Forum Kunst und Literatur Musik Icke stelle vor: Claire Waldoff

Musik Icke stelle vor: Claire Waldoff

lotte
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Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von lotte
eine Kabarettistin der Dreißigerjahre - Wahlberlinerin ----

Wegen ihres Liedes " Hermann heeßt er " geriet sie ins Naziout ... und konnte nach dem Krieg nicht mehr in der "Szene" Fuß fassen.

Aber wer von Euch einmal so einen richtigen Einblick in die "Berliner Schnauze" bekommen will, der klicke den Link an.
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lotte
angelottchen
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Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf lotte vom 27.02.2008, 11:13:23
Hallo Lotte - leider kann ich das Video nicht abhören, denn hier bei mir sind die Boxenmal wieder im Eimer Aber ich freue mich, dass jemand an die wunderbare Claire erinnert. Eines ihrer schönsten Lieder ist das von dem liebestollen Erpel an sein "Schmackeduzchen" - kennt aber glaube ich kaum jemand :-.))

Das Schmackeduzchen

1.
Ein schlankes Schmackeduzchen stand
Im See nah an des Ufers Rand
Und freute sich des Lebens,
ein kleiner süßer Enterich
bat Schmackeduzchen: liebe mich.
Doch flehte er vergebens.
Sie war so unnahbar und stolz,
ihr Herz war hart wie Bucksbaumholz,
er wurd´ vor Liebe krank,
sie lachte, wenn er sang:


Mein geliebtes Schmackeduzchen
komm zu deinem Enterich,
laß uns beid´ von Liebe plauschen
innig, sinnig, minniglich!
Mein geliebtes Schmackeduzchen,
komm zu deinem Enterich,
laß uns beid´ von Liebe plauschen
innig, sinnig, minniglich!

2.
Doch später dachte anders sie
und nahm zum Mann das Entenvieh
aus ganz gewissen Gründen.
Sie hatte vor nicht langer Zeit
sich liebend einem Schwan geweiht
nun büßte sie die Sünden.
Kaum war der Enterich ihr Mann,
da kam der Schwan auch wieder an
und warf den Schnattrich raus,
blöd´ heulend rief der aus:



Mein geliebtes Schmackeduzchen
komm zu deinem Enterich,
laß uns beid´ von Liebe plauschen
innig, sinnig, minniglich!
Mein geliebtes Schmackeduzchen,
komm zu deinem Enterich,
laß uns beid´ von Liebe plauschen
innig, sinnig, minniglich!

3.
Die Treue kennt selbst nicht der Schwan,
bald zog von dannen der Galan,
der Enterich kam wieder.
Doch war jetzt noch ein Dritter da,
ein Unikum, das rief, - "Papa,
du singst so schöne Lieder."
Der Dumme sah das Kind sich an,
das unten Ente, oben Schwan,
dann sagte er gerührt,
das Balg wird adoptiert:


Mein geliebtes Schmackeduzchen
komm zu deinem Enterich,
laß uns beid´ von Liebe plauschen
innig, sinnig, minniglich!
Mein geliebtes Schmackeduzchen,
komm zu deinem Enterich,
laß uns beid´ von Liebe plauschen
innig, sinnig, minniglich!

Ich habe da noch eine sehr schöne Biografie auf einer Seite von LESPRESS.DE gefunden:

Am 21. Oktober 1884 geboren, wächst sie als Clara Wortmann in einer kinderreichen Familie in Gelsenkirchen auf, wo die Eltern eine Gastwirtschaft führen. Ihren ursprünglichen Berufswunsch, Ärztin zu werden, kann sie nicht verwirklichen, da es an Geld fehlt. Stattdessen entscheidet sie sich fürs Theater und tritt 1903, gleich nach dem Abitur und ohne je eine Schauspielschule besucht zu haben, ihr erstes Engagement in der Provinz an. Bald versucht sie in der Reichshauptstadt ihr Glück und landet schließlich beim Kabarett, einer um 1900 frisch aus Paris importierten Kunstform. Im "Roland" will sie Texte des Dichters Paul Scheerbart und Volkslieder vortragen, und zwar in einem Etonboy-Anzug. Die Zensur macht ihr drei Tage vor der Premiere einen Strich durch die Rechnung: Scheerbarts Texte gelten als antimilitaristisch, und außerdem seien nach dreiundzwanzig Uhr, dem Beginn ihres Auftritts, Damen im Herrenanzug auf der Bühne verboten.

