Forum Allgemeine Themen Plaudereien Ost-West Freundschaftsgeschichten

Plaudereien Ost-West Freundschaftsgeschichten

Karl
Karl
Administrator

Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von Karl

Ich bin oft erstaunt und auch betrübt, wenn ich feststellen muss, dass von vielen Schreiberinnen und Schreibern im Seniorentreff weiterhin eine unsichtbare Grenzlinie zwischen Ost und West gezogen wird. Dabei ist die Mauer zwischen uns doch bereits vor einer Generation eingeebnet worden.

Sollten wir da nicht doch einmal beginnen ein Gegengewicht zu setzen? Wir hatten z. B. ein von DorisHH geplantes reales ST-Treffen in Dresden, es gab mehrfach Treffen in Berlin und in anderen Ostdeutschen Städten (s. Liste hier). Auf diesen Treffen haben sich Mitglieder aus dem Osten mit denen aus dem Westen getroffen und sich angefreundet. Wichtig war dabei doch nie die Herkunft, höchstens in dem Sinne, dass es interessant war von anderen Erfahrungen zu hören oder berichten zu können.

Ich möchte deshalb hier einen Thread beginnen, in dem einmal positiv über West-Ost Beziehungen gesprochen wird. Dabei sollen nicht nur ST-interne Geschichten erzählt werden, sondern so eng möchte ich es nicht sehen. Erzählt eure positiven Erfahrungen mit Menschen von "drüben", das kann je nach "Standpunkt" im Osten oder im Westen sein.

Ich würde mich freuen, wenn wir hier eine nette Sammlung zusammenstellen könnten.

Ich hatte keine Verwandtschaft im Osten. Den ersten Ostdeutschen traf ich als Doktorand etwa 1974 auf einer Tagung in Krakau. Er war in meinem Alter, auch Doktorand der Biologe und hieß Axel. Wir freundeten uns an, diskutierten viel, auch über Politik. Wir hielten den Kontakt über einige Jahre und begannen einen Bücheraustausch. Wir beide liebten Science Fiction. Noch heute stehen einige Bücher russischer Autoren in meinem Bücherschrank, die er mir geschickt hat. In den frühen 80er Jahren kam der Austausch zum Erliegen. Die Büchersendungen, die kamen, waren alle geöffnet und nur notdürftig wieder verschlossen. Gleiches schrieb er mir, geschah mit meinen Sendungen.

Aus dem Anlass dieses Threads habe ich heute begonnen zu recherchieren, ob es diesen Axel in der Nähe von Jena noch gibt und ich bin auf einen Kandidaten gestoßen. Ich werde einmal versuchen, ihn zu kontaktieren. Es wäre toll, wenn wir uns wieder austauschen könnten - über sicherlich komplett unterschiedlich verlaufene Lebenswege.

Was könnt ihr erzählen?

Karl

 

ahle-koelsche-jung
ahle-koelsche-jung
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von ahle-koelsche-jung
als Antwort auf Karl vom 08.11.2018, 22:10:47

Hallo Karl.

​​​​​​deinen neuen Thread finde ich gut. 
Ich selbst habe durch zufälliges Lesen festgestellt das in einigen Foren echt eine Grenze zwischen Ost und West gezogen wird. Mich persönlich befremdet dieses sehr und ich kann es nicht nachvollziehen.
Ich selbst bin im "ehemaligen Westen" geboren, meine Mutter kam aus der dem "ehemaligen Osten". 
Dadurch hatte ich immer Kontakt und Bezugspunkte zu den neuen Bundesländern, was bis heute angehalten hat. Auch bedingt dadurch das mein Freund ebenfalls aus der "ehemaligen DDR" ist und wir dort öfters bei seiner Familie zu Besuch sind.
Klar es gibt nachwievor hier und da ein paar Unterschiede, aber die werden auch noch einige Jahre bestehen bleiben. Ich vertrete die Meinung, die Leute die "Drüben" aufgewachsen sind hatten auch ein gutes Leben; aus ihrer Sicht. Das darf man nicht unterschätzen. Man hat trotz Einschränkungen das Beste drauss gemacht. 
Vieles was ursprünglich von "Drüben" war wurde kurzer Hand abgeschafft, bzw von Westfirmen überrollt. Das einen so etwas bewegt und verärgert, ist nachzuvollziehen. Mittlerweile hat man wohl fetsgestellt das dies der falsche Weg war und man kehrt zum Ursprung zurück. Nur wohl zu spät.

