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Plaudereien Erste Bekanntschaft

gerry
gerry
Mitglied

Erste Bekanntschaft
geschrieben von gerry
Ich bin in Ostpreußen geboren und nach der Flucht in der DDR aufgewachsen.
Das Wort "Flüchtling" durften wir nicht benutzen, man nannte uns "Umsiedler"!
In der Schule und im Studium versuchte man, und im "sozialistischen Sinn" zu erziehen.
Der Kapialismus wurde zu Todfeind erklärt und der gesamte "Westen" zur Tabu-Zone.
Trotzdem war man als junger Mensch neugierig.

Es war während meiner Studenzeit in Dresden als ich das erste Mal
Bekanntschaft mit einem Versandhauskatalog aus dem "Westen", aus der "BRD"
machte.
Ein Kommilitone musste ihn von zu Hause mitgebracht haben.
Viele, viele Seiten Vierfarbdruck auf Hochglanzpapier.
Schon machte ich mir meine Gedanken:
Sieht es im Westen so aus wie im Katalog?

Natürlich wussten wir, dass der Sozialismus dem Westen historisch und in allen
Belangen überlegen war, aber diese Fotoapparate, diese Transistorradios, diese Fahrräder und Mopeds!
Ich bekam ein völlig neues Bild vom "Westen".
Fahrräder mit soviel Gängen gab es im Sozialismus nicht!
Und unsere Mopeds knatterten und stanken.
Außerdem waren sie nicht so toll verchromt, sondern eher schlicht.
Irgendwie begegnete ich dem "Westen" nun mit Ehrfurcht.
Bei den Physikvorlesungen war ich von Stund an überzeugt, dass nur der "Weststrom" eine stabile Wechselspannung von genau 50 Hertz habe.

Nach der Lektüre des Katalog's war ich überzeugt, dass ein "Westtierarzt" ein halbes
Brathähnchen wieder gesund pflegen könne und es fröhlich gackernd die Praxis verlassen würde.

Aber all die Sachen waren nichts im Vergleich zu dem was ich auf den Seiten
mit der Damenunterwäsche sah!
Westfrauen!
Solche Frauen liefen im Westen herum?
So sahen sie also aus?
Unglaublich!
Diese hübschen Gesichter!
Dieser zarte Teint!
Ich schmolz dahin, vor diesen verwirrend schönen Westfrauen.
Wie müssten sie duften, wie gerne hätte ich ihr "Parföng" geschnuppert.
Bei'm Ansehen dieser tollen Fotos kriegte ich oft so starke Erektionen, dass ich in Ohnmacht fiel.
Das Blut schoss mit solchen Wucht in die Schwellkörper und entzog
damit dem Gehirn die Lebensgrundlage.
Die Folge: Koma!

Gerne hätte ich mal "Westfrauen" kennengelernt, sie müssten betörend sein.

Doch die Gelegenheit kam:
Meine Mutter und meine Schwester "setzten sich ab", begingen "Republikflucht".
Seitdem hatte ich sogar zwei "Westfrauen" in der eigenen Familie.
Sie sind aber ganz "normale" Frauen, haben kaum Ähnlichkeit mit den Damen
aus dem Katalog.
Später lies man mich zu einer Besuchsreise in das Land in dem die tollen
Katalogfrauen blühen.
Na ja.....es wird eben überall nur mit Wasser gekocht....

Und heute?
Macht man noch Unterschiede zwischen "West"- und "Ostfrauen"?
Eigentlich gibt es nur noch "Westfrauen" seit dem 3. Oktober 1990.
Manchmal lese ich es noch, dass es Unterschiede gibt, obwohl wir doch längst "Eins" sein sollten?
Und wer ist nun besser?
Ich würde sagen: Niemand!

Einen schönen Tag
wünscht Gerry
nebraner
nebraner
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von nebraner
als Antwort auf gerry vom 11.07.2011, 15:20:45
Oha lieber Gerry,

hast wirklich arg gelitten.


Mit lieben Gruß vom nebraner
chris
chris
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von chris
als Antwort auf gerry vom 11.07.2011, 15:20:45


Gerry,

*schmunzel*

ein echter Gerry-Beitrag.

Schade, dass ich dich nicht in Wernigerrode getroffen hab.

