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Plaudereien Schöne Kindheitserinnerungen

lalelu
lalelu
Mitglied

Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von lalelu
Angeregt durch den Thread, der sich mit dem beschäftigt, was wir früher nicht mochten, möchte ich im Gegenzug gerne die positiven Erinnerungen hervorkramen.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber wenn ich an meine Kindheit denke, fallen mir viel mehr schöne Aspekte als negative ein. Ich frage mich, ist das nur nostalgisch verklärte Gefühlsduselei oder war unser Lebensgefühl tatsächlich überwiegend so positiv wie es mir heute vorkommt?

Um konkret zu werden, zähle ich in bunter Reihenfolge einfach ein paar Dinge auf, die mir spontan einfallen:

Ich erinnere mich daran, dass unser Dorf uns gehörte. Wir verbrachten die Nachmittage mit unseren Spielkameraden draußen, spielten Räuber und Gendarm oder einfaches Verstecken, turnten im Sommer auf den Strohballen herum, gingen in Ermangelung eines Schwimmbades in der Nahe schwimmen, klickerten um die Wette, meistens mit Tonklickern (wer Glasklicker hatte, war schon "begütert"), liefen auf Stelzen, anfangs aus leeren Blechdosen selbst gemacht, spielten alle möglichen Ballspiele wie Völkerball oder Federball; die Mädchen waren Meisterinnen der sogenannten 10er-Probe, die Jungen spielten Fußball. Wir übten uns im Seilspringen, stibitzen Kirschen, wenn wir konnten und ließen die Strafpredigt über uns ergehen.

Im Winter trafen wir uns zum Schlittenfahren und kamen erst nach Einbruch der Dunkelheit durchgefroren zurück. Die Fensterscheiben waren voller Eisblumen, die wir durch Anhauchen zum Schmelzen brachten. Am Abend machten wir mit den Eltern und Geschwistern Gesellschaftsspiele, die oft selbst hergestellt wurden, weil das Geld zum Kauf fehlte, wie z. B. Mühle oder Dame. Auf einem Stück Pappe wurde das Spielfeld aufgemalt, die Steine waren ausgemusterte Knöpfe. Der Holz- oder Kohleofen verbreitete wohlige Wärme, meistens dampfte ein Wasserkessel vor sich hin. Wir erfuhren Geborgenheit!

Wir teilten uns das Zimmer mit ein oder mehreren Geschwistern, trugen die abgelegten und umgeänderten Kleidungsstücke der älteren Geschwister auf und waren – obwohl arm an materiellen Gütern, nach meiner Meinung in mancher Hinsicht reicher als die Kids von heute, deren Kinderzimmer mit allen möglichen Spielsachen vollgestopft sind.

Oder seht ihr das anders?

Fragt Lalelu.
miriam
miriam
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von miriam
als Antwort auf lalelu vom 04.11.2010, 11:47:57
Liebe Lalelu,

ich danke dir sehr für dieses schöne Thema. Und wenn auch während meiner frühen Kinderzeit der Krieg tobte, als Kind habe ich wenig davon mitbekommen - einfach weil meine Eltern, die genau wussten wie unsicher unsere Zukunft ist, mir und meinem Bruder doch noch eine schöne Zeit, so weit wie möglich, sichern wollten.

Aus meinen zahlreichen Erinnerungen, werde ich nur diese eine erzählen: ich war eine sehr liebevolle Puppenmutter - überzeugt, dass meine Puppen leben.

Mehr als 10(!) Puppen durfte ich aber nicht mit ins Bett nehmen. Um diese nicht zu stören, machte ich mich so klein, dass ich einen Teil der Nacht gar nicht schlief, und dabei auf ihren Atem lauschte.

Dies fiel mir jetzt ganz spontan ein - auch weil es so sehr in Diskrepanz war, mit der Realität jener Zeit.

Liebe Grüße

Miriam
pippa
pippa
Mitglied

Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von pippa
als Antwort auf miriam vom 04.11.2010, 12:52:43

Das Allerschönste in meiner Kindheit war die Freiheit. Ich nahm sie mir schon ganz früh, und meine Mutter wusste garantiert nie, wo ich war. Da ich zu den vorgegebenen Zeiten pünktlich zu Hause war - wie ich das ohne Uhr bewerkstelligt habe, weiss ich nicht mehr -, zerbrach sich offensichtlich niemand den Kopf darüber, was ich wohl gemacht habe bzw. wo ich mich aufgehalten habe. Ich durchstreifte die ganze Stadt und später, als ich Rad fahren konnte, fuhr ich sogar in die Nachbarorte.
Die Stadt war ein einziges Ruinenfeld und so für Kinder ein Abenteuerspielplatz. Die Hafenbecken waren alle gesprengt und daher wunderbar zum Schwimmen und Tauchen geeignet. Passiert ist nie etwas. Wir hatten wohl alle Schutzengel.

Pippa

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Urego
Urego
Mitglied

Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von Urego


Liebe Lalelu,

Da Du ja noch sieben Jahre jünger als ich bist, kann ich Dich beruhigen. Mir ging und geht es genauso. Ich glaube nicht, daß wir an nostalgisch verklärten Gefühlsduseleien leiden, denn ich habe das konkrete Beispiel des Aufwachsens meiner beiden jüngsten Enkelkinder vor Augen.

Ich möchte Deinen Beispielen von Kinderbeschäftigungen noch einige hinzufügen, die mir spontan einfallen: Wir Jungen haben oft mit selbstgebastelten Zwillen geschossen. Ich darf gar nicht sagen, worauf.(die kleinen Butzenfenster der Sakristei waren noch das Harmloseste!). Außerdem bastelten wir uns Peitschen und knallten um die Wette. Im Frühjahr, wenn die Bäume ausschlugen und wieder Blätter bekamen, bastelten wir Flöten. Das war gar nicht so einfach, die Rinde ohne Beschädigung vom Holz abzukriegen.

