Religionen-Weltanschauungen Der Dissident in Rom?

qilin
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Der Dissident in Rom?
geschrieben von qilin
Mareike hat in dem inzwischen gesperrten Thread einen Artikel verlinkt, den ich zuerst mal für neuesten Datums hielt - beim nochmaligen Lesen sehe ich, dass er bereits ein halbes Jahr alt ist - und geradezu prophetisch...

Es war vom neuen Papst immer erwartet worden, dass er irgendwelche Aussagen zu Sexualität, Ehe, Familie macht, eine Enzyklika verfasst oder sonstwas, da herrschte aber Funkstille - bis vor einer Woche. Dann kam die Ankündigung einer 'Sonderbischofssynode' im nächsten Oktober, begleitet von einem Fragebogen zu diesen Themen an die Bischöfe "die ihrerseits gehalten sind, möglichst breit Antworten bis auf die Ebene der Dekanate und Pfarrgemeinden einzuholen." D.h. der Papst will erst mal die Meinung des Kirchenvolks hören, bevor er selbst den Mund aufmacht - eine in der katholischen Kirche noch nicht dagewesene Vorgangsweise. Es hat auch eine Zeitlang gedauert, bis die Bischöfe die Geschichte verdaut hatten - die englische Bischofskonferenz war die erste, die das Dokument ins Internet stellte; inzwischen sind auch die Österreicher so weit

Inzwischen geht’s mich ja nichts mehr an - ich bin seit fast 40 Jahren ausgetreten - aber doch neugierig wie sich die Sache weiterentwickelt

() qilin
nostalgie
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf qilin vom 12.11.2013, 17:35:05
Der Papst ein Dissident???
Ich bin nicht katholisch, aber das widerstrebt mir denn doch.
Mareike
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von Mareike
als Antwort auf nostalgie vom 12.11.2013, 20:19:22
Aus dem verlinkten Artikel geht hervor, warum diese Formulierung gebraucht wurde:
"... Zweitens schloss Bergoglio an Ratzingers Theologie an, indem er erklärte, die Kirche sei nicht die Welt. Aber (und da liegt der Unterschied) Kirche sei Kirche nur in der Welt. Nicht im Rückzug, sondern in der Offensive. Nicht geduckt, sondern aufrechten Gangs.

Erinnert sich noch jemand an diese Metapher? Sie war der Lieblingsslogan linker Dissidenten, die den moralisch bankrotten Staatssozialismus und die Verkommenheit der Erlösungsutopien anprangerten. Training des aufrechten Gangs hieß ein legendärer Text des Dichters Volker Braun, in dem er 1982 in der DDR die Kirchengeschichte als Analogie zur politischen Gegenwart benutzte. Nun also ein Papst mit dem Herzen eines Dissidenten. Dass das Oberhaupt einer zutiefst autoritären Institution seinen Leuten Rückgrat predigt, ist gar nicht widersinnig. Denn nur so lässt sich deren Autoritarismus überwinden: Indem jeder Katholik sich seiner Freiheit bewusst wird."

Abhebungen von mir.

http://www.zeit.de/2013/15/zeitgeist-papst-franziskus-revolution

Mareike

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qilin
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von qilin
als Antwort auf nostalgie vom 12.11.2013, 20:19:22
Ah ja - hier habe ich das Wort aus dem Artikel übernommen, wo es im heutigen (politischen) Sinn gebraucht wird, als 'Abweichler von der offiziellen Meinung' - dass das Wort auch im religiösen Kontext für 'Konfessionsloser, Ausgetretener' gebraucht wird, daran dachte ich nicht - so gibt es natürlich wenig Sinn...
(Erinnert mich ein wenig an den Spruch von Erich Kästner )

() qilin
Mareike
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von Mareike
als Antwort auf qilin vom 13.11.2013, 06:07:20
Aber nur ein wenig!
Schließich ist Papst nicht gleich Gott.

Und es fragt sich: Könnte Gott austreten wenn er doch überall ist?

Vielleicht ist er einfach nicht mehr nur LIEB?

Zu Deinem Eingangsbeitrag: "Inzwischen geht’s mich ja nichts mehr an..." kann ich für mich sagen: "Gewissermaßen geht es mir persönlich auch nichts mehr an, insofern ich der Kirche entwachsen bin, keine praktizierende Katholikin mehr bin."
Dennoch bin ich der Meinung, dass die Kirchen gebraucht werden.

