Forum Politik und Gesellschaft Religionen-Weltanschauungen die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch

Religionen-Weltanschauungen die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch

luchs35
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die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch
geschrieben von luchs35
die "hochburg der gedankenfreiheit", die frankfurter buchmesse, und die grosse "demokratische errungenschaft der zensurfreiheit" hat dieser tage freiwillig in einen maulkorb gebissen, als sie der umsichtigen chinesischen zensurbehörde mit einem kniefall zugestand, dass sämtliche chinesischen autoren, die als regimekritisch gelten, wieder aus der buchmesse ausgeladen wurden.

so zeigte sich mitten im demokratischen europa das wahre gesicht der literatur aus dem reich der mitte.

der buchmesse-organisator gab als begründung an, "man wolle eine echte debatte mit dem ehrengast china führen!"

die "echte" debatte, anlässlich der angeschlossenen tagung heisst " china und die welt - wahrnehmung und wirklichkeit" .

Besser konnte sie gar nicht gezeigt werden!
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luchs35
Re: die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 15.09.2009, 17:28:56
Dazu gab es einige sehr interessante Artikel in der FR, die alle online abgerufen werden können, ich verlinke mal den neuesten. Danach ist es nicht ganz so, dass „sämtliche chinesischen autoren, die als regimekritisch gelten, wieder aus der buchmesse ausgeladen wurden.“
Es schien zuerst so, als wären sie ausgeladen worden. Peter Ripken,der Leiter des Internationalen Forums der Buchmesse hat nun erklärt, dass er „Dai Qing und Bei Ling lediglich auf die große Verärgerung hingewiesen [habe], die ihre Anwesenheit bei den chinesischen Offiziellen auslösen werde. Daraufhin hätten beide Autoren zunächst von sich aus auf ihre Teilnahme an dem Frankfurter Forum verzichtet - und es sich erst später wieder anders überlegt, mit der Rückendeckung des P.E.N. Deutschland.“ (Zitat aus dem Artikel unten).

Auf jeden Fall waren beide trotzdem erschienen, und als sie sprachen, verließ die offizielle chinesische Delegation fast vollständig den Saal. Der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Jürgen Boos, hat sich dann bei der Delegation entschuldigt, was ihm zu Recht als Kniefall verübelt wird. Zitat aus einem anderen Artikel der FR von Arno Widmann: „Wir haben gesehen, wie die Vertreter der Schriftsteller und der Intelligenz sich mit der Macht verbrüderten. Buchmesse und PEN haben sich am vergangenen Sonntag gewaltig blamiert. Sie haben mit einem der autoritärsten Regime der Welt paktiert, statt sich für die Meinungsfreiheit des Einzelnen einzusetzen.“

Peter Ripken hat nun schon die Konsequenzen gezogen und seinen Rücktritt angeboten, der von Buchmessendirektor Boos abgelehnt wurde. Ripken, dem das alles sehr leid tut, sagt nun: "Ich hätte mich dem Druck der chinesischen Offiziellen nicht beugen dürfen - ich hätte es darauf ankommen lassen müssen, das war der Fehler."

Alle Artikel sind nachlesbar im Link.
--
marina
luchs35
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Re: die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch
geschrieben von luchs35
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.09.2009, 19:47:13
Danke, marina, für die ergänzung und den link. ich hatte mich auf eine andere quelle gestützt, in der es nur hiess, regimekritische autoren seien ausgeladen worden- allerdings ohne angabe, wieviele es waren.

Trotzdem bleibt es ein skandal, wie die veranstalter erst einmal auf das drängen der chinesischen delegation einknickten.
wenn so ein verhalten schule macht, ist die freie meinungsäusserung auch in demokratischen ländern gefährdet.


