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Plaudereien Geschichten, Anekdoten und Mythen aus der Heimat

Blaustrumpf
Blaustrumpf
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Re: Geschichten, Anekdoten und Mythen aus der Heimat
geschrieben von Blaustrumpf
schorsch, eine wundervolle Geschichte, herzlichen Dank dafür.

Sagt mal, war eigentlich schon der halbe ST am Mummelsee???


Die (vermutlich weithin) bekannten Streitigkeiten zwischen den Badenern und den Württembergern treiben manchmal seltsame Blüten, wie in diesem Falle:

Die Huzenbacher machine

Um einen Holztransport möglichst weit auf württembergischem Gebiet zu ermöglichen, baute 1755 eine Holzcompanie zwischen Huzenbach und Besenfeld (heute: Gemeinde Seewald) einen mechanischen Holzaufzug, die Huzenbacher "machine", der die mächtigen Fichtenstämme* aus dem Murgtal über 350 Höhenmeter nach Besenfeld transportierte. Von Besenfeld aus wurden lange Rutschen gebaut, die das Holz in die Enz beförderten.
Ungefährlich war das ganze nicht, nach zahlreichen Unfällen entschloß man sich dann für eine andere Lösung.
Entworfen wurde die "machine" bereits 1753, jedoch nicht umgesetzt. Ein Machineur, vermutlich aus Straßburg, fand den Plan, gab ihn als seinen eigenen aus und versprach die Umsetzung. Man machte jedoch den Fehler, ihm einen Vorschuß zu geben. Weder der noch der Machineur wurden je wieder gesehen...

* für die, die es nicht wissen: die angeblichen Schwarzwaldtannen sind meistens Fichten, dass der Schwarzwald aus Tannen bestehe ist nur ein Mythos...
Blaustrumpf
Blaustrumpf
Mitglied

Re: Geschichten, Anekdoten und Mythen aus der Heimat
geschrieben von Blaustrumpf
Die Harzdiebe vom Kniebis

Nahe Freudenstadt liegt der Kniebis, ein ca. 960 Meter hoher Bergrücken. Hier siedelten sich einige Familien an. Zum Leben gab es dort jedoch nichts, Landwirtschaft war in dem unwirtlichen Gebiet fast unmöglich, es gab nur Wald und Moor. Die Holz- und Wildnutzung war natürlich den Herrschaften vorbehalten. So wurden die Anwohner zu Holz- und Harzdieben.

Nachts zog man heimlich in den Wald, um Fichten und Kiefern mit Harzkanälen zu versehen und die bereits vorbereiteten Bäume abzuzapfen. Das Harz wurde zu Terpentinöl, Kolophonium und anderen Produkten verarbeitet, die fertigen Produkte wurden per Handkarren über Land verkauft.
Der Wald litt natürlich unter diesem Raubbau, die Bäume wurden immer schwächer. Der Winter ist rauh auf dem Kniebis und so gab es unter Stürmen und Schneelasten viel Bruch.
Doch auch die Schneehexen lebten auf dem Kniebis und wurden böse über die Zerstörung ihres Lebensraums. So legten sie sich im Schutze der Dunkelheit auf die Lauer und vertrieben die Harzer mit viel Geschrei und einem Schneeball-Bombardement. Die Harzdiebe verließen den Kniebis aus Furcht vor den Hexen und von dieser Zeit an herrschte Ruhe im Wald.


Der geschichtliche Hintergrund:
Aus dem 16. Jahrhundert gibt es Erwähnungen von mehreren Kniebisdörfern, die "jährlich eine Menge von 200 Zentner Harz gen Straßburg zum Verkauf bringen". Die umfangreiche, ungeregelte, nicht nachhaltig durchgeführte Harzgewinnnung führte zu einer "schädlichen Verwüstung der Tannenwälder", bereits frühzeitig erfolgte deshalb in Baden eine rechtliche Regelung.
Die letzte Harz- und Pechfabrik im Schwarzwald schloss 1970.
(Quelle: Frelichtmuseum Vogtsbauernhöfe)


Die Namensgebung:
Der Kniebis soll so heißen, weil der Anstieg vom Badischen her dermaßen steil ist, daß er in den Knien biß – verbrieft ist das nicht, aber jeder, der den Weg schon mal bewältigt hat, hält es für glaubwürdig...


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