Mag glauben etwas PRIVATES sein, so bleibt doch weiterhin der Mensch zutiefst ein Wesen, welches auf GEMEINSCHAFT angewiesen ist. Und Gemeischaft braucht Treffpunkte und Inhalte und Normen.
Gemeinschaft

Da lasse ich mich gerne von Franziskus überraschen.

Mareike
nostalgie
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von nostalgie
als Antwort auf Mareike vom 13.11.2013, 09:17:37
Ich glaube nicht das Gott mit dem agieren seines Bodenpersonals einverstanden ist.:)

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qilin
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von qilin
als Antwort auf Mareike vom 13.11.2013, 09:17:37
Hallo Mareike,

> Und es fragt sich: Könnte Gott austreten wenn er doch überall ist?

IMHO nein - aber nicht deswegen, sondern weil er ja in keinem Taufregister aufscheint

> Dennoch bin ich der Meinung, dass die Kirchen gebraucht werden.
> Mag glauben etwas PRIVATES sein, so bleibt doch weiterhin der Mensch zutiefst ein Wesen,
> welches auf GEMEINSCHAFT angewiesen ist. Und Gemeischaft braucht Treffpunkte und Inhalte
> und Normen.

Die Kirchen wären damit aber kaum zufrieden - Gemeinschaft bietet Vieles, von der Mafia über
den Kegelklub und Kaninchenzüchterverein bis zur Mensa...

> Da lasse ich mich gerne von Franziskus überraschen.

Warum nicht - ich habe nichts gegen ihn

() qilin
Mareike
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von Mareike
als Antwort auf qilin vom 13.11.2013, 11:32:02
Gemeinschaft bietet Vieles, von der Mafia über
den Kegelklub und Kaninchenzüchterverein bis zur Mensa...


Eben deshalb müssen die INHALTE, das VERBINDENDE, untersucht werden.

Ein Kaninchenzüchter wird sich nicht im Geflügelzuchtverein wohlfühlen ...

Wie findet VERÄNDERUNG statt?

Mareike
qilin
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von qilin
als Antwort auf Mareike vom 13.11.2013, 11:45:44
Veränderung - welche? Ich nehme mal an im Gehirn... Spontan fällt mir ein: durch Perspektivenwechsel -
außer natürlich durch äußere Einwirkungen wie bei Phineas Gage

() qilin
Mareike
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Re: Der Dissident in Rom?
geschrieben von Mareike
als Antwort auf qilin vom 13.11.2013, 12:00:30
"sehr "ERFOLGREICH" "ERFOLGSLOS" sagt Claude in einem anderen Thread.
Ich, und nicht nur ich sondern viele Menschen in der heutigen Zeit, habe den Eidruck: Auf der ganze Linie.

Ob im Gesundheitswesen, Schule, Kirche, Gesellschaft ...

Ja, ein grundlegender Perspektivenwechsel ist von Nöten.

„Wie unser Hirn im Umfeld von Unsicherheit funktioniert", erklärt Prof. Dr. Gerald Hüther.
Der neurobiologische Forscher legt den Zuhörern während seines Vortrags die Wichtigkeit der Selbstorganisation nah und damit die Veränderung in der Zeit der Unsicherheit aus biologischer Sicht. Unsicherheit findet sich dabei nicht nur in der Ungewissheit der Zukunft, sondern auch in den Begrifflichkeiten. Viele Menschen verstehen die heutige Welt nicht mehr und somit fehlt auch die Perspektive in die Zukunft. Eine Lösung dieses Problems wird das Hirn selbst finden, so Prof. Dr. Hüther. Er geht davon aus, dass Menschen versuchen werden sich selbst wieder zu vertrauen, um so trotz Unsicherheit, Stabilität zu finden.
Diesen Prozess gliedert er in 3 Schritte:
Eigene Kompetenz wieder herstellen, den Mitmenschen vertrauen entgegenbringen und vom Wissen anderer in Teamarbeit profitieren und selbst den Sinn in dem finden was man tut, um so eine Perspektive zu erhalten, wohin die Zukunft führt."



Diesen Beitrag von Hüther könnte man quasi in allen Threads einstellen, so auch hier.

Prof. Dr. Gerald Hüther ist der Leiter der Abteilung für neurobiologische Grundlagenforschung an der Universität Göttingen.

Mareike

Bin mir bewusst: Hier und da etwas ideologisch aber doch ein Denkansatz.

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