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Plaudereien Die menschliche Rasse...

Blaustrumpf
Blaustrumpf
Mitglied

Die menschliche Rasse...
geschrieben von Blaustrumpf
Im Zusammenhang mit der aktuellen Weltlage (und einigen Diskussionen hier im ST) fiel mir das Textstück eines Schriftstellers wieder ein, der zwar hauptsächlich für seine Kriminalromane bekannt ist, aber auch einige kontroverse Gedanken über die Menschheit geäußert hat - Gilbert Keith Chesterton. Hier ist der Text:


Die menschliche Rasse hat von ihrem Anbeginn an Kinderspiele gespielt, und dies wird sie wahrscheinlich bis zu ihrem Ende tun; zum Ärger für die wenigen, die immer Erwachsene sein werden. Eines dieser Spiele, an denen sie am meisten hängt, heißt: »Stecke den Kopf in den Sand«. Man nennt es auch: »Den Propheten Lügen strafen«. Die Mitspieler hören dabei sehr genau und ehrerbietig auf alles, was die gescheiten Männer über das sagen, was in der nächsten Generation geschehen soll. Die Mitspieler warten dann, bis die gescheiten Männer tot sind und begraben sie hübsch ordentlich. Dann gehen sie hin und tun das Gegenteil. Das ist alles. Einer Rasse mit einfachem Geschmack macht dies jedoch großen Spaß.
Denn die menschlichen Wesen, die wie Kinder sind, haben auch die kindische Eigenwilligkeit und Geheimnistuerei. Und sie haben seit dem Anbeginn der Welt nie das getan, was die weisen Männer als unbedingt notwendig zu tun erkannt haben.
Man sagt, dass sie die falschen Propheten steinigten. Aber mit noch größerem Genuss hätten sie die wahren Propheten steinigen können.
Als Individuen mögen die Menschen einen mehr oder weniger vernünftigen Anblick bieten, etwa, wenn sie essen, schlafen und Pläne schmieden. Aber die Menschheit als Ganzes ist veränderlich, geheimnisvoll, wankelmütig, ergötzlich.
Menschen sind Männer, aber die Menschheit ist eine Frau.

So weit also die »Präambel«. Mich interessieren eure Gedanken und Interpretationen dazu. Ob euch das anspricht, weiß ich natürlich nicht. Ich bin daher sehr gespannt, ob überhaupt eine Diskussion stattfinden wird und wenn ja, in welche Richtung sie läuft.

Mein erstes eigenes Thema hier, wie aufregend - fast so schön wie ein Jodeldiplom...
JuergenS
JuergenS
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf Blaustrumpf vom 20.01.2012, 18:07:38
Das ist schon ein interessantes Fragment.

Mir fällt, spontan dazu ein:

Die sog. weisen Männer waren auch mal nicht weise, jünger, verschlossen vielleicht auch die Ohren vor deren weisen Vorvätern.

Schlimm wäre es, wenn jeder schon weise geboren wäre, nichts mehr dazuzulernen bräuchte.
Schlimm ist aber auch, dass die Menschheit noch gar nicht so viel weiter ist, vielleicht dauern genetische Veränderungen zu lange?
Ich finde, dass die Zeiten des Gilgamesch-Epos gar nicht so viel anders sind als die Gegenwart, alles ist nur komplizierter, die Menschen müssen, um ihre Vorteile zu wahren, raffiniert vorgehen.
Tun sie ja auch, siehe Raubtierkapitalismus, und fast alle machen mit. Zumindest die, welche in der Zivilisation leben.

Servus, gratuliere zu deinem ersten thread!
Karl
Karl
Administrator

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von Karl
als Antwort auf Blaustrumpf vom 20.01.2012, 18:07:38
Hallo Blaustrumpf,

