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Nostalgie Das Wunder von Lengede

Das Wunder von Lengede
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Heute vor 50 ereignete sich die Katastrophe von Lengede.

Wassermassen stürzten in den Schacht Mathilde einer Zeche in Lengede, Kreis Peine.
129 Bergleute verloren ihr Leben.

Das Wunder geschah 14 Tage später, als 11 Bergleute noch lebend gerettet wurden.

Im Link ein Rückblick.

Meli

Das Wunder von Lengede
Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2013, 09:17:18
So ist es, wenn sich die Tippfehler einschleichen.

Es waren nicht 129, sondern 29 Berleute, die verstarben.

Aber es ist natürlich jeder Tote einer zu viel.

Meli
fische
fische
Mitglied

Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von fische
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2013, 09:17:18
Ich kann mich noch gut daran erinnern,es wurde auch die Bergung im Fernsehen übertragen.
fische

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anjeli
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Mitglied

Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von anjeli
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2013, 11:27:04
Ich hatte damals vor 50 Jahren auch die Berichterstattung verfolgt.

Mit 14 Jahren habe ich eine Kfm. Ausbildung im April (wie es damals üblich war) begonnen.

Letztes Jahr habe ich auch nochmal Berichte gesehen u. a.
ein Interview mit dem damals 20jährigen Adolf Herbst, der einer von den 11 Geretteten war.

Adolf Herbst, Elektro-Monteur fuhr eine Doppelschicht und wollte gerade Feierabend machen als sich das Unglück ereignete. Er wollte am nächsten Tag Verlobung feiern.

Adolf, er war kein Bergmann, schloss sich geistesgegenwärtig einer Gruppe Bergleute an, die gerade erst ihre Schicht begonnen haben.
Er und die anderen mussten gegen Wassermassen ankämpfen, wobei er schon zwei Schichten in den Knochen hatte. Er hat es aber mit den anderen geschafft, sich in den "Alten Mann"
zu retten (erst mal)
Dann begann das Warten in Todesangst und in der Dunkelheit.
Die Toten hatten es ja schon hinter sich.

Können wir es ermessen was diese Menschen durchgemacht haben?

Adolf Herbst ist nie wieder in eine Grube eingefahren.
Er hat seine damalige Freundin geheiratet und nächstes Jahr feiert er Goldhochzeit.

Planet Wissen/Adolf Herbst

anjeli
Mitglied_1a4a99f
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Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf anjeli vom 24.10.2013, 18:49:09
ich habe lange zeit in lengede gelebt und viele der geretteten gekannt... mit einigen kindern der inzwischen verstorbenen habe ich noch immer kontakt und es gab heute in lengede eine bewegende feier.. ich habe vorhin noch mit mit der tochter eines der damals geretteten bergleute gesprochen... ich war natürlich auch interessiert an dem was gesagt wurde und wie die feier von statten ging, zumal es ja auch einmal meine heimat war...

sie war ganz gerührt von der feier und es kamen die erinnerungen hoch an damals, als die mutter immer wieder sagte, dass papa nach hause kommt und sie und ihr bruder nicht traurig sein sollen...ja und dann wurde er gerettet und die familie war wieder vereint... ihr vater fuhr nie wieder in den stollen ein sondern suchte sich eine arbeit über tage, wie die meisten von den 11 geretteten...

das wunder
Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2013, 19:20:24
Dass die Männer nicht mehr einfuhren, ist verständlich, denn ein solch großes Trauma wird wohl kaum überwunden werden können.

Als ich die Mitteilung über diesen 50. Jahrestag heute morgen im Radio hörte, war ich sehr überrascht. So lange ist das schon her und doch unvergessen.

Ich nehme einmal an, dass es wohl allen so geht, deren Väter eingefahren sind.

