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Plaudereien Club der Nightwriter und Nightreader

Majorie
Majorie
Mitglied

RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von Majorie
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 14.10.2018, 18:28:01

Deine Gedanken haben mich erreicht, liebe Bruny. Danke Dir! Und den Wellen des Atlantik habe
ich meine duestere Stimmung uebergeben und sie tragen sie hinaus, und ich bin sie los.
TV und Video klappen wieder. Meine Musik und die Movies sind gerettet, nur der PC leidet wohl
am Alter. Hoffentlich brauche ich keinen neuen. Bei meinem technischen Unverstaendnis waere das
ein Fiasko.
Die Sonne scheint heute auch wieder - nur wird es kaelter, was bei Dir ja nicht der Fall ist in Deinem
schoenen Spanien. Schick' etwas Waerme rueber zu uns hier. Nach einem langen, heissen Sommer
frieren wir um die Wette.
Und wenn Du in den Bergen bist, steigst Du einfach hinauf bis zur Spitze und jodelst Dir alles von der Seele. Irgendjemand im Tal wird es dann auffangen und wegwerfen.
Leider kann ich das nicht vollziehen, da mich keine 10 Pferde auf einen Berggipfel bringen wuerden,
und Jodeln kann ich schon garnicht :-)

Sei lieb gegruesst und "So long" von Ruth
OWL BARREED JULY 17 2012 (10).jpg
 

Majorie
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RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von Majorie
als Antwort auf luchs35 vom 14.10.2018, 18:53:00

Dank' Dir oh Luchs fuer die lieben Zeilen -
Ja, im Nest der Eulen ist gut verweilen-

Inzwischen scheint auch die Sonne wieder-
Und mein Eulchen streckt aus das schoene Gefieder-

Du zeigst Deine Kleinen, die sind ja entzueckend-
Allein der Anblick ist schon beglueckend-

Es haelt zusammen die Eulenschar-
Ich hoffe noch fuer viele Jahr' -

Auch Bruny hat geholfen sehr-
Mit der Idee  "geh' mal ans Meer"-

Und uns're Tine, die emsige Biene-
Schickt ein Gedicht so einfach und schlicht-

Ich musste mich nicht ueberwinden-
Das Leben wieder schoen zu finden -

Die Crem' auf dem Kuchen war A-K-J -
Der machte mein Eulchen schnell wieder flott-

Mit diesen koestlichen fluessigen Sachen-
Konnt' ganz bestimmt nichts falsch er machen-

So war der Trouble schnell zu besiegen-
Und mein Eulchen kann wieder fliegen -


Noch einen weiteren schoenen Abend-
Mit Essen und Trinken erfrischend und labend-

wuenscht allen Eulen die Eule  Ruth
OWL BARREED JULY 17 2012 (10).jpg


 





 

RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Majorie vom 14.10.2018, 19:18:34

Ja schau, man muss kein Bayer sein um jodeln zu können Smiley, Takeo Ischi beherrscht seine Stummbänder bestens, im Gegensatz zu mir Tränen lachen


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Mitglied_69e81d4
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RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von ehemaliges Mitglied

Ich bring jetzt auch nochmal Musik: Ist es nicht bewegend, wie ein Lied verbindet und einen ganzen Saal vereint? Gar einen ganzen Eulenwald? Ich wünsche allen Eulen eine gute Nacht und der Kastanienverunfallten Bruny gute Besserung, sowie der Majorie mit diesem Lied auch ein Musikpflaster auf ihre Seele . Tine, eulekleinphpThumb_generated_thumbnailjpgKOEM1BUV.jpg

johanna
johanna
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RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von johanna

Schlüsselbein brechen und dann?…..

Ein schöner Nachmittag – die Sonne scheint, da bleibt man nicht in der Wohnung sondern fährt hinaus. Auf unserem Weg die Hinweisschilder zu Grube Gustav, also wollen wir nachsehen wann diese Grube geöffnet ist. Wir kommen zum Parkplatz, Autos stehen dort und Uwe stürmt voraus. Die Bürotür ist offen, davor eine Gruppe von Erwachsenen und ein paar Kinder. Alle bereits mit gelben Helmen „bewaffnet“. Wir haben Glück die Führung beginnt gleich. Vor dem Eingang kurze Instruktionen durch den Herrn der uns alles gut erklärt und – was ich als Teilnehmer denke – auch die Kinder mit seinem Wissen mitnehmen kann. Er kann sehr gut mit Kindern umgehen und das merken die Kleinen auch.
Grube Gustav – hier wurde Baryt abgebaut, vielleicht besser bekannt als Schwerspat oder Bariumsulfat. Kupferschiefer wurde hier ebenfalls abgebaut.
Baryt wurde nach dem griechischen Wort βαρύς [barýs] für schwer benannt aufgrund seiner für ein Mineral relativ hohen Dichte von 4,5 g/cm3. Auch die bergmännische Bezeichnung Schwerspat weist auf diese Eigenschaft hin.

