Plaudereien Der echte Renoir
Eine Nachbarin, Mitte 70, versucht geradezu mit aller Hingabe ein guter Mensch und klug zu sein. So mischt sie sich überall ein, kann eigentlich nichts richtig und entsprechend sieht der Output ihrer Bemühungen aus. Sie beklagt sich oft über die nicht sehr freundliche Resonanz, verstärkt ihre Bemühungen und erntet entsprechend verstärkt die Gereiztheit ihrer Mitmenschen. Man merkt, daß sie es gut meint, möchte ihr nicht böse sein, aber weil man immer wieder ungewollt in die Auswirkungen ihrer Taten gerät, geht sie einem entsetzlich auf die Nerven. Ihr reinen Wein einzuschenken hilft nichts, denn sie hört nicht zu und legt deshalb alles falsch aus.
Wie sie ist, mag die neueste Begebenheit aufzeigen:
Bei einer Auktion kaufte sie vor etwa zwei Wochen ein Bild, ein gerahmtes "Gemälde" für 150,- €. Zu Hause entdeckte sie auf dem Rahmen einen Aufkleber mit dem Namen "Renoir". Der Namen des Künstlers entlockte ihrem Gedächtnis die Assoziation "berühmt" und "wertvoll" und so kam sie zu dem Schluß, daß Schnäppchen ihres Lebens gemacht zu haben. Sie beschloß, den echten Renoir für 400,- € (in Worten: vierhundert) zu verkaufen und einen guten Schnitt zu machen. Nur: Sie fand für den Preis keinen Käufer. Das Höchstgebot lautete auf 80,- €.
Das fand die Nachbarin nicht in Ordnung, da es sich schließlich um einen echten Renoir handele und sie kam zu dem Schluß, daß der Mangel an Angeboten ihrer Vorstellung nach daher käme, daß Renoir sein Handwerk nicht verstand und das Bild zu düster sein für den Geschmack von zahlungswilligen Kunden.
Da sie Hobbymalerin ist, sie aber nicht nur malt, sondern ihre Bilder auch in der Nachbarschaft verschenkt und dabei gleich den Platz in den Wohnungen bestimmt, wo ihre Werke zu hängen haben und sie weiterhin der Meinung ist, so Menschen glücklich zu machen, beschloß sie, dem echten Renoir mit eigenen Pinselstrichen den angestrebten Wert zu verleihen. In vielen Stunden, mit viel Ölfarbe, verhalf sie dem Renoir zu einem freundlicherem Outfit. Das Höchstgebot blieb, zu ihrem Unverständnis, bei 80,- €.
Der letzte Stand der Dinge ist, daß sie nun wahrscheinlich den alten Holzrahmen mit reichlich Goldfarbe aufpeppen wird. Sie meint, daß es doch möglich sein muß, für einen Renoir einen angemessenen Preis zu erzielen und der liegt für sie nach wie vor bei 400,- €.
Da es mir die Sprache schon vor Tagen verschlagen hat, reiche ich das so weiter an Leser und Kommentatoren. Wer findet die richtigen Worte?
--
adam
Wie sie ist, mag die neueste Begebenheit aufzeigen:
Bei einer Auktion kaufte sie vor etwa zwei Wochen ein Bild, ein gerahmtes "Gemälde" für 150,- €. Zu Hause entdeckte sie auf dem Rahmen einen Aufkleber mit dem Namen "Renoir". Der Namen des Künstlers entlockte ihrem Gedächtnis die Assoziation "berühmt" und "wertvoll" und so kam sie zu dem Schluß, daß Schnäppchen ihres Lebens gemacht zu haben. Sie beschloß, den echten Renoir für 400,- € (in Worten: vierhundert) zu verkaufen und einen guten Schnitt zu machen. Nur: Sie fand für den Preis keinen Käufer. Das Höchstgebot lautete auf 80,- €.
Das fand die Nachbarin nicht in Ordnung, da es sich schließlich um einen echten Renoir handele und sie kam zu dem Schluß, daß der Mangel an Angeboten ihrer Vorstellung nach daher käme, daß Renoir sein Handwerk nicht verstand und das Bild zu düster sein für den Geschmack von zahlungswilligen Kunden.
