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Plaudereien "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016

mane
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"Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von mane
Jedes Jahr wird ein, aus Sicht der Jury aus Sprachwissenschaftlern und einem Publizisten, unmenschlicher oder unangemessener Begriff aus dem öffentlichen Sprachgebrauch gewählt. Es soll so für einen sensibleren und kritischeren Umgang mit Sprache geworben werden.

Die Sprecherin der Jury erklärte, der Begriff "Volksverräter" sei ein "Erbe von Diktaturen" unter anderem der Nationalsozialisten. Als Vorwurf gegenüber Politikern sei das Wort "in einer Weise indifferenziert und diffamierend, dass ein solcher Sprachgebrauch das ernsthafte Gespräch und damit die für Demokratie notwendige Diskussionen in der Gesellschaft abwürgt".


Wer den Begriff benutzt, ist kaum an einer differenzierten Auseinandersetzung interessiert. Er will eher hetzen und aufwiegeln. Es ist gut darauf hinzuweisen - darum halte ich die Wahl für eine gute Entscheidung. Was meint Ihr?
Mane
Karl
Karl
Administrator

Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von Karl
als Antwort auf mane vom 11.01.2017, 23:23:11
Diejenigen, die diesen Begriff benutzt haben, sind glücklicherweise nur ein winziger Teil "des Volkes". Ich gehe davon aus, dass sie keinerlei Wissen über die Geschichte haben und nie gelernt haben zu argumentieren auch nicht wissen, was differenzieren bedeutet.

Karl
schorsch
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Mitglied

Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von schorsch
als Antwort auf mane vom 11.01.2017, 23:23:11
Spricht der Volksheld:

"Das oberstes Gesetz im Lande ist der Wille des Volkes....

....aber dieses Gesetz bin ICH!!!"

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Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf mane vom 11.01.2017, 23:23:11
Das ist auf jeden Fall eine gute Wahl, finde ich auch.
Gestern gab es im WDR einen Film über das braune Netzwerk. Daraus konnte man entnehmen, dass der Teil des Volkes so winzig gar nicht mehr ist, der inzwischen mehr oder weniger versteckt dazu gehört. Die sammeln sich unter allen möglichen Tarnnahmen wie "Die Identitären" oder "Das deutsche Kolleg", die nichts anderes als Nazi-Organisationen sind. Auch der Konzern Merck z. B. gehört inzwischen dazu.

Es war erschreckend zu sehen, wie weit vernetzt die inzwischen sind (s. u.).
Hier noch ein Link zu Merck: Merck-Gesellschafter in braunen Kreisen
olga64
olga64
Mitglied

Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von olga64
als Antwort auf Karl vom 12.01.2017, 07:59:35
Ich bin da nicht so optimistisch und befürchte, dass es kein kleiner Teil in unserer BEvölkerung ist, die solche Begriffe präferiert und auch geschichtliche Zusammenhänge ignoriert. Durch die starke Netz-Frequenz werden diese Menschen immer mehr; früher nannte man sie "schweigende Mehrheiten", heute sind des die anonymen.
Gemeinsam haben sie meist, dass sie völlig desinteressiert an FAkten und Tatsachen sind und nur dafür kämpfen, ihre eigenen Behauptungen, die oft extrem abstrus sind (wie man auch hier in diesem Forum zu manchen Themen nur kopfschüttelnd erkennen muss) zu verteidigen und diesen grösstmöglichste Aufmerksamkeit zu verschaffen. Olga
mane
mane
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Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von mane
Hallo.

Karl, ich kenne niemanden persönlich, der den Begriff "Volksverräter" gebraucht und mir war bisher auch nicht bewusst, dass dieser wieder einen Platz im Wortschatz vieler Deutschen gefunden hat. Dem gilt es gegenzuarbeiten - denn, je öfter er (und andere Kampfbegriffe) gebraucht wird, umso "normaler" empfinden wir ihn. Wer ihn gebraucht, suggeriert, dass er genau wisse, was das Volk wolle.

Schorsch, ... und jene, die das bisher in der Geschichte von sich behauptet haben, hatten mit Demokratie wenig am Hut. Sie wollten anderen vorschreiben, wie sie zu denken und zu leben hätten.
Frauke Petry will das "Völkische" als wertfreie Kategorie re-etablieren. Sprache kann Wirklichkeit schaffen.

Marina, du hast eine sehenswerte Dokumentation über die heutigen modernen "Brandstifter" eingestellt. Junge Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss, die ich für gefährlich halte. Sie versuchen komplexe gesellschaftliche Vorgänge zu analysieren - ihre Antworten bleiben jedoch einfach. Einfache Sprache scheint bürgergerechter zu sein als gewundene, politisch korrekte Sachlichkeit. Politiker, Journalisten u.a. werden oft nicht verstanden und verstecken sich (und ihre Absicht?) oft hinter einem Wortschwall und komplexen Sachverhalten. Vieles lässt sich einfacher darstellen.

Olga, ich denke, wir müssen genauer hinschauen. Wenn Menschen andere zu Unrecht als Rechte bezeichnen, relativiert damit echte Neonazis. Jeden, der ein Unbehagen in der jetzigen Situation hat, auszugrenzen, ist ein Fehler.