Wofür nimmt man nun Schwerspat?
Aus Baryt wird oft Reaktor- Beton zum Strahlenschutz in der Röntgentechnik hergestellt. Zudem wird es in der Farben- und Lackindustrie zur Herstellung weißer Farbe gebraucht (Barytweiß). Und wer die Werbung kennt wird den Ausspruch von Uwe auch verstehen:“ feucht, dunkel, und trotzdem ist die Muschi weiss…..“ Man denke hier an die weisse Katze die ihren Schwanz hebt, durch das Zimmer geht und überall wo sie vorbei schreitet erstrahlt alles in hellstem weiss!! Alpina-weiss. Oft mischt man weißem Papier Baryt zur Verbesserung der Papieroberfläche zu. Zudem wird Baryt in der Kunststoff- und Gummiindustrie eingesetzt und zur Herstellung von hochwertigen Fußbodenbelägen, Bremsbelägen u.a. genutzt.

Die Hauptverwendung für Baryt ist in der Tiefbohrtechnik als Zusatz für Bohrspülungen. Der Grund hierfür ist die hohe Dichte des Baryts, mit dem ein hoher Schweredruck in der Flüssigkeit erzielt wird, der das Bohrloch stabilisiert und es ermöglicht, das durch den Bohrmeißel zerkleinerte Gestein an die Erdoberfläche zu transportieren.

In der Grube herrscht eine konstante Temperatur von 10° und eine Luftfeuchtigkeit von ca. 95%. Man kann prima durchatmen, die Atemluft ist nahezu staubfrei.
Im Jahre 1499 wurden hier Bergleute vom damaligen Landgraf Wilhelm II.angeworben, die einige Privilegien hatten.
In der Grube Gustav kann man heute noch einen Abbaubetrieb im Kupferschiefer besichtigen. Bei einer gebauten Mächtigkeit von nur 37 cm kann man erkennen, in welch mühseliger und qualvoller Weise die Bergleute vor Jahrhunderten mit Schlägel und Eisen den Kupferschiefer gewonnen haben. Sie lagen teilweise auf einer Seite um mit der anderen Hand dann arbeiten zu können. Auch Kinder wurden hier beschäftigt, da die einzelnen Flöze sehr niedrig waren. Die Bergleute erreichten ein Durchschnittsalter von ca. 30 Jahren.
Außerdem finden wir in der Grube Reste von Strecken mit einer Höhe von ca. 80 cm und einer Breite von ca. 50 cm. Diese Strecken wurden von Hand, d. h., ebenfalls mit Schlägel und Eisen in den Berg gepickelt.
Um 1850 kam der Kupferschieferabbau zum Erliegen, weil die Vorräte erschöpft waren. Die ganze Grube hat eine Tiefe von ca 90 Metern – nur die erste Sohle ist begehbar, die zweite und besonders die dritte Sohle sind unter Wasser – abgesoffen!

Man kann an verschiedenen Stellen in die Tiefe fotografieren und sieht das Wasser stehen – gezeigt werden die verschiedenen Gerätschaften der Bergleute, das Geleucht, Stundenhaken die dann jeweils die Richtung anzeigten, wenn neue Gänge gepickelt wurden. Loren die voll Gestein gefüllt waren. Und dann eine Wand an der alte Zeitungsausschnitte zu sehen waren. Eine Skizze von den Flözen, von den Stollen und einem Unfall der sich 1957 ereignete. Zwei Bergmänner wurden durch einen Einsturz von der Aussenwelt abgeschnitten und hatten keine Möglichkeit über Förderschacht und ähnlichen Möglichkeiten ans Tageslicht zu kommen. Sie harrten 5 Tage in völliger Dunkelheit in einem Stollen aus, bis man eine Möglichkeit fand eine Rettungsbombe zu ihnen zu schicken. Ein bergmann fuhr mit der Rettungsbombe hinein und der erste Bergmann passt in dieses Gefährt und wurde gerettet. Dann kam die Rettungsbombe zurück und der zweite Bergmann sollte ebenfalls in diese Röhre kriechen, aber seine Schultern waren zu breit! Über 120 Stunden in der Dunkelheit, der Kamerad wird gerettet – was tun?

