das nicht läutet.
Und jetzt? Ihr Denken kreist ständig um Katharina. Sie will sich wehren und kann nicht. Ihr Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Schon so lange hat sie nicht mehr diese Zärtlichkeit auf der Haut gespürt. Diese Sehnsucht in den Händen. Es ist ein bekanntes und doch neues und ungestümes Gefühl... und sie fragt sich bedrückt, wie habe ich diese Leere so lange ausgehalten?
Dazwischen die andere Stimme, mahnend: Hast du vergessen? Sie ist Deutsche!
Sie bleiben vor Katharinas Pension stehen, und zum ersten Mal sehen sie einander wirklich an. Katharina streckt die Hand aus: “Wann sehen wir uns wieder?”
Die Hände berühren sich. Stumm denkt sie: ‘Gib uns eine Chance, bitte.’
Nach einer Weile Leas Stimme: “Ich fahre morgen zum Toten Meer, komm doch mit?”
Katharina kann nur nicken. Als sie zu ihrem Zimmer hinaufsteigt, merkt sie verwundert, dass sie singt.
madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 31.05.2013, 16:31:46
Die Zeitschrift "Weiber Diwan" schrieb folgende Besprechung von "Schatten umarmen"

WEIBER DIWAN
Rezensionszeitschrift Frühjahr 03

Neuland (Schatten umarmen)
Mit sinnlichen, eindrucksvollen Bildern und in einer klaren Sprache vermag die Autorin diese Begegnung, die anfangs zögerliche und vorbehaltvolle Zuneigung und schließlich das wachsende Begehren der beiden Protagonistinnen zu erzählen. Deren Liebesbeziehung wird zum einen in die Farben und Düfte des Landes verwoben, zum anderen in den historischen und den aktuellen Kontext gestellt. Die deutsch-jüdische Vergangenheit dominiert die Gegenwart der beiden jungen Frauen ebenso wie der durch den Konflikt zwischen Israel und Palästina gewaltgeprägte Alltag.
Eine Geschichte vom Aufbrechen in Neuland, vom Überwinden der Konventionen, von der Liebe zu Israel und Jerusalem, von der Liebe zur Wüste – und die Geschichte einer Liebe zwischen zwei Frauen, die den hoffnungsvollen Versuch des Brückenschlagens über die Unversöhnlichkeit hinweg zu leben beginnen ...
(Karin Ballauff)

Szenenwechsel


Am nächsten Morgen wurde sie vom Licht wach, das durch das offene Fenster strömte. Sie hatte von Lea geträumt. Bevor sie ganz wach war, spürte sie noch immer diese Lust, Leas Gesicht zu berühren. Ihr Lächeln zu teilen. Mit der Hand über ihre Haut zu streicheln. Mit ihrem Haar zu spielen.
Fragte sich verblüfft, ’wie denk ich denn an Lea?’
Sie sprang aus dem Bett, trat ans Fenster. Ihr Kopf dröhnte. ‘Warum hab ich mir das nicht schon früher eingestanden.’
Bei Frauen hatte sie sich immer so sicher und geborgen gefühlt..
‘Lea’ - sie sprach den Namen leise aus, fast - liebkosend. Staunte dem hellen Klang nach.
‘Mensch, Katharina, wach auf, komm zu dir!!!’
Sie riss ihr Handtuch vom Haken, stürzte unter die Dusche, drehte das kalte Wasser auf. Zitterte, als der harte Strahl auf ihren Körper prallte. Das kann doch alles gar nicht wahr sein.... !!! Warum denn nicht? Nur weil sie es leugnete, hörte es nicht auf, wahr zu sein.
Sie war fast fertig angezogen... erschöpft setzte sie sich auf den einzigen Sessel in ihrem Zimmer. Und wurde innerlich still. Was sollte die Aufregung? ‘Es sind meine Gefühle, sie gehören mir!
Lea wird nichts von ihnen erfahren... Vorläufig!‘
Als Lea auf der Straße hupte, und Katharina die Treppe hinunter lief, hätte sie am liebsten gelacht und gesungen und ein kleines bißchen geweint. Sie fühlte sich lebendig wie nie zuvor.

