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Plaudereien Über die Dummheit

miriam
miriam
Mitglied

Re: Über die Dummheit
geschrieben von miriam
Weit abseits des Themas über die Dummheit:

Liebe Edita - und liebe Mitdiskutanten,

kennt Ihr den Namen von Howard Buten?

Seit gestern versuchte ich mich an dessen Namen und die Geschichte dieses wunderbaren Clowns aus den USA zu erinnern, der sich danach autistischen Kindern widmete.
Über ihm und sein Werk, gab es vor einigen Jahren einen Dokumentarfilm von Georg Stefan Troller: "Drei Gesichter eines Clowns"

Howard Buten, der übrigens dann Psychiater wurde, gründete bzw. leitet in Paris ein Zentrum für autistische Kinder.

Miriam
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Über die Dummheit
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Edita vom 18.07.2011, 20:27:57
In unserem Bekanntenkreis gibt es einen Mann (etwa 50 Jahre alt), der am Down Syndrom leidet. Wenn ich "leidet" schreibe, dann ist das wörtlich zu nehmen. Denn wenn man ihn nicht sieht, sondern nur hört, würde niemand glauben, dass er "geistig behindert" wäre. Als wir mal zu Besuch waren und ich mich mit ihm unterhielt, fragte er plötzlich: "Warum musste eigentlich genau ich mit dieser Behinderung geboren werden?" Die meisten "Mongoloiden" haben ja das "Glück" gar nicht zu realisieren, dass sie behindert sind.
Karl
Karl
Administrator

Re: Über die Dummheit
geschrieben von Karl
als Antwort auf schorsch vom 19.07.2011, 08:21:45
Denn wenn man ihn nicht sieht, sondern nur hört, würde niemand glauben, dass er "geistig behindert" wäre.
Guten Morgen schorsch,

wenn Du das so schilderst, dann ist er auch nicht geistig behindert. Die Verteilung der Intelligenz bei Down Syndrom 21 streut und überlappt mit der Streuung in der übrigen Population. Der betroffene Mensch leidet dann aufgrund seines Aussehens an der Eingruppierung als "geistig behindert" ohne es zu sein. Das ist ein sehr gutes Beispiel um zu zeigen, wie schlimm Vorurteile sein können, die Menschen klassifizieren, ohne sie als Individuum ernst zu nehmen.

Solche Vorurteile nicht individuell zu überprüfen ist - um zum Thema zu kommen - dumm!

Karl

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Edita
Edita
Mitglied

Re: Über die Dummheit
geschrieben von Edita
als Antwort auf miriam vom 19.07.2011, 08:10:40

Guten Morgen Miriam und Schorsch,

ich finde es ganz toll, wie ihr hier versucht , dem Thema Dummheit, unter dem Aspekt der geistigen Behinderung, neuen Raum zu schaffen.
Also, das Problem bei Autisten ist, im Gegensatz zum Downsyndrom, daß das viel zu spät festgestellt wird, nämlich, wenn man Glück hat, schon mit ca. 3-4 Jahren, aber meistens erst viel später.
Das Downsyndrom erkennt man schon am Tag der Geburt.
Wenn Eltern mit ihrem Säugling zum Arzt gehen , weil sie denken, daß irgend etwas nicht stimmt, wird erst mal abgewiegelt, " jetzt sind Sie mal nicht so ehrgeizig", oder, "das ist eben ein
Spätzünder " oder " Sie erwarten viel zu viel von Ihrem Kind " oder " Sie dürfen nicht alles so negativ sehen " es gibt mehr Kinder, die erst mit 2 Jahren laufen lernen, sind Sie froh, dann haben Sie noch ein bißchen Ruhe, usw.
Gott sei Dank hatte ich einen wunderbaren Mann, der dann mit mir und unserem Kind quer durch die Republik gefahren ist, um Hilfe zu bekommen. Nach vielen Irrwegen, sind wir dann bei einer Kinder-Psychologin in Stuttgart gelandet, Frau Dr. Prekop, die sich in der Autismus-Forschung weltweit einen Namen gemacht hat. Bei ihr war " Mausi " bis zu ihrem 21. Lebensjahr in Behandlung . Sie ging dann in Rente, und die Krankenkasse hat dann auch nicht mehr mitgespielt, wie gesagt, sie war Kinderpsychologin. Aber, diese Frau Dr. hat mir das Rüstzeug vermittelt, mir und Mausi das Leben lebenswert zu gestalten. Als sie nämlich ca. 3 Jahre alt war, hat mir ein Arzt gesagt, " gute Frau, geben Sie das Kind in ein Heim, sonst wird es Ihr ganzes Leben zerstören !"
Gott sei Dank, kam das für meinen Mann und mich überhaupt nicht in Frage !
Die Forschung ist leider heute auch nicht viel weiter als damals, aber, was ganz, ganz wichtig ist, daß Eltern mit ihrem gesunden Bauchgefühl und ganz intuitiv versuchen, ihrem Kind zu helfen.
Damals z. B. wurde von einem Herrn Tinbergen die Festhaltetheorie ganz stark propagiert, das hieß, das Kind mußte man so stark umklammern und an sich pressen, daß das Kind und die Mutter nach meistens schon 1 Std. schweißgebadet und fix und fertig waren. Ich habe mich dieser Theorie im Einverständnis mit Dr. Prekop verweigert, und sie abgewandelt. Mausi lag jahrelang fast rund um die Uhr auf meinen Armen und ich habe sie hin und her gewiegt, und dabei Kinderlieder gesungen.Ich glaube kein Mensch auf dieser Welt hat jemals soviel gesungen, wie ich, aber, sie konnte nur dann schlafen. Sie hatte nämlich Todesanst vor dem Einschlafen, und so gab ich ihr die Sicherheit.
Tut mir leid, ich muß jetzt aufhören, die Erinnerungen......
LG Edita
Tissi
Tissi
Mitglied