Wenn man die beiden Schlüsselbeine bricht, dann wird man automatisch in den Schultern schmäler, aber wer hat das medizinische Wissen? Und vor allem, wer macht es?
Aber dann kam eine andere Idee zum tragen – der Bergmann welcher als erster mit der Rettungsmöglichkeit „Bombe“ einfuhr liess den zweiten Kumpel allein mit dem Versprechen wieder zurück zu kommen. Draussen sammelte er alles Fett, Öl, Cremes ein dessen er habhaft werden konnte – schmierte die Rettungsbombe innen dick mit Fett ein, der Kumpel musste auch diese Prozedur über sich ergehen lassen und mit hängen und würgen konnte er in die enge Röhre gequetscht und gerettet werden – nach 121 Stunden!
Wir haben Bilder dieser Männer nach der Rettung gesehen – junge Männer, deren Gesichter gezeichnet waren, die wirklich alt aussahen. Das wurde damals als das Wunder von Eschwege in den Zeitungen betitelt.
Zum Abschluss möchte ich noch bemerken, dass wir einen Barren Schwerspat in die Hände bekamen und das Gewicht schätzen sollten. Hier gingen die Schätzungen von 15 kg bis über 30 Kilogramm weit auseinander. In Wirklichkeit waren es 11,5 Kilogramm.

Die Grube ist „nur“ 360 m lang – also auch für Fußkranke leicht zu durchqueren und anschliessend kann man dann versuchen irgendwo einen Kaffee und ein Stück Kuchen zu bekommen…..

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johanna
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RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von johanna

Die Asche von Toten

Bei unserem letzten Bummel durch Eisenach sahen wir ein Plakat welches einen Vortrag von Rüdiger Nehberg ankündigte. Wir fanden keine Adresse auf diesem Plakat, aber gleich gegenüber standen zwei Damen die Waren in das dahinter liegende Geschäft brachten. Also fragte ich und bekam von diesen Damen einen kleinen Prospekt, der eine Vortragsreihe für Eisenach und Bad Salzungen auflistete.

Beim Durchblättern fanden wir gleich als ersten Beitrag die Ankündigung für: Rüdiger Nehberg – Lagerfeuergeschichten.
Geschichten, spannend skurril, berührend aufrüttelnd und authentisch. Das mussten wir sehen.

Gleich nachdem wir später zu Hause waren orderte ich per Mail für den nächsten Tag 2 Karten und bat um Bestätigung. Die Kartenbestellung war problemlos, es hiess wir sollten zeitig genug an der Abendkasse unsere Karten abholen, der Saal würde sehr voll werden.
Und wirklich – alle Stühle waren bis auf den letzten Platz besetzt – an der Abendkasse hätten wir keine Chance mehr gehabt.
Wir waren früh genug im Bürgerhaus Eisenach anwesend und konnten uns gleich vorne in der ersten Reihe zwei gute Plätze sichern.

Vor der Bühne waren seine signierten Bücher auf Tischen ausgebreitet – es gab ein kleines Säckchen mit einem Flintstein und dem dazugehörigen Eisenring um Feuer zu machen. Allerdings beschreibt er auch in einem seiner Bücher die verschiedensten Arten Feuer zu machen. Die aufwendigste ist das Feuermachen mit zwei Damentampons und Holzbrettern. Spannend und sehr detailliert beschrieben.
Er signierte jedes Buch noch einmal wenn man ihn darum bat und stellte sich auch für Fotos zur Verfügung.

Wir erfuhren dass er bereits zum 5. Mal in Eisenach mit einer Vortragsreihe anwesend ist. Ein ca 10-jähriger Junge sass neben mir und mühte sich mit diesem Feuerstein ab, als es gar nicht klappen wollte gab ihm die zweite Frau Nehbergs einen anderen Stein.

