Literatur Wortliste im September mit auffälligen "eigenartig neuen Begriffen"
Wortliste I im September:
Ich biete hier wieder nach alter Gewohnheit einige „Neuwörter“ an, die ich im August bzw. im September „aufgeschnappt" habe, ob aus den Normalmedien oder aus Lektüren.
Mich interessiert, ob auch andere STler solche sprachlichen Beobachtungen machen und wie sie die Neuerscheinungen, meist aus verschiedenen Sprachen, beurteilen.
Migrationshintergrund
(als Kompositum häufig in der Redensart „Person … mit Migrationshintergrund“
*
„… das Apparätchen aus der Tasche“ (eine listige Verkleinerungsform mit ganz
bestimmtem literarischen Hintergrund)
*
„Kampfbahn des Gutscheinwesens“ (ebenso ein literarischer Lesegewinn….)
*
„vinophil“ (Adjektiv)
*
Suppenkoma
*
Ob jemand Lust hat, diesen Wort-Neubildungen nachzurecherchieren... - und seine Meinung ausdrücken möchte?
Ich biete hier wieder nach alter Gewohnheit einige „Neuwörter“ an, die ich im August bzw. im September „aufgeschnappt" habe, ob aus den Normalmedien oder aus Lektüren.
Mich interessiert, ob auch andere STler solche sprachlichen Beobachtungen machen und wie sie die Neuerscheinungen, meist aus verschiedenen Sprachen, beurteilen.
Migrationshintergrund
(als Kompositum häufig in der Redensart „Person … mit Migrationshintergrund“
*
„… das Apparätchen aus der Tasche“ (eine listige Verkleinerungsform mit ganz
bestimmtem literarischen Hintergrund)
*
„Kampfbahn des Gutscheinwesens“ (ebenso ein literarischer Lesegewinn….)
*
„vinophil“ (Adjektiv)
*
Suppenkoma
*
Ob jemand Lust hat, diesen Wort-Neubildungen nachzurecherchieren... - und seine Meinung ausdrücken möchte?
Hallo Longtime,
hier meine Anmerkungen zu Deinen Texten:
Migrationshintergrund
Der Begriff klingt für mich nach dem, was er ist, ein Begriff aus der amtlichen deutschen Statistik, ziemlich gestelzt.
Außerdem scheint mir die Definition für “Menschen mit Migrationshintergrund” etwas willkürlich zu sein, weil die Kriterien für die Statistik m.M.n. zu stark unterscheiden zwischen ab 1950 in Deutschland eingebürgerten und nicht eingebürgerten ehemaligen Ausländern.
She. auch die Ausführungen in Wikipedia!
Im Gegensatz dazu finde ich die “Verkündigung” der Geburt eines Kindes von Franz Hohler sehr schön.
Danke dafür!
Verkündigung
Ja, in die Rabattfalle gerät man leicht. Am besten ist es, die Briefchen oder Rabatt-Zettelchen gleich wegzuschmeißen, sonst kauft man nur Zeug, das man eigentlich nicht wollte.
Aber das hatte der Franz Hohler bei seinem Einkauf wohl versäumt......
Gutscheine
Ist vielleicht dieser “Weinfreund” gemeint?
Wein-Plus
Aber ich kaufe trotzdem im eigenen Laden, wenn ich “weingeneigt” bin.
Bisher habe ich eher selten unter dem Suppenkoma gelitten.
Suppe kann ich eigentlich immer essen. Mit einem drei-oder vier-Gänge -Menü wäre das wahrscheinlich schon problematischer.
Grüße von Enigma
hier meine Anmerkungen zu Deinen Texten:
Migrationshintergrund
Der Begriff klingt für mich nach dem, was er ist, ein Begriff aus der amtlichen deutschen Statistik, ziemlich gestelzt.
Außerdem scheint mir die Definition für “Menschen mit Migrationshintergrund” etwas willkürlich zu sein, weil die Kriterien für die Statistik m.M.n. zu stark unterscheiden zwischen ab 1950 in Deutschland eingebürgerten und nicht eingebürgerten ehemaligen Ausländern.
She. auch die Ausführungen in Wikipedia!
Im Gegensatz dazu finde ich die “Verkündigung” der Geburt eines Kindes von Franz Hohler sehr schön.
Danke dafür!