Um den Debütauftritt zu retten, schreibt der junge Komponist Walter Kollo ein harmloses Lied vom liebeshungrigen Erpel und seinem "Schmackeduzchen". Über Nacht wird Waldoff damit zum "Stern von Berlin". Ihr Erfolgsrezept? "Meine einfache Art, ohne Geste, nur auf Mimik, nur auf das Minenspiel der Augen gestellt, war etwas Neues auf der Kabarettbühne. Ich war und blieb die große Nummer in meiner Einfachheit", schreibt sie in ihren Erinnerungen "Weeste noch ...?" Hinzu kamen freilich Talent, künstlerisches Gespür, eine sehr modulationsfähige Stimme und eingängige Melodien. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg hat sie mit ihren Gassenhauern, Schlagern und Chansons im Berliner Jargon ein eigenes Profil. Rund dreihundert Stücke umfasst schließlich ihr Repertoire.
[...]
Waldoff und Olga von Roeder (1886-1963), die aus einer US-amerikanischen Schauspielerfamilie stammte, hatten sich während des Ersten Weltkrieges kennen gelernt. "Wir hatten beide das große Los aneinander gezogen, je dusterer und kritischer die Zeit auch wurde. Olly ist überhaupt ein seltener, lauterer Charakter, ein wunderbarer Mensch", schreibt Waldoff in ihren Memoiren und verschweigt auch nicht, wo sie sich einst gemeinsam amüsierten - z.B. im Damenklub Pyramide, der sich Mitte der zwanziger Jahre im "Toppkeller" in Schöneberg traf:

"Man musste durch drei Haustore gehen, bis man ins verschwiegene Eldorado der Frauen kam, Entree 30 Pfennig, vier Musiker mit Blasinstrumenten spielten die verbotenen Vereinslieder. Ein Saal mit Girlanden geschmückt, bevölkert von Malerinnen und Modellen. Von der Seine sah man bekannte Maler; schöne elegante Frauen, die auch mal die Kehrseite von Berlin, das verruchte Berlin kennen lernen wollten; und verliebte kleine Angestellte; und Eifersüchteleien gabs und Tränen am laufenden Band und immerzu mussten die Pärchen verschwinden, um ihren Ehezwist draußen zu schlichten. Zum so und so vielten Male ertönte im Laufe des Abends die berühmte 'Cognac-Polonaise', die man auf dem Tanzboden kniend, mit dem gefüllten Cognac-Glas vor sich zelebrierte. Bei dem unparlamentarischen Text dieser Polonaise sträubt sich meine Feder ... Zwischendurch erschienen mit großem Hallo begrüßt die Koriphäen der damaligen Zeit: die hinreißende Tänzerin Anita Berber und Celly de Reydt und die schöne Susu Wannowsky und ihre Korona. Jeden Montag stieg diese 'Pyramide' in der Schwerinstraße um neun Uhr abends ab; es war das typische Berliner Nachtleben mit seiner Sünde und Buntheit."

Ab Mitte der zwanziger Jahre feiert Claire Waldoff ihre größten Erfolge, hat Soloauftritte in den beiden größten Berliner Varietés, der Scala und dem Wintergarten, und auf allen namhaften Podien Deutschlands. Rundfunk- und Schallplattenaufnahmen in Rekordauflagen und Tourneen machen die sozial engagierte Künstlerin in ganz Deutschland populär. Die Machtübernahme der Nazis bedeutet für Waldoff einen deutlichen Einschnitt, wenn auch kein abruptes Ende ihrer Karriere. Ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen im Dritten Reich sind legendenumwoben. Von Verhaftungen und Berufsverbot ist immer wieder die Rede.

Tatsächlich hat die Sängerin zu Beginn des Jahres 1933 vorübergehend ein "politisches Auftrittsverbot" bekommen, da sie zuvor bei Veranstaltungen der kommunistischen Roten Hilfe mitgewirkt habe. Nach Vorlage des "Ariernachweises" und ihrem Eintritt in Goebbels Reichskulturkammer kann sie aber wieder auftreten. Das Publikum liebte sie noch immer, obwohl - oder gerade weil - sie mit ihren Markenzeichen - Schlips, Hemdbluse und "bronzeroten knisternden Bubihaaren" und zuweilen "rauchend und fluchend wie ein Müllkutscher", wie es ihr Freund Heinrich Zille ausdrückte - keineswegs dem vom Regime propagierten Frauentyp entsprach. Auch ihre Lebensgemeinschaft mit Olga von Roeder ging mit dem "Volksempfinden" der Nazis nicht konform. Zudem fehlte ihren Liedern, soweit bekannt, alles "Völkische und Rassistische".