Spielzeug im heutigen Sinne hatten wir nicht, bis auf einen Ball. Er war unser stolzer Besitz, aber nur ein Gummiball!
Beneiden tue ich meine Enkelkinder trotzdem nicht. Wir konnten frei rumlaufen und spielen, wo wir wollten. Heute sind die Kinder durch den Autoverkehr und eventuell herumstreunende Verbrecher sehr gefährdet. Es war eine schöne Zeit. Ach, ja!

Urego
situ
situ
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von situ
als Antwort auf miriam vom 04.11.2010, 12:52:43
Wir haben in den zerbombten Kasernen gespielt. Das war sehr abenteuerlich. Vor 10 Jahren wurden die Gebäude alle abgerissen und es wurden einige Blindgänger gefunden. Man hatten wir einen guten Schutzengel.
olga64
olga64
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von olga64
als Antwort auf situ vom 04.11.2010, 15:49:25
Situ - wo haben Sie denn Ihre Kindheit verbracht? Sie sind 1950 geboren - als Sie draussen spielten, waren Sie wohl ca 6 Jahre alt. Und 1956 war alles noch in Schutt und Asche? Ich erinnere mich da anders (in München) - der Aufbau war doch 11 Jahre nach dem Krieg in vollem Gange nach der sehr bewunderungswürdigen Entrümpelungsarbeiten der Trümmerfrauen in den Jahren ab 1945. Olga

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situ
situ
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von situ
als Antwort auf olga64 vom 04.11.2010, 16:19:30
1956 war nicht mehr alles in Schutt und Asche. Eben nur die Kasernen die ausgebombt waren. Ich nehme mal an, dass man damals kein Geld für den Wiederaufbau hatte.
Urego
Urego
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von Urego
als Antwort auf olga64 vom 04.11.2010, 16:19:30


@ Olga64

Aber, gnädige Frau,

wo bleibt denn Ihr Gedächtnis? Angenommen, wir sprechen vom Jahr 1956, da war doch noch nicht alles wieder aufgebaut. Insbesondere die Kasernen nicht, denn niemand wollte sie je wieder nutzen. Und nur davon spricht Situ in ihrem Beitrag.
Außerdem schreiben Sie ja selber von dem Aufbau, der im vollen Gange war. Er war also noch nicht beendet.

Wenn Sie unbedingt jemanden angreifen möchten, wenden Sie sich vertrauensvoll an mich. Situ ist erst ein paar Tage im ST. Ich halte das aus. Oder geht es prinzipiell nur ums Meckern?

Urego
olga64
olga64
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von olga64
als Antwort auf Urego vom 04.11.2010, 17:07:26
Ich war 1956 12 Jahre alt - mein Vater besass bereits ein Auto, mit dem wir schöne Fahrten in unserer bayerischen Heimat machten, die übrigens nicht so sehr zerstört war, weil die Sieger ja dort lange leben wollten. 3 Jahre später (also 1959) durfte ich bereits mit einer Tante und deren Mann im Auto nach Italien mitfahren.
Stimmt natürlich - in Kasernen habe ich nie gespielt; mir war die Isar usw. lieber, bzw. musste ich mit 12 Jahren fleissig fürs Gymnasium lernen - aber ich war halt auch ein Mädchen mit damals schon pazifistischen Neigungen. Olga
lalelu
lalelu
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Re: Schöne Kindheitserinnerungen
geschrieben von lalelu
@miriam, oh ja, an meine Puppen habe ich auch eine schöne Erinnerung, wenn ich auch nicht so viele besaß wie du. Bei uns war es so, dass das Christkind jedes Jahr zu Weihnachten neue Puppenkleidung brachte und außerdem ein süßes Puppenservice, welches aber nach dem Dreikönigstag wieder abgeholt wurde – bis zum nächsten Weihnachtsfest.

@ pippa & urego es ist wahr, die Freiheit, die wir als Kinder hatten, war wunderbar. Wir bewegten uns im ganzen Dorf und kamen erst am Abend nach Hause. Heute leider viel zu gefährlich und undenkbar! An eine Art Schleuder, die sich die Jungen aus kleinen Astgabeln selber machten, erinnere ich mich auch. Dazwischen war ein Gummi gespannt, und die "Lausebengel" schossen nicht nur auf Blechdosen.

@olga, was den Wiederaufbau betrifft: wie urego schon sagte: um das Jahr 1956 herum gab es durchaus noch Ruinen mit riesigen Bombentrichtern in der Mitte – wenigstens in Duisburg, wo ich in dieser Zeit oft meine Ferien bei Oma und Tante verbrachte. Zumindest in unmittelbarer Nachbarschaft, wo meine Tante wohnte, lagen noch einige Häuser in Schutt und Asche. Wohl gemerkt: es waren Wohnhäuser und keine Kasernen! Sie können nicht von München auf die gesamte Republik schließen; mit Sicherheit gehörte das Ruhrgebiet zu den am stärksten zerbombten Regionen in Deutschland, und die Schäden waren nicht innerhalb weniger Jahre alle beseitigt.

@ alle: ich habe eine richtig nette Powerpoint-Präsentation in meiner Sammlung, in der vieles zusammengefasst ist, was unser Leben damals lebenswert machte. Ich stelle sie hier ein und wünsche euch viel Spaß damit! Falls sie nicht von alleine startet, oben in der Kopfleiste auf "Bildschirmpräsentation" klicken und zum nächsten Bild bitte ebenfalls klicken!

Liebe Grüße von Lalelu

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