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Plaudereien Der "schwarze" Mann...

gerry
gerry
Mitglied

Der "schwarze" Mann...
geschrieben von gerry
Als ich Kind war, sind wir - Vaters Berufs wegen - öfter umgezogen.
So war ich also ein verzogener Junge und jedes Mal, wenn ich ungezogen war,
griff Vater zum Riemen oder zog seinen Gürtel aus dem Hosenbund.
So waren eben die Erziehunhgsmethoden seinerzeit.
Auch in der Schule "tanzte" der Rohrstock, was sich heutige Schüler
nicht mehr vorstellen können.

War ich mit Mutter allein und "parierte" mal wieder nicht, drohte sie mir:
"Denk' an Papas Gürtel!"
Das half oft wenig, wusste ich doch, dass der Gürtel samt Papa weit weg waren,
nämlich unterwegs, geschäftlich.

Also versuchte Mutter andere, größere Geschütze aufzufahren:
"Wenn Du nicht lieb und artig bist, dann kommt der schwarze Mann und holt dich."
Dabei schaute sie in die Fensterrichtung.
Neugierig kletterte ich auf einen Stuhl und schaute aus dem Fenster.
Gegenüber auf dem Dach war ein Schornsteinfeger!!!
Anscheinend hatte er grade ein unartiges Kind geholt und vielleicht aufgegessen?
Ganz still und leise schlich ich mich in mein Kinderzimmer um mich zu verkriechen.

Plötzlich schellte es an der Tür.
Mein Herz klopfte.
Es klingelte wieder. "Gerry, geh' mach mal auf", rief die Mama.
Voller Angst schlich ich zur Tür und öffnete vorsichtig.
Zwei große, schwarze Säulen standen vor mir und als ich hoch sah....
"Der schwarze Mann!"
Das Gesicht, die Hände, alles schwarz!
Nur die Zähne leuchteten weiß als er den Mund aufmachte.
"Jetzt frißt er Dich....", dachte ich und ich fühlte es warm in meinem Hosenbein herunterlaufen.

Diese Therapie wirkte einige Jahre, bis ich das erste Mal zum Zahnarzt musste.
Da schreckte mich der schwarze Mann längst nicht mehr, plötzlich hatte ich mächtigen Schiss
vor dem "Weißen Mann".

Wenn ich hilflos in seinem Behandlungsstuhl hing und er mit seinen Instrumenten klapperte,
wurde mir bang und bänger.
Denn so ganz schmerzfrei ging ein Besuch bei Dr. Bruchstein nie ab.
Soviel Blut und Tränen hat mich der "Schwarze Mann" nie gekostet.

Aber, auch das hat sich gelegt. Man wird eben älter und weiser.
Wenn ich heute was ein meinen Beißerchen habe, gehe ich hin und liesse sie am liebsten ganz einfach da.
Das geht aber (noch) nicht!

Einen schönen Tag
wünscht Gerry
Gillian
Gillian
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von Gillian
Um Himmels Willen, gerry, was hast Du für eine schlimme Kindheit gehabt!
Nein, da kann ich nicht mitreden. Meine Eltern (jetzt wären sie ca. 110 Jahre alt) erzogen uns 3 Kinder menschenfreundlich und vollkommen ohne Prügel.
Die einzige Ungerechtigkeit, an die ich mich erinnern kann, war, dass wir zwei größeren Schwestern für alles verantwortlich gemacht wurden, was unserem kleinen Bruder zustieß. "Und ihr zwei großen Heupferde standet dabei!" Das war das ärgste Schimpfwort aus dem Mund meines Vaters.
Aber es ist interessant, woran man sich mit zunehmendem Alter so erinnert ...
nasti
nasti
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von nasti
als Antwort auf Gillian vom 03.12.2010, 12:00:32
Ich war auch geprügelt, so zu Hausse wie in Schule. Die schwarze Frau war meine Oma. Sie überlebte die Spanische Grippe und blieb taub und hysterisch das ganze Leben. Irgendwo habe ich gelesen
, die Wissenschaftler haben einige eingefrorene Tode nach Spanische Grippe gefunden, die Grippe griff das Gehirn an. So gesehen war meine Oma unschuldig, trotz allem behalte ich Sie in meine Erinnerungen mit liebe.
Der echte Schwarze Man war mein Stiefvater. Er erschien in meiner Träume als Schwarze Man immer noch. Er war real, schwarz und böse.

