Plaudereien Termin beim Facharzt.
Wer stellt sich schon früh um sieben auf die Straße?
Sicher kein normaler Mensch, nicht mal 'ne Bordsteinschwalbe.
Doch ganz anders sieht die Sache aus, wenn der Mensch nicht von Beruf bettlägerig ist, sondern einen Termin beim Facharzt hat.
Dann muss er nämlich beizeiten für eine gute Ausgangsposition im Sturm auf das Wartezimmer sorgen.
Mit mir gingen etwa zwölf Konkurrenten in Stellung.
Doe Pole-Position hielt eine kampferprobte Rentnerin vom Umfang eines Treckerreifens.
Jeder, der von hinten schob, prallte an diesem Gummidragoner ab und wurde aus der Schlange katapultiert.
Kurz vor acht erwischte es auch eine ausgemergelte übernächtigte Frau, die sich heimlich zur Tür durchschmuggeln wollte.
Sie landete in hohem Bogen auf dem Gehweg, wo aber ihr Aufprall von einigen Hundehaufen gemildert wurde.
Ein Glück auch, denn es handelte sich um die Sprechstundenhilfe.
Mittlerweile war die Menschenmenge auf ca. 30 Personen angewachsen und Unruhe machte sich breit.
Im zweiten Anlauf schaffte es die Arzthelferin bis ganz nach vorn. Sie sah nun noch elender aus und als sie die Tür aufschließt, wird sie von den entfesselten Massen zu Boden gerissen.
Sicher war es nicht das letzte Mal an diesem Tag.
Nun herrschten in der Praxis tumultartige Zustände.
Chipkarten wurden geworfen, Überweisungen segelten durch den Raum und die Zuzahler ließen 10.-Euro-Scheine regnen.
Die Wall-Street am schwarzen Freitag war wohl nichts dagegen.
Im Warteraum sind schon alle Sitze von Reservierungsprofis belegt.
Ich fand ein gemütliches Eckchen und erwartete nichts Böses. Vielleicht ein bißchen Krebs oder die eine oder andere Amputation, aber davon lässt man sich doch den Vormittag nicht vermiesen.
Immer neue Patienten tragen vom Treppenhaus her ihre Leiden zur Beschau herein.
Angeblich soll der Arzt auch schon die ersten Patienten hereingerufen haben.
Doch in diesem Gedränge kriegt man das nicht so mit.
Außerdem platzen sofort zwei neue Interessenten von der Straße herein, sobald auch nur einer in's Sprechzimmer entsorgt wurde.
Die Hütte ist jetzt so voll, dass jeder Sitzende einen Nachrücker auf den Schoß nehmen muss.
Einer versucht sogar durch Vortäuschung eines Hustenanfalls für etwas Platz zu sorgen aber auf solche Simulanten fällt von uns Wartefachkräften natürlich niemand herein.
Im Eingang steht plötzlich ein Opa mit einem Hund aber der zieht sofort den Schwanz ein und ergreift die Flucht.
Der Hund natürlich, der Opa wird im Herrenklo zwischengelagert.
Ihm folgt ein Bursche, der den Füllungszustand des Etablissements offensichtlich unterschätzt hat.
Als er schwungvoll die Tür aufreißt, wird er noch im Treppenhaus unter einem Haufen herausfallender Patienten verschüttet.
So konnte drinnen keiner mitkriegen, dass der Mann gar nicht zum Arzt, sondern nur ein Paket zustellen wollte.
200 Exemplare einer Denkschrift "Die Gesundheitsreform wirkt".
Im Moment bewirkt sie nur einen Patientenzustrom.
Inzwischen haben sich alle gegenseitig mit ihren Krankheiten angesteckt.
Auch ich fühle mich mittlerweile hundsmiserabel.
Gott sei Dank, nun werde ich aufgerufen. Doch bevor ich den Behandlunsraum erreiche, kommt es ganz überraschend zur Vollsperrung des Parcours.
Ganz vorne ist nämlich jemand ohnmächtig geworden.
In dem Gedränge kann er zum Glück nicht umfallen, doch auch die herbeigerufenen Rettungssanitäter kommen nicht zu ihm durch.
Erst mit Gewalt gelingt es ihnen, eine millimeterbreite Gasse freizumachen.
Trotzdem trägt der Verunglückte beim Herauszerren noch eine Schrammen und Platzwunden davon.
Bange Minuten vergehen.
Erst auf der Straße gelingt es, ihn wiederzubeleben.
Mit kaum hörbarer Stimme erklärt der Gerettete, die Praxis nie wieder betreten zu wollen.
Bei dem Geretteten soll es sich um den Arzt gehandelt haben.
Die Praxis ist vorläufig geschlossen.
Einen schönen Tag
wünscht Gerry
Sicher kein normaler Mensch, nicht mal 'ne Bordsteinschwalbe.
Doch ganz anders sieht die Sache aus, wenn der Mensch nicht von Beruf bettlägerig ist, sondern einen Termin beim Facharzt hat.
Dann muss er nämlich beizeiten für eine gute Ausgangsposition im Sturm auf das Wartezimmer sorgen.
Mit mir gingen etwa zwölf Konkurrenten in Stellung.
Doe Pole-Position hielt eine kampferprobte Rentnerin vom Umfang eines Treckerreifens.