Da sie Hobbymalerin ist, sie aber nicht nur malt, sondern ihre Bilder auch in der Nachbarschaft verschenkt und dabei gleich den Platz in den Wohnungen bestimmt, wo ihre Werke zu hängen haben und sie weiterhin der Meinung ist, so Menschen glücklich zu machen, beschloß sie, dem echten Renoir mit eigenen Pinselstrichen den angestrebten Wert zu verleihen. In vielen Stunden, mit viel Ölfarbe, verhalf sie dem Renoir zu einem freundlicherem Outfit. Das Höchstgebot blieb, zu ihrem Unverständnis, bei 80,- €.
Der letzte Stand der Dinge ist, daß sie nun wahrscheinlich den alten Holzrahmen mit reichlich Goldfarbe aufpeppen wird. Sie meint, daß es doch möglich sein muß, für einen Renoir einen angemessenen Preis zu erzielen und der liegt für sie nach wie vor bei 400,- €.
Da es mir die Sprache schon vor Tagen verschlagen hat, reiche ich das so weiter an Leser und Kommentatoren. Wer findet die richtigen Worte?
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adam
Du hast aber jetzt nicht an den einen oder anderen Diskussionverlauf im ST, Marke skurril o.ä. gedacht???
Nein Silhouette,
Was ich geschrieben habe, ist keine ausgedachte Satire, sondern passiert derzeit wirklich. Mitten aus dem Leben gegriffen im Hier und Heute.
Ich möchte die alte Dame auch nicht beleidigen oder verletzen und suche nach einer Beschreibung für ihr "Wesen" ohne dies zu tun. Kann man einen Menschen dumm nennen, ohne ihn zu beleidigen, weil es ja stimmt? Oder ist das immer noch "relativ"?
--
adam
Was ich geschrieben habe, ist keine ausgedachte Satire, sondern passiert derzeit wirklich. Mitten aus dem Leben gegriffen im Hier und Heute.
Ich möchte die alte Dame auch nicht beleidigen oder verletzen und suche nach einer Beschreibung für ihr "Wesen" ohne dies zu tun. Kann man einen Menschen dumm nennen, ohne ihn zu beleidigen, weil es ja stimmt? Oder ist das immer noch "relativ"?
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adam
Re: Der echte Renoir
geschrieben von ehemaliges Mitglied
Köstlich, Adam
Ich halte es so:
Wenn es mir nicht frönt, dann ändere ich das.
Rücksichtslos. Sofort. Auch beleidigend, aber selten.
Für so nen Schmonzes ist meine Zeit zu kurz.
Ich halte es so:
Wenn es mir nicht frönt, dann ändere ich das.
Rücksichtslos. Sofort. Auch beleidigend, aber selten.
Für so nen Schmonzes ist meine Zeit zu kurz.
Das dachte ich mir schon, dass das aus dem realen Leben gegriffen ist. Mir kam nur der Gedanke, dass dies kein Einzelfall sein dürfte, ja sogar Spuren davon auch im ST zu finden sein könnten.
Auch auf die Gefahr hin Deine Nerven jetzt schrecklich zu strapazieren wage ich mal einen Kommentar:
Wäre es eine Satire gewesen, hätte ich folgendes geantwortet:
In Angesicht der Tatsache, dass es sogar Adam die Sprache verschlägt, hilft Reden nichts.
Mache der guten Frau klar, das der wahre Renoir unter der obersten Schicht liegt, besorge ihr Schmirgelpapier, einen Heißluftfön, einen Spachtel und für den Fall der ganz hardnäckigen Farbschichten Ätznatron.
Dann ist die Dame vorerst beschäftigt.
Da es sich jedoch um einen Fall aus dem wahren Leben handelt, kann ich nur sagen: Hier ist Toleranz gefragt, und zwar beidseitig.
Es geht ja nicht um gut und böse, sondern um das Ertragen:
Du musst die Dummheit der Nachbarin ertragen, sie Deine Klugheit.