Die Chance eine echte fränkische Aborigine zu treffen, hast du verpasst.



Chris

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Railroder
Railroder
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von Railroder
als Antwort auf gerry vom 11.07.2011, 15:20:45
Tjaaaaaaaa, wie soll man als sogen. Wessie dieses Wörtchen "besser" in Deinem Beitrag werten???

"Besser" kann man mit Sicherheit nicht sagen, wir haben nur damals eine Demokratie als Regierungsform bekommen, während man im Ostteil der Republik eine Diktatur, gegen die nächste ausgetauscht hat, aber demokratisch "sollte" es eben aussehen.

War es aber leider nicht und das geschah mit Hilfe der Nachrichtenunterdrückung, aber damit hatte man ja Übung aus der vorangegangenen Epoche.
Nur dass die Radiotechnik sich ja weiter entwickelt hat und mehr Möglichkeiten der Nachrichtengewinnung aus dem "Feindgebiet" ermöglichte, als zu Zeiten des Volksempfängers.

Natürlich waren nicht alle "Westfrauen" mit Modelmassen versehen, wie in den Katalogen dargestellt, eine fürwahr sehr schöne Illusion, oder auch "Potemkinsche Dörfer" aber für die normale Bevölkerung gedacht.

Das werden Deine Mutter und anderen Angehörigen nach ihrer Republikflucht auch festgestellt haben.

Aber selbst nach so vielen Jahren der Wiedervereinigung ist die "Grenze" immer noch in vielen Köpfen vorhanden, obwohl dieser brutale Willkürgrenzstreifen, nur noch rudimentär, als Denkmal oder Erinnerungsobjekt vorhanden ist.

Nur, erinnert sich überhaupt noch jemand daran??? Oder anders gefragt, möchte sich überhaupt noch jemand daran erinnern??

Die Beantwortung lasse ich mal offen..........

Und heute sind nur noch "Westfrauen" vorhanden??? Aus meiner Sicht mitnichten. Das hat sich doch alles nivelliert!

Denn mittlerweile haben wir doch unterschwellig eine "Demokratur" bekommen, nur dass wir eben offene Grenzen haben, aber die Restriktionen im alltäglichen Leben nehmen doch wieder zu!!

Und so langsam gewinne ich wieder den Eindruck, dass man der Bevölkerung wieder gerne vorschreiben möchte, wie man einen Furz durch die Hose zu lassen hat, ohne dass es stinkt!!!

Siehe Energiesparlampen, AKW's ==> Grünenprotest gegen Kohle-KW's wegen CO2-Emissionen.

lieben Gruß ........

Guenter
youngster
youngster
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von youngster
als Antwort auf gerry vom 11.07.2011, 15:20:45
Siehste gerry,

so kanns gehen du wolltest unbedingt die tollen Westfrauen kennenlernen.

Ich hatte das Glück ganz tolle Ostfrauen kennenzulernen sowohl vor wie nach der Wende. Und ob du es glauben magst oder nicht. Die Frauen blieben die gleichen tollen Frauen auch als wir alle eins wurden.

Die Ostfrauen die ich kennenlernen durfte stammten aus Dresden und Umgebung will damit sagen aus der tiefen damaligen DDR, wo es kein offizielles Westfernsehen gab. Dafür aber hübsche blonde DDR-Mädels und gestandene gute DDR-Hausfrauen die aus fast nichts ein leckeres Essen zauberten.

Gruß youngster
gerry
gerry
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von gerry
als Antwort auf youngster vom 11.07.2011, 16:47:30
Jau, youngster, die Dresdner Mädels
Ich habe sie während meiner Studienzeit kennengelernt, da hat mich nie der Dialekt gestört, im Gegenteil.
Sachsen, wo die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen.
Eine unvergesslich schöne Zeit!

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hugo
hugo
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von hugo
dazu hatte ich erst letzte Woche das Glück in der Oberlausitz (einem der tiefsten Täler voller Ahnungsloser zu früherer Zeit) eine Rede zu diesem Thema aber vor gesamtdeutscher Mannschaft zu halten.

