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Nostalgie Aus dem DDR-Alltag

lupus
lupus
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Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von lupus


Wenn man das Westfernsehen empfangen wollte war bei uns ein recht großer Antennenaufwand notwendig.
Eines Tages war der Empfang durch den Funkverkehr eines ca.40 km entfernten Militärflugplatzes der Roten Armee gestört. Man hörte Gespräche in Russisch auf dem ARD-Empfang.
Findige Bastler, die in der DDR notwendig und auch vorhanden waren entwickelten ein Gerät mit dem man die Störung ausfiltern konnte.
Im Volksmund "Russentopf" genannt.
Es bestand aus einem Aluminiumtopf, einen sog. Tauchsiedertopf mit Einbauten.
Ich fand diese Skizze und erinnerte mich belustigt daran.
Bei Beginn der Störung drehte man vorsichtig an der Einstellschraube und erreichte eine Stelle ohne Störung.
Für Altbundesrebuplikaner eine exotische Sache!


lupus

Bote Asgards
Bote Asgards
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RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von Bote Asgards
als Antwort auf lupus vom 19.11.2018, 18:06:01

Ja, die Leute ließen sich schon was einfallen, um das Fernsehen des "Klassenfeindes" empfangen zu können. So ein Russentopf war dafür im Mansfelder Land dGsD nicht notwendig Lächeln Aber es gab einen technischen Trick, um das Fernsehbild zu verbessern, das, je nach Wetter, etwas bis sehr verschneit war. Die Antennenkabel waren dazumal noch ungeschirmte Flachkabel. Man wickelte 2 Streifen  Silberpapier von der Schokoladentafel in der Nähe des TV im Abstand um das Kabel und verschob die beiden Streifen dann solange zu- oder auseinander, bis das Bild schneearm oder oft sogar schneefrei war. Das hat super funktioniert. Wie das technisch zu erklären ist, weiß ich bis heute noch nicht.   
 

kirk
kirk
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RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von kirk
als Antwort auf lupus vom 19.11.2018, 18:06:01

Ein sogenanntes Topfkreisfilter. Hatte ich mal aus dem Surplushandel für 144 und 435 MHz.
Die Dinger sind sehr schmalbandig und blenden daher benachbarte Signale aus die sonst das Nutzsignal übertönen.

Kirk


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lupus
lupus
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RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von lupus
als Antwort auf kirk vom 20.11.2018, 21:49:26

Gebaut habe ich den Russentopf schon aber seine Theorie blieb mir natürlich verschlossen.  Lächeln
lupus

maeninger
maeninger
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RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von maeninger
als Antwort auf lupus vom 19.11.2018, 18:06:01

Kann mich gut daran erinnern. Wir hatten uns erst ziemlich spät einen Fernseher zugelegt. Die waren ja ganz schön teuer. Meine Eltern gingen immer zu einer befreundeten Familie zum Gucken. Da waren immer etliche Pärchen. Sonntags nachmittag waren auch wir Kinder dabei.
Was ich in den vergangenen Jahren von meinen hessischen Kolleginnen erfahren habe, hat mich doch erstaunt. Die hatten unterm Dach ebenfalls eine Antenne mit der sie Osten gucken konnten. Vor allem Märchen und Kindersendungen aber auch Kessel buntes.

Bote Asgards
Bote Asgards
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RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von Bote Asgards

Zum Fernsehen in der DDR in den 60-er Jahren gehörte auch der Spannungsregler. Wegen oft zu niedriger Netzspannung kippte sonst das Bild und es waren nur Streifen zu sehen.


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carlos1
carlos1
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RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von carlos1
als Antwort auf lupus vom 19.11.2018, 18:06:01
"Wenn man das Westfernsehen empfangen wollte war bei uns ein recht großer Antennenaufwand notwendig.
Eines Tages war der Empfang durch den Funkverkehr eines ca.40 km entfernten Militärflugplatzes der Roten Armee gestört. Man hörte Gespräche in Russisch auf dem ARD-Empfang.
Findige Bastler, die in der DDR notwendig und auch vorhanden waren entwickelten ein Gerät mit dem man die Störung ausfiltern konnte.
Im Volksmund "Russentopf" genannt." ...... "Für Altbundesrebuplikaner eine exotische Sache!" Lupus


Mensch Lupus, was für eine genial einfache Lösung, dieser Russentopf, und das unter den Umständen damals in der DDR.  Im Keller in der Ablage befinden sich bei mir noch dicke Wälzer, wie Radiotechnik for Jungen, mit deren Anleitungen man Radios basteln konnte, wo alle Teile der damailigen Technik, z. B.  Röhren etc erklärt werden Ich habe damit mal angefangen, aber es blieb liegen. Es gab ja alles zu kaufen. Ab den 60ern änderte sich in der Nachrichtentechnik sehr viel. Röhren gerieten aufs Abstellgleis und Transistoren traten den Siegeszug an. Kirk erklärt, dass mit Hilfe des Russentopfes Störsender ausgefiltert werden. Ich wäre aber total mit meinem Latein am Ende, weil ich nicht wüsste, wie das Bauelement an den Fernseher angeschlosse werden müsste. Vermutlich am Antenneneingang, wo die Störsignale ausgefiltert wurden. Mich wundert, dass die Stasi nicht aktiv wurde, denn das Mithören des Funkverkehrs eines Militärflughafens war offensichtlich zeitweise möglich.

