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Plaudereien rotkäppschen un de böse wolf

kleinesrainer
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Re: rotkäppschen un de böse wolf
geschrieben von kleinesrainer
als Antwort auf majana vom 17.12.2008, 23:37:19
Herrlich majana

Wirklich gut geschrieben. Also wurden amtlicherseits schon zwei unterschiedliche Sterbebeschreibungen des Wolfes dokumentiert.
Damit ist einer Klage gegen Rotkäppchen die Grundlage entzogen...

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kleinesrainer
Mitglied_81b4260
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Re: rotkäppschen un de böse wolf
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Medea vom 17.12.2008, 21:44:38
Also die Wölfe eignen sich nicht als Vorbild für eine Demokratie (sowie mir auf die schnelle keine anderen tierischen Vorbilder einfallen), sondern nur für eine Diktatur.

PS:
Vielleicht sind eine Demokratie und die Menschenrechte wirklich etwas, was nicht vereinbar ist mit unseren Genen? Und der geistige Überbau zu schwach, die Egoismen zu stark, um diese Erbmasse unserer tierischen Vorfahren zu überwinden?
niederrhein
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Rotkäppchen und die DDR
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf heijes vom 18.12.2008, 00:12:33
Rotkäppchen und die DDR

Rotkäppchen war gerade dabei, ein frohes Jugendleben zu entfalten, da kehrte die Mutter von der Versammlung der Haus- und Hofgemeinschaft zurück.

Sie begrüßte das Rotkäppchen mit der Losung Junger Pioniere: "Bildet Timur-Trupps und helft unseren Parteiveteranen bei der verlustlosen Einbringung der Gartenernte!"
"Rotkäppchen" -schlussfolgerte sie "nimm in dein Aktionsprogramm auch einen Besuch bei der Großmutter, der verdienten Parteiveteranin, auf! Überreiche ihr aus Anlass des 15-jaehrigen Jubiläums der Rentenerhöhung ein Stück Obstkuchen mit Schlagcreme und eine Weinflasche mit Fassbrause. Sie werden die Großmutter stärken zu guten Taten für den Sozialismus und im Kampf um die allseitige Durchsetzung der Neurermethoden auf dem Gebiet einer kulturvollen Heimgestaltung.
Weiche nicht vom Bitterfelder Weg ab, und wenn du in den Wald gehst, ermahne dich zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber den parteifeindlichen Umtrieben des bösen Wolfes. Seinen satirischen und dogmatischen Einflüsterungen, die vom Klassenfeind diktiert sind, darfst du nicht zum Opfer fallen. Vergiss nicht das blaue Halstuch und die rote Kappe. "Seid bereit ! - Immer Bereit!" antwortete etwas traurig das Rotkäppchen, denn es hätte gern weiter ein frohes Jugendleben entfaltet.
Aber eingedeckt der 10 Gebote der sozialistischen Moral und aufgrund seines kämpferischen Klassenbewusstsein schätzte es die Perspektiven seiner jugendlichen Entwicklung richtig ein und machte sich auf den Weg. Bei seiner Wanderung kam das Rotkäppchen an eine Wiese, die einen Ueberplanbestand schöner Blumen beinhaltete. Dem Rotkäppchen gelang es, diese ungenutzten Reserven aufzudecken und sie, unter Geringhaltung der Ausschussquote, für die Produktion eines Blumenstraußes zu erschließen.

