Plaudereien Einfach so!

RE: Einfach so!
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Der-Waldler vom 28.12.2021, 10:12:38
Ach, die grosse Zinkbadewanne quergestellt in der kleinen Küche!
Mama macht auf dem Herd im Einweckkessel  immer wieder warmes
Wasser zum nachfüllen.

Ich weiss nicht, wie oft wir gebadet haben, ausserdem sicher nur Herbst-Winter,
denn sommers oder wenns halt wärmer wurde sind wir schnell in den See
gesprungen Grad ums Eck ging eine kleine Strasse zum See. Wir Mädels haben
von Mama eine Kleiderschürze (!) über den Badeanzug geworfen und in
Schlapper ab ins Wasser. Ein kleiner Steg machte das einsteigen leichter,
auf ihm wurden auch Teppiche mit Schmierseife gebürstet.

Das alles bevor Waldsee zu Bad Waldsee wurde, aber dann waren
wir Kinder auch schon weiter weg.

Grüssle zum Dienstag
Clematis


 
Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von Mareike
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.12.2021, 11:18:05

Die Zinkwanne in der Küche und der "Flötenkessel" auf dem Kohlenkochherd kenne ich auch.
Samstags wurde gebadet.
Ohnehin spielte sich das ganze Leben in der Wohnküche ab, besonders im Winter.
Sonntags wurde auch das Wohnzimmer beheizt, ebenfalls mit einem Kohlenherd.

Fußläufig ca 10 Minuten von uns entfernt war eine Badeanstalt vom Bergwerk. Dort konnte man für 10 Cent duschen. Man musste sich beim Einseifen beeilen, sonst konnte es tatsächlich passieren, dass es auf einmal nur noch tröpfelte und dann war Ende vom nassen Vergnügen.

Einen Badesee hatten wir nicht, aber ein Schwimmbad! Und zwar auf dem Betriebsgelände der Staatsmijn Wilhelmina. Dort haben wir in den Abendstunden das Schwimmen gelernt - über uns Scharen von Fledermäusen - eine ganz besondere Atmosphäre.

Und nun habe ich eine tolle Homepage entdeckt mit Geschichten, Fotos und Filmaterial, da tauche ich nun mal ab:
Staatsmijnen
Auf dem Foto rechts: Die Grubenarbeiter mit ihrem "Pungel" - blau kariertes Tuch mit der eingerollten Wäsche. Mein Vater arbeitete auch unter Tage.
Mareike

val
val
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von val
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 28.12.2021, 11:18:05

Wir hatten, liebe Clematis, ein Badezimmer mit einem hohen, röhrenartigen Ofen aus Kupfer -
wir Kinder mussten die Briketts und Eierkohlen aus dem Keller holen - 3 Stock runter...
ich sehe die Hände meiner Mutter vor mir, immer rotgeschrubbt wegen der Kohle -
so etwas wie 'Handschuhe anziehen' für derartige Arbeiten , das wäre damals wohl keinem in den Sinn gekommen - die waren dafür viel zu kostbar.
In diesem Badezimmer befand sich ein Klo, aber kein Waschbecken.
Ich erinnere mich an einen Hocker in der Küche, dessen Deckel man hochklappen konnte - darunter befand sich eine weisse Emaille-Schüssel, die ich allerdings nie in Betrieb gesehen habe.

Jetzt habt ihr mich auf die Souvenir-Tour gebracht:
über diesem Hocker hing immer ein Kalender (Apotheke)......

Liebe Grüsse und... zu viel Hygiene bringt's auch nicht 😉
Val


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Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von Mareike
als Antwort auf Mareike vom 28.12.2021, 12:10:19

Sogar ein Foto der Badeanstalt: https://kerkradewiki.nl/kerkrade/badhuis-d23/
errichtet 1951, pro Tag 650 mal Badevergnügen 😉

pippa
pippa
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von pippa
als Antwort auf val vom 28.12.2021, 12:15:33

Liebe Grüsse und... zu viel Hygiene bringt's auch nicht 😉
Val

So sehe ich's auch.

Wir hatten eine winzige Mansardenwohnung, aber man höre und staune mit Dusche. Für das warme Wasser sorgte ein Boiler in der Küche, der mit Gas beheizt wurde. Das Stadtgas wurde damals von der Stadt selber mit Koks hergestellt und war sicher sehr preiswert.

Leider war das ungeflieste Bad im Winter sehr kalt, so dass ich mich dann lieber in der Küche wusch. Die Küche war sowieso der einzige beheizte Raum.

