Forum Kunst und Literatur Literatur "Wie nah sind uns manche Tote, doch wie tot sind uns manche, die leben"

Literatur "Wie nah sind uns manche Tote, doch wie tot sind uns manche, die leben"

miriam
miriam
Mitglied

"Wie nah sind uns manche Tote, doch wie tot sind uns manche, die leben"
geschrieben von miriam
(Titel stammt aus Wolf Biermann: "Der Huguenottenfriedhof")

Zwar bediene ich mich für diesem Titel bei Wolf Biermann, möchte aber einige Zeilen über einem anderen ganz großen Dichter schreiben, der mich schon seit vielen, vielen Jahren durchs Leben begleitet: Heinrich Heine

Vor einigen Tagen erfuhren wird durch die Presse, dass ein bislang unbekanntes Fragment aus "Deutschland – ein Wintermärchen" – vom Düsseldorfer Heine-Institut, von einem privaten Besitzer, erworben wurde.

Zur Erinnerung: "Deutschland – ein Wintermärchen" wurde von Heine geschrieben, anlässlich seiner Rückkehr nach Deutschland, aus seinem Exil-Aufenthalt in Paris.

Und als ich die deutsche Sprache vernahm,
Da ward mir seltsam zumute;
Ich meinte nicht anders, als ob das Herz
Recht angenehm verblute.


Nun aber zu den vier neu erworbenen - eigentlich heimgekehrten Versen:

Auch Gumpelino fand ich nicht mehr
Er hatte vor wenig Tagen
Die große Seele ausgehaucht
Nach langen Erdenplagen.


"Marchese Gumpelino" ist eine Figur aus Heines italienischen "Reisebildern" (1830/31):
der Bankier "mit seinem wohlhabenden Lächeln und gottgefälligem Bauche" ist eine meisterhafte Karikatur des allzu religions- und bildungsbeflissenen deutschen Italien-Reisenden.

Eigentlich ist "Gumpelino" der Hamburger Bankier Lazarus Gumpel (1770-1843) - ein Grundstücksnachbar seines berühmten Bankier-Onkels Salomon Heine, der sich köstlich über diesen Spaß amüsierte.

Gumpel selbst war verständlicherweise nicht erfreut darüber, zumal der großzügige Mitbegründer des reformorientierten Neuen Israelitischen Tempelvereins in Hamburg mit seinem literarischen Namensvetter - in Wirklichkeit wenig gemein hatte.

Miriam
qilin
qilin
Mitglied

Re: "Wie nah sind uns manche Tote, doch wie tot sind uns manche, die leben"
geschrieben von qilin
als Antwort auf miriam vom 25.07.2013, 12:37:59
Zu den 'bildungsbeflissenen deutschen Italien-Reisenden' fällt mir gerade Ludwig Thomas 'Käsebiers Italienreise' ein (bis Kap. 14)
- vielleicht nicht ganz so literarisch, aber höchst vergnüglich zu lesen...

() qilin

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