Verkündigung
Ja, in die Rabattfalle gerät man leicht. Am besten ist es, die Briefchen oder Rabatt-Zettelchen gleich wegzuschmeißen, sonst kauft man nur Zeug, das man eigentlich nicht wollte.
Aber das hatte der Franz Hohler bei seinem Einkauf wohl versäumt......
Gutscheine
Ist vielleicht dieser “Weinfreund” gemeint?
Wein-Plus
Aber ich kaufe trotzdem im eigenen Laden, wenn ich “weingeneigt” bin.
Bisher habe ich eher selten unter dem Suppenkoma gelitten.
Suppe kann ich eigentlich immer essen. Mit einem drei-oder vier-Gänge -Menü wäre das wahrscheinlich schon problematischer.
Grüße von Enigma
Re: Wortliste im September mit auffälligen "eigenartig neuen Begriffen"
geschrieben von ehemaliges Mitglied
... einige „Neuwörter“ an, die ich im August bzw. im September „aufgeschnappt" habe, ob aus den Normalmedien oder aus Lektüren.
Das Wort Normalmedien wäre mein aufgeschnapptes Wort im September.
Was verstehen wir im September des Jahres 2010 unter diesem Begriff?
Da ich diese Art eines "Thread-Starters"(ist es nicht ein schönes Wort?) zum ersten Mal sehe, will ich mich mal ungeniert daran wagen und gleichteitig um Verzeihung bitten, wenn ich irgendwelche Konventionen dabei verletze.
Migrationshintergrund: Das Wort besteht zunächst aus zwei Teilen "Migration"-Wanderung(z.B. Zugvögel, auch chem.Elemente in der festen Erdrinde).
"Hintergrund"- Der Teil des Bildes, der nicht im primären Interesse des zu präsentierenden Anliegens steht. Er ist also zweitrangig. Allerdings kann das Wort in einer anderen Zusammensetzung, nämlich als "Hintergrundwissen" auch an Bedeutung gewinnen.
Ich glaube, daß man bei "Migrationshintergrund" nicht von diesem zweiten Fall ausgehen darf, denn das Wort dient eindeutig dazu, gewisse emotionale, auch rationale und politische Implikationen zu verschleiern. Man darf das Kind nicht mehr bei seinem Namen nennen. Nach meiner Meinung ist das Wortkonstrukt "Menschen mit
Migrationshintergrund" ein höchst unehrliches Wort. Warum redet man nicht von Menschen, die gern einwandern möchten oder von Menschen, deren Vorfahren schon vor einiger Zeit zu uns gekommen sind und selbst noch Zeit benötigen, sich vollkommen anzupassen?
Es ist diese aalglatte und stromlinienförmige Sprache der Politiker, mancher Soziologen und bestimmter Funktionäre, die mich die Faust in der Tasche ballen läßt.
Je länger ich darüber nachdenke, desto "vinophiler" könnte ich werden, mein "Apparätchen aus der Tasche" ziehen und auf "der Kampfbahn des Gutscheinwesens" ins "Suppenkoma" fallen.
Urego
Hallo longtime, vinophil - eine schöne Umschreibung! Da fällt mir gerade zu dieser Jahreszeit ein, dass man die Schauspielerin Maria Schell damals als "deutsche Weinkönigin" bezeichnete. Sie war die beste Schluchzerin des Nachkriegsfilms!
Clara
Clara
Danke an die drei MitspielerInnen!
Da das komische Wörtchen "Apparätchen" wohl einer Erläuterung bedarf, stell ich den Originaltext des Schweizer Autor Franz Hohler, in dem ich es gefunden habe, hier ein; ich begebe mich gerne auf Reisen mit diesem Wortkünstler:
Franz Hohler:
Die Verkündung
Letzthin, im Zug, direkt neben dir, das elend-fröhliche Digitalpiepsen eines Handys, und du weißt, jetzt wirst du die Seite nicht in Ruhe zu Ende lesen können, du wirst mithören müssen, wo die Unterlagen im Büro gesucht werden sollten oder warum die Sitzung auf nächste Woche verschoben ist oder in welchem Restaurant man sich um 19 Uhr trifft, kurz, du bist auf die unüberhörbaren Schrecknisse des Alltags gefasst - und da kramt der junge Mann sein Apparätchen aus der Tasche, meldet sich und sagt dann laut: »Nein! Wann? - Gestern Nacht? - Und was ist es? - Ein Bub? - So herzig! - 3 1/2 Kilo? - Und wie geht es Jeannette? - So schön! - Sag ihr einen Gruß, gell! - Wie? - Oliver? ... «
Und über uns alle, die wir in der Nähe sitzen und durch das Gespräch abgelenkt und gestört werden, huscht ein Schimmer von Rührung, denn soeben haben wir die uralte Botschaft vernommen, dass uns ein Kind geboren wurde.