Als Rotkäppchen gerade dabei war, in ihr Produktionsprogramm auch die Einführung einer Pausengymnastik mit aufzunehmen, erschien der böse Wolf.
"Freundschaft" -sagte der Wolf.
"Was machst du denn hier?"
"Ich entwickle Initiative zum Besuch der Großmutter und versuche neue Wege zu beschreiten."
"Lass uns eine Plandiskussion führen über den komplexen Einsatz bei der Veteranin." antwortete der Wolf, "Wir wollen beide als Kollektiv ein Kulturprogramm aufstellen und in Kooperation ein agitatorisch-propagandistisches Programm erstellen. Es stürmt die Höhen der Kultur!"
Doch im gleichen Augenblick wurde ihm ein Verbesserungsvorschlag bewusst. Er setzte den ökonomischen Hebel an und veränderte den Planentwurf dahingehend, dass er im programmatischen Vorgehen in Teilabschnitten erst die Großmutter und dann das Rotkäppchen seinen Versorgungsplänen einverleiben wollte. So verstieß er gegen die Richtlinien des Jugendförderungsprogramms, und Rotkäppchen sah sich allein gelassen.
Kurz darauf stand der verbrecherische Wolf vor dem Wohnblock, in dem die Grossmutter durch Beziehung im Veteranenclub eine Parterrewohnung bekommen hatte. Eingedeckt der Devise "Jeder Mann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport" sprang er durch das - entgegen den Vorschriften der staatlichen Versicherung der DDR - offenstehende Fenster.
Mit der kranken Großmutter ließ er sich auf keine Diskussion ein, sondern diktierte der Großmutter unter Missachtung der Beratung durch die Führungsgremien einseitig seine Meinung, indem er sie einfach auffraß. Danach versuchte der gefährliche Agent sich zu tarnen. Er zog Großmutters Nachthemd aus Dederon an und legte sich mit dem Krankenschein der SVK in der Pfote ins Bett.
Nach einer kurzen Weile, in dem Bestreben, die Wartezeit zu verkürzen, betrat auch Rotkäppchen die AWG-Wohnung der Großmutter. Als Rotkäppchen die unrealistische Großmutter erblickte, erschrak es sehr.
"Großmutter, warum hast du so große Augen?"
"Ich habe eine Halbtagsbeschäftigung als Güterkontrolleur angenommen!"
"Aber Großmutter, warum hast du dann so große Ohren?"
"Ich betätige mich als ehrenamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit!"
"Großmutter, warum hast du aber einen so großen Mund?"
"Weißt du denn nicht, dass ich Chefkommentator beim demokratischen Rundfunk war?"
Der Wolf beendete die kämpferische Auseinandersetzung durch positive Überzeugungsarbeit, indem er auch das Rotkäppchen mit Haut und Haaren auffraß. Dann legte er sich schlafen und produzierte Schnarchtöne der Güteklasse "Q" im Weltmaßstab.
Mit einem "Spatz" vom VEB Simson-Suhl kam auf der Suche nach einer Vertragswerkstatt ein Mitglied des Jagdkollektivs daher. Zufällig führte der Jäger seine Thaelmannsuperflinte 2. Wahl mit sich. Dem Wolf wurde das zum Verhängnis, da er es an der nötigen Wachsamkeit hatte fehlen lassen. Mit Hilfe der Hinweise aus der Bevölkerung gelang es dem Jäger, den Wolf zu identifizieren und als Geheim-agent der imperialistischen Ultras zu entlarven.
Er realisierte die Tötung der scheußlichen Bestie und befreite das Rotkäppchen und die Großmutter aus dem Leibe des bösen Wolfes. Doch bevor sie den Tag der Befreiung mit Erstellung eines Kulturprogramms feierten, verfasste das Rotkäppchen einen Artikel für die "Junge Welt", mit dem sie Kritik ihrer falschen Verhaltensweise annahm und sich vom vertrauensseligen Versöhnlertum dem Wolf gegenüber distanzierte.
Der Jäger hatte durch seine Befreiung der Großmutter und des Rotkäppchens 2 Arbeitskräfte aus der nacharbeitenden Bevölkerung zusätzlich erschlossen und damit einen Zuwachs um etwa 2000,63 Mark erzielt. Er erhielt eine Prämie von 300,- Mark, außerdem wurde ihm für seine Tat eine Aufbaustunde im Rahmen seiner Selbstverpflichtung im NAW angerechnet. Die Großmutter zeichnete freiwillig einen Betrag zugunsten der Volkssolidarität, und das Rotkäppchen ließ sich von der Großmutter die leere Weinflasche für die nächste Altstoffsammlung geben.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben alle drei noch heute.