Not macht erfinderisch. Exotisch ist in den 50ern und 60ern auch im Westen für die Zeitgenossen von heute jedenfalls vieles. Mein späterer Schwiegervater packte eine Reisenmenge von Ersatzteilen in das kleine Auto, mit dem die Familie meiner Frau in den Urlaub fuhr. Ersatzteile für alle möglichen Defekte bis hin zu Blattfedern für die Hinterachse waren ständige Urlaubsbegleiter. ein Ersatzvergaser gehörte dazu. Nachdem das Auto einmal wegen unreinen Benzins nur noch mit Mühe zur nächsten Werkstatt gelangte, war es für mich selbstverständlich bei neuen Autos zunächst einmal ein Filter in die Benzinzuleitung einbauen zu lassen. Ich wurde gewarnt, auf keinen Fall zu tanken, wenn ein Tankwagen an der Tankstelle stehen würde. Der Treibstoff könnte durch Verwirbelung des Bodensatzes verunreinigt sein. So etwas erregt heute nur noch ein müdes Lächeln. Außer der Überpüfung der Flüssigkeitsstände von Öl, Wasser und Bremsflüssigkeit lässt sich heute nichts mehr an einem modernen Auto machen. Selbst Leuchtmittelwechsel sind so kommpliziert an einem modernen Auto in einem engen Motorraum, dass ich das lieber der Werkstatt überlasse, die den Wechsel ohne Berechnung des Zeitaufwandes vornimmt.

In einem modernen Auto, das mit Elektronik überladen ist, bin ich zunähst unsicher, bekomme es sogar mit der Angst zu tun. Es blinkt und piept in einem fort. Ich habe viele Wochen das Handbuch mit 700 Seiten für das Auto studieren müssen, um mich an die Vielzahl oder die wichtigsten Funktionen zu gewöhnen. Die Mediazentrale mit noch mal 300 Seiten konnte mich mal. Licht einschalten beim Einfahren in einen Tunell macht die Elektronik selbst. Nähere ich mich unbeabsichtigt dem Mittelstreifen piept es .... Reparieren in diesem System lässt sich vom Laien gar nichts mehr. Das Auto sagt mir, wenn es Zeit ist für den Kundendienst. Bin ich in einen Unfall verwickelt, weiß die Versicherung, wenn sie es wissen will, wer am Steuer saß beim Unfall, denn die Sitzstellung meiner Frau ist anders als meine, ebenso die Fahrweise. Auch solche Details werden gespeichert und sind auf Abruf verfügbar.

Früher war es schön, da konnte der Mensch noch etwas tun wie an einem DDR-Fernseher und darauf stolz sein. Und heute? Sagenumwoben ist für mich der Trabant. Schön sah er nicht aus. Aber ein gerissener Keilriemen konnte durch einen Damenstrumpf ersetzt werden, hat man gesagt, spaßeshalber. Ich habe es nicht selbst erlebt, will es aber glauben. Aber nicht immer stimmt, was man so glaubt. Aber so, wie der Trabant aussah, könnte man das wirklich für wahr halten. Bei einer modernen  Elektronikkiste glaube ich das in diesen Fall nicht. 


Viele Grüße
c
wandersmann
wandersmann
Mitglied

RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von wandersmann
als Antwort auf lupus vom 19.11.2018, 18:06:01

Findige Bastler, die in der DDR notwendig und auch vorhanden waren entwickelten ein Gerät mit dem man die Störung ausfiltern konnte.
Im Volksmund "Russentopf" genannt.
Es bestand aus einem Aluminiumtopf, einen sog. Tauchsiedertopf mit Einbauten.
Ich fand diese Skizze und erinnerte mich belustigt daran.
Bei Beginn der Störung drehte man vorsichtig an der Einstellschraube und erreichte eine Stelle ohne Störung.
Für Altbundesrebuplikaner eine exotische Sache!


lupus
Ist wirklich neu für mich,auf diese Art den Fernsehempfang verbessern zu können. Diesen "Russentopf" kannte ich bisher noch nicht, noch nicht mal den Begriff selber.
Die Skizze erinnert eher an den "UFO"-Bau bei der Fahne.
 
Distel1fink7
Distel1fink7
Mitglied

RE: Aus dem DDR-Alltag
geschrieben von Distel1fink7
als Antwort auf wandersmann vom 26.11.2018, 23:38:06

1990 Heiratet ich einen West-Beliner, der  dort aufgewachsen, studiert und später im 
Sicherheitsbereich tätig war. Ja, die ehem. DDR war ihm wohlbekannt und er interessierte
sich für deren Politik im Zusammenhang mit dem Westen.

Ich weniger, für mich hatte Berlin mehr zu bieten, eben andere Sachen. Viel später
also jetzt  finde ich unsere Deutsche Geschichte sehr tragisch. Als sich die Mauer
öffnete ich  all die glücklichen Menschen sah, dachte ich das wars. Jetzt ist alles
gut und wußte nix.

Jetzt les ich alles, was ich kriegen kann über unseren Osten. 
Über die Menschen und deren Mentalität, was sie konnten, was sie durften,
bzw was sie nicht  durften, interessiert  sehr. Es ist ja bekanntlich nie zu spät.

Besonders berührt hat mich das Buch von Marie-Luise Knopp
" Eingesperrte Gefühle bahnen sich ihren Weg.
Burg Hoheneck und ein leben danach. "
Ein authentischer Bericht einer Lehrerin in Leipzig,  die sich dem System verweigerte,
jahrelang im Gefängnis gelandet ist und schließlich vom Westen freigekauft wurde.
Der Zwiespalt aus einem  Leben im Osten, sich dem Westen zurecht zu finden,
wird wohl nicht nur ihr ein gutes Stück Arbeit bedeutet zu  haben.
Menschen zwischen Ost und  West
ist heute noch ein spannendes Thema.


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