Szenenwechsel
„In die Wüste sollten wir früh morgens oder spät abends fahren“, sagt Lea, als sie ihren offenen Geländewagen aus der engen Parklücke fährt. Katharina bindet sich ein Tuch um, wie sie es bei Lea gesehen hat. Sagt:
“Ich mag die ersten Stunden am Tag, wenn es hell wird. Die Dunkelheit ist eher ein Alptraum.” Sie erklärt nicht, warum....
Dann spürt sie die Spannung, die zwischen ihnen kauert. Denkt: ‚Das kann doch nur Einbildung sein.’
Lea kann nichts von ihrem Traum wissen und noch weniger von ihren Gefühlen. Und wenn doch? - Wenn sie... ähnlich empfindet?
‘Vorsicht, Katharina, du wolltest euch Zeit lassen.’...
Das hat nichts mit Zeit zu tun, da ist einfach etwas! Es wartete! Seit wann? ‚Ich weiß nicht. Ich möchte sie lieben. Lieber Gott, mach’, dass ich mich traue.‘ Dann wieder Zweifel. Warum hat sie nie zuvor ihr Anderssein gespürt...?
War das überhaupt wichtig? Noch nie war sie sich ihrer Empfindungen so sicher gewesen....
madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
Wer Interesse an "Schatten umarmen" hat und in Mainz und Umgebung wohnt, kann es am Stand 25 der Mainzer Minibuchmesse in der Rheingoldhalle beim Kranichsteiner Literaturverlag kaufen.
Ich wünsche einen schönen Sonntag
LG madrilena

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madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 01.06.2013, 22:26:21
UND SO GEHT ES IN MEINEM LESETEXT AUS "SCHATTEN UMARMEN" WEITER:

Lea achtet konzentriert auf den Verkehr. ‚Warum verstecke ich mich hinter der Sonnenbrille? Es geschieht ja doch wieder, da kann ich mich noch so sehr dagegen wehren. Dabei wissen wir so wenig voneinander. Sie darf einfach nichts von meinen Gefühlen wissen, nie’.
Laut sagt sie: “Ich fahre manchmal in die Wüste - nur so.... Lass das Auto irgendwo stehen, lauf einfach los. Und wenn nichts mehr um mich herum ist als diese karge Landschaft, denke ich, dass es hier nur bedingungslose Wahrhaftigkeit gibt.”
Sie schweigt, denkt noch, bedingungslose Wahrheit!! Gibt es überhaupt die Wahrheit, oder gibt es nur weniger Lügen.
Hört in ihre Gedanken hinein Katharinas Stimme:
”Magst du keine Kompromisse? Ist für dich alles entweder schwarz oder weiß?”
Lea wendet überrascht den Kopf in ihre Richtung. War das ein Vorwurf? - Nein, Katharina hat ernsthaft gefragt.
“Eigentlich doch, ich meine, ich schließe schon Kompromisse, aber eher ungern. Mir ist das Einfache, Übersichtliche am liebsten.”
Sie schluckt, und ruhig meint sie noch: “Aber ich glaube, das gibt es gar nicht.”
“Ja, so war’s bei mir auch. Früher sollte alles überschaubar sein.”
“Wann früher?”
“Bevor ich Miriam kennenlernte und nach Israel wollte.”
“Du magst Miriam sehr.” Es ist mehr eine Feststellung als eine Frage.
“Ja. Außerdem bin ich durch sie hier.”
“Wieso das?”
“Ich wusste wenig von deinem Land. Miriam, na ja, sie hat meine Sehnsucht geweckt.”
“Sehnsucht? Kannst du dich denn nach etwas sehnen, das du nicht kennst?”
“Hm, ich glaub schon. Gilt Sehnsucht nicht meist Unbekanntem?”
“Wie lange willst du bleiben?”
“Ich geh nicht mehr fort.”
“Du sagst das so bestimmt?!.”
“Als ich gestern zum ersten Mal Jerusalem sah, wusste ich es.”
“Du bist komisch.... Sehnst dich nach etwas, das du nicht kennst. Entscheidest in einem Augenblick, nie mehr wegzugehen. Du suchst nicht das Israel der Deutschen, also keine Schuldfrage, keine Wiedergutmachung.”
Sie unterbricht sich, wirft trotzig das lange Haar zurück: “Ich hasse dieses Wort, nichts ist wieder gut zu machen.”
Und nach einer Weile: “Du bist keine Jüdin. Was fasziniert dich an dem Land?”