Gruß Mane

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schorsch
schorsch
Mitglied

Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von schorsch
als Antwort auf mane vom 13.01.2017, 13:17:03
........... Junge Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss, die ich für gefährlich halte. Sie versuchen komplexe gesellschaftliche Vorgänge zu analysieren - ihre Antworten bleiben jedoch einfach. .........
Gruß Mane
geschrieben von mane


Gelehrtheit schützt vor Dummheit nicht....
olga64
olga64
Mitglied

Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von olga64
als Antwort auf mane vom 13.01.2017, 13:17:03
xxxx Karl, ich kenne niemanden persönlich, der den Begriff "Volksverräter" gebraucht und mir war bisher auch nicht bewusst, dass dieser wieder einen Platz im Wortschatz vieler Deutschen gefunden hat. Dem gilt es gegenzuarbeiten - denn, je öfter er (und andere Kampfbegriffe) gebraucht wird, umso "normaler" empfinden wir ihn. Wer ihn gebraucht, suggeriert, dass er genau wisse, was das Volk wolle.

Olga, ich denke, wir müssen genauer hinschauen. Wenn Menschen andere zu Unrecht als Rechte bezeichnen, relativiert damit echte Neonazis. Jeden, der ein Unbehagen in der jetzigen Situation hat, auszugrenzen, ist ein Fehler.

Gruß Mane
geschrieben von mane
[/quote]

Das wundert mich jetzt ein wenig, kluge Mane: schon vergessen, dass der amtierende Bundespräsident in Ostdeutschland mit grölendem "Volksverräter" empfangen wurde (und unsere Kanzlerin als Schlampe tituliert?).
Dass es eine Pegida-Bewegung gab, die sich selbst "zum Volk erklärte" (gottlob, sind die kein grosses Thema mehr, nachdem sogar der Gründer in Ausland umgezogen ist und jetzt dort nicht das Volk repräsentiert).
Früher gab es da noch weitere, ähnliche Bezeichnungen wie "Netzbeschmutzer"; das bedeutete, dass aufrechte Deutsche nichts gegen ihr eigenes Biotop sagen durfen, egal, ob es angebracht gewesen wäre oder nicht.
Ich persönlich möchte nicht abwarten müssen, ob ein sich rechts gebender Mensch kein "echter Neonazi" ist oder vielleicht doch. In der Zwischenzeit läuft man Gefahr, gerade bei dieser Klientel, dass die sehr unangenehm auftreten und auch recht rabiat werden. Da bin ich doch eher für "wehret den Anfängen" und zwar für jeden einzelnen von uns. Olga
mane
mane
Mitglied

Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von mane
als Antwort auf schorsch vom 13.01.2017, 16:33:48
........... Junge Menschen mit einem hohen Bildungsabschluss, die ich für gefährlich halte. Sie versuchen komplexe gesellschaftliche Vorgänge zu analysieren - ihre Antworten bleiben jedoch einfach. .........
Gruß Mane


Gelehrtheit schützt vor Dummheit nicht....
geschrieben von mane


Nehmen wir mal als Beispiel die "identitäre Bewegung": Deren Mitglieder sind jung, gebildet, versiert im Internet und lt. "Netz gegen Nazis", die derzeit aktivste, rechtsextreme Jugendbewegung in Deutschland. Sie präsentieren sich als hippe Jugendbewegung und erreichen damit auch gebildete Menschen, mehr als die Skinheadszene der 90er Jahre.
Ihre Ablehnung von Ausländern verpacken sie in neue Wörter und benutzen dazu den sog. Ethnopluralismus.
mane
mane
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Re: "Volksverräter" ist das Unwort des Jahres 2016
geschrieben von mane
als Antwort auf olga64 vom 13.01.2017, 17:32:36
Hallo Olga,

der Begriff "Volksverräter" taucht in rechtsradikalen Foren, bei Protestmärschen/-reden usw. auf. Das habe ich natürlich mitbekommen - auch die Beschimpfungen von Angela Merkel und Joachim Gauck in Dresden.
Das heißt aber nicht, dass ein Großteil der Menschen in Deutschland das gutheißt. Wie geschrieben, gibt es in meinem Umfeld keine Leute, die mit Nazi-Vokabeln um sich werfen.

Mittlerweile hat "Rechtes" Denken jedoch immer mehr Anhänger, weil die Menschen sich (scheinbar) bedroht fühlen und sich mit ihren Ämgsten nicht mehr wahrgenommen fühlen. Das nutzen Rechtspopulisten und Antidemokraten aus, die lt. der Doku, die Marina eingestellt hat, "am Aufbau einer außerparlamentarischen Bewegung arbeiten". Über AfD, Neue Rechte und identitäre Bewegung führt die Spur zu einer radikalen Szene von Holocaustleugnern, deren Verbindungen bis in eine der reichsten Familie Deutschlands reichen.
Es schadet, wenn dieses Tun verharmlost oder relativiert wird.
Trotzdem dürfen nicht Rechtsradikale, Spinner, ängstliche Bürger, Unzufriedene und politisch anders Denkende in einen Topf geworfen werden. Das könnte u.a. der AfD weitere Stimmenzuwächse bescheren.
Mane

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