Ich persönlich bin hier lediglich im Ponyhof "aktiv", dort merkt man Gott sei Dank Nichts von einem Unterschied zwischen den Bundesländern und auch nicht zu anderen Ländern. Jede(r) wird akzeptiert und aufgenommen, solang er/sie sich Menschlich beteiligt und nicht versucht die Gruppe aufzuwühlen. Das Motto hier: Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Miteinander, Füreinander, kommunikatives Verhalten, Benimm-Regeln einhalten, Wertschätzung und Akzeptanz. Dies erfolgt hier mit 100 %iger Selbstverständlichkeit und das ist das was mir dort so sehr gefällt. 
Möchte hier keinen Stress, Streit und Meinungsquerelen auf mich einwirken lassen.
Denke da können und sollten sich andere Foren ein Beispiel dran nehmen.

ahle-koelsche-Jung
 

Drachenmutter
Drachenmutter
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von Drachenmutter
als Antwort auf Karl vom 08.11.2018, 22:10:47

Lieber Karl, das ist eine schöne Idee, an der ich mich gerne beteilige, denn ich kann die Streitereien zwischen Ost und West nicht nachvollziehen.

Unsere Familie wurde durch das Entstehen zweier deutscher Staaten auseinandergerissen. Wir hatten Verwandtschaft in beiden Teilen Deutschlands. Meine Großmutter mütterlicherseits, eine ihrer Töchter und deren Kinder lebten in der DDR, ihre anderen Kinder und Enkel in der BRD. Wir hielten per Brief, Paketsendungen und später per Telefonat Kontakt. Meine Mutter und ihre im Westen lebenden Geschwister besuchten ihre Mutter und Schwester im Osten. Auf diese Weise erfuhren wir schon einiges über das Leben im anderen Deutschland.

Später, nach der Wiedervereinigung reiste ich mit meinem Mann erstmals nach Quedlinburg, wo meine inzwischen verstorbene Großmutter und meine Tante begraben sind. Der Anlass der Reise war eigentlich ein anderer. Wir wollten einen Hund, unseren Finn, von seiner Züchterin in der Nähe von Halle an der Saale besuchen. Er war damals 5 Wochen alt. So lernten wir nun auch andere Menschen kennen, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen waren und erfuhren einiges über ihr Leben. Die Chemie zwischen uns stimmte sofort. Es entstand ein herzliches Verhältnis zwischen der Züchterin und uns. Wir bekamen unseren Finn als er 9 Wochen alt war. Die Verbindung zur Züchterin ist bis heute nicht abgerissen, obwohl unser Finn im Juli 2018 von uns gegangen ist. Es ist eine Freundschaft über den Hund hinaus entstanden, die ich nicht mehr missen möchte. Nicht einmal während all dieser Jahre kam es zu Vorwürfen und Auseinandersetzungen zwischen Ost und West, wie ich sie häufig hier im Politikforum lese. Es geht also auch anders und das finde ich schön.

LG,
Drachenmutter


Anzeige

Karl
Karl
Administrator

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von Karl
als Antwort auf ahle-koelsche-jung vom 09.11.2018, 01:07:43

ahle-koelsche-jung
"Ich persönlich bin hier lediglich im Ponyhof "aktiv", dort merkt man Gott sei Dank Nichts von einem Unterschied zwischen den Bundesländern und auch nicht zu anderen Ländern."

Ja, ich habe es schon immer als sehr positiv empfunden, dass es im ST auch solche (meist) politikbefreiten Wohlfühlnischen gibt. Da gehört ja auch die Kleine Kneipe seit sehr vielen Jahren dazu.

In Ergänzung meines Eröffnungsbeitrags möchte ich noch richtig stellen: Natürlich hat es bei realen Treffen der Seniorentreffler nicht nur in ostdeutschen Städten Begegnungen zwischen Ossis und Wessis gegeben, sondern auch die Ossis waren bei Treffen in westdeutschen Städten dabei.

Es würde mich freuen, wenn sich hier Teilnehmer melden und darüber berichten würden.

