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Plaudereien Was gibt unseren Jahren Leben?

luchs35
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Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von luchs35
Die meisten von uns haben die erste Lebenshälfte überschritten, die Illusionen wurden gedämpft, Versprechungen auf das Maß, das ihnen zusteht, beschränkt und viele Hoffnungen enttäuscht.
Doch noch immer warten wir auf das Überraschende, auf jenes "richtige" Leben, das wir uns einmal vorgestellt haben, etwas, das unseren Jahren Leben gibt.

Im Rückblick sehen wir, dass das "richtige" Leben nicht in der Schule, nicht an der Uni, nicht in der Lehre, nicht im Beruf und auch nicht nach der Pensionierung begonnen hat.

Dieses sogenannte "richtige" Leben kommt nicht einfach. Aber es ist trotzdem in Hülle und Fülle vorhanden - man muss es nur sehen mit all seinen Überraschungen und Chancen - und zugreifen, es packen.
Doch wir hängen Illusionen nach, Hoffnungen auf etwas, das wir noch nicht hatten und vielleicht auch nie bekommen werden- vielleicht bis zu jenem Augenblick, an dem wir lernen, zufrieden zu sein mit dem ,was wir haben.

Wie sehen wir reifen Menschen diesen Aspekt - er vielleicht auf Einsicht beruht?

Luchs
Mitglied_b12f0f2
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Mitglied

Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 16.04.2011, 12:48:14
Hallole,Luchs


ich sehe das ganz anders als du!

Es ist nicht gut,erst spät daran zu denken,was

"unseren Jahren Leben gibt"

jeder Mensch sollte versuchen,ein Leben lang so zu leben,denken,tätig sein,
dass nicht mit zunehmendem Alter verzweifelt nach allem Möglichen gesucht wird,um auch diese Jahre lebenswert zu gestalten und erleben!

Dann ist es nämlich zu spät!

Die Kinder haben längst ihr eigenes Leben eingerichtet und kommen nur gerne ab und zu,wenn nicht gejammert wird,warum sie nicht öfter kommen,man sei doch so allein......
der Ehe-oder Lebenspartner ist nicht mehr da,
manche Freunde leben nicht mehr.......

es gibt so unendlich Vieles,das auch mit zunehmendem Alter Freude und Lebenslust bringt!
Man muss es nur zulassen!
Das ist sogar möglich,wenn man nicht mehr gesund ist!

Leben,atmen dürfen, ist doch so kostbar!

Warum denn Illusionen nachtrauern,die sich nicht erfüllt haben oder nicht erfüllt werden konnten?!?

Leben dürfen ist so schön!

Ich z.B. "warte" nicht auf irgendetwas.....

ich lebe einfach so gerne!

Bin alt,absolut nicht gesund..

hab aber eine Familie,die zu einander steht,egal,ob wir zusammen lachen oder Kümmernisse und Krankheiten zu überstehen sind.

wir wohnen nicht gerade so mal eben um die Ecke.......
aber,wir bleiben stets gesprächs-und hilfsbereit!

Bei aller beruflichen Tüchtigkeit haben sie ihre Warmherzigkeit
nicht verloren,
deshalb sind vermutlich auch die nachfolgenden "Ableger" so gut geraten.

Gudrun


Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 16.04.2011, 12:48:14
Das ist ein sehr interessantes Thema Luchs.
Ich denke, dass unser Leben aus verschiedenen Phasen besteht.
Wenn ich zurückschaue sehe ich, dass jedes Lebensjahrzehnt andere Lebensbedingungen brachte, jedenfalls bei mir. Diese wahrzunehmen, mit Zugewinn oder Verlusten umgehen zu lernen war mitunter ein heftiger Prozess.
Dieser brachte mich immer ein Stück weiter. Wäre ich im Alten verblieben, hätte ich mir viel versagt.
Während sich Türen schlossen, öffneten sich andere. Manchmal brauchte es Zeit, die sich öffnenden Türen zu sehen.
Der Durchgang war auch nicht immer einfach, von Angst und gleichzeitig Hoffnung begleitet.

Aber insgesamt hat mir das ein waches und interessantes Leben beschert und ich bezeichne das als mein Wachstum oder meinen Reifeprozess.
Jetzt bin ich gespannt, was die vor mir liegende Zeit bringt, wo und wie ich meine 3. und 4. Lebensphase verbringen werde und was an Überraschungen jeglicher Art noch so auf mich zukommt.

Ich denke, es fällt vielen Menschen schwer, sich im Hier und Jetzt aufzuhalten.
Aber das ist die Gegenwart, die gelebt werden muss. Alles andere ist Vergangenheit oder Zukunft, erstere ist vergangen und die Zukunft?
Wie heißt es bei Brecht "ja, mach nur einen Plan....."

Ich habe hier ein Chason gefunden, aufgenommen 1956, das ich - obwohl ja noch Kind - nie vergessen habe. Ich denke, das passt ganz gut.

Meli

Im Wartesaal zum großen Glück


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eko
eko
Mitglied

Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von eko
als Antwort auf luchs35 vom 16.04.2011, 12:48:14
Hallo Luchs,

mit meinen nunmehr 80 "Lenzen" kann ich/muss ich sagen, dass ich wohl in der letzten Phase meines Lebens angekommen bin.