*
Aus: F.H.: Das Ende eines ganz normalen Tages (btb 74081)
*
Ja, diese "Verkündung" (nicht: Verkündigung) ist ein toller, nachvollziehbarer, menschenfreundlicher Vorgang; und ich denke selber an die letzten Geburten, von denen in der Verwandtschaft und unter Freunden hörte.
Am liebsten hätte ich aus diesem Hohler-Text ein Rätsel gemacht (unter Fortlassung von Autor und Titel); aber er findet sich schon im Internet...!
Da das komische Wörtchen "Apparätchen" wohl einer Erläuterung bedarf, stell ich den Originaltext des Schweizer Autor Franz Hohler, in dem ich es gefunden habe, hier ein; ich begebe mich gerne auf Reisen mit diesem Wortkünstler:
Franz Hohler:
Die Verkündung
Letzthin, im Zug, direkt neben dir, das elend-fröhliche Digitalpiepsen eines Handys, und du weißt, jetzt wirst du die Seite nicht in Ruhe zu Ende lesen können, du wirst mithören müssen, wo die Unterlagen im Büro gesucht werden sollten oder warum die Sitzung auf nächste Woche verschoben ist oder in welchem Restaurant man sich um 19 Uhr trifft, kurz, du bist auf die unüberhörbaren Schrecknisse des Alltags gefasst - und da kramt der junge Mann sein Apparätchen aus der Tasche, meldet sich und sagt dann laut: »Nein! Wann? - Gestern Nacht? - Und was ist es? - Ein Bub? - So herzig! - 3 1/2 Kilo? - Und wie geht es Jeannette? - So schön! - Sag ihr einen Gruß, gell! - Wie? - Oliver? ... «
Und über uns alle, die wir in der Nähe sitzen und durch das Gespräch abgelenkt und gestört werden, huscht ein Schimmer von Rührung, denn soeben haben wir die uralte Botschaft vernommen, dass uns ein Kind geboren wurde.
*
Aus: F.H.: Das Ende eines ganz normalen Tages (btb 74081)
*
Ja, diese "Verkündung" (nicht: Verkündigung) ist ein toller, nachvollziehbarer, menschenfreundlicher Vorgang; und ich denke selber an die letzten Geburten, von denen in der Verwandtschaft und unter Freunden hörte.
Am liebsten hätte ich aus diesem Hohler-Text ein Rätsel gemacht (unter Fortlassung von Autor und Titel); aber er findet sich schon im Internet...!
Keine Neubildung, eher abgenutzt:
"Wir sind auf dem richtigen Weg"
Doch wohin führt der Weg?
Trux
"Wir sind auf dem richtigen Weg"
Doch wohin führt der Weg?
Trux
Ja, trux!
Es gibt modische Redensarten, das wundert man sich, wie oft sie gebraucht werden, obwohl sie wenig aussgagen (und häufig auch wieder schnell verschwinden!).
Zu deinem Beispiel "Wir sind auf dem richtigen Weg" - rechne ich noch folgende nichtssagende Schnelligkeit, bei denen man es sich ersparen kann, genauere Verwendung oder gar Verantwortung anzugeben. Man pfuscht sich so durch die Kommunikation.
Meine Beispiele sind:
"... daran arbeiten wir." - "... auf Augenhöhe" oder: "Wir begegnen uns auf Augenhöhe."[Dadurch werden erheblich Unterschiede im Rang oder in der sozialen Bedeutung ignoriert! - "Zur falschen Zeit, am falschen Ort!" (Wenn man das nicht-ausgedrückte Faktum ernst nähme, würde entweder der fasche Ort oder die falsche Zeit schon reichen, dass jemandem etwas passiert ist; meist ist es ja etwas Tragisches, ein Unfall z.B.! [Das zeigt mir, das man sich nicht emotional und auch nicht psycho-logisch mit der Satz auseinandersetzten will; aber so tut, als hätte man was zu sagen. Ich halte es für flotte, gedankenlose Angeberei; denn witzig kann ich es nicht mehr nehmen.]