Karl
RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Karl vom 08.11.2018, 22:10:47
Onkel Karl, meines Vaters Bruder, und Tante Sophie lebten in Radeberg. Dadurch war mir dies alles vertraut, dass - nach der Mauer - es ein hüben und drüben gibt, aber keinesfalls sind jemals die verwandtschaftlichen Fäden abgeschntten worden.

Nach deren Tod war starke Verbindung zu Sohn Paul, meinem Vetter. Meine Schwester und mein Schwager waren häufig dort, brachten verschiedene, etwas ersehnte Dinge, hin.
Nach der Wende waren meine Schwester und ich gleich zu Besuch, dabei lernten wir viele "Ossis" kennen und lieben.

1996 schenkte ich mir eine Woche Dresden, um noch alleine alle Kunstschätze in Ruhe anschauen zu können, was meiner Schwester damals nicht so wichtig war wie mir.

Vetter Paul verstarb , deshalb ist nun gezwungenermassen Radeberg für mich nur noch eine schöne Erinnerung.

Was im ST an Wessi-Hass abläuft, verstehe ich nicht, doch ich versteh endlich meine Schwierigkeiten mit einigen Usern. Durch deren Verhalten wird mir die "geistige Trennung" erst bewusst.

Das alles tut mir in der Seele weh, muss es einfach aushalten.

Clematis

 
schorsch
schorsch
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Karl vom 08.11.2018, 22:10:47

Als unbeteiligter Neutraler stelle ich mit Freude fest: Es ging zwar lange. Aber endlich scheint man zu realisieren, dass sich "Ost"-Frauen mit "West"-Männern immer noch kreuzen lassen! (;-))


Anzeige

barbarakary
barbarakary
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von barbarakary
als Antwort auf Karl vom 08.11.2018, 22:10:47

Lieber Karl,

ja, es tut gut, auch mal Positives zu diesem Thema berichten zu können! Und doch wird es noch lange bei Unterschieden bleiben - es sind eben unterschiedliche Lebensläufe...

1990 fuhr ich mit meinem Mann (wir sind beide Saarländer) zum ersten Mal in die DDR, um eine Cousine meines Vaters zu besuchen. Deren Vater (Saarländer) war nach dem 1. Weltkrieg in Marienthal/Ostritz an der polnischen Grenze der Liebe wegen hängengeblieben. In meiner Kindheit hatten wir engen brieflichen Kontakt mit dieser Familie, die Tochter bekam mein Kommunionkleid, ich bekam aber auch eine Puppe aus dem Osten, meine Familie eine Weihnachtspyramide und ein Buch von Fontane. Heute weiß ich, wie schwierig es für die Verwandten war, solche Geschenke zu beschaffen!

Seit Ende 2003 wohne ich nun selbst in der Nähe von Magdeburg, weil meine Tochter mit Familie aus beruflichen Gründen hierher gezogen ist. In diesen 15 Jahren gab und gibt es immer wieder Gespräche über vor und nach der Wende. Ich konnte viel erfahren über das Leben vorher und die neuen Probleme, die sich danach ergaben durch die Umstrukturierung bzw. auch Arbeitslosigkeit.

Mein Fazit: Ich fühle mich inzwischen mehr als Ossi - wurde auch schon mit 'Wossi' betitelt! Kritische Weststimmen mag ich nicht mehr hören - kann aber auch verstehen, dass es manche Unzufriedenheit hier gibt. Allerdings lebe ich in einem Umfeld, wo sich die Menschen nach der Wende nicht unterkriegen ließen, die meisten auch wussten, dass denen im Westen die gebratenen Tauben auch nicht in den Mund flogen. Man hat das Beste aus dem neuen Alltag gemacht. Von 'Besser-Wessis' will man hier nichts mehr wissen, die haben keinen guten Eindruck hinterlassen.

So verfolge ich interessiert Ost-West-Themen im ST - wer noch nie näheren Kontakt zur Ostbevölkerung hatte, wird sie kaum wirklich verstehen können. Manchmal ist es aber auch nur ein Nord-Süd-Gefälle im unterschiedlichen Verständnis - jede Region tickt nun einmal anders!