--
luchs35

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Mitglied_81b4260
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off topic
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 15.09.2009, 21:38:54
Wir hatten hier gerade eine chinesische Gastfamilie, er mit Lehrauftrag an der Uni, der bis eine Woche vor Abreise aus China immer noch im Unklaren gelassen wurde, ob er ein Ausreise-Visum bekommen würde; er wurde hier von eine entsprechenden Uni-stelle betreut, der das nicht besonders ungewöhnlich vorkam. Das Visum wurde vor ca. 1/2 Jahr beantragt.

Die erste Frage des Chinesen hier war, in welchen Gebiete er nicht spaziergehen darf bzw. wo hier die Sperrzonen seien.......

Soviel zur chinesischen Lebenswirklichkeit!
--
mart1
silhouette
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Re: off topic
geschrieben von silhouette
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.09.2009, 22:24:24


Die erste Frage des Chinesen hier war, in welchen Gebiete er nicht spaziergehen darf bzw. wo hier die Sperrzonen seien.......

Soviel zur chinesischen Lebenswirklichkeit!
--
mart1

Gäbe es nur viel öfter solche authentischen Berichte aus erster Hand!

--
silhouette
Re: die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 15.09.2009, 21:38:54


Trotzdem bleibt es ein skandal, wie die veranstalter erst einmal auf das drängen der chinesischen delegation einknickten.
wenn so ein verhalten schule macht, ist die freie meinungsäusserung auch in demokratischen ländern gefährdet.
--
luchs35


Das sehe ich ganz genauso, und die ganze Geschichte ist im Grunde furchtbar peinlich für die Buchmessenveranstalter sowie auch für den PEN-Klub, der beteiligt war, wie auch immer sie es jetzt relativieren.
--
marina

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schorsch
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Mitglied

Re: die Gedanken sind frei - auf chinesisch und europäisch
geschrieben von schorsch
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.09.2009, 19:47:13
Wenn selbst die Literaten, die früher mal als Inbegriff der freien Meinungsäusserungen galten, sich als Kniefaller entpuppen würden, dann wäre es an der Zeit, das Schreiben ganz zu verbieten.

Aber: Es waren ja nicht die Literaten, sondern die Nutzniesser derselbigen, die die aufsässigen chinesischen Schreiber aus der Messe drücken wollten!

--
schorsch
luchs35
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Re: off topic
geschrieben von luchs35
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 15.09.2009, 22:24:24

Bei aller peinlichkeit der vorgänge rund um die buchmesse hat mich deine ausssage betreffs sperrbezirke und kritischer spaziergänge doch etwas irritiert:
Die erste Frage des Chinesen hier war, in welchen Gebieten er nicht spaziergehen darf bzw. wo hier die Sperrzonen seien.......


dies ,weil ich mich schon öfters in china aufgehalten habe - auch beruflich als kritisch beäugte journalistin. aber niemals, bei allen meinen aufenthalten, hatte ich weder in städten noch auf dem land vorschriften, wo ich mich aufhalten durfte- also weder sperrbezirke, die es allerdings militärisch bedingt gibt, noch hinweise, wo ich herumlaufen durfte.

worüber der genannte professor sich also sorgen machte, kann ich nicht nachvollziehen. es sei denn, dass in china wiederum propaganda gemacht wird, dass man sich als erkennbarer ausländer bei uns aus bestimmten gegenden fernhalten sollte. man erinnere sich daran, wieviele menschen bei uns nur aufgrund einer anderen hautfarbe zusammengeschlagen wurden und noch werden.

das hat nun natürlich nichts mit dem skandalösen verhalten im zusammenhang mit der buchmesse zu tun, ich wollte nur meine persönlichen erfahrungen in china direkt schildern, wobei ich auch darauf hinweisen möchte, dass zwischen den denkweisen von asiaten und europäern welten liegen.
--
luchs35
Mitglied_81b4260
Mitglied_81b4260
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Re: off topic
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf luchs35 vom 16.09.2009, 09:18:30
Durchaus möglich, luchsi! Ja, es hat mit dem Thema wenig zu tun. -- off topic.
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mart1

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