Mein Gesundheitszustand ist nicht so, dass man mich beneiden könnte. Ich mache das Beste daraus, ohne zu jammern.

Seit 2 Jahren lebe ich allein, ohne Partnerin. Ein Zustand, den ich erst einmal akzeptieren musste. Große Zukunftspläne habe ich keine mehr. Mehr und mehr schaut man zurück auf das, was war. Und natürlich frage ich mich schon auch: Was ist falsch gelaufen, wo hätte ich andere Entscheidungen treffen sollen. Vieles erschließt sich erst im Alter.

Erst dieser Tage gewann ich eine neue Erkenntnis darüber, warum mein Leben so verlaufen ist und nicht anders. Es war nur ein Satz, der auf der Titelseite meiner TV-Zeitung stand, aber es durchfuhr mich plötzlich: Ja, das ist es, das war es!

Alles Hadern über das "hätte - wäre - wenn " ist vergeblich, denn nichts ist rückholbar, nichts ist wiederholbar.

So erfreue ich mich daran, trotz allem sehr viel Schönes und Erfülltes erlebt zu haben. Nichts davon möchte ich missen.

Das wird es mir auch leicht machen, dann, wenn ich den letzten Gang antreten muss, trotz allem in Friede und Erfüllung und ohne belastende Gedanken meinen Weg zu gehen.


e k o

luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von luchs35
Was du schilderst, Gudrun, ist das Leben, das du gelebt hast. Aber ich glaube nicht, dass du dir nicht an jedem Lebensabschnitt -ob Schule oder Pensionierung - Gedanken gemacht hast, in welchen Bahnen deine Zukunft weiterläuft.

Ich meinte damit nicht Jammern und Klagen mit irgendwelchen misslichen Umständen , sondern der Umgang mit deinen urpersönlichen Lebenswünschen, also deinen Illusionen, die deinem Leben das Gefühl gaben, alles sei richtig und gut so wie es gelaufen ist.
Es gibt wohl nur wenige Menschen, die völlig wunsch-und illusionslos durchs Leben gehen , irgendwie bleibt immer ein Zipfelchen Hoffnung auf etwas, das nie kommt- wie meli so treffend schilderte, dass immer wieder eine andere Tür geöffnet wurde, hinter der sich etwas Neues verbarg, das auch ängstigen konnte, weil es in die Ungewissheit lief.

Das alles gehört zum Leben. Aber irgendwann in einer stillen Stunde gibt es doch diesen kleinen Stich tief im Innern, dass man sich selbst zu wenig beachtet hat , eigene Wünsche verschoben "auf später", wenn die Kinder aus den Haus sind, wenn man mehr Zeit hat, wenn die Berufstätigkeit beendet ist, wenn man die Möglichkeit hat, dies und jenes zu tun....u.s.w..

Und in jedem Lebensabschnitt kommt unweigerlich die innere Frage,wie es weitergeht.
Es sind die eigenen persönlichen Wünsche, die sich ganz leise melden - und sie sind es, die den eigenen tiefen Inhalt ausmachen und für die es oft zu spät ist und die eine gewisse innere Unruhe oder sogar Resignation auslösen .

Ich fürchte, es gibt nur wenige Menschen ,die das Stadium der tiefen, inneren Zufriedenheit mit ihrem Leben erreichen.
Es ist nur die Frage, wie der Einzelne damit umgeht, ob er noch immer im "Wartesaal des Glücks" sitzt- wie es in Melis Chanson geschildert wird.

eko was du sagst ist richtig.Irgendwann muss man aufhören nach dem "wieso und warum, hätte ich doch oder doch nicht" , fragen und annehmen, dass " es hatte nicht sein sollen", sonst ist keine Zufriedenheit,sondern Verbitterung, die unsere Alter bestimmt.

Luchs
caya
caya
Mitglied

Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von caya
als Antwort auf luchs35 vom 16.04.2011, 14:20:09

Die Freude gibt unseren Jahren Leben, liebe Luchsin,

sie ist die Quelle aus der wir schöpfen und uns immer wieder neu motivieren können.

Ganz gleich, was wir beginnen, geschieht es mit Freude und Be-geisterung, füllt es uns ganz und gar aus und macht glücklich.

Neues zu beginnen setzt natürlich körperliche und geistige Gesundheit voraus. Aber auch alte Vorlieben zu pflegen, je nach seinen eigenen Befindlichkeiten bringt Freude. Ja, auch die Enkelkinder können ein Meer voller Freude sein.

Um Freude tief zu empfinden braucht es auch Demut und Dankbarkeit!

Viel könnte ich noch schreiben, denn mein eigenes Leben gibt mir gerade im Moment viel Grund zur Freude.
Ein tiefer Atemzug, der den ganzen Körper aufzufüllen scheint mit Lebenskraft ist Glück.... und Leben pur!