"Ich tanzte am Rande des Abgrundes, aber keiner wagte es, mich hineinzustoßen", heißt es in ihrer Autobiographie. Gelegentlich, wenn auch immer seltener, hat sie noch Auftritte in anderen deutschen Städten, und in Berlin erheitert sie das Publikum zusammen mit der Tänzerin Lene Ludwig, die sie Mitte der dreißiger Jahre kennen lernte. Deren Spezialität sind parodistische Tänze mit Masken populärer Persönlichkeiten, darunter auch Claires. "Ein doppelter Erfolg war das", erzählte mir Lene Ludwig 1992. "Erst trat Claire auf mit ihren Liedern, und dann kam ich mit der Maske. Das Publikum hat gestürmt und geklatscht. Eine Schönheit im landläufigen Sinne war Claire ja nicht, sie war klein und pummelig. Aber sie war eine große Persönlichkeit, unerhört unterhaltend, amüsant, sie war voller Ideen, und wenn sie raus kam auf die Bühne, hatte sie eine ungeheure Ausstrahlungskraft."

geschrieben von lespress.de



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angelottchen
lotte
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Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von lotte
als Antwort auf angelottchen vom 27.02.2008, 12:03:55
Danke für Deine Informationen, angelottchen ...

Teamwork ist dóch etwas Schönes ... Einiges war sogar mir als verbissener Berlinerin nicht bekannt.

für alle, die doch hören können und Spaß an dieser großen Künstlerin gefunden haben, noch ein Tipp--
Wer schmeißt denn da mit Lehm


--
lotte

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angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf lotte vom 27.02.2008, 12:18:23
Dazu sind Foren da
Ich habe sie immer als eine sehr mutige Frau empfunden, die sich nie gescheut hat, den komplizierten Weg zu gehen.

Hier der Lehmtext:

Wie schmeißt denn da mit Lehm


Die Menschen heutzutage
Sind alle so nervös.
Über jede kleine Kleinigkeit
Da werden sie giftig bös´.
Schimpft einer auf den andern,
dann sing ich mit Humor,
damit er nicht mehr schimpfen soll,
mein kleines Liedchen vor.


Wie schmeißt denn da mit Lehm,
der sollte sich was schäm´!
Der sollte auch was andres neh´m
Als ausgerechnet Lehm.


´Ne junge Frau die stößt sich
an einem spitzen Stein,
Der Bräutigam sagt liebevoll:
"Mein armes Engelein!"
Sind die zehn Jahr´ verheiratet,
dann sagt er prompt zu ihr:
"Na heb doch deine Beene uff,
du olles Trampeltier."


Bei unsern Nachbarn Meier
Ist immer etwas los.
Die sind sehr sportbegeistert,
auch die Frau boxt tadellos.
Kriegt sie ihn mal beim Wickel,
dann zählt sie´n aus komplett,
dann setzt sie ihn auf´s Töpfchen druff
und schiebt ihn unters Bett.

Jüngst traf ich auf de Straße
Den alten Maler Kraus,
dem guckte aus dem Hosenbein
der Sockenhalter raus.
Da schreit so´n kleiner Bengel
Zu dem Alten hin sehr klug:
"Sie, passen sie auf ihr´n Bandwurm auf,
der macht ´nen Fluchtversuch!"


Die Berliner sind sehr höflich.
Ein Herr trat neulich mal
Einer Dame auf die Schleppe.
Im Foyer war´n Mordsskandal:
"Können Sie nicht seh´n, sie Ochse?" -
"Ja," sagt der Herr "ich kann´s!
Aber warum haben sie olle Kuh
So einen langen Schwanz?"

....


und auch das hier ist kaum bekannt:

Kremserlied

Wenn man die Zeit von heut betrachtet,
dann merkt man leicht als Philosoph;
was uns´re Eltern einst geachtet,
Das scheint uns Kindern bisschen doof.
Wofür die Eltern einstmals schwärmten,
als sie sich liebten, als sie sich härmten,
ja das versteh´n wir Kinder nicht,
und wundern uns wenn Vater spricht:

Als der Kremser noch fuhr raus ins Grüne,
als der Vater die Mutter gefreit,
als wir Polka getanzt und Carotine,
ja das war noch ´ne herrliche Zeit,
ja das war noch ´ne herrliche Zeit!