Rüdiger Nehberg ist eine aussergewöhnliche Persönlichkeit – seine 84 Jahre sieht man ihm nicht an. Agil, lebhaft – sehr dynamisch. Man merkt ihm an, dass er sein Leben genau auf diese Dinge aufgebaut hat – Überleben ums Verrecken, Survival Abenteuer oder auch das Handbuch des Überlebens für die Hosentasche.

Der Schutz der Yanomami-Indianer stachelte ihn an, die verrücktesten Dinge zu tun um auf die Lage dieser bedrohten Menschen im Regenwald aufmerksam zu machen. Er beschreibt wie er bei den Yanomami die Tradition kennenlernte die Asche der Toten in Suppe einzurühren und diese Suppe dann zu essen. Die Kraft des Verstorbenen soll dann auf die Lebenden übergehen.
Nehberg lernt sich leise wie ein Indianer im Urwald zu bewegen – er lässt sich weitab von der Zivilisation im Urwald absetzen – die Hände und Füsse werden zerkratzt und zerstochen – aber er findet zurück.

Er radelte über den Ozean von Afrika nach Südamerika mit einem auf einem Floss aufmontierten Fahrrad – paddelte mit einem Baumstamm ebenfalls diese Strecke und machte aufmerksam auf Ungerechtigkeiten und Geldgier der grossen Konzerne, auf das Wegsehen der Regierung. Und Nehberg hatte Erfolg.

Sein letztes Projekt welches ihm sehr am Herzen liegt ist Target - die Beschneidung der Frauen, die Genitalverstümmelung an Mädchen, Kindern. Auch hier setzte er sich ein, überredete hohe islamische Würdenträger diese Praxis zu verdammen und dies auch publik zu machen. Kleine Schritte jeweils, aber eine grosse Wirkung insgesamt.

Der Vortrag setzte sich aus lauter kleinen erlebten Geschichten zusammen – Lagerfeuergeschichten – auf einer Seite der Bühne war ein Lagerfeuer und auf einer grossen Leinwand wurden die dazugehörigen Bilder und Sequenzen zu seinen Geschichten gezeigt. Als junger Mann mit dem Fahrrad rund um das Mittelmeer fahren zu wollen – den Schwierigkeiten nicht aus dem Weg zu gehen sondern immer nach Lösungen zu suchen. Die gut gehende Bäckerei und Konditorei in Hamburg aufzugeben um seinen Traum vom eigenen Leben zu verwirklichen – nicht Viele können sich das vorstellen oder durchsetzen.

Deutschland ohne Geld zu durchqueren und trotzdem nicht zu verhungern – dazu muss man einen stabilen Magen haben. Eine Schlange fangen, die geschützt ist, den dicken Bauch der Schlange so lange Richtung Kopf zu bearbeiten bis die Schlange ihren Fang wieder ausspeit. Um dann fest zu stellen, dass es kein Fisch ist wie vermutet, sondern ein ebenso geschützter Frosch, den man aus diesen Gründen ja auch nicht verspeisen kann.

Ein wenig einfacher ist dann das Fangen eines kleinen Wildschweins oder einer Gazelle, eines anderen Tieres. Ausziehen, ein kleines Bambusrohr in den Mund nehmen, in die Suhle springen so dass man total untertaucht und nur noch das Bambusrohr zum Atmen aus dem Dreck herausschaut. Nähert sich ein Tier muss man blitzschnell nach einem Huf greifen und wenn man Glück hat ist es ein kleines Tier und kein grosser starker Eber.

Wie gewöhnt man sich die Angst vor Wasser ab? Man geht zu den Kampfschwimmern und macht dort ein Training mit - gefesselt an Händen und Füssen wird man ins Wasser geschmissen – jetzt sieh zu wie Du rauskommst ist die Devise. Und dann erfährt man anschliessend wie man sich im Wasser in so einer Situation bewegen muss.


Ein 700 km langer Marsch gegen einen Aborigine in Australien liess auch Nehberg „alt aussehen“. Er machte Wüstendurchquerungen mit eigenen Karawanen, war als Schlangenbeschwörer tätig bis er merkte, dass man den Tieren ja die Giftzähne entfernt hatte. Der Aufenthalt in syrischen Gefängnissen, hoch oben in einem Turm von dem aus man nur durch die kleinen Fenster nach draussen pinkeln konnte.

Und alles wurde mit einer Leichtigkeit und einer Lockerheit erzählt, dass man manchmal hellauf lachen konnte. Wir als Zuschauer wurden voll mitgenommen in seine Welt die nach dem Motto verläuft: Jetzt oder nie, denn heute beginnt der Rest des Lebens!