Der Tenor war in einigen Passagen ähnlich gehalten,,
da gabs Menschen die fast alles glaubten was von Oben kam, für die muss es wohl einen Kulturschock gegeben haben 1989/90

dann gabs jene die aus Prinzip schon gar nix davon aber fast alles glaubten was von "Drüben" kam,,auch diese werden sich gewundert haben das nicht alles Gold ist was damals glänzte,,

naja und dann gabs die hugos die weder da wie dort alles für bare Münze nahmen, keine sehr großen Erwartungen hatten und deren Enttäuschung/Überraschung sich deshalb im Rahmen halten.

meine damalige Sicht,,,es gab gewaltige Fortschritte -bezogen auf den Tag der -wie schreibt gerry doch gleich ? der Umsiedlung,,,uns wurde sogar beigebracht das wir befreit worden wären,,

ja von diesem Tage an (22.Juni 1945 als wir die Heimat mit allem Drum und Dran verlassen mussten) gings mit mir persönlich tatsächlich unaufhaltsam bergauf,,,vom allerersten Eigentum (ein zu Weihnachten geschenktes Nudelholz von der NF) über das ständige kostenfreie Lernen, das eigene Häuschen zu DDR-Zeiten bis heute ins Jahr 2011.

Ok so ca drei Wünsche hatte der Durchschnitts-DDR-Bürger
um sein Glück perfekt zu machen
-einen gültigen Allerwelts-Reisepass
-eine frei konvertierbare Währung in der Tasche
-und ne kürzere Trabbi-Wartezeit oder so ähnlich

denn eine Regierung die von sich behauptetet, das Allerbeste zu sein was uns passieren konnte, die hatten wir ja schon *g*

und wie das so ist wenn man den Teufel an die Wand malt,,es machte Penggggg die Wende kam und---
tatsächlich wir hatten fortan
-einen gültigen Allerwelts-Reisepass
-die DM in der Tasche
-und die Westwagen standen massenhaft allerwärts auf Wiesen, Plätzen und Strassenrändern

und,,wir haben wieder eine Regierung die von sich der Meinung ist, das Allerbeste zu sein, was uns gemeinsam passieren konnte.

übrigens kam ein Teil unserer Westverwandtschaft jedes Jahr für 2 bis 3 Wochen zu uns ihren Urlaub zu verleben
und mindestens einmal im Jahr fuhren meine Großeltern und meine Mutter in den Westen,,,demnach gabs im privaten Bereich keine großen Überraschungen im Herbst 1989, die lagen eher in der großen Politik.

ps gerry was bei Dir die Dresdner Mädels waren, waren bei mir die Freiberger, ich glaub da gabs kaum Unterschiede *g*
hugo
olga64
olga64
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Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von olga64
als Antwort auf gerry vom 11.07.2011, 16:54:08
da hat mich nie der Dialekt gestört, im Gegenteil.
Sachsen, wo die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen.
Eine unvergesslich schöne Zeit! [/quote
]

Und wo wuchsen dann die sächsischen Männer (vorausgesetzt, es gab auch solche im ruhmreichen Arbeiter- und Bauernstaat?).
Für mich als Bayerin wird der sächsische Zungenschlag leider immer verbunden sein mit den Typen, die mich streng nach Details fragten aus ihren Kabäuschen, wenn ich nach Ostberlin oder nach Leipzig (auf die Messe) einreisen wollte. Seitdem kann ich nicht unbelastet sächsisch hören. Auch Umfragewerte in der Gesamt-BRD sagen ja immer aus, dass sächsisch nicht unbedingt zu den beliebtesten deutschen Dialekten gehört - muss ja seine Gründe haben und die Zeit, wo bei Hofe sächsisch parliert wurde, sind ja auch längst vorbei. Olga
gerry
gerry
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Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von gerry
als Antwort auf olga64 vom 11.07.2011, 17:35:50
Tja, wieso sah ich Fernsehfilme bei denen das "bayerische" oder das "schwäbische" immer mit Untertiteln versehen war- bzw. ist - damit der Rest der Bevölkerung es überhaupt versteht?
Beim "sächsischen" habe ich es noch nicht gesehen!
Railroder
Railroder
Mitglied

Re: Erste Bekanntschaft
geschrieben von Railroder
als Antwort auf gerry vom 11.07.2011, 18:07:26
Hallo Olga,

dann hast Du das bestimmt verstanden!!??

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