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Plaudereien bescheidene Zeiten

bescheidene Zeiten
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Ich erinnere mich gerne an die 50er Jahre meiner Kindheit, wenn wir durch Straßen und Felder streunten. Ab- und zu war der Appetit/Hunger/Kohldampf beträchtlich. Nun, ein Snack (Riegel) im heuteigen Sinne gab es nicht. Da mussten wir uns schon etwas einfallen lassen und die Gärten und Felder gaben schon einiges her:
Radieschen (wenn man Glück hatte, auf einem Butterbrot), wenn nicht, so wurden sie so gegessen. Im Bach ausgewaschen, gerne auch Karotten oder Rüben, Rhabarber war auch immer ein willkommener Snack…vom Obst ganz zu schweigen. Erwischen lassen durfte man sich natürlich nicht, die Strafen waren drakonisch!
Ab und zu bekam man auch für eine Gefälligkeit (Hund ausführen, Einkäufe erledigen, Hecke schneiden, Autos waschen usw. etwas Geld, um sich eine Kleinigkeit zu kaufen. Ganz begehrt bei mir waren die kleinen Zuckerbonbons (zwei Stück/ein Pfennig).
Die Ami´s gaben uns auch ab und zu einen Kaugummi, den wir tagelang im Zuckerwasser aufbewahrten.
An den Schießständen der Alliierten sammelten wir die Patronenhülsen um sie beim Steinmetz zu verkloppen. Der machte davon die Messingdächer für die Friedhofskreuze und wir hatten wieder etwas Geld für Naschsachen..hehe war eine bescheidene Zeit aber großartig in meinen Erinnerungen.
Das Elende gabs natürlich auch, verdränge ich aber gerne.
Locomotivedriver
Locomotivedriver
Mitglied

Re: bescheidene Zeiten
geschrieben von Locomotivedriver
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 02.03.2015, 15:47:57
Diese Zeiten sind selbst mir noch bekannt und ich bin ein 51er Jahrgang. Aber ich erinnere mich, zwar ungern, daran, denn im Vergleich zu den heutigen Zeiten, sind diese Erinnerungen immer gut, damit man erinnert wird, "es war auch mal anders", wenn mal wieder auf hohem Niveau über die heutigen schlechten Situationen, gejammert wird.
morgensonne
morgensonne
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Re: bescheidene Zeiten
geschrieben von morgensonne
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 02.03.2015, 15:47:57
auch ich erinnere mich gerne an die Zeit. Wir waren zwar arm aber doch glücklich. Wir Kinder haben früh das Schwimmen gelernt, denn auf der anderen Seite des Flusses waren die Kleingärten. Da wurde viel ausgegraben. Mundraub wurde ja nicht angezeigt aber wehe, man ließ sich erwischen, dann gab`s auf der Stelle Kloppe. Für die Besitzer der Gärten waren wir ja wirklich eine Plage.
Bei uns waren die Engländer stationiert und wurde in einem Geschäft mal etwas mitgenommen und die Jungens wurden verfolgt, dann liefen sie in die "Navy". Weder Polizei noch Privatleute durften diese betreten. Meine Brüder kamen oft mit etlichen Pluderteilchen heim, die sie von den Engländern geschenkt bekamen.
Ein Bruder sammelte immer die Kippen und verhökerte sie an seine Lehrer. Eicheln haben wir gesammelt und diese an die Caritas verkauft für die Schweine. Neid kannte man nicht. Es hatte ja niemand viel.
Gr. Morgensonne

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schorsch
schorsch
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Re: bescheidene Zeiten
geschrieben von schorsch
als Antwort auf morgensonne vom 06.03.2015, 19:18:36
auch ich erinnere mich gerne an die Zeit. Wir waren zwar arm aber doch glücklich. Wir Kinder haben früh das Schwimmen gelernt, denn auf der anderen Seite des Flusses waren die Kleingärten. Da wurde viel ausgegraben. Mundraub wurde ja nicht angezeigt aber wehe, man ließ sich erwischen, dann gab`s auf der Stelle Kloppe. .............
Gr. Morgensonne


Schmunzel: Genau so war es auch bei mir: Im harmlosen Fluss schwimmen gelern - und dann im reissenden das Schicksal herausgefordert, nur um auf der anderen Seite ein paar Kartoffeln aus Bauers Acker zu graben. Diese dann im offenen Feuer am Fluss gebraten, bis man ringsum 1 cm Verbranntes abbrechen musste, damit man essen konnte.
Re: bescheidene Zeiten
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf schorsch vom 07.03.2015, 13:36:55


Ich bin in Hamburg aufgewachsen. Flüsse konnte ich daher nicht durchschwimmen.
Jeden Tag nach der Schule habe ich in der Bäckerei die großen Backbleche geschrubbt. Dafür habe ich 5 Mark die Woche bekommen.
Die Hälfte ging in den Spartopf für ein neues Rad und dann ging ich Sonntags ins kleine Kino ums Eck " Fuzzy Filme " gucken.

Dabei gab es eine Eiskugel oder 5 Rahmbonbons für einen Groschen.
Ich fühlte mich herrlich reich.
Hannes
luchs35
luchs35
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Re: bescheidene Zeiten
geschrieben von luchs35
als Antwort auf schorsch vom 07.03.2015, 13:36:55
Oh, Schorsch, an diese Kartoffelrösterei erinnere ich mich auch noch gerne, nur musste ich sie nicht ausbuddeln. Ich bin mit den Bauernkindern zum Kühe hüten mitgegangen,und die brachten immer Kartoffeln mit, die im Feuer in einem kleinen Erdloch geröstet wurden, bis die Schale schwarz war. Ausgepellt waren sie ein Genuss ,und für mich eine seltene Gelegenheit, mal satt zu werden, das war in jener Zeit nicht alltäglich.

Luchs
schorsch
schorsch
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Re: bescheidene Zeiten
geschrieben von schorsch
als Antwort auf luchs35 vom 07.03.2015, 19:42:38
Ich habe den Geschmack der verbrannten Schalen, die zwischen den Zähnen knirschten, noch heute, wenn ich dran denke!

Übrigens: Ich esse auch heute noch alle Pellkartoffeln mitsamt der Schale. Meine Frau schüttelt dann jeweils den Kopf. Und ich sage: "Das Beste von der Kartoffel wirfst du weg!"

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