Zuletzt wurde ihm der Weitsicht-Preis für Menschenrechte verliehen. Trotz seines Alters ist für ihn noch nicht Schluss – er macht weiter so lange wie er kann – ein wahrhaft faszinierender Charakter.

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johanna
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RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von johanna

Was ist ein Lettner….?

Diesen Ausdruck hatte ich noch nie gehört – aber, man lernt ja nie aus.
Am vergangenen Sonnabend fuhren wir nach Sachsen-Anhalt, wir wollten Uta von Ballenstedt besuchen und nachschauen wie es ihr geht.
Die Fahrt war nicht ganz ohne Probleme, waren doch sehr viele Umleitungen zu überwinden. Doch dann – endlich das erste Hinweisschild: Naumburg!


Ein Parkplatz gleich neben dem Dom war nicht zu teuer und wir lösten für den ganzen Nachmittag. Weil wir uns vorher im Netz informierten wussten wir, dass genau um 10.00 Uhr eine Führung statt findet. Wir kamen 5 Minuten nach 10 Uhr an und konnten uns noch der Gruppe anschliessen.


Die Gruppe war bereits die Treppe neben dem Eingang nach unten zur Krypta gegangen. Hier wurden die verschiedenen Baustile erklärt und ausserdem sah man hier das hochromanische Kruzifix auf dem Godehardaltar. Es stellt Christus mit geöffneten Augen und hoch erhobenem Kopf als Triumphator über den Tod hinaus dar. Die beiden Fenster, die rechts und links neben dem Altar sind wurden 2012 in sehr moderner Glaskunst gefertigt.


Anschliessend wurden wir in den Ostchor geführt. Die beiden Handläufe wurden vom Künstler Apel geschaffen, der teils sehr ironisch den Weg ins Paradies zeigt – schmal mit dem Schlangenkopf Richtung Hölle, kleine Menschen die sich abmühen ans obere Schwanzende ins Paradies zu kommen, Tiere die sich in der Mythologie wieder finden.

Im Ostchor standen grosse „Vogelhäuschen“ - nachdem wir diese umrundeten sahen wir, dass es eine Sonderform von einem Lesepult war. Die Messbücher waren gross und sehr schwer und durch diese Art der Lesepulte wurde die Arbeit der Priester enorm erleichtert. Wir erfuhren dass diese großformatigen Handschriften es auf ein Gewicht bis zu 45 Kilo pro Band brachten. Die Bände werden in der Dombibliothek verwahrt und nur eine Nachbildung verschafft einen Eindruck von Grösse und Gewicht.

Das Chorgestühl ist reichhaltig geschnitzt – es umfasst 42 sogenannte Stallen für die Domherren und Vikare, die hier ihre gemeinsamen Gebete und Gesänge bis zu 8 mal am Tag abhalten mussten.

Das Langhaus des Domes wird im Osten und im Westen von jeweils einem Lettner abgetrennt. Im Langhaus stand oder sass das gemeine Volk und rief den auf der Empore stehenden Priestern jeweils die Fürbitten zu, welche diese dann an die Domherren weitergaben, welche den Gottesdienst hinter den Lettnern abhielten.

Der Ostlettner des Naumburger Doms ist der älteste deutsche Hallenlettner und entstand in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts. Im Gegensatz zum gotischen Westlettner, der eigentlich einer Wand entspricht bilden die drei gleich hohen Joche einen eigenen Raum. Der romanische Rundbogen teilt die Ostergeschichte – links sind an der Lettnerbühne die Bilder vom Abendmahl, vom Judaskuss, dem Auszahlen der Silberlinge, der Gefangennahme von Christus, rechts die Bilder der Geißelung, der Verleugnung durch Petrus – das Urteil und dann zum Ende das tragen des Kreuzes. Diese Steinfiguren sind aussergewöhnlich fein modelliert. Und hier ist Christus so dargestellt wie man ihn in den meisten Kirchen sieht, angenagelt am Kreuz, Dornenkrone auf dem Kopf und der Kopf leicht gesenkt, die Wunde an der Seite, die Augen geschlossen.