Ich vermute, dass Sprachbewusste wie hier im ST noch mehr Flapsigkeiten und nur scheinbar kommunitive Aussagen, die aber dumme Redensarten sind, erkennen und benennen können...!
[Tu ich mal so ausdrücken: "Auskenner, der ich bin!“]
Es gibt modische Redensarten, das wundert man sich, wie oft sie gebraucht werden, obwohl sie wenig aussgagen (und häufig auch wieder schnell verschwinden!).
Zu deinem Beispiel "Wir sind auf dem richtigen Weg" - rechne ich noch folgende nichtssagende Schnelligkeit, bei denen man es sich ersparen kann, genauere Verwendung oder gar Verantwortung anzugeben. Man pfuscht sich so durch die Kommunikation.
Meine Beispiele sind:
"... daran arbeiten wir." - "... auf Augenhöhe" oder: "Wir begegnen uns auf Augenhöhe."[Dadurch werden erheblich Unterschiede im Rang oder in der sozialen Bedeutung ignoriert! - "Zur falschen Zeit, am falschen Ort!" (Wenn man das nicht-ausgedrückte Faktum ernst nähme, würde entweder der fasche Ort oder die falsche Zeit schon reichen, dass jemandem etwas passiert ist; meist ist es ja etwas Tragisches, ein Unfall z.B.! [Das zeigt mir, das man sich nicht emotional und auch nicht psycho-logisch mit der Satz auseinandersetzten will; aber so tut, als hätte man was zu sagen. Ich halte es für flotte, gedankenlose Angeberei; denn witzig kann ich es nicht mehr nehmen.]
Ich vermute, dass Sprachbewusste wie hier im ST noch mehr Flapsigkeiten und nur scheinbar kommunitive Aussagen, die aber dumme Redensarten sind, erkennen und benennen können...!
[Tu ich mal so ausdrücken: "Auskenner, der ich bin!“]
Re: Wortliste "eigenartig neue Begriffe": Flapsigkeiten
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Bei dem „Tu ich mal so ausdrücken“ fällt mir noch was dazu Passendes ein: „sag ich mal“. Oder: „denk ich mal“.
Also z. B.: Wir begegnen uns auf Augenhöhe - sag ich mal.
Oder: Wir sind auf dem richtigen Weg, denk ich mal.
Schön ist auch: Wollmer mal sagen.
Wir treffen uns im Chat, wollmer mal sagen, so um 15.00 Uhr.
Dann werden wir eine interessante Diskussion führen, aber auf Augenhöhe - sag ich mal so.
Und wenn das nicht klappt, dann waren wir bestimmt zur falschen Zeit am falschen Ort, denk ich mal. Oder es liegt eine Kommunikationsstörung vor, sag ich mal einfach so, Auskennner, der ich bin.
Also z. B.: Wir begegnen uns auf Augenhöhe - sag ich mal.
Oder: Wir sind auf dem richtigen Weg, denk ich mal.
Schön ist auch: Wollmer mal sagen.
Wir treffen uns im Chat, wollmer mal sagen, so um 15.00 Uhr.
Dann werden wir eine interessante Diskussion führen, aber auf Augenhöhe - sag ich mal so.
Und wenn das nicht klappt, dann waren wir bestimmt zur falschen Zeit am falschen Ort, denk ich mal. Oder es liegt eine Kommunikationsstörung vor, sag ich mal einfach so, Auskennner, der ich bin.
Re: Wortliste "eigenartig neue Begriffe": Flapsigkeiten
Herrlich, deine "sag ich mal"-, "denk ich mal"-Beispiele", marina.
In letzter Zeit liest/hört man auch öfter, dass Leute ihre oft banalen Überlegungen mit einem wichtigen "Denk mal darüber nach!" abschließen.
Lustig ist auch immer, wenn jemand einen brillanten Text mit den Worten "Besser hätte nicht einmal ich es ausdrücken können" kommentiert.
In letzter Zeit liest/hört man auch öfter, dass Leute ihre oft banalen Überlegungen mit einem wichtigen "Denk mal darüber nach!" abschließen.
Lustig ist auch immer, wenn jemand einen brillanten Text mit den Worten "Besser hätte nicht einmal ich es ausdrücken können" kommentiert.