Plaudereien Glück ohne Ende ... Eine kleine Eheschule

Über 50 Jahre bin ich jetzt verheiratet und führe eine Ehe, wie sie im Lehrbuch steht.
Liebevoll, aufmerksam, rücksichtsvoll, harmonisch, fürsorglich, tolerant und friedfertig.
Hab’ ich was vergessen? Nee, ich glaube nicht.
Es ist ein einziges Band der Wonne, ein einziges Jubilieren an all unseren Tagen.

Soviel Glückseligkeit fällt einem natürlich nicht in den Schoß.
Ich verdanke sie mir selbst.
Ehe einen Ehe eine Ehe wird, muß man hart an ihr arbeiten.
Bei mir hat es über 50 Jahre gedauert.
Lange und harte Jahre!
Falls es Jüngere interessiert, will ich gern aus der (Ehe)Schule plaudern.

Die Grundregel lautet:
Jede Routine in der Ehe muß vermieden werden.
Man sollte für seine Ehefrau jeden Tag ein Anderer sein.
Ich habe es so gehalten, daß ich stets unberechenbar blieb.
Mal wollte ich, dann konnte ich nicht. Mal wollte ich nicht.
An einem Tag war ich gehorsam, am nächsten Tag gefügig.
Mal gab ich mich weich, dann wieder windelweich - so war es immer spannend.

Die Ehe zu beleben, heißt seine Frau zu überraschen.
Am besten mit Einfällen, notfalls mit sich selbst.
Geschenke wirkten früher stimulierend.
Was habe ich nicht alles an Überraschungen mitgebracht:
Mal einen Kartoffelschäler, einen Stopfpilz, einen Babyschnuller oder einen Kochlöffel - lauter verrückte Dinge mit denen ein Heißsporn wie ich seine Frau glücklich machen konnte.
In der ehemaligen DDR gab es ja sonst nichts.

Jetzt, im Alter ist es mit Überraschungen schwieriger.
Blumen würden die Rentenkasse überfordern.
Statt Blumen setze ich lieber meinen Humor ein - ein Geheimrezept!
Zu ihrem Geburtstag versuchte ich es mit einem Strip, leider kannte meine Frau schon den Gag, wo ich mich in meinen Unterhosen verheddere und ein leises Schnarchen drang an mein Ohr.

Aber so ist das im Alter:
Die körperliche Erschöpfung ist oft stärker als der Humor.

Jetzt sind es eher die unterstützenden Leistungen, die gut ankommen und den eintönigen Ehetrott aufbrechen.
Man kann zB. heimlich ihren Einkaufszettel für’s Wochenende umschreiben, die chaotisch hingekritzelnden Artikel nach Warengruppen ordnen und in eine Reihenfolge bringen, die der Anordnung der Supermarktregale entspricht.
Ein zügiger Durchlauf im Supermarkt bringt mehr Zeit für gemeinsame Stunden.

Auch Ausflüge bringen Abwechslung in den öden Alltag.
Bei solchen Ausflügen lege ich gern meiner Frau die Autokarte in den Schoß, wohl wissend, daß sie nie damit zurechtkommet.
Aber, das macht es spannend und sorgt für Kurzweil.
Meist endet es mit der Bemerkung meiner Gattin:
"Mein Gott, leg’ dir bloß bald ein Navigationsgerät zu."
"Ja das kostet aber wieder...."
"Mal Geld ausgeben für was Vernünftiges, bist du wieder zu geizig.
Bloß für deine Weiber, da hattest du immer Geld"
Da komme ich immer in’s Grübeln:
Erika 1956 oder Uschi 1957? Oder Cleo, unsere Malinoi-Hündin?
"Was denn für Weiber, um Himmels Willen?"
"Ach hör’ auf, ich weiß genug."
Diese ollen Kamellen, dabei war das alles vor ihrer Zeit.
Normalerweise streiten wir uns nie.
Seit Jahren tragen wir unsere Meinungsverschiedenheiten schweigend aus.
Oft reichen zwei Minuten, schon frage ich mich warum ich meiner Meinung war - und lenke ein.
Doch manchmal herrscht auch einige Tage "Funkstille".
Das ist aber keine verlorene Zeit, nein, es ist spannend:
Wer sagt das erste Wort?
Alle Sinne vibrieren.
Das neu erwachte Interesse am anderen belebt die Beziehung!
Ich halte mir viel darauf zugute, daß ich immer den richtigen Zeitpunkt spüre, an dem meine Entschuldigung angenommen wird.
Tja so ist das:
Was wahres Glück ist, erfährt man erst in der Ehe.
Doch dann ist es oft zu spät!
Einen schönen Tag allen
wünscht Gerry

Sehr gut beschrieben Gerry, bei uns sind es nun auch schon 49 Jahre!
Ob die Zeit auch wieder mal kommt mit der langjährigen Ehe?

Dazu ist die Zeit zu schnelllebig geworden, lieber Lars.
Solche "Ehe-Dinos" wie wir, werden wohl langsam aussterben.

Die Beiträge von Gerry sind einfach umwerfend und unschlagbar...
Lieber Gerry, ich hoffe, dass Du uns noch oft mit Deinen humorvollen und auch oft tiefgründigen Geschichten und Schilderungen erfreuen wirst...
Einen schönen Tag wünscht
aras

Gerry, einfach köstlich! Wenn es denn dann auch immer so wäre....

Ich werde es nicht mehr schaffen, bin aber gerne ein Feigling geblieben.

BG Heide

Du schreibst einfach genial, Gerry. Klasse.

Über 50 Jahre bin ich jetzt verheiratet und führe eine Ehe,
wie sie im Lehrbuch steht.

Steht da nicht im Lehrbuch: Die Frau sei dem Manne untertan?

Ist wohl so wie:
Der Mann ist das Haupt der Familie - die Frau jedoch der Hals.
Und so wie der Hals sich dreht, dreht sich der Kopf zwangsweise mit.

Lieber digizar,
in meinem Lehrbuch findet sich nicht der Satz "Die Frau sei dem Mann untertan".
Bei uns herrscht Gleichberechtigung!
Wir haben auch einen regen Meinungsaustausch.
Ich gehe mit meiner Meinung zu meiner Frau in die Küche
und komme mit ihrer wieder raus.
Das ist doch perfekt, oder?

Lieber gerry
so soll es auch sein gell.
Das hat sicher auch dazu beigetragen daß ihr solange ein Ehepaar seid.

Glückwunsch und danke für deine wieder mal toll geschriebene Geschichte.

Gruß
benny

Danke Gerry, für Deine wieder mal umwerfend komische Geschichte, aber eine Frage habe ich da mal: Lebt Deine Frau eigentlich ausschließlich in der Küche?

Pippa

S a g e n h a f t !!! ,Gerry, deine Geschichten kitzeln das Zwerchfell, denn irgendwie treffen sie auch den Kern der jeweiligen Sache !

Liest deine Frau eigentlich mit? Und welche Meinung hat sie dann danach...deine ??

Und hast du schon mal einen "Luchs" gesehen, der vergnügt vor sich hinkichert?