Ein Lettner trennt nicht nur den Chor als Ort der Stiftsgeistlichkeit vom Laien denn das Wort Lettner ist vom lateinischen lectorium abgeleitet und bedeutet Lesen – wird also als Lesebühne bezeichnet von dem aus sich der Geistliche an die Laien im Langhaus richten kann. Der Naumburger Dom ist der einzigste der in seinem Innern zwei Lettner besitzt. Alle anderen Dome haben nur einen Lettner.


Der Westlettner hat ein sehr aufwendig gestaltetes Portal und ist nur vom Chorinnern aus erreichbar. Die Kapitelle am Westlettner sind mit zierlichen Blättern, Ranken, Weinreben geschmückt – Eichenblätter schmücken die ausgearbeiteten Friese aus Arkaden. Alles wurde aus Muschelkalk über 30 Zentimeter tief herausgearbeitet.

Im Westchor herrliche grosse bunte Glasfenster – je dunkler ein Fenster erscheint um so älter ist es durften wir lernen.
Und hier sehen wir die 12 Stifterfiguren, die den Bau der ersten Naumburger Kathedrale ermöglichten. In dieser Gruppe der prominenten Adligen dürfte die Bekannteste hier Uta von Ballenstedt sein, die Ehefrau des Markgrafen Ekkehards. Sie ist die Stifterfigur über die am wenigsten bekannt ist. Sie lebte an der Wende vom 1o. Zum 11. Jahrhundert war die Tochter eines Grafen aus der Harzregion und starb kinderlos. Ihr Ruhm wurde nur durch ihre Erscheinung begründet – sie wurde als Ikone der mittelalterlichen deutschen Frau hochstilisiert. Ihr und ihrem Gemahl gegenüber steht Markgraf Hermann – der ältere Bruder des Ekkehard neben seiner Frau Reglindis, die als lächelnde und fröhliche Frau dargestellt ist. Sie war die Tochter des polnischen Königs und hatte unter den Damen die vornehmste Stellung inne. Sie starb bereits mit 18 Jahren im Kindbett.
Die weiteren Figuren zeigen durch Kleidung und auch Zubehör die Stellung an, in welcher sie sich befanden. Ein bärtiger Mann verweist sicherlich auf ein höheres Alter, ein erhobenes Schwert zeigt an dass er etwas zu sagen hat. Auf dem Schild des Thimo von Kistritz ist zu lesen, dass er der Kirche sieben Dörfer mit allem Zubehör schenkte.

Die unterschiedlichen Bauphasen des Naumburger Doms lassen sich durch den Aussenbau leicht ablesen. Die grössten Teile des spätromanischen Neubaus sind gegliedert – werden von einem Rundbogen umzogen. Der frühgotische Westchor aus dem 13. Jahrhundert und die Erweiterung des Ostchores im frühen 14. Jahrhundert heben sich ebenso deutlich ab. Es gibt wesentlich grössere Fenster, die geöffneten Wände erscheinen feiner und die Strebepfeiler laufen in sehr dekorativen Fialen (Fialen sind aus Stein gemeißelte, schlanke, spitz auslaufende flankierende Türmchen).

Im Domschatzgewölbe sind mehrere Gemälde und Altare zu bewundern. Das älteste Stück dieser Sammlung ist aber die Johannesschüssel die aus dem 13. Jahrhundert stammt. Sie hing ursprünglich als Reliquiar über dem Altar in der Domkirche. Der Kopf des Johannes der auf einem Teller liegt und die Umrandung auf diesem Teller besagt dass eine Frau wünscht, eine Tänzerin tanzt, der König befiehlt und letztendlich wird Johannes der Kopf abgeschlagen.

Der Naumburger Dom ist jetzt Weltkulturerbe – die offiziellen Feiern sind in der nächsten Zeit. Das beinhaltet dass man jetzt mehr Mittel bekommt um alle Schätze zu erhalten.

Nach der Führung und dem Besuch und nochmaligen langsamen Betrachten der einzelnen Abschnitte des Dominnern, der Schatzkammer, dem Betrachten von Filmen über Aufbau – der Ausstellung anderer Lettner in anderen grossen Kirchen spazierten wir noch durch Naumburg schauten uns die schön restaurierten Häuser an und gönnten uns eine Kulturpause mit einem guten Essen.

