Plaudereien Tote bringen Quote!

Nein, ich will hier nicht von der verheerenden Katastrophe in Japan schreiben.
Das gehört woanders hin und ich bin viel zu deprimiert, dazu einen vernünftigen Satz zu verfassen.
Dennoch zleht uns das Unglück - soweit es uns nicht selbst betrifft - immer wieder an.
Und nicht nur das Unglück.
Auch das Böse zieht den Menschen magisch an.
Man möchte selbst davon nicht betroffen sein, aber es bereitet einen leichten,
angenehmen Schauder, wenn man auch sicherer Entfernung beobachten kann,
wie schlecht die Welt ist.

Wie sonst ist die Faszination des Verbrechens zu erklären, das seit Jahrhunderten
in Büchern und seit einigen Jahren allabendlich auf dem Fernsehschirm das Publikum
in den Bann zieht?
Der Krimi liegt seit je her in der Gunst ganz vorn, weshalb das Fernsehen, egal ob privat
oder öffentlich-rechtlich, dem Morden und Gemetzel mehr Sendezeit einräumt als der
Volksmusik oder dem Fußball.
Tote bringen eben mehr Quote!

Aber nur Tote!
Jede andere Form der Kriminalität scheint den Zuschauer längst nicht so zu interressieren.
Woher kommt die Sehnsucht nach dem Krimitod?
Hat nicht ein Geldfälscher, Dieb oder Heiratsschwindler nicht das gleiche Recht
auf mediale Aufmerksamkeit?

Nun haben sich Leute hingesetzt und gezählt.
Wieviele Krimis zeigt das öffentlich-rechtliche Fernsehen in einer Woche
und wieviele Tote gibt es?
Das Ergebnis gibt zu denken.
Selbst an Feiertagen der Nächstenliebe wird virtuell gemordet, was der Bildschirm hergibt.
So kommt man auf die wöchentliche Zahl von etwa 70 aus dem Leben beförderten Personen.
Das sind dann knapp 300 Fernsehleichen im Monat und etwa dreieinhalb Tausend im Jahr,
die das Zeitliche unfreiwillig gesegnet haben.
So kann man innerhalb von zehn Jahren miterleben, wie die Bevölkerung einer Kleinstadt
brutal aus dem Leben gerissen wurde.

Wenn ich mir nun vorstelle, ein vernunfbegabtes Wesen aus dem All will die Erde besuchen,
und versucht vorab sich ein Bild von uns Menschen zu machen, indem es das Fernsehen einschaltet.
Es würde ganz sicher das Grauen packen.
Vielleicht sind wir deshalb noch nie aus dem Weltall besucht worden?

Dabei haben diese Krimis überhaupt kaum etwas mit der Realität zu tun.
In der Kriminalstatistik sind Morde das am seltensten vorkommende Delikt.
Die Zahl der aufgeklärten Morde bewegen sich um die 300 pro Jahr!
Soviel verbrauchen die Fernsehmacher im Monat!
Aber was wollte man zeigen, wenn man sich an die Realität hielte?
Ladendiebe, Geldfälscher, Heiratsschwindler?

Ich glaube, Krimis mit Realitätshintergrund verbieten sich von selbst.
Wer will dauernd Tatorte mit Politikern oder Bankern sehen?

Einen schönen Tag
wünscht Gerry