Gruß
Mareike
Wäre es eine Satire gewesen, hätte ich folgendes geantwortet:
In Angesicht der Tatsache, dass es sogar Adam die Sprache verschlägt, hilft Reden nichts.
Mache der guten Frau klar, das der wahre Renoir unter der obersten Schicht liegt, besorge ihr Schmirgelpapier, einen Heißluftfön, einen Spachtel und für den Fall der ganz hardnäckigen Farbschichten Ätznatron.
Dann ist die Dame vorerst beschäftigt.
Da es sich jedoch um einen Fall aus dem wahren Leben handelt, kann ich nur sagen: Hier ist Toleranz gefragt, und zwar beidseitig.
Es geht ja nicht um gut und böse, sondern um das Ertragen:
Du musst die Dummheit der Nachbarin ertragen, sie Deine Klugheit.
Gruß
Mareike
Hallo Adam
Es mag sein daß die Frau ein wenig durcheinander ist und in ihrer Welt wohnt.
Phil.
Es mag sein daß die Frau ein wenig durcheinander ist und in ihrer Welt wohnt.
Phil.
Vermutlich kann man auch mich nicht verstehen, aber ich muss der Frau vollkommen recht geben. Auch ich würde niemals einen von mir restaurierten Renoir für 80 Euro verkaufen.
Man kann doch die Preise für Kunst nicht so in den Keller treiben lassen.
Ciao
Hobbyradler
Man kann doch die Preise für Kunst nicht so in den Keller treiben lassen.
Ciao
Hobbyradler
Mich erinnert diese Geschichte an eine andere, die dieses Jahr in der Schweiz passierte: In einer Kirche war ein Wandgemäldi etwas lädiert. Da kam eine ältere Hobbymalerin auf die Idee, dem sei doch abzuhelfen. Sie begab sich mit Pinseln und Farben in die stets offene Kirche und gab der Freske einen modernen Anstrich.
Jetzt versuchen richtige Fachleute, den lädierten Zustand wieder hinzukriegen!
Jetzt versuchen richtige Fachleute, den lädierten Zustand wieder hinzukriegen!
Was ist klug und was ist dumm, Mareike?
Natürlich weiß ich, daß das Bild kein echter Renoir ist und wäre es einer, würde er vermutlich Millionen wert sein und nicht 400,- Euro.
Andererseits habe ich neulich einen offenen Sahnebecher geschüttelt als ich eine Torte machen wollte. Gut, daß kein echter Renoir in der Küche hing!!
Hat Digi recht, wenn er meint, Ehrlichkeit mag verletzend sein, aber notwendig? Soll ich der alten Dame erlauben, ihr Selbstgemaltes in mein Wohnzimmer zu hängen und das Zimmer dann zum Sperrbezirk erklären oder soll ich ihr das Selbstgemalte liebevoll, aber bestimmt um den Hals plazieren?
Was ich auch tue, ich bin immer der Dumme, denn entweder erzählt die Dame überall, daß ich ein Kunstbanause sei oder die Nachbarschaft hält mich für einen Trottel, der unfähig ist, sich gegen Dummheit durchzusetzen.
--
adam
Natürlich weiß ich, daß das Bild kein echter Renoir ist und wäre es einer, würde er vermutlich Millionen wert sein und nicht 400,- Euro.
Andererseits habe ich neulich einen offenen Sahnebecher geschüttelt als ich eine Torte machen wollte. Gut, daß kein echter Renoir in der Küche hing!!
Hat Digi recht, wenn er meint, Ehrlichkeit mag verletzend sein, aber notwendig? Soll ich der alten Dame erlauben, ihr Selbstgemaltes in mein Wohnzimmer zu hängen und das Zimmer dann zum Sperrbezirk erklären oder soll ich ihr das Selbstgemalte liebevoll, aber bestimmt um den Hals plazieren?
Was ich auch tue, ich bin immer der Dumme, denn entweder erzählt die Dame überall, daß ich ein Kunstbanause sei oder die Nachbarschaft hält mich für einen Trottel, der unfähig ist, sich gegen Dummheit durchzusetzen.
--
adam