Nasti

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Gillian
Gillian
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von Gillian
als Antwort auf nasti vom 03.12.2010, 12:20:38
Ja, Gerry und Nasti, an Prügel in der Schule kann ich mich auch noch erinnern (die Mädchen bekamen mit dem Lineal was auf die Finger ... und das von einer Lehrerin!) Den Jungen erging es schlimmer ... Aber es waren nicht alle Lehrer, die so brutal waren, es gab auch sehr gute Pädagogen. Aus heutiger Sicht denke ich, die prügelnden Lehrer waren Sadisten, die ihre Macht über Kinder ungestraft ausleben konnten.
Aber das ist vorbei!!
gerry
gerry
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von gerry
als Antwort auf Gillian vom 03.12.2010, 13:04:26
Vielleicht hattest Du die "Gnade der späteren Geburt"?
Ich kann mich daran erinnern, dass grade bei meiner Mutter die "Hand
ziemlich lose saß".
Der Vater "langte" nur bei schweren "Vergehen" mal zu.
In der Schule war es gang und gäbe, dass es Prügel gab.
Natürlich gab es Lehrer, die ihre sadistische Ader voll auslebten.
Ich kann mich noch an schmerzhafte Rohrstockschläge auf die Handflächen
erinnern, wenn man mal die Hausaufgaben nicht gemacht hatte.

Wie gut, dass das längst verboten ist!
nasti
nasti
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Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von nasti
als Antwort auf gerry vom 03.12.2010, 13:47:06
Hi Gillian


Prügel in Schule war sehr schlimm, trotzdem nicht so wie Zu Hause, wo ein Kind sollte geliebt sein. Ich glaube, meine kämpferische Natura kann ich für diese Erlebnisse bedanken, bringt auch positives nicht nur negatives.
In Schule waren einige Mädchen auf nackte Popo geprügelt , eine davon in erwachsene Jahre könnte ein Orgasmus kriegen nur wenn Sie zu erst Ihr Partner auf Popo mit Hand geschlagen hatte. *gg*
Und bin ich wieder von der eigentlichen Thema weg.

Nasti

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situ
situ
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von situ
als Antwort auf gerry vom 03.12.2010, 10:44:52
Deine Geschichte erinnert auch mich an meine Kindheit. Mir wurde auch immer mit dem schwarzen Mann gedroht. Ich dachte er wohne im Keller. Als ich Holz und Kohlen rauf holen musste habe ich vor lauter Angst ein Liedchen gepfiffen. Zwei unserer Lehrer haben auch drauflosgeprügelt. Aber in ihrer Aktentasche hatten sie immer eine Flasche Schnaps dabei. So was nannte sich Pädagoge!
Ich bin froh, dass sich diese Zeiten geändert haben.
Wünsche allen ein schönes rutschfreies Wochenende.
barbarakary
barbarakary
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von barbarakary
Hallo, Gerry,

der schwarze Mann ist mir auch ein Begriff - mit dem wurde in meiner Kindheit im Saarland ebenfalls gedroht. Wenn ich nicht brav war, gab es auch mal etwas auf das Hinterteil. Auch in der Schule gab es mit einem Stöckchen auf die Finger - den Jungs in der Klasse wurde eher der Hintern versohlt. Es war normal zu dieser Zeit, keiner hätte von Misshandlung gesprochen. Meine Kinder versuchte ich anders zu erziehen, da rutschte mir nur sehr selten mal die Hand aus. Obwohl ich gegen körperliche Züchtigung bin, muss ich sagen, dass ich wegen gelegentlicher Haue kein Fall für den Psychiater wurde....

LG Roswitha
gerry
gerry
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von gerry
als Antwort auf barbarakary vom 03.12.2010, 15:47:06
Hallo Roswitha,
die Wenigsten, denen während ihrer Erziehung mal "die Hand ausgerutscht" ist,
sind ein Fall für den Psychiater geworden.
Früher waren die "Erziehungsmethoden" nun mal so.
Die Zeiten haben sich - Gott sei Dank - geändert
und mit ihnen auch die Methoden, Gesetze und Verordnungen.
Ich bin froh, die heutige Zeit noch ganz bewusst zu erleben.

LG.
Gerry
ummel
ummel
Mitglied

Re: Der "schwarze" Mann...
geschrieben von ummel
als Antwort auf barbarakary vom 03.12.2010, 15:47:06
Die Mär vom „ schwarzen Mann „ wurde mir von meinen Eltern auch erzählt. Und einige Zeit – so im Alter von 4 – 6 Jahren - glaubte ich auch daran. Mit Respekt und Furcht.

Ich stamme aus einem Dorf nördlich von Augsburg. (geb. 1948) Und dort – in Augsburg – waren die Amerikaner stationiert. Die fuhren zweimal im Jahr mehrere Tage lang durch unser Dorf, wenn sie sich auf den Weg ins Manöver nach Grafenwöhr machten.
In und auf den Panzern – so ist es mir in Erinnerung – saßen ausschließlich „ Farbige „ - die von allen „nur“ Neger genannt wurden. Für mich in meinem kindlichen Gemüt waren dies „die Schwarzen Männer“.

Aber die waren alles andere als „ böse „, denn von ihren Panzern aus warfen sie uns Kindern, die wir winkend am Straßenrand standen, Dosen mit süßen Keksen, Schokolade und andere für uns damals unbekannte Leckereien zu, die wir begierig aufsammelten, sofort gegessen haben oder auch voller „ Stolz „ nach hause trugen.
Der „ Schwarze Mann „ war für uns Kinder also damals ein ganz Guter …

Peter

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