Katharina schweigt lange. Schuldfrage. Wiedergutmachung. Warum alles auf Begriffe reduzieren? Die Menschen sind ihr wichtig, und die Geschichte, aber die hat doch nicht vor 50 Jahren angefangen!!! Die Bibel - Abraham genauso wie Jesus, Moses oder Mohammed. Ursprung... Tod ... und Auferstehung in einem viel weiteren Sinn als dem christlichen.
Aus ihren Gedanken heraus, meint sie. “Muss es immer eine Erklärung geben? Vielleicht ist es... einfach mein Schicksal.”
“Ach... glaubst du auch an Schicksal?” Lea ist ehrlich überrascht.
“Wie meinst du das? Natürlich glaube ich an Schicksal.”
“Ich auch.” Leas Stimme ist sehr leise, als scheute sie sich unversehens, irgend etwas von sich preiszugeben.
Katharina zögert. Darf sie schon darauf zu sprechen kommen? Sie weiß es nicht, fragt trotzdem.
“Du glaubst an Vorbestimmung...? Wie ist es denn dann mit dem Schicksal deiner Eltern?”
Sie haben die Stadt längst hinter sich gelassen, fahren durch neu entstandene Siedlungen, und sind völlig übergangslos in der Wüste. Sonnenstrahlen ergießen sich über steinerne Hänge. Felsen sind mit gelb blühendem Ginster überwachsen. Frühlingsgeruch steigt von der mit winzigen Blüten übersäten Erde empor.
Lea hält den Wagen am Straßenrand an, nimmt ihre Sonnenbrille ab und dreht sich Katharina zu.
“Das waren Verbrechen!” Sie spuckt das Wort geradezu aus, “keine Vorbestimmung! So einfach kann das doch nicht sein. Einer bestimmt, Juden müssen ausgerottet werden... es tut mir leid, das war halt ihr Schicksal, wenn ich sie jetzt umbringe!!!”
Ihre Stimme überschlägt sich, Wut... Trauer... Verzweiflung... alles will auf einmal heraus, schlägt um sich, will Zerstörung... Raserei. Nicht wieder ducken, nicht wieder aushalten.
“Lea!” Katharina schreit den Namen, muss zu ihr durchdringen.
Plötzlich - Stille! Lea sackt auf ihrem Sitz zusammen.
Katharina flüstert: “So hab ich es nicht gemeint, so nicht.”
Sie beugt sich weit über den anderen Sitz, legt den Arm um die zitternde Frau. “Lea - das mit deinen Eltern ist furchtbar. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen würde... - aber ein ganzes Volk hassen?”
Sie spürt, wie sich Lea versteift, zieht ihren Arm zurück.
“Mein Vater hat miterlebt, wie seine Eltern umgebracht wurden! Vor den Augen meiner Mutter ist ihre ganze Familie ermordet worden. Diese Erinnerungen waren meine Kindheit! Wie sollte ich mich denn da heraushalten?”
Katharina schlägt die Hände vors Gesicht. Warum nur immer der gleiche Kreislauf. Oh Gott, gibt es denn nie eine Möglichkeit, neu anzufangen?
Sie stößt die Autotür auf. Muss raus hier! Am liebsten würde sie sich auf den Boden werfen... um sich schlagen. Sie widersteht dem Wunsch, trommelt nur mit den Fäusten auf die Kühlerhaube des Wagens.
“Lea, dieser ständige Hass. Furchtbar was geschah, aber ich war es nicht, ich nicht! Was soll ich denn tun? Ich weiß es einfach nicht.”
Sie schweigt erschöpft. Fragt nach einer Weile: “Lea, warum sind wir uns begegnet? Das muss doch einen Sinn haben.” Tränen laufen ihr übers Gesicht, sie wischt sie nicht weg.
Lea hat den Kopf aufs Lenkrad gelegt. Verzweiflung wie Feuer. Es frisst sich durch die Eingeweide.
Suche nach einem Ausweg....
Und plötzlich ist ihr, als wäre die Geschichte des Volkes, zu dem sie gehört, immer nur eine Suche nach Auswegen gewesen. Waren sie wirklich für immer Verdammte, die ständig ihren eigenen Untergang miterlebten? Trauernde und Verstorbene in einem? Was konnten sie dem entgegensetzen? Versöhnung? - Liebe? Das waren Träume, aber können Träume Hass verändern?
Sie hebt den Kopf. Nur das Schweigen der Wüste weht gegen die Windschutzscheibe.