ich habe mich zuerst einmal über Chesterton kundig gemacht, denn seine Formulierungen klangen mir etwas altmodisch. Bei Wikipedia bin ich fündig geworden und konnte u.a. lesen:
[i]Diskussionspartner war Shaw, mit dem ihn eine herzliche Freundschaft bei gleichzeitiger Ablehnung von dessen Ansichten verband. Auch mit den Gedanken Nietzsches zum Übermenschen setzte er sich viel auseinander, er urteilte darüber recht ablehnend. Er bekämpfte verschiedene Ideen und Theorien, die Anfang des 20. Jahrhunderts oft und gerne vertreten wurden, vor allem äußerte er sich gegen Euthanasie und die pseudowissenschaftliche Rassenkunde sowie gegen jede Vorstellung einer Menschenzucht. Ebenso lehnte er den britischen Kolonialismus ab und unterstützte die irische Unabhängigkeit.[/indent]Er wäre mir also wahrscheinlich sympathisch gewesen. So ganz will mir allerdings sein in Deinem Zitat zum Ausdruck kommendes Frauenbild nicht in den Kopf. Das scheint mir doch etwas sehr klischeehaft.

Karl

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arno
arno
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von arno
als Antwort auf Blaustrumpf vom 20.01.2012, 18:07:38
Halloa, blaustrumpf,

sicher hat Gilbert Keith Chesterton, (29 May 1874 – 14 June 1936) die Masse
Mensch als ein Geheimnis noch angesehen, welches aber kurz nach seinem Tode
durch Gustav le Bon mit seinem Buch "Psychologie der Massen" etwas gelüftet
wurde.
Heute sind die Wissenschaftler mit ihren Erkenntnissen über das
Verhalten in Schwärmen schon sehr viel weiter.

Viele Grüße
arno
Blaustrumpf
Blaustrumpf
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von Blaustrumpf
Danke für eure Kommentare bisher.

@ heigl - danke für die Gratulation
zum Kommentar: ehrlich gesagt bin ich mir bis heute nicht schlüssig, ob Weisheit nun unbedingt was mit Wissen und Lernen zu tun hat, es ist wohl eine Definitionsfrage. Aber mich erschreckt, wie wenig Weisheit und wie viel Wissen die Menschheit hat.

@ karl: Chesterton hatte allerdings auch ein Problem mit dem damals aufkommenden Darwinismus. Auch mit H.G. Wells war er in respektvoller Freundschaft verbunden, obwohl er dessen Theorien ebenfalls ablehnte und bekämpfte. Das macht ihn mir symphatisch - der Mann konnte mit Stil und absoluter Achtung vor seinen Kontrahenten streiten - ich erwähnte ja, dass mir der Text auch im Zusammenhang mit kürzlichen Diskussionen im ST einfiel . Sein Frauenbild - ja, der letzte Satz klingt wohl etwas fragwürdig, trotzdem glaube ich nicht, dass es negativ oder fragwürdig zu verstehen ist, wenn man ein anderes Zitat von Chesterton mit einbezieht: Wandelbarkeit ist die große Tugend der Frau. Wer ein echtes Weib hat, braucht keinen Harem.
Daher glaube ich, dass sich seine Aussage hier mehr auf die überraschenden und spannenden Taten der Menschheit bezog.

@ arno: Ich glaube, dass Chesterton gar nicht gefragt hat, warum Menschheit sich so verhält - er fand es wohl viel unterhaltsamer und ergötzlicher, einfach zuzusehen und zu staunen. Womöglich wäre er auch gegen die Schwarmtheorien gewesen.
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Blaustrumpf vom 20.01.2012, 20:10:27
Die Mitspieler warten dann, bis die gescheiten Männer tot sind und begraben sie hübsch ordentlich. Dann gehen sie hin und tun das Gegenteil. Das ist alles
geschrieben von chesterton


Und die gescheiten Männer waren auch einmal jung und taten damals dasselbe ??

Lieber Blaustrumpf, danke, dass du hier auf einen interessanen Literaten hingewiesen hast. Ich tu mir allerdings unheimlich schwer, Interpretationen eines Vorwortfragments zu geben, das einem futuristischen Roman vorangestellt ist und den ich nicht kenne.

Das der Roman auch heute aktuell und lesenswert sein dürfte, ist für mich durch das Nachwort von Carl Amery in der deutschen Ausgabe gegeben.


