Netzwelt Vorratsdatenspeicherung

Mitglied_5ccaf87
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Vorratsdatenspeicherung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Da ich an Altersdemenz leide, was ja schon mal vorkommen kann und worüber von einem anderen Betroffenen sogar ein Buch geschrieben wurde, erhalte ich unter Umständen einen Anruf von einem angeblichen Enkel in Geldnöten. Wenn ich nun die von ihm gewünschte Summe überweise, nennt man das Ganze einen Enkeltrick. Das kommt auch vor und ist offensichtlich ein Modevergehen. Vergangenes Jahr geschah das in Baden-Württemberg angeblich 276 mal.

Nun ist aber der Trickbetrüger kein Raubmörderkinderpornoterrorist, auf den der Richterspruch des BGH zutrifft, sondern ganz schlicht ein Mensch der ein Vergehen begeht und höchstens eine Haftstrafe auf Bewährung zu erwarten hat.

Nun hat sich der BaWü-Innenminister Reinhold Gall SPD gedacht, das man diesen Tätern mit der Datenvorratsspeicherung im Internet auf die Spur kommen könnte und wünscht deren Einsatz: heise.de: Enkeltrickbetrüger als Argument für Vorratsdatenspeicherung Vermutlich hat Gall aber vergessen, das Internet und Telefon zwei grundverschiedene Dinge sind und das das Internet bei einer dementen Oma nur sehr selten benutzt wird.

Vielleicht sollte sich Gall mal mit seinem Dresdner Kollegen Ulbig beraten wie man am besten Telefone überwacht und welches Ergebnis zu erwarten ist. In diesem Zusammenhang möchte ich eine Kuriosität erwähnen: Kürzlich hat das Dresdner Amtsgericht bestätigt, das die von ihm selbst angewiesene Funkzellenabfrage völlig in Ordnung geht: OAZ-Online: Amtsgericht Dresden erklärt Funkzellenabfrage der Polizei vom 19. Februar 2011 für rechtens Das ist praktisch genau so, als würde der Enkeltrick-Betrüger behaupten, das sein Vorgehen mit dem Gesetz im Einklang steht.
Mitglied_5ccaf87
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Re: Vorratsdatenspeicherung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.05.2012, 08:46:21
Ein Nachtrag:
Gemäß dieses Urteils des BGH vom vergangenen Jahr ist es unserer Bundesregierung unmöglich, die Vorratsdatenspeicherung so durchzusetzen, wie es die EU erwartet. Gestern hat nun die EU-Kommission Deutschland zu täglich 315.036,54 Eus verdonnert. Begründung:
[i]Deutschlands Verweigerung habe negative Folgen für den Binnenmarkt (weil deutsche Telekommunikationsfirmen in dieser Frage anders behandelt werden als die in anderen EU-Ländern) und sie hindere die deutsche Polizei daran, schwere Verbrechen zu verfolgen (weil sie keinen Zugriff auf Telekommunikationsdaten hat).[/indent]Quelle FAZ: Vorratsdatenspeicherung: Jeden Tag 315.036,54 Euro Strafe Man beachte dabei, es geht nicht um Freiheit, Menschenrechte und Menschenwürde, sondern um (Binnen)Märkte. Das hatten wir schon paar mal.

Den Umfang dieser Peinlichkeit versteht man erst wenn man weiß, das Deutschland (Regierung Schröder/BMI Schily) einer der Initiatoren der VDS waren und nun eigentlich vor den EG ziehen muss, um gegen sich selbst mit der Begründung "Verstoß gegen das deutsche Grundgesetz" und "Verstoß gegen die Menschenrechte" zu klagen. Nun bin ich gespannt wie ein Regenschirm, wie sich die gegenwärtige Bundesregierung aus diesem Dilemma heraus eiern wird, ohne bei den deutschen VDS-Gegnern anzuecken.
Re: Vorratsdatenspeicherung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.06.2012, 10:36:10
: FAZ: ...Dass Deutschland bei dem anstehenden Gerichtsverfahren gute Karten habe, glaubt in Brüssel niemand. In Vertragsverletzungsverfahren müssen die Luxemburger Richter prüfen, ob ein Land alle Anstrengungen unternommen hat, um eine EU-Richtlinie in sein Recht zu übertragen. Das kann die Bundesregierung nicht behaupten, da es ja gar kein deutsches Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gibt....


ob ein Land alle Anstrengungen unternommen hat,
...
Das kann die Bundesregierung nicht behaupten,
Doch, das hat die Regierung sehr wohl unternommen, wurde aber in Kalrsruhe damit abgeschmettert. Sie hat damit jetzt keine Chance, der Vorratsdatenspeicherung der EU zuzustimmen.
Obwohl sie ehemals wohl zugestimmt hatte.
Damit aber hat sie vorsätzlich gegen die Interessen des bestehenden DE- TK-Gesetzes verstoßen; denn sie wusste, dass das in DE nicht durchgehen würde (oder hätte es zumindest wissen können).