Re: Über die Dummheit
geschrieben von Tissi
als Antwort auf Edita vom 19.07.2011, 09:45:12
Liebe Edita,

ich finde es sehr schön, dass Du uns einen Einblick in Deinen Alltag mit Deiner autistischen Tochter gibst. Wenn man nicht selbst betroffen ist, hat man leider nur sehr wenig Ahnung von dem, was den betroffenen Eltern abverlangt wird. Du und Dein Mann, dass Ihr Euer krankes Kind damals nicht abgegeben habt, das war sicherlich eine sehr kluge Entscheidung von Euch. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ein glückliches und zufriedenes Leben leben kann, wenn man sein Kind in einem Heim weiß.

Ich wünsche Dir weiterhin viel Kraft und Klugheit, um die Wißbegier Deiner Tochter zu stillen und viel Freude an Eurem Miteinander.

LG Tissi

Zur "Dummheit" werde ich jetzt mal nichts "Kluges" sagen, denn wie heißt es so schön: "Lerne Schweigen, ohne zu platzen".
bongoline
bongoline
Mitglied

Re: Über die Dummheit
geschrieben von bongoline
als Antwort auf Edita vom 19.07.2011, 09:45:12
Edita,

ich wäre nie so vermessen, Dummheit mit einer Krankheit oder Veranlagung in Zusammenhang zu bringen, im Gegenteil, ich würde so eine Aussage vehement ablehnen und die Person, die dies behauptet, als dumm bezeichnen.

Ich hatte bei meinen jährlichen Kneippaufenthalten ein Ehepaar aus Wien kennengelernt, es hat sich eine schöne Freundschaft entwickelt und wir haben dann unsere Termine in der Kneippanstalt abgesprochen. Deren Sohn, damals bereits 43 Jahre alt, war mongolid, also Downs Syndrom . Die Eltern haben ihren Sohn bei all ihren Reisen, auch den geschäftlichen, die auf alle Kontinente führten, mitgenommen. Der Vater war in gehobenem wirtschaftlichen Kreis anzutreffen und hat seinem Sohn jedmögliche Bildung zukommen lassen. Dafür, daß der Sohn - Karli wurde er gerufen - auf einem Entwicklungsstand von etwa 12 Jahren geblieben ist, konnte er ja nichts, aber sein Wissensstand war weit über dem eines 12-jährigen. Er hat sehr gerne erzählt auch interessant erzählt, wir haben sehr viel Zeit am Inn mit der Fütterung der Schwäne verbracht. Da passierte folgendes: ein Schwan mit gespreizten Flügeln wollte absolut keine anderen Schwäne ran zum Füttern lassen. Da sagte ich zu Karli: ich locke den Schwan jetzt zur nächsten Treppe, die in den Inn führt und du kannst in Ruhe die anderen füttern. Da hat doch Karli zu mir gesagt: dieser Schwan ist der Gaddafi unter den Schwänen

Wenn nicht in der letzten Zeit das Wort Gaddafi so oft in den Medien zu lesen und hören gewesen wäre, ich würde wetten, dass einige oder sogar viele Leute nicht allzuviel mit diesem Namen bzw. der Person in Verbindung hätten bringen können.