Jeder, der von hinten schob, prallte an diesem Gummidragoner ab und wurde aus der Schlange katapultiert.
Kurz vor acht erwischte es auch eine ausgemergelte übernächtigte Frau, die sich heimlich zur Tür durchschmuggeln wollte.
Sie landete in hohem Bogen auf dem Gehweg, wo aber ihr Aufprall von einigen Hundehaufen gemildert wurde.
Ein Glück auch, denn es handelte sich um die Sprechstundenhilfe.
Mittlerweile war die Menschenmenge auf ca. 30 Personen angewachsen und Unruhe machte sich breit.
Im zweiten Anlauf schaffte es die Arzthelferin bis ganz nach vorn. Sie sah nun noch elender aus und als sie die Tür aufschließt, wird sie von den entfesselten Massen zu Boden gerissen.
Sicher war es nicht das letzte Mal an diesem Tag.
Nun herrschten in der Praxis tumultartige Zustände.
Chipkarten wurden geworfen, Überweisungen segelten durch den Raum und die Zuzahler ließen 10.-Euro-Scheine regnen.
Die Wall-Street am schwarzen Freitag war wohl nichts dagegen.
Im Warteraum sind schon alle Sitze von Reservierungsprofis belegt.
Ich fand ein gemütliches Eckchen und erwartete nichts Böses. Vielleicht ein bißchen Krebs oder die eine oder andere Amputation, aber davon lässt man sich doch den Vormittag nicht vermiesen.
Immer neue Patienten tragen vom Treppenhaus her ihre Leiden zur Beschau herein.
Angeblich soll der Arzt auch schon die ersten Patienten hereingerufen haben.
Doch in diesem Gedränge kriegt man das nicht so mit.
Außerdem platzen sofort zwei neue Interessenten von der Straße herein, sobald auch nur einer in's Sprechzimmer entsorgt wurde.
Die Hütte ist jetzt so voll, dass jeder Sitzende einen Nachrücker auf den Schoß nehmen muss.
Einer versucht sogar durch Vortäuschung eines Hustenanfalls für etwas Platz zu sorgen aber auf solche Simulanten fällt von uns Wartefachkräften natürlich niemand herein.
Im Eingang steht plötzlich ein Opa mit einem Hund aber der zieht sofort den Schwanz ein und ergreift die Flucht.
Der Hund natürlich, der Opa wird im Herrenklo zwischengelagert.
Ihm folgt ein Bursche, der den Füllungszustand des Etablissements offensichtlich unterschätzt hat.
Als er schwungvoll die Tür aufreißt, wird er noch im Treppenhaus unter einem Haufen herausfallender Patienten verschüttet.
So konnte drinnen keiner mitkriegen, dass der Mann gar nicht zum Arzt, sondern nur ein Paket zustellen wollte.
200 Exemplare einer Denkschrift "Die Gesundheitsreform wirkt".
Im Moment bewirkt sie nur einen Patientenzustrom.
Inzwischen haben sich alle gegenseitig mit ihren Krankheiten angesteckt.
Auch ich fühle mich mittlerweile hundsmiserabel.
Gott sei Dank, nun werde ich aufgerufen. Doch bevor ich den Behandlunsraum erreiche, kommt es ganz überraschend zur Vollsperrung des Parcours.
Ganz vorne ist nämlich jemand ohnmächtig geworden.
In dem Gedränge kann er zum Glück nicht umfallen, doch auch die herbeigerufenen Rettungssanitäter kommen nicht zu ihm durch.
Erst mit Gewalt gelingt es ihnen, eine millimeterbreite Gasse freizumachen.
Trotzdem trägt der Verunglückte beim Herauszerren noch eine Schrammen und Platzwunden davon.
Bange Minuten vergehen.
Erst auf der Straße gelingt es, ihn wiederzubeleben.
Mit kaum hörbarer Stimme erklärt der Gerettete, die Praxis nie wieder betreten zu wollen.
Bei dem Geretteten soll es sich um den Arzt gehandelt haben.
Die Praxis ist vorläufig geschlossen.
Einen schönen Tag
wünscht Gerry
Nun weiß ich, was ich hier vermisst habe Gerry 
es waren deine verrückten, herrlich überzogenen Geschichten, die mich immer dazu bringen, lauthals zu lachen.
Lieben Gruß
Caya
es waren deine verrückten, herrlich überzogenen Geschichten, die mich immer dazu bringen, lauthals zu lachen.
Lieben Gruß
Caya
Sehr schöne Geschichte. Vom Stil her Ephraim Kishon. Wenn ich nicht wüßte, daß Kishon tot ist, würde ich drauf wetten, daß sie aus seiner Feder stammt.
Super Story Gerry, danke! Stell bald mal wieder so etwas zum schmunzeln ein.
Linta
Mitglied
Re: Termin beim Facharzt.
Gerry, hocherfreut dich hier wieder zu lesen.
Deine Geschichten sind einfach herrlich und ich habe sie doch sehr vermißt.
Lache grad Tränen.....
Weiter so!
Linta
Ja, die Story ist sooo fesselnd, wer angefangen hat zu lesen, muß ganz einfach bis zum Schluß lesen, was bei mir hier nicht bei vielen Geschichten vorkommt. Danke, und bleib ein bißchen länger wieder hier!
Gruß Karilona
Gruß Karilona