Als noch Mutter den Kaffee gekocht hat,
und der Vater goß ihn ihr auf´s Kleid,
was sie gerade am liebsten gemocht hat,
ja das war noch ´ne herrliche Zeit,
ja das war noch ´ne herrliche Zeit!

Wir sind ja heut so furchtbar sachlich,
und bilden uns nicht wenig ein.
Wir sind ironisch und auch stachlich,
aus Angst wir könnt´n gemütlich sein.
Wir machen furchtbar auf gefühllos,
denn wenn man Herz hat, das wär ja stillos.
Doch manchmal klingt und leis und bang,
Das Lied ins Ohr das Vater sang:

Als der Kremser noch fuhr raus ins Grüne,
als der Vater die Mutter gefreit,
ohne Motor und ohne Maschine,
ja das war noch ´ne herrliche Zeit,
ja das war noch ´ne herrliche Zeit!

Das ist vorbei, das ist vorüber,
weint keine Träne hinterher.
War dir die Zeit auch damals lieber,
Für das was war da jibts nischt mehr!


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angelottchen
baerliner
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Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von baerliner
als Antwort auf lotte vom 27.02.2008, 12:18:23
Und das Schmackeduzchen kann man auch anhören, wenn auch nicht von Claire gesungen


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baerliner
baerliner
baerliner
Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von baerliner
als Antwort auf lotte vom 27.02.2008, 12:18:23
Duplikat gelöscht
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baerliner

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cecile
cecile
Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von cecile
als Antwort auf baerliner vom 27.02.2008, 12:36:16
Danke für die interessanten Links - ich mag Claire Waldoff auch sehr.
Sie war wirklich großartig und seit ich einen Teil ihres Repertoires auf CD habe, weiß ich, womit ich meine (gelegentlich) schlechte Laune sehr schnell vertreiben kann.

Besonders liebe ich das Lied "Da wackelt die Wand" - vielleicht weil ich da auf einige Gemeinsamkeiten gestossen bin...

Ich habe nach einem Link gesucht, konnte aber leider nichts finden.

Gruß
Cécile


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angelottchen
angelottchen
Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf cecile vom 27.02.2008, 16:28:56
Hier eine Diskografie der guten Claire .. alles, was je in die Rille gedrückt wurde

Claire Waldoff

DAs Lied heisst übrigens "Dann wackelt die Wand" ...

Irgendwie hatte ich im Hinterkopf, dass auch "Ich kann dem Emil seine Hände nicht vergessen " von ihr sein - aber das war Grete Weiser, oder?
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angelottchen
cecile
cecile
Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von cecile
als Antwort auf angelottchen vom 27.02.2008, 17:51:00


Von Claire Waldoff kenne ich nur "Wegen Emil seine unanständ'ge Lust" - ein Lied über - oder besser gesagt gegen - unnütze Schönheitsoperationen aller Art...
Wäre doch auch heute topaktuell, oder?

"Emils Hände" ist tatsächlich von Grete Weiser gesungen worden - sagt Wikipedia. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, es je gehört zu haben.

Übrigens hat Tucholsky auch öfters - meist bewundernd - über Claire Waldoff geschrieben.


Cécile
baerliner
baerliner
Mitglied

Re: Icke stelle vor: Claire Waldoff
geschrieben von baerliner
als Antwort auf cecile vom 27.02.2008, 16:28:56
Danke für die interessanten Links - ich mag Claire Waldoff auch sehr.
Sie war wirklich großartig und seit ich einen Teil ihres Repertoires auf CD habe, weiß ich, womit ich meine (gelegentlich) schlechte Laune sehr schnell vertreiben kann.

Besonders liebe ich das Lied "Da wackelt die Wand" - vielleicht weil ich da auf einige Gemeinsamkeiten gestossen bin...

Ich habe nach einem Link gesucht, konnte aber leider nichts finden.

Gruß
Cécile


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Hier gibt es neben andern Chansons auch das Lied "Da wackelt die Wand" von neuen Interpreten gesungen

Sorry, das war nichts - man sollte erst hören, ehe man was schreibt
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