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RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf johanna vom 15.10.2018, 20:35:11

Liebe Johanna, deine Berichte sind so interessant, dass sie viielleicht in einem eigenem Thread besser aufgehoben und beachtet wären. Ist nur ein Vorschlag, aber würde sicher deine Erlebnisse breiter bekanntmachen, als hier bei den Eulen, im Eulennest, wohinein  nicht so Viele reinschauen. Ich finde deinen Literatur-Blog seit Jahren für mich wichtig. Und daher mein Vorschlag.Gäbe es auch einen Ausflugsblog?, Das wäre für viele User, die nie in den Nightwriter reinschauen, eine Eröfnung. Magst du, traust du dich? Ich würde mich freuen und auch dort meine Ausflüge reinschreiben. Liebe Grüsse von Tine

johanna
johanna
Mitglied

RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von johanna
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 16.10.2018, 22:46:10

Tine ich weiss nicht wo ich das evtl. einstellen könnte - ich habe so einige Seiten die ich "bediene" und ich fürchte es würde mir dann doch fast zu viel werden. Auch für den Literatur-Blog habe ich kaum noch zeit - denn auch das lesen meiner gewiss nicht kleinen "Bücherei" hat sehr nachgelassen. Und Zusammenfassungen meiner "alten" Bücher schreiben, dazu fehlt mir einfach die Zeit.
Ich werde es mir überlegen......
Lieben gruss und schlaf gut - Du liegst sicher schon in Morpheus Armen
Johanna

johanna
johanna
Mitglied

RE: Club der Nightwriter und Nightreader
geschrieben von johanna

53 Siegel für die Salzbibel…...

……..und wenn man sparen will

Salz wurde auch als weisses Gold bezeichnet – denn Salz war wichtig und teuer. Die Geschichte des Salzes ist mit Bad Sooden Allendorf untrennbar verbunden. Bis 1906 war Salz die wichtigste Lebens- und Wirtschaftsgrundlage der Stadt und auch der umliegenden Dörfer.

Das kleine Salzmuseum ist im Söderturm untergebracht und zeigt nicht nur die verschiedenen Salzarten, Farben, sondern man erfährt auch einiges über den Salztransport. Strafen die diejenigen zu erwarten hatten, die Salz schmuggelten oder nicht anmeldeten.

Im 16. Jahrhundert wird über Salzschmuggel von Siedemeistern und Salzfahrern berichtet. Der illegale Salzverkauf nahm derart überhand, dass etliche Manns- und Weibspersonen in der Stadt sich anders nicht befleissigten, als dass sie täglich auf den Dörfern Salz umtrieben. Und vor allen Dingen beim Bier und Weinholen in Krügen dieser Salzschmuggel geübt wurde – ein weiterer unredlicher Salzvertrieb bestand darin, dass Salz auf dem Transport durch Zugabe von Wasser schwerer gemacht wurde, wodurch das Salzgewicht verfälscht wurde.

Man musste sich Bescheinigungen und Erlaubnis für den Transport von Salz holen. Es wurden Werkzeuge gezeigt und auf einer Tafel ist detailliert beschrieben wie die Sole über die verschiedenen Stufen geleitet werden bis sich die Sole von einer 5%igen Lösung zu einer 20%igen Lösung gesteigert hatte.

Der folgende Hinweis ist vielleicht auch noch interessant: Zum Brunnenfest wird alljährlich auf Pfingsten das Salzsieden wie zu alten Zeiten vorgeführt. In einem alten Salzkorb wird das von Jahr zu Jahr aus der Soodener Sole von „Quelle 4“ gewonnene Siedesalz aufbewahrt.


Im Jahre 1734 wurde die Strohgradierung in Bad Sooden an der Saline abgeschafft und die Schwarzdorngradierung zur Verdichtung und Reinigung der Sole eingeführt. Die Sole tropfte über die zahlreichen spitzen Dornen fein verteilt ab und wenn sie Sonne und Wind ausgesetzt war verdunstete ein Teil des Wassers in der Sole, so wurde der Solegehalt gesteigert. Mit der Versiedung dieser Sole wurden Holz und Kohle gespart. Im lauf von ca. 15 Jahren setzten sich an den Dornenwänden so viel Gips und Schmutzteilchen ab dass frisches Schwarzdornreisig in die Gerüste des Gradierwerkes eingebracht werden musste. Dornstein fand noch bis ca. 1950 zur Befestigung von Spazierwegen Verwendung. Heute dient das letzte Gradierwerk als Freiluft-Inhalatorium.

Die Pfennigstube und der Salztisch waren zur Zeit des Salzwerkes der Sitz des Steuer- und Zollamtes der Gemeinde. Beim Salztisch wurde Salzmarkt gehalten.