*************************************************************


Quelle: Hans Ritz: Die Geschichte vom Rotkäppchen. Ursprünge, Analysen, Parodien eines Märchens. Kassel 2006 (14. erw. Aufl.), S. 142; auf S. 141 befindet sich die [hier bereits vorhandene) amtsdeutsche Version [von Thaddäus Troll].

Siehe auch die Titelseite in einem der vorausgegangenen Beiträge.


Die Bertha
vom Niederrhein



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Medea
Medea
Mitglied

Re: Rotkäppchen und die DDR
geschrieben von Medea
als Antwort auf niederrhein vom 18.12.2008, 14:14:25
Hoch lebe der Sozialismus (Lach mich wech) -

eine Rotkäppchen-Geschichte schöner als die andere
und es gibt ja noch sooo viele davon. *zwinker*

Donnerwetter, ein Nachthemd aus "Dederon",
noch niemals vorher habe ich von diesem Stoff vernommen.
Wie darf ich mir den vorstellen? Vielleicht kann mich eine der Damen aus den neuen Bundesländern dahingehend aufklären? Womöglich aus Erzgebirger Spitzen-Klöppelei?


Medea

Re: Rotkäppchen und die DDR
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Medea vom 18.12.2008, 16:54:56
medea, du musst dir das so vorstellen.

wenn du einen trockner hast und da wohlmöglich die türe nicht verschlossen hast und du mit deiner dederon kittelschürze an dem trocker vorbeigehst, dann machst sssscccchhhhllllüüüürrrrffff und der kittel ist weg und du stehst da im hemd da. das ist dederon.

an meinem ersten weihnachtsfest 1992 im erzgebirge habe ich eine so wunderhübsche kittelschürze von freunden geschenkt bekommen. ich war begeistert.
--
plumpudding
Medea
Medea
Mitglied

Re: Rotkäppchen und die DDR
geschrieben von Medea
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 18.12.2008, 17:00:48
Danke für die Aufklärung Plumpudding,

wahrscheinlich ähnlich unserem "Nylon"?
Allerdings habe ich deine vorgeschlagene Sogwirkung noch nicht ausprobiert - und gar nicht auszudenken, wie ich dastünde, zumal ich sommers doch gar keine Hemden trage
sfg

M.

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majana
majana
Mitglied

Re: rotkäppschen un de böse wolf
geschrieben von majana
als Antwort auf heijes vom 18.12.2008, 00:12:33
Wer noch mehr über Rotkäppschen un de böse Wolf lesen möchte, der schaue sich den Link an
--
majana
niederrhein
niederrhein
Mitglied

Noch eine östliche Version ...
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf majana vom 18.12.2008, 20:36:46
Noch eine östliche Version ...

Wer seinen Spaß an der (ersten) DDR-Version (siehe vorausgegangener Beitrag) hatte, hier eine zweite Version - dank des unmittelbar vorausgegangenen Links!

Die Bertha vom Niederrhein
(Zur Zeit Märchenrätseltante)
lotte
lotte
Mitglied

Dreht Euch nicht um, der Täter geht um.
geschrieben von lotte
als Antwort auf niederrhein vom 19.12.2008, 11:19:47

hier ein Beleg:


August, der Schäfer, hat Wölfe gehört,
Wölfe mitte im Mai
- zwar nur zwei -
doch der Schäfer, der schwört,
sie hätten zusammen das Fraßlied geheult,
das aus früherer Zeit,
und er schreit,
und sein Hut ist verbeult.
Schreit: "Rasch, holt die Sensen, sonst ist es zu spät.
Schlagt sie tot, noch ehe der Hahn dreimal kräht."
Doch wer hört schon auf einen alten Hut
und ist auf der Hut - und ist auf der Hut.




Und zwar treiben sie sich bereits jedenorts und jederzeit herum.


Höchste Vorsicht ist geboten !!!!

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