Meli

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Mitglied_1a4a99f
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Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2013, 19:47:54
ich glaube 4 von den geretten sind noch weiter eingefahren, aber der größte teil blieb über tage und was die an alpträume hatten, davon hat meine freundin berichtet...

ich könnte das auch nicht verarbeiten, die ängste die die männer ausgehalten haben mussten, das kann niemand nachempfinden glaube ich...

am sonntag kam ein bericht auf n3... da wurde adolf herbst gezeigt und er hat alles erzählt über die katastrophe... er selber sagte, dass da schubladen sind, die er nicht öffnen möchte... das wäre so, als wenn man die büchse der pandora öffnen würde, sagte er...

ein wunder, dass diese 11 noch gerettet wurden, nachdem sie lange als tot glaubt galten... diese 11 haben da zum zweiten mal geburtstag gefeiert...

sie wurden dann auch eingeladen nach holland und spanien... fuhren zur kur und bekamen geschenke aus der ganzen welt, denn es ging ja auch um die welt als das wunder von lengede

f.o.
anjeli
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Mitglied

Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von anjeli
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 24.10.2013, 20:09:04
Ich habe auch den Bericht gesehen und Adolf Herbst sprach auch von einer Black Box, die nicht geöffnet werden darf und die fest verschlossen ist. Wird sie geöffnet, käme es der Büchse der Pandora gleich.
Frau Dagmar, die jetzt im Rollstuhl sitzt nach Schlaganfällen, die hat ihren Mann, wenn ihn sein Trauma wieder einholte und er nicht schlafen konnte, unterstützt und aufgefangen.

Kumpel Wolter, der die Gespräche führte mit der Außenwelt, er hat zunächst über Tage gearbeitet und ist dann aus finanziellen Gründen wieder in die Grube eingefahren.
Die Kumpel wurden für tot erklärt und die Witwen und Angehörigen bekamen 500 DM Beerdigungsgeld. Das mussten sie dann wieder erstatten, denn die Kumpel waren ja nicht tot.

Kumpel Wolter hatte auch auf die Klopfzeichen geantwortet. A. Herbst erzählte, dass er unheimlich lange gebraucht hat, mit seinen steifen klammen Händen sein Messer aus dem Stiefel zu ziehen. Die Erwartungshaltung, dass die Klopfzeichen oben ankommen, die war sehr groß.

anjeli
Mitglied_1a4a99f
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Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf anjeli vom 24.10.2013, 21:43:14
das mit dem beerdigungsgeld habe ich nicht mitbekommen, denn leider habe ich den anfang der sendung verpasst...

es gibt heute in lengede eine reihenhaussiedlung, die wird auch witwenhäuser genannt... da wohnten dann die hinterbliebenen der verschütteten kumpel...diese häuserreihe liegt genau in der nähe der klärteiche und schachtanlage... diese witwen haben dann billige kredite bekommen, um die häuser halten zu können...

die familien der geretteten wurden dann ins europäische ausland eingeladen und durften sich land und leute ansehen, es flossen auch sach- geldspenden...

meine freundin erzählte mir immer mal, dass ihr vater sehr unter alpträumen litt und nachts oft schreiend erwachte... er war nicht mehr derselbe wie vorher und als kinder haben sie das natürlich nicht verstanden er war ihr vater und doch war er ein anderer, obwohl er sich immer liebevoll um sie kümmerte, es war nie mehr so wie vor dem unglück...

er wollte auch keine ärztliche hilfe annehmen, er wollte das alleine schaffen und zerbrach fast daran und nach einem zusammenbruch kam er dann ins krankenhaus und erhielt dort auch seelischen beistand und war hinterher froh darüber... die familie litt genauso darunter und es dauerte lange, bis die familie wieder zusammenfand

f.o.
rehse
rehse
Mitglied

Re: Das Wunder von Lengede
geschrieben von rehse
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 25.10.2013, 11:27:30
Es ist ja positiv, wenn den betroffenen Familien geholfen wurde. Nur den seelischen Schmerz muss jeder selbst verarbeiten, natürlich mit Hilfe von Experten. Aber das wird wohl nicht immer gelungen sein. Aus dem Krieg kamen auch viele gebrochene Menschen zurück, die unfreiwillig dem Tod ins Auge schauen mussten. Eine Tante von mir war während des Krieges in einem Keller verschüttet. Sie hat ihr Hörvermögen eingebüßt, konnte sich aber auch nicht mit dem damals altmodischen Hörgerät abfinden.
Für den Rest ihres Lebens war sie sehr still geworden, sehr hilfsbereit und fromm. Sie starb mit 92 Jahren. Viel geredet hat sie über das Unglück, welches sie da erfahren hatte, nie. Ihr Mann blieb als Soldat im Krieg verschollen.

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