Bleibt mal schön friedlich und seid gegrüßt von
barbarakary

Naturella
Naturella
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von Naturella
als Antwort auf schorsch vom 09.11.2018, 10:34:47

Als unbeteiligter Neutraler stelle ich mit Freude fest: Es ging zwar lange. Aber endlich scheint man zu realisieren, dass sich "Ost"-Frauen mit "West"-Männern immer noch kreuzen lassen! (;-))

Und genau aus solch einer Verbindung ist mein wunderbarer Enkelsohn entstanden.

Ansonsten hätte ich allen Grund, Grenzen bei Ost und West zu pflegen. Denn meine späte Kindheit und früheste Jugend musste ich bei einer Stiefmutter und ihrer Tante verbringen, die aus dem Osten flohen, als die Mauer schon im Bau war. Meine Stiefmutter war eine geldgierige, jähzornige Frau, die selbst unseren damaligen sensiblen Collyhund derart anschrie, dass die Wände wackelten. Und diese Tante schickanierte mich wo sie nur konnte, und sie bestahl mich sogar.
Andererseits hatte eben diese Stiefmutter Verwandtschaft im Osten, zu denen ich mitgenommen wurde. Das war die schönste Zeit in meiner Jugend. Dort gab es eine Tante Lina, die mich vor der Willkür meiner "Stieftante" beschützte und mir ein unvergessliches Stückchen Jugend schenkte. Dort im Osten lernte ich Jugendliche kennen, mit denen ich noch lange Brieffreundschaft hegte, bis auch da dann Päckchen von Grenzbeamten geöffnet wurden. Diese Jugendlichen genossen Freiheiten, die ich bis dahin nicht kennenlernen durfte, und sie nahmen mich unvoreingenommen in ihre Gemeinschaft auf.

Bei der Maueröffnung dann, war ich enttäuscht von so manchen "Ossis", die sich an den Kassen des Supermarktes vordrängten mit der Begründung, sie hätten lange genug anstehen müssen. Zum Glück legte sich aber dieses Gebahren, hinterließ aber einen faden Beigeschmack, auch bei den Kassierern und Kassiererinnen.

Als ich später dann eine weiterführende Schule besuchte, teilte ich die Klasse mit Menschen, die vom Osten kamen. Und Überraschung: die waren freundlich und nett, manchmal etwas zickig, genau wie die "Wessis" auch. Nur ihr hoher Bildungsgrad viel mir auf.

Was ich damit sagen möchte, ist, dass es egal ist, woher ein Mensch kommt, welchen Glauben, oder welche Hautfarbe er hat. Ich habe gelernt, Menschen nach ihrer Menschlichkeit zu beurteilen, und da gibt es in allen Ländern und Schichten "solche" und "solche". Ich mag auch nicht generell jeden "Wessi", nur weil er ein "Wessi" ist.

Und nicht vergessen: Wir sind alle nur Menschen.

LG - Naturella
 
Allegra
Allegra
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von Allegra
als Antwort auf Karl vom 08.11.2018, 22:10:47

Zu dem Teil der Verwandtschaft der Familie meines Mannes, der in der DDR lebte,  gab es immer enge Kontakte.  Außer den sehr eingeschränkten gegenseitigen Besuchsmöglichkeiten ergaben sich durch den „Kleinen Grenzverkehr“ (man konnte mit Interzonenpass und Visum zu  einem Tagesbesuch aus einem grenznahen Kreis in einen grenznahen Ort der DDR einreisen) für uns Kontaktmöglichkeiten, die wir nutzten. Wenn es den Verwandten aus Dresden gelang, einen sog. „Ferienbungalow“ in Wernigerode zu bekommen, trafen wir uns mehrere Jahre dort im Sommer mit wechselnden Teilen der Verwandtschaft.
Es war ein lebendiger Austausch fern jeden Ossi-Wessi-Denkens, auch wegen der verbindenden musikalischen Interessen und für uns alle  waren das unvergessliche Begegnungen.
 
Allegra
marianne
marianne
Mitglied

RE: Ost-West Freundschaftsgeschichten
geschrieben von marianne

Unsere Dresdener Freunde!
Durch Christophs Beruf  hatten sie oft Wohnorts-Wechsel....
Margit und Karl sahen sie bei unserer Goldhochzeit...P1040754.JPG


Anzeige