Fragt sich: ‚Und wenn ich anfange mit dem Träumen‘?
Katharina hat Recht, es war ein Teufelskreis - heute sind sie Besatzungsmacht. Verletzen die Würde eines anderen Volkes. Verbieten Freiheit. Verbannen Menschen in Gettos, die sie Flüchtlingslager nennen.
Und auch dort Unversöhnlichkeit – ‚keine palästinensische Frau am Grab ihres Sohnes gibt mir die Hand.‘
Langsam steigt sie aus dem Wagen. Nähert sich Katharina, die blicklos in die grell schimmernde Wüstenlandschaft starrt.
“Wir können uns nicht gegen alles schützen, Lea. Irgendwann gibt es kein Zurück mehr oder wir verlieren uns selbst.”
Sie wendet sich ab, überquert den Strassengraben, macht ein paar Schritte hinein in dieses Meer von winzigen blauen Blüten, von leuchtend roten Anemonen und gelb blühender Kamille.
Lea ist hinter sie getreten: “In einem Monat ist das hier alles vorbei, dann hat die Wüste wieder ihr grau-braunes Kalksteingesicht.”
Katharina dreht sich um. “Vielleicht klingt es abgeschmackt, aber... ist das nicht wie Hoffnung?"
”Du bist zu romantisch, Katharina. Was ist schon Hoffnung? Siehst du da vorn die Zelte und Wellblechhütten? Beduinen..., jahrhundertelang gehörte ihnen die Wüste. Jetzt werden sie von riesigen Baumaschinen immer weiter verdrängt. Wo ihre Dörfer stehen, walzen wir alles nieder und bauen unsere Siedlungen. Bei jeder Polizeikontrolle müssen sie sich ausweisen wie unerwünschte Ausländer. Sie haben Angst und wir haben Angst. Hoffnung!? Eine sinnlose Hoffnung...”
Die beiden Frauen stehen schweigend nebeneinander, bis Katharina die Stille bricht. ”So viel Leid.... Was sollen wir nur tun?”
Die letzten Worte hat sie so leise gesprochen, dass Lea sie mehr erraten muss, als dass sie sie hört.
Was geschieht zwischen ihnen? Warum gehen sie nicht jede ihren Weg, trennen sich genauso zufällig, wie sie sich getroffen haben. Noch während Lea sich das fragt, weiß sie, dass es dafür zu spät ist.
Sanft legt sie ihre Hand auf Katharinas Arm: “Komm, ich zeig dir das Israel, nach dem du dich sehnst.”
Katharina dreht sich um, voll ungläubiger Verwunderung. Woher dieser Wandel? Sie greift nach Leas Hand und fühlt trotz der heraufbeschworenen Welt aus Trauer... Trostlosigkeit... und Ängsten ein zärtliches Vertrauen zu dieser Frau und ihrem Land. Sie weiß nicht, wie Lea empfindet, aber - sie selbst hat keine Angst mehr.
madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 02.06.2013, 18:11:12
Falls jemand gespannt darauf ist, wie es weitergeht in "Schatten umarmen", hier den nächsten Teil meines Lesungstextes. Wie viel anders würde es wirken, wenn ich es wirklich vorlesen könnte - Betonung macht so viel aus.
Lieben Gruß madrilena

SZENENWECHSEL
Katharina musste eine Wohnung suchen, würde keine in der Nähe der Altstadt finden, die sie sich leisten konnte. Später sagte sie zu Lea: ”Ich brauche eine Wohnung aus Licht. Wände aus Licht und das Dach aus Glas mit einem hellen Himmel darüber, in dem sich unsere Blicke verlieren.” Hatte keine Angst mehr vor dem Wort “unsere”.
Jetzt tanzt Katharina im Zimmer umher, stößt gegen den Sessel, singt: “Ich brauche Licht, so viel Licht, bis ich selbst zu Licht werde....”
Lea erinnert sich Katharinas Worte über Tod und Licht vor ein paar Tagen hoch über dem Friedhof. Rasch verdrängt sie die ängstlichen Gefühle, lacht:
“Hat dir eigentlich schon einmal jemand gesagt, dass du ziemlich verrückt bist?”
“Nein, noch nie! Und warum darf ich nicht verrückt sein?”