Zum Roman fand ich folgende Info:

Heute noch bekannt sind vor allem der Roman The Napoleon of Notting Hill (1904, Der Held von Notting Hill), eine Geschichte mit politischem Hintergrund, in der Chesterton seine ablehnende Haltung gegenüber der modernen Welt zum Ausdruck brachte und das vorindustrielle Zeitalter verherrlichte - zugleich ein Beitrag zur phantastischen Literatur -,
geschrieben von "Der Held von Nottingham" Chesterton


Dadurch erscheint mir dein Zitat in einem besonderen Licht.

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miriam
miriam
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von miriam
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 20.01.2012, 20:39:09
Da ich auf das Thema der Existenz von Menschenrassen bzw. der Menschenrasse mit einem kategorischen NEIN antworte, möchte ich hier an eine etwas ältere Diskussion mit diesem Thema, erinnern.

Miriam

Blaustrumpf, eigentlich sollte dieses Thema nicht unter Plaudereien stehen - m.E. ist dies ein Thema, mit politischen Konsequenzen - sollte aber unter Biowissenschaften stehen.
Mareike
Mareike
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von Mareike
als Antwort auf miriam vom 20.01.2012, 21:44:53
@Miriam,
ich verstehe deinen Einwand an dieser Stelle nicht, es ist doch nur die Rede von der menschliche Rasse (Einzahl), vom menschlichen Wesen.


Mareike
Wiki: "Die genaue Herkunft des Wortes „Rasse“ ist unklar; es werden unterschiedliche, stark voneinander abweichende Erklärungen vertreten. In der Literatur werden häufig Ableitungen vom lateinischen „radix“ (Wurzel im genealogischen Sinne), von „generatio“ (Geschlecht im genealogischen Sinne, aber auch „Art“, im Sinne von „Wesen eines Dings“), sowie „ratio“ (ebenfalls in der Bedeutung „Wesen eines Dings“ oder „Art und Weise“) beschrieben."
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
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Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf miriam vom 20.01.2012, 21:44:53
miriam, laß doch die Kirche im Dorf.

Im engl. Originaltext heißt der Anfang so:

"The human race, to which so many of my readers belong, has been playing at children's games..."
Ich finde das durchaus eine witzige Formulierung! und hat eine andere Bedeutung als die deutsche Übersetzung "Die menschliche Rasse hat von ihrem Anbeginn an Kinderspiele gespielt..."


Das Buch "The Napoleon of Nottinham" wurde 1904 geschrieben und hat offensichtlich gar nichts mit Rassenkunde zu tun.

Er bekämpfte verschiedene Ideen und Theorien, die Anfang des 20. Jahrhunderts oft und gerne vertreten wurden, vor allem äußerte er sich gegen Euthanasie und die pseudowissenschaftliche Rassenkunde sowie gegen jede Vorstellung einer Menschenzucht. Ebenso lehnte er den britischen Kolonialismus ab und unterstützte die irische Unabhängigkeit. Chesterton bewunderte das Mittelalter, das seiner Meinung nach in der Neuzeit oft unfair negativ dargestellt wurde. Er setzte sich dafür ein, dass die Demokratie auf Grund ihres eigenen Wesens auf die Stimme der Armen und Slumbewohner hören solle, anstatt von oben herab „zu ihrem Besten“ über sie zu entscheiden („Anstatt uns zu fragen, was wir mit den Armen machen sollen, sollten wir uns lieber fragen, was die Armen mit uns machen werden.")
geschrieben von wikipedia
miriam
miriam
Mitglied

Re: Die menschliche Rasse...
geschrieben von miriam
als Antwort auf Mareike vom 20.01.2012, 22:03:56
Mareike, auch der Mensch kann nicht als einer Rasse zugehörig betrachtet werden.

Ich denke, dass ich im zitiertem Thread, auch erklärt habe, was eine Rasse eigentlich ist.

Nach meiner Meinung, kann man den Menschen nicht, je nach dem Kontext in dem man über ihm schreibt, mal als einer Rasse zugehörig und mal nicht, betrachten.

Der Begriff Rasse, ist immer auch mit dem Begriff der Züchtung verbunden.

Mart, ich spreche aber nicht vom Begriff Rasse , so wie er vor hundert Jahren verwendet wurde, sondern von einem Begriff, so wie er in der heutigen Zeit, verstanden wird.

Miriam

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