Tja und dann ergab es sich, Karli und ich saßen in der Bibliothek auf einen Plausch und er verabschiedete sich dann von mir, dass eine Frau mich anschnautzte, ich solle mir mit diesem Kretin einen anderen Platz zur Unterhaltung suchen, es mache sie depressiv, so viel Dummheit sei ja nicht zu ertragen. Ich möchte jetzt hier nicht schreiben, was diese Frau von mir zu hören bekam, das war alles eher als "gute Erziehung". Danach bin ich zur Reception und habe den Receptionisten gefragt, wer denn diese "Ant'n" (Ente) sei und dann war das der Brüller des Abends - ihr Name war Wasservogel.

Es zeigt sich also, wer hier dumm war - ganz sicher nicht Karli (dabei tut es mir leid, das ich für diese Person den Ausdruck Ant'n verwendet habe, da dies eine Beleidigung für Enten im höchsten Grad war)

bongoline


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Edita
Edita
Mitglied

Re: Über die Dummheit
geschrieben von Edita
als Antwort auf bongoline vom 21.07.2011, 20:04:39

@tissi

@bongoline

Vielen Dank für Eure verständnisvollen Zeilen ! Ich habe auch eine lustige Geschichte zu erzählen.
Gleich nach der Wende habe ich für meine Tochter und mich eine Reise nach Prag gebucht. Es war eine Reisegruppe, die uns bekannt war, und der Reiseleiter auch, soll sagen, daß diese Reise voll durchorganisier war, einschließlich Kulturprogram. Also stand ein Konzert in einem kleinen aber feinen Theater an. In der Pause gab es für alle ein Glas Sekt, und sonst nichts. Kein Wasser, kein Saft, nichts ohne Alkohol. Jetzt schlürften alle ihr Glas Sekt, und Mausi...... nichts. Auf einmal, sagte sie ganz laut: und wenn ich jetzt nicht bald einen Saft bekomme, singe ich nach der Pause einfach mit !!!
Ihr hättet sehen sollen, wie die hinter der Theke gespritzt sind, um für das Mädchen einen Saft zu besorgen. 5 Minuten später war er da !!!

LG Edita
miriam
miriam
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Re: Über die Dummheit
geschrieben von miriam
als Antwort auf Edita vom 21.07.2011, 20:36:56

Jetzt schlürften alle ihr Glas Sekt, und Mausi...... nichts. Auf einmal, sagte sie ganz laut: und wenn ich jetzt nicht bald einen Saft bekomme, singe ich nach der Pause einfach mit !!!


Liebe Edita - von wegen Dummheit!

Gruß von Miriam
miriam
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Re: Über die Dummheit
geschrieben von miriam
Innerhalb des Themas "Dummheit" - ein kleiner (eher vorübergehender) Wechsel zu anderen Aspekten.

Ich schrieb schon einmal über Bücher die so plötzlich verschwinden. Es sind meist die Bücher, die man zur Entspannung des Öfteren durchblättern möchte.

So ist es mir auch mit einem wunderbaren Buch, eine Stilblütensammlung aus Musikkritiken, ergangen.
Deswegen zitiere ich dies nun zum Teil aus dem Gedächtnis.

In jener Kritik die mir so sehr gefiel, ging es um den Dirigenten Felix Mottl (1856-1911) - berühmt hauptsächlich für seine Richard Wagner Aufführungen.

Ein Kritiker lobte in seinen Zeilen das Crescendo und die wachsende Spannung in Felix Mottls Interpretation, und schloss seine Kritik mit den Worten:

"Mottl hebt das Bein..."

Miriam

miriam
miriam
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Re: Über die Dummheit
geschrieben von miriam
Ergänzung zum Zitat betreffend Felix Mottl: ich habe soeben in Wiki die vollständige Kritik gefunden - sie erschien im Jahr 1892 in der "Bonner Zeitung":

"Felix Mottl befiehlt und zwingt. Wer ihn einmal in einer Probe den ‚Liebestod' hat dirigieren sehen, vergißt es nicht wieder. Im zarten Anfang dicht gebückt, fest zusammen gekrümmt über seinem Pulte; dann streckt er sich langsam, die Arme greifen nach beiden Seiten aus, die Augen rollen, er hebt das Bein. ..."

(»Neue Bonner Zeitung«, 1892)

Miriam

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