Atemlos lässt sie sich neben Lea aufs Bett fallen. Nah ist die Freundin, so nah.... Es wird still zwischen ihnen. Ihre Augen lassen sich nicht mehr los und plötzlich spürt sie die weichen Lippen Leas auf ihrem Mund. Ihr Herz stockt... Sie umfasst Leas Gesicht, streicht mit den Fingern sacht über ihre Augen, zeichnet die Brauenbögen nach, tastet über die hohen Wangenknochen. Hält den Atem an, als Lea mit leichten Küssen ihr Gesicht erkundet. Langsam lösen sie sich voneinander...
“Lea, du... ich liebe dich.”
“Seit wann weißt du...” Lea schluckt.
“Dass wir uns lieben?” ,beendet Katharina ihre Frage. “Ich glaube, schon am ersten Abend in Tel Aviv.”
“Und..., es überraschte dich nicht?”
“Vielleicht! Aber erst jetzt kann ich so vieles verstehen. Kann endlich mich verstehen. Erzähl mir von dir,” bittet sie.
Lea ist aufgestanden. Tritt ans Fenster. Kehrt Katharina den Rücken zu. “Ich spreche nicht gern von mir.”
“Tu es trotzdem.”
Es entstand eine Pause, dann fängt Lea leise an. “Ich weiß schon lang, dass ich Frauen liebe. Vor vier Jahren hat mich meine Freundin verlassen. Danach wollte ich überhaupt nicht mehr lieben.”
Sie schlingt die Arme um die Schultern, als wollte sie sich verkriechen. Sagt fast verzweifelt: “Katharina, ich habe Angst, verstehst du, noch einmal halte ich das nicht aus....”
Katharina bleibt auf dem Bett sitzen, schweigt lange..., bevor sie stockend anfängt: “Ich wusste nichts von mir, bis ich dich traf“, sie hält inne, lächelt ein wenig unsicher. Steht auf..., tritt hinter Lea - spricht fast flüsternd: “Ich habe auch Angst. Aber bei dir habe ich zum ersten Mal das Wort “Liebe” gebraucht.”
Lea dreht sich um, legt ihre Arme um die Freundin. Leicht berühren sich ihre Gesichter. “Lass uns behutsam miteinander sein, wir wollen uns Zeit lassen, ja?”
Lange verharren sie in dieser Umarmung. Und alles erscheint ihnen unwirklich - die Luft wie aus Träumen und Düften gesponnen.
Zwei Wochen später fahren sie nach Tel Aviv, wollen Miriam besuchen, gehen tanzen in einer Bar am Strand.
Wieder empfindet Katharina die lebendige Sinnlichkeit dieser sprühenden Stadt.
Sie tanzen im wilden Rhythmus spanischer Flamencoklänge. Wiegen sich zu den traurigen Gesängen von Blues und Jazz. Lichter kreisen.... Menschen lachen.... Alles ist hell und einfach.
Katharina spürt das Pochen ihres Blutes in jeder Bewegung. Nähert sich Lea. Sie lächeln... berühren sich. Verlieren sich im Schwingen der Musik, im An und Aus kreisender Lichter.... Sie schließt die Augen. Ihr ist schwindlig, und sie kann nicht aufhören sich zu drehen und zu wiegen, möchte die Stimmung mit Händen streicheln, Wände weichen zurück. Sie dreht sich schneller und schneller.... Hört dicht neben sich Leas Lachen, ein leises und glückliches Lachen der Sehnsucht.
Gegen vier Uhr morgens gehen sie an den Strand. Noch immer tönt aus den Bars laut Musik zu ihnen hinüber und übermütig lachend tanzen sie mitten hinein ins Meer. Die Kleider kleben am Körper. Das Haar hängt wirr und nass ins Gesicht. Die Wellen umspülen die erhitzten Glieder. Es ist Rausch.... Taumel. Katharina wünscht sich, nie mehr auftauchen zu müssen.
Lea umfasst sie. Gemeinsam lassen sie sich treiben. Schwerelosigkeit im Wasser, ihre Körper schweben. Es gibt nichts, was sie festhält.... Nur dieses Glücksgefühl und sie flüstert: “Lea - ich bin du. Nie mehr Fremdheit spüren. Nicht wissen, nur fühlen.“
madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 03.06.2013, 22:50:12
Nächster Szenenwechsel in meinem Lesetext aus "Schatten umarmen"

Szenenwechsel
Katharina machte sich gerade einen Tee, als es schellte.