Die 'Strafe' sollte also allein derjenige persönlich zahlen, der damals wider besseres Wissen zugestimmt hatte. Und zwar derjenige allein, und nicht (wieder) das Volk. Wie war das mit dem geschworenen Amts-Eid: ...zum Wohle des Volkes...
Liegt hier damit gar ein Meineid auf der Schwelle?


:FAZ:...Der Gerichtshof kontrolliert nur, ob die Richtlinie in Deutschland umgesetzt wurde, nicht ihre Rechtmäßigkeit.
Aber Holla, jetzt bestimmen schon Bürokratenä... darüber was rechtens ist?
Genau entgegen dem erklärten Willen des höchsten Gerichtes des Volkes.
Zumal es sich hier um eine 'Richtlinie' handelt.
Das finde ich mehr als bedenklich.
Demnächst werden wir per Richtlinie dazu verdonnert, zB. dänisch, französisch oder das weit verbreitete Lateinisch zu sprechen?

Das beste wäre wohl, den gesamten Schmonzes 'Vorratsdatenspeicherung' rechtzeitig ad acta zu legen.
Oder die EU zu verlassen; natürlich muss vorher eine grandiose Pleite ala Griechenland & Co hingelegt werden.

Es bleibt/wird jedenfalls spannend.

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olga64
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Re: Vorratsdatenspeicherung
geschrieben von olga64
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 01.06.2012, 16:11:10
Ich gebe es zu - bisher habe ich mich nicht sehr intensiv mit dieser Thematik beschäftigt, weil es mir persönlich völlig Schnuppe ist, wie lange meine Daten aufbewahrt bleiben - so interessant ist dies bei mir sicherlich alles nicht.
Aber es stellt sich ein wenig für mich dar, dass hier ein Zweikampf zwischen Frau Leutheusser-Schnarrenberger und dem Lockenköpfchen Friedrich stattfindet - schadet, dass dies soviel Geld dem deutschen Steuerzahler kostet (pro Tag 300.000.-- Euro). Was man damit hätte machen können - z.B. auch arme Griechen unterstützen. Olga
kirk
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Re: Vorratsdatenspeicherung
geschrieben von kirk
Interessant ist aber auch bei diesem ganzen "Hickhack", dass immer wieder auf die drohende Strafe hingewiesen wird die nun droht.
In den wenigsten Fällen gibt es auch die Information, dass gegen die Bundesrepublik Deutschland weitere 70 (!) dieser Verfahren anhängig sind. Darunter auch eine wegen des VW-Gesetzes.
Auch da drohen Strafen, allerdings kann man damit offenbar seinen politischen "Gegner" nicht so unter Druck setzen wie bei der VDS.

Kirk
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Re: Vorratsdatenspeicherung
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf olga64 vom 01.06.2012, 16:54:48
Nein, das ist kein Schlagabtausch zwischen den beiden Politikern. Leutheusser-Schnarrenberger sieht das nur etwas realistischer. Die Hauptarbeit haben ganz andere Leute gemacht und denen sieht sich der Bundesinnenfriedrich gegenüber: https://www.vorratsdatenspeicherung.de/ Sie haben sich engagiert, keine Kosten gescheut, sind zum BGH gelaufen und haben Urteile erfochten. Immer unter dem Motto: Wo es keine Kläger gibt, gibt es auch keine Richter.

Falls euer Browser dümmliche Messagen bezüglich https://-Schlüssel meldet, so ist das Absicht und soll euch abschrecken diese Page zu besuchen! Stichwort Staatsräson! Dort wird nämlich der Sachverhalt ein klein wenig anders beschrieben:[i]Damit verzichtet die EU-Kommission darauf, die Zahlung einer Strafe (Pauschalbetrag) für die Nichtumsetzung in der Vergangenheit zu verlangen. Das Kostenrisiko für Deutschland ist mit 1,42 Euro pro Bürger und Jahr gering. Im Fall einer Verurteilung könnte noch immer ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf den Weg gebracht werden. Würde dies sechs Monate dauern, kostete dies uns bloß 57 Mio. Euro - ein Bruchteil des Betrags, den wir im Fall einer Vorratsdatenspeicherung über höhere Preise an unsere Anbieter zahlen müssten.[/indent]
Mit anderen Worten:
Setzt Deutschland die VDS nicht durch sind die Kosten geringer, als die (Fix)Kosten für die VDS. Und nun soll man nicht am Geisteszustand einiger Politiker zweifeln.

Nochmals: Diese Perversion haben wir der Grün-Roten Bundesregierung des Gasablesers von Butins Gnaden zu verdanken. Schwarz-Gelb hat aber auch nichts getan diesen Zustand zu verändern und war sogar recht glücklich über deren Vorarbeit. Und da wundern sich einige von euch, weshalb die Piraten einen solchen Zuspruch haben.

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