Von Ostern bis Oktober war alles kein Problem, denn da sind wir (jedenfalls meistens) in die Nordsee gegangen und fühlten uns sauber, obwohl damals die Abwässer noch ungeklärt eingeleitet wurden.  😃🙊

Liebe harzliche Grüße in die Runde.
Die Sonne scheint, obwohl Regen angesagt wurde. Darum gehe ich nun ein wenig an die frische Luft, die tatsächlich ein wenig nach Frühling riecht. 10° !!!
Pippa
Rispe
Rispe
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von Rispe
als Antwort auf pippa vom 28.12.2021, 12:33:14

Ich habe ein schönes Lied für euch.
Hört doch mal rein! 😉


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BerndHeinrich
BerndHeinrich
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von BerndHeinrich
als Antwort auf Mareike vom 28.12.2021, 12:10:19
Die Zinkwanne in der Küche und der "Flötenkessel" auf dem Kohlenkochherd kenne ich auch.
geschrieben von Mareike
Ach ja, die Zinkbadewanne, in die ich, als Kleinster, immer erst ganz am Schluss platznehmen durfte. Und dann wurde "abgeschrubbt".
Die meiste "Hygiene" bekam anschließend die Zinkbadewanne selbst. Darin wurde, nachdem das Schwein, dass beim Bauern nebenan mitgefüttert wurde, geschlachtet worden war, u.a. Wurst produziert ....
Roxanna
Roxanna
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von Roxanna

Einfach herrlich, eure Erinnerungen zu lesen. Einen roten Faden gibt es in euren Erzählungen, es war ziemlich kalt damals 😁 und warmes Wasser Luxus.

Ich hatte an anderer Stelle schon mal erzählt, dass meine Familie nach der Flucht auf einem Bauernhof auf der Schwäbischen Alb einquartiert wurde. Sie lebten schon 6 Jahre dort, als ich "erschienen" bin 😁. Die ersten 4 Jahre meines Lebens verbrachte ich dort und habe so gut wie keine Erinnerung daran. Ich vermute mal, da wir zu sechst in zwei Räumen lebten, dass dort auch in einer wie von euch beschriebenen Wanne gebadet wurde. Ich müsste mal meine Schwester fragen, ob sie sich erinnert.

Kurz vor meinem 5. Lebensjahr zogen wir nach Ulm um. Dort wurden für Flüchtlingsfamilien Wohnblocks in aller Eile hochgezogen, die in ihrer Ausstattung auch sehr einfach waren, aber es gab ein Badezimmer mit einem großen Ofen, der mit Kohle beheizt wurde und in dem Wasser erhitzt werden konnte. Das wurde natürlich nur einmal in der Woche, nämlich am Badetag, gemacht. Ansonsten wurde in der Küche in einem großen Topf Wasser erhitzt, dass dann zum Waschen ins Waschbecken gekippt wurde. Irgendwann wurde eine "Heizsonne" angeschafft und es war zum Waschen nicht mehr so eisig im Bad.

Die Wohnung selber wurde mit einem Kachelofen, der vom Flur aus mit Holz und Kohle befüllt wurde, beheizt. Der Kachelofen selber befand sich im Wohnzimmer und auf der anderen Seite zum Elternschlafzimmer konnte Klappen geöffnet werden, damit es sich dort auch erwärmte. Im Kinderzimmer gab es zunächst keinen Ofen. Damals gab es noch so lausig kalte Winter und man musste sich warm anziehen, wenn man ins Bett ging 😁. Später wurde ein Ofen aufgestellt, der auch mit Kohle geheizt wurde.

Kohle wurde vor dem Winter gekauft. Der Händler kippte die Eierkohle und Briketts vor dem Haus aus und alles musste in den Keller getragen werden.

Aber, wie du, lieber @Der-Waldler fühlte ich mich nicht "arm". Vor ein paar Tagen hatte ich ein Gedicht von Ringelnatz eingestellt "Die Kinderstraße", in dem er schreibt . ..sich wieder am Hölzchen und Blättchen erfreut ..... Wir Kinder spielten Kaufmannsladen und die Ware waren Hölzchen, Blättchen, kleine Kieselsteine .....

Was in meiner Kindheit immer wieder belastend war, das war die Traumatisierung meiner Familie durch die Flucht und den Heimatverlust. Die Trauer darüber habe ich als Kind schon sehr deutlich gespürt, aber es war für mich ja irgendwie abstrakt, weil ich keinen Bezug zu Oberschlesien hatte.

Vorhin hat sich mal kurz die Sonne blicken lassen, nun ist der Himmel wieder grau. Schnee weit und breit nicht in Sicht.

Wünsche euch allen einen schönen Nachmittag.

LG
Roxanna

Mareike
Mareike
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von Mareike
als Antwort auf BerndHeinrich vom 28.12.2021, 12:51:50

Am halben Schwein habe ich auch vage Erinnerungen ...

schönere Erinnerungen habe ich an den Küken, die (auch in der Küche) unter einer Wärmelampe ausgebrütet wurden.
Die Freude später über die ersten "pulle-eitjes" - Ei von einem jungen Huhn.
Mareike

Roxanna
Roxanna
Mitglied

RE: Einfach so!
geschrieben von Roxanna

Was das Getier in der Wanne angeht, kann ich auch noch etwas nachliefern. In Schlesien wird an Hl. Abend traditionell Karpfen gegessen. Diese Tradition wurde natürlich auch im Schwobaländle beibehalten. Der Karpfen wird 2 bis 3 Tage vorher lebend erstanden und schwamm dann bis Hl. Abend in der Wanne. Das hat mich als Kind schon sehr fasziniert. Mein Vater hatte die Aufgabe, na das führe ich mal nicht weiter aus 😁.

Wannen wurden eben früher für viele Zwecke verwendet. Das ist doch eigentlich vorbildlich gewesen.

LG
Roxanna


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