Als sie öffnete, stand ein Mann vor der Tür. Auf ihren fragenden Blick hin, sagte der Unbekannte: “Ich bin Simon Hirschfeld, Leas Vater.” Sie sah ihn erschrocken an. Fragte sich gleichzeitig wütend, ‚warum erschreck ich denn’?
Sie trat zur Seite. Wollte dem Besucher die Hand reichen. Unterließ es. Bat ihn, hereinzukommen. Bot ihm einen Stuhl an...
Mit einem forschenden Blick umfasste Simon die junge Frau, das Zimmer und den Ausblick auf die Terrasse. Meinte: “Lea weiß nicht, dass ich hier bin.”
“Finden Sie das richtig?”
“Ich weiß es nicht. Miriam gab mir Ihre Adresse.”
Katharina fand seine tastende Unsicherheit sympathisch. Impulsiv streckte sie ihre Hand aus. “Danke, dass Sie gekommen sind.”
Er ergriff ihre Hand, umschloß sie einen Augenblick fest mit seinen warmen Händen. “Hier in Israel reden wir uns mit dem Vornamen an. Darf ich Katharina sagen? Ich bin Simon.”
Sie nickte zustimmend, konnte sich nicht vorstellen, ihn beim Vornamen zu nennen. Um ihre Verlegenheit zu überbrücken, meinte sie: “Ich hatte mir gerade einen Tee gekocht? Trinken Sie eine Tasse mit?”
Er nickte, setzte sich auf den angebotenen Stuhl, ließ offen seinen Blick schweifen. “Schön haben Sie es hier? Sieht so aus, als wollten Sie bleiben.”
“Ich kann nicht mehr von Israel weg.”
Er schaute sie an: “Ja, solche Entscheidungen gibt es.”
Augenblicke vergingen, in denen sich Befangenheit und Sympathie immer wieder abwechselten.
“Warum sind Sie gekommen?”
“Lea hat mit mir gesprochen.” Er machte eine nachdenkliche Pause, setzte noch hinzu: “Erstaunlich, dass wir Eltern unsere Kinder manchmal gar nicht wirklich kennen.” Seine Offenheit nahm sie sehr für ihn ein, kein Drumherumgerede, keine Ausflüchte. Simon machte eine undeutliche Geste, als wollte er Lästiges verscheuchen, lächelte. Dieses leise Lächeln - es schuf Vertrautheit. “Ich befürchtete, dass Sie und Leas Mutter mich nie kennenlernen wollten - aber - ich hatte auch Angst vor einer Begegnung.”Er schwieg, trank von seinem Tee, tat sich noch mehr Zucker nach. “Ich hatte auch Angst vor Ihnen.”
Katharina ist ergriffen von seiner Einfachheit. Sie versuchte, sich sein Leben vorzustellen. Wie war es, wenn man monatelang in der Nähe von Tod und Grauen existieren musste und nicht mehr an ein anderes Leben glaubte. Sie wusste nicht genug von ihm, um zu erkennen, ob die Narben solcher Verwundungen sichtbar waren.
Bevor die Stille zwischen ihnen unerträglich wurde, beugte sich Simon vor: “Lea hat nie mit mir gesprochen, ich meine, von ihrer Liebe zu Frauen. Für uns waren das immer ganz normale Mädchenfreundschaften.“
Er wischte einen Staubfussel von seiner Jacke, sprach weiter: “Ich liebe Lea, sie ist alles, was wir noch haben. Ich musste einfach den Menschen kennen lernen, den Lea liebt.“
Jetzt schaute er sie freimütig an: “Zuerst war es schlimm für mich, dass Sie Deutsche sind.”
Katharina nickte. “Ich weiß. In Deutschland... na ja, ich dachte, das sei heute nicht mehr so wichtig. Aber - nun versteh ich.”
Sie schluckte, sie würde doch jetzt nicht anfangen zu weinen. Krampfhaft bemühte sie sich um Fassung. Sprach weiter: “Ich war in Yad Vashem. Ich wusste so wenig. Dieser Hass damals in Deutschland, die Besessenheit, Fremdes einfach auslöschen zu wollen - unfassbar.”
Sie stand auf, trat an die Terrassentür, empfand die sonnendurchflutete Leere wie Flucht aus der Wirklichkeit. Aber wovor sollte sie denn fliehen wollen?
Auch Simon war aufgestanden, war neben sie getreten.