Caya


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schorsch
schorsch
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Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf luchs35 vom 16.04.2011, 12:48:14
Ist es denn nicht genau das, was uns Menschen vom Tier unterscheidet: die Hoffnung, dass es für uns eine bessere Zukunft gebe?
schorsch
schorsch
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Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf eko vom 16.04.2011, 14:04:49
Die Neugier darauf, wie es weitergehe, ist die beste Triebfeder dafür, nicht aufzugeben.
luchs35
luchs35
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Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf caya vom 16.04.2011, 14:25:49
Das ist sehr schön für dich, Caya, dass du soviel Freude erleben darfst. Aber selbst "Dauerfreude" ersetzt nicht den Inhalt oder Gehalt des Lebens, die sogenannte Quintessenz der Summe dessen, was wir insgeheim erhofften, etwas, das nur uns selbst gehört.

Aber ich stimme dir zu, wenn du sagst, dass Freude ein Lebensmotor ist, der uns antreibt, etwas Neues zu beginnen - sofern wir nicht nur von der Unruhe getrieben werden, das Leben auszufüllen. Denn genau das kann auch zu Vergeudung werden.

Ich meine damit jene Menschen, die schon unglücklich sind, wenn ihr Terminkalender nicht schon am Morgen gefüllt ist, die sich selbst nach ihrem Rückzug aus dem Berufsleben in alle möglichen Tätigkeiten stürzen, um nicht damit konfrontiert zu werden, dass ihnen etwas fehlt, das für sie persönlich eigentlich wichtig wäre.

In einer Emnid-Umfrage haben beispielsweise 68 % der befragten Menschen nach ihrer Pensionierung angegeben, dass sie alles mögliche tun, um den Tag ohne Langeweile herumzubringen.

Warum wohl werden heutzutage die Senioren von der Wirtschaft entdeckt? Weil sie voller Unruhe sich in alles hineinstürzen, was sie vergessen lässt, dass die kraftvollen Jahre langsam aber sicher entschwinden. Sie wollen von all den verlockenden Angeboten soviel als möglich nützen. Dagegen ist ja nichts einzuwenden, solange man sich dabei nicht selbst aus dem Zentrum verliert.

Glücklich sein darf jede/r über gesunde Jahre im Alter. Nicht jedem sind sie vergönnt. Jede/r darf sich über seine gut gelungenen Kinder und Enkel freuen.

Aber wo bleibt der Einzelne mit seinen innersten Bedürfnissen selbst? Manchmal erscheint es mir, als bezögen viele ihren Lebensinhalt aus der Existenz und dem Leben anderer Menschen und nicht aus sich selbst.

Luchs









lalelu
lalelu
Mitglied

Re: Was gibt unseren Jahren Leben?
geschrieben von lalelu
als Antwort auf luchs35 vom 16.04.2011, 17:35:17
Liebe Luchs, ein interessantes Thema!

Ich glaube, es gibt viele "richtige Leben", und daher gibt es darauf keine verbindliche und keine allgemeingültige Antwort. Es hängt zu sehr von der Betrachtungsweise jedes Menschen ab, welche Prioritäten er setzt und was ihn glücklich macht.

Für den einen ist "richtiges Leben" verbunden mit ungebremster Aktivität, mit unbändiger Kraft, mit der man die Welt aus den Angeln heben will, mit Wünschen und Träumen, auf deren Erfüllung man hofft und die man nach Möglichkeit noch alle verwirklichen will.

Für andere hat man nur richtig gelebt, wenn man etwas vorweisen kann, wenn man Erfolg hatte, wenn man eine "Ernte" einfahren konnte.

Gesunde können sich oft nicht vorstellen, dass Menschen, die seit ihrer Jugend sehr krank sind, jemals ein lebenswertes Leben hatten, aber gerade diese Menschen freuen sich oft schon über Kleinigkeiten und hängen ebenso an ihrem Leben wie kerngesunde.

Ich selbst habe stets nach der Devise gehandelt: Carpe Diem! Mein Kopf war immer voller Pläne, und an Wünschen und Ideen hat es mir nie gemangelt. Nicht alle haben sich erfüllt. In meinem Leben gab es gute und weniger gute Momente, aber zum Glück habe ich niemals meine optimistische und positive Grundhaltung verloren. Wie Meli es sagte: Wenn eine Tür zuging, bin ich halt durch die andere gegangen. Wenn ich mir dabei manchmal den Kopf gestoßen habe, wurde ich durch diese Erfahrung vorsichtiger und habe beim nächsten Mal besser aufgepasst.

Bis heute versuche ich, jedem Tag etwas Schönes abzugewinnen, nach vorne zu schauen, Herausforderungen anzunehmen, lebendig und interessiert zu bleiben, mich aber nicht mehr unter Druck setzen zu lassen.

Für die Zukunft wünsche ich mir nur eines: dass ich körperlich und geistig gesund und rege bleibe und mich irgendwann von einer Minute zur anderen verabschiede – ich weiß, nicht unbedingt ein besonders realistischer Wunsch...aber hoffen wird man ja wohl dürfen.

Zum Schluss möchte ich an Hermann Hesses Gedicht "Stufen" erinnern. Es passt gut hier hin!

Lalelu

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