Um 1528 wurde Johannes Rhenanus in Melsungen geboren – er studierte Theologie in Marburg und erlangte durch sein umfangreiches Wissen die akademischen Würden eines Magisters. Landgraf der Mutige wird auf ihn aufmerksam und versetzt Rhenanus 1555 an die Gemeinde Sooden wo er sogleich grosse Befugnisse in der Saline erhält mit dem Ziel, das Salzwerk zu neuer Blüte zu führen. 1561 wird er zum Salzgrafen ernannt und wird in die oberste Leitung des Salzwerkes berufen. Der Landgraf lässt ihm ein eigenes Siedehaus mit drei Pfannen einrichten in dem er experimentiert und richtungsweisend den Arbeitsablauf abändert.

Das Ausstellungsstück mit der größten Bedeutung ist eine Abschrift der sogenannten Salzbibel, die im 16. Jahrhundert von Rhenanus verfasst wurde. Das Original befindet sich in der Bibliothek des Bergamtes in Clausthal-Zellerfeld, eine weitere Abschrift in der Bibliothek der Gesamthochschule Kassel.
Diese „Salzbibel wird mit allen möglichen Siegeln beurkundet – die Siegel und auch die Namen der Siegelbesitzer kann man im Salzmuseum sehen bzw. nachlesen.

Heute gibt es in Bad Sooden ein Seniorenheim welches nach Rhenanus benannt wurde.


Nach der Besichtigung des kleinen Salzmuseums bummelten wir durch die Strasse die vom Söderturm Richtung Kurgarten führt – tranken eine Tasse Kaffee bzw. Kakao, assen ein Stück Kuchen und beschlossen, uns in dem 50-er-Jahre-Kino einen Film anzusehen.

Der Film lief unter dem Titel: „das schweigende Klassenzimmer“ und hatte die Überschrift: Kirche im Kino – kostenloser Eintritt.

Wenn man sparen will…….

Wir betraten kurz vor dem Beginn das Kino – es war erstaunlich gut besucht – vor dem Vorhang, der die Filmleinwand bedeckte stand auf der rechten Seite ein kleiner Tisch mit einem Kreuz, zwei Lichtern und vor der ersten Stuhlreihe war eine kleine Orgel aufgebaut. Wenn die Kirche über mangelnde Hörer- bzw. Besucher klagt – das 50-er-Jahre-Kino ebenso mehr Besucher haben möchte, dann muss man sich etwas Neues überlegen – und so kam wahrscheinlich diese „Symbiose“ zustande.

Der Pfarrer sprach kurz zum Thema der Vorstellung – es wurde ein Lied gesungen und dann verfolgten wir den Film der angeblich nach einer wahren Begebenheit gedreht wurde.

Es drehte sich um eine Abiturklasse in der ehemaligen DDR, die durch den verbotenen Sender Rias über den Aufstand in Ungarn informiert werden. Ein Fußballidol soll angeblich auch unter den Toten sein. Sie beschliessen für die Gefallenen in Ungarn eine Schweigeminute in der Klasse abzuhalten. Dies hat ungeahnte Folgen und die Schüler müssen sich mit den Reaktionen der staatlichen Organe und der Eltern auseinandersetzen. Alle Schüler halten dicht, sagen nicht wer der Anführer, Wortführer oder Rädelsführer war – nur ein Junge wird zum Verräter. Daraufhin wird der Radioinhaber verhaftet – Rias hören ist nicht erlaubt. Jetzt wollen diese jungen Menschen erreichen dass diese Schweigeminute nicht als Politikum gewertet wird, doch zu spät. Erst als ein altes Bild auftaucht welches den Vater eines Jungen zeigt, wie er aufgehängt wird, weil er auch in der vorangegangen Nazizeit als Verräter gebrandmarkt wurde und ein anderer Vater eines Klassenkameraden als Zuschauer abgebildet ist, lösen sich die verkrusteten Ansichten der Eltern. Die Klasse bekommt nicht die Erlaubnis das Abitur abzulegen und so bleibt ihnen nichts anderes übrig, als in den Westen zu gehen. Der psychologische Druck der auf diese jungen Menschen ausgeübt wurde war drastisch und nicht leicht auszuhalten. Die Angst die alle beherrschte – Familien die dadurch auch zerbrachen – ein Film der nachdenklich machte.

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