“Unfassbar - ist es wirklich so unfassbar? Es gibt doch nichts, was sich Menschen gegenseitig nicht antun können. Ich dachte noch lange Zeit nach Treblinka, dass das Leben nicht einfach weitergehen könnte.”
Er holte tief Luft: “Aber - mit Lea wurde es noch einmal ganz neu.” Er lehnte die Stirn gegen die Fensterscheibe, sein Atem verwischte die Konturen der Welt dort draußen.
Katharina öffnete weit die Terrassentür. Sie traten beide in die helle Sonne hinaus.
“Auf Ihrer Terrasse riecht es nach Licht und Blumen und Sehnsucht“, seine Stimme klang versonnen.
Katharina schaute ihn erstaunt an. Ein Mann empfand das und... sprach sogar darüber?
Wieder hörte sie Simons Stimme. “Sie sehen aus, als wollten Sie nicht unbeteiligt leben.”
“Ich sehe nicht nur so aus.”
Plötzlich hörte sie sich sprechen, Gedanken, die sie bisher nie zu Ende gedacht hatte. Sie staunte über den Wunsch, sich Simon mitzuteilen.
“Mir war bisher immer Sicherheit am wichtigsten. Vier eigene Wände und eine Tür, die ich hinter mir schließen konnte.”
Sie lächelte schüchtern: “Und Ordnung, Disziplin. Prinzipien meines Vaters, dabei verbindet mich so wenig mit ihm.”
Sie hob den Blick, rötlich schimmerten die Berge im Licht der tief stehenden Nachmittagssonne. Sie fuhr zögernd fort zu sprechen. “Erst als ich Miriam kennenlernte, sehnte ich mich danach, aufzubrechen. Verstehen Sie das? Ich wollte endlich nur ich selbst sein. Kein von anderen bestimmtes Leben mehr“.
Simon unterbrach sie: “So ähnlich habe ich auch Lea verstanden. Sie empfand ihr Leben als von uns bestimmt.” Wieder diese Offenheit, keine Entschuldigungen oder Ausreden.
Katharina freute sich, dass Lea das Gleiche empfand wie sie. Sie fügte noch hinzu: “Ich glaube, in der Wüste könnte es so eine Begegnung mit sich selbst geben.”
Simon legte kurz seine Hand auf ihre auf die Terrassenbrüstung gestützten Hände, dabei verschob sich der Ärmel seiner Jacke und sie sah eine eintätowierte Nummer: es gab sie also doch, die äußeren Narben innerer Verwundungen.
Er hatte nichts gemerkt, sagte leise: “Ich bin froh, dass ich gekommen bin.” Zögerte: “Ich liebe die Wüste. Ob wir irgendwann einmal zu dritt eine Wüstenwanderung machen?”
Nun kamen ihr doch die Tränen. Sie konnte nur nicken.
madrilena
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Re: Schatten umarmen
geschrieben von madrilena
als Antwort auf madrilena vom 05.06.2013, 19:35:29
Und immer wieder "Schatten umarmen". Ich liebe dieses Buch genau wie das erste, "den Himmel mit Händen fassen". Beide entstanden kurz nach meinem Aufenthalt in Israel. Ich habe schon viele Länder bereist, habe 32 Jahre im Ausland gelebt, fand Finnland genauso beeindruckend wie Griechenland, Norwegen wie Sizilien usw. aber keines hat mich so tief berührt wie Israel. Und die beiden Bücher "den Himmel mit Händen fassen" und "Schatten umarmen" geben Zeugnis davon, wie man einem Land "verfallen" kann auch wenn man meist die heutige Politik dort ablehnt. Ich wünsche viel Vergnügen beim Weiterlesen.

Szenenwechsel
Zuerst war die Landschaft sanft. Katharina ging an einem Bachlauf entlang. Kniete nieder, pflückte gelbe Schlüsselblumen. Beugte sich über das klare Wasser. Es spiegelte nicht ihr Gesicht wider. Auch nicht die Wolken, die weiß über einen blassblauen Himmel zogen. Sie erschrak. Fürchtete sich vor der toten Wasseroberfläche. Stand auf, ging weiter. Die Schlüsselblumen blieben vergessen am Bachrand liegen.
Unerwartet veränderte sich die Landschaft. Rechts des schmalen Weges Sand und Geröll. Im Graben lag eine tote Ziege. Auf ihrem gedunsenen Körper tausende von grün schillernden Fliegen. Katharina wandte den Blick ab. Die Sonne lastete drückend auf jedem Schritt. Vor ihr erhoben sich schroffe Berghänge, dazwischen steile Krater, aus denen Nebel stiegen. Sie kam nur mühsam voran, die Füße wie Blei so schwer. Der Mund voll Staub und Schrecken. Katharina durchquerte einen ausgetrockneten Fluss, der bedeckt war mit riesigen Steinen, von der Sonne gebleicht und vom Wind geschliffen. War schon fast in der Mitte des trockenen Flussbettes als ein Dröhnen die Stille zerriss.
Aus einem der vielen Canyons stürzten tosend Wassermassen. Sie verteilten sich über die Landschaft, erreichten das Tal. Die Flut riss Katharina um. Sie schlug mit dem Kopf auf einen der Steine. Ihre Kleider füllten sich schwer mit Wasser. Sie verlor einen Stiefel..., versuchte aufzustehen..., fiel wieder hin. Ihr Rucksack wurde vom Wasser davongetragen. Verzweifelt griff sie nach einigen vertrockneten Büschen am Ufer.... Krallte die Hände in die steinige Böschung.... Stemmte sich hoch... Fiel erschöpft auf den harten Boden... Das Wasser war im Gestein versickert... Wind kam auf... Er heulte und pfiff..., strich über sie hinweg..., deckte sie mit feinem Wüstensand zu... Über ihr schwang sich ein Bussard mühelos in einen sonderbar durchsichtigen Himmel. Sie stand auf, wischte einen dünnen Blutfaden weg, der aus einer Wunde am Kopf sickerte. Humpelnd suchte sie einen Weg aus der Talsohle, kantige Steine bohrten sich schmerzend in ihren nackten Fuß. Die Sonne saugte sich an ihrer Haut fest, drang hinter ihren Augäpfeln tief ins Gehirn, füllte den Kopf mit blendendem Licht.
Keuchend erklomm sie einen Hang. Aber je höher sie stieg, desto weiter schien sich das Bergplateau zu entfernen. Gerade eben noch zum Greifen nahe. Gleich darauf im grellen Sonnenlicht verschwunden.
Schweiß lief ihr in die Augen, mischte sich mit Tränen. Sie wollte schreien. Wusste, dass sie allein war. Niemand hörte sie.... Sie wimmerte: ‘Mama, Lea.’ Aus ihrem ausgetrockneten Mund kam nur ein Krächzen.
Endlich hatte sie einen schmalen Grat erreicht. Der Blick reichte weit hinweg über Hügel, Bergketten, tiefe Abgründe, enge Auswaschungen.
Erschöpft ließ sie sich auf dem Weg nieder. Musste Atem holen, wollte hier liegen bleiben....
Warum war sie allein? Nirgends ein Mensch....! Überhaupt kein Lebewesen. Eine unheimliche Ruhe über der Landschaft. Gelbes Licht kroch in jede Spalte, drang in Ritzen und Öffnungen, aus denen stinkende Dämpfe quollen. Jetzt erst merkte sie, warum das Licht so erschreckend war, es gab keine Schatten. Die erbarmungslose Landschaft helligkeitsüberflutet.
Sie hielt sich geblendet die Augen zu, musste weiter.
Auf allen Vieren schleppte sie sich den Weg entlang. Hatte keine Kraft mehr, aufzustehen. Die spitzen Steine gruben sich in ihre Knie, in die Hände.
Plötzlich vor ihr im Staub ein Paar schmutzige Soldatenstiefel. Sie hielt inne, hob langsam die Augen. Ihr Blick glitt an Beinen hoch, um die eine unförmige Uniformhose schlotterte, der Oberkörper in einer viel zu weiten Soldatenjacke, an den Seiten herunterbaumelnde Hände. Die Sonne glitzerte auf den Metallknöpfen der Jacke. Und darüber ein Gesicht. Ein sehr junges Gesicht, das sich jetzt in einem breiten Grinsen auseinander zog. Aus dem leicht geöffneten Mund drang ein Lachen. Erst leise. Dann immer lauter. Es füllte die zerklüftete Landschaft.... Prallte gegen die Felswände.... Kam als drohendes Echo zurück.... Schlug über ihr zusammen...
Da fing sie an zu schreien.

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