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Religionen-Weltanschauungen Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München

Sirona
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Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von Sirona


Zufällig wurde ich beim Anschauen des Mittagsmagazins (ARD) auf diesen Pfarrer aufmerksam der einen sehr positiven Eindruck bei mir hinterlassen hat. Gestern habe ich sein Buch „Himmel, Herrgott, Sakrament“ auf mein Kindl geladen und mit Vergnügen den Werdegang dieses außergewöhnlichen Geistlichen begonnen zu lesen.
Was in anderen Gemeinden kaum mehr möglich ist, ist hier gang und gäbe. Bei Pfarrer Schießler ist die Kirche bei den Gottesdiensten wieder gefüllt.

Liegt es an seiner Ausstrahlung, an seiner Fröhlichkeit und Leichtigkeit? Oder aber hat er verstanden was es heißt Pfarrer und für Menschen da zu sein? Er erinnert mich sehr stark an Papst Franziskus. Gefallen hat mir sehr, dass er am Heiligen Abend den Kirchenbesuchern ein Fest bereitet und er Sekt austeilt, schließlich – so meinte er – feiern wir doch den Geburtstag Jesu. Und wenn schon bei Menschen an einem solchen Tag Sekt fließt, warum nicht erst dann an Jesu Geburtstag? Auch scheut er sich nicht während seines Urlaubs beim Oktoberfest zu kellnern, sein Gehalt und Trinkgeld spendet er für an Aids erkrankte Kinder in Afrika. Seine Fröhlichkeit, gepaart mit Ernsthaftigkeit, ist einfach ansteckend.

Rechts gibt es noch ein Video (Interview mit Pfarrer Schießler), das sehr interessante Gedanken weitergibt. Wer mag sollte sich dieses unbedingt anschauen. Wären alle Pfarrerstellen mit solchen Geistlichen besetzt, müsste sich die Kirche um ihre Zukunft keine Sorgen machen.
JuergenS
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von JuergenS
obwohl ich kein eifriger Kirchgänger bin, so beobachte ich Schiessler schon des längeren, weil er ab und zu im TV auftritt, manchmal ganz kurz. Er hat eine sehr gewinnende Art, Menschen zu begeistern. Persönlich hatte ich auch schon mal die Gelegenheit, mit ihm darüber zu sprechen. Er ist kurz gesagt der Meinung, dass Seelsorger nicht warten sollten, ob die Menschen zur Kirche kommen, sondern das Prinzip muß umgekehrt werden.
Natürlich stösst sein Naturell in der Amtskirche nicht nur auf Zustimmung, vor vielen Jahren war er nämlich mehrmals auf dem Oktoberfest in München als Kellner in seinem Urlaub im Bierzelt tätig, sammelte durch seine Geldeinnahmen Mittel für soziale Zwecke.

Leider geht die Kirche mit "Aussenseitern" nicht nur geschickt um, wie auch im Beispiel des Mönchs Anselm Bilgri, der fast Abt von Andechs geworden wäre. Er war ebenfalls charismatisch. Sogar ist er inzwischen aus seinem Benediktiner-Orden augetreten.
olga64
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von olga64
als Antwort auf Sirona vom 08.04.2016, 10:35:06
Ja, dieser Pfarrer ist ein guter Typ. Er vereint auf sich die berühmte, bayerische Lebensart, eine grosse Portion Mut und Frechhheit auch seiner Kirche gegenüber und natürlich die grosse Lust, medial in der Öffentlichkeit zu stehen. Aber wie immer in solchen Fällen gibt es natürlich Leute, die dies nicht so gut finden.
Da er persönlich auch recht eitel ist, dürfte ihm der Vergleich mit dem Papst, der ja 25 Jahre älter ist als er, nicht so gut gefallen.

Kommen Sie doch einfach mal nach München in die schöne Maximilianskirche und erleben Sie ihn in natura. ABer er mag es auch, wenn man seine Bücher kauft... Olga

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Sirona
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von Sirona
als Antwort auf olga64 vom 08.04.2016, 16:25:28
Auszug aus dem Buch „Himmel, Herrgott, Sakrament“

Ich habe mich daher schon sehr früh auf meinem Weg als Priester für eine Karriere nach unten entschieden. Ich muss nicht Karriere machen, Domprobst, Bischof, Kardinal in Rom werden, im Purpur zeitlos über jahrhundertealten Marmorböden schweben, antichambrieren, intrigieren, Netzwerke aufbauen, diplomatisch und verwinkelt sein und mich durch Synoden kämpfen. Nein, ich muss geradeaus dahin zurück, wo ich hergekommen bin. Ich muss zurück zu meinen Wurzeln, nach den Felsen graben, auf denen die Fundamente meines Glaubens ruhen, ganz weit zurück zu mir und meiner Geschichte. Ich weiß, es ist der einzige Weg, der auch meine Kirche wieder direkt und auf den kürzesten Weg dorthin führt, wo sie wieder hinmuss – zu den Herzen der Menschen, zu unserem Glauben, zum Leben, zu Gott!

Ich habe Pfarrer Schießler nicht mit Papst Franziskus verglichen, sondern ich schrieb dass er mich an diesen erinnert. So wie das Auftreten von Franziskus bescheiden ist und wie er auf die Menschen zugeht, so praktiziert dies auch Pfarrer Schießler und der den Ausspruch des Papstes – "an die Ränder der Gesellschaft zu gehen" – wörtlich nimmt. So scheut er den Umgang mit Homosexuellen und Aidskranken keineswegs und stellt auch keine unnötigen Fragen und vermeidet den Ausdruck „Schuld“.

Was ich bis jetzt in diesem Buch lesen konnte zeigt mir einen Menschen, der seine Berufung ernst nimmt und der versucht seinem Vorbild – Jesus – nachzueifern. Ich stehe der Kath. Kirche eher abweisend gegenüber, aber solche Pfarrer lassen hoffen, dass es in dieser erstarrten Institution endlich wieder lebendig werden könnte. Mir ist Pfarrer Schießler als Mensch sehr sympathisch.

Sirona
olga64
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von olga64
als Antwort auf Sirona vom 08.04.2016, 18:30:02
Es ist gut, wenn es solche Pfarrer gibt. Aber nicht nur diese medienwirksamen Pfarrer versuchen hier zu retten ,was zu retten ist - es gibt auch sehr viele, die dies mehr im Verborgenen machen.
Es wird nicht viel helfen - den grossen christlichen Kirchen laufen die Leute in Scharen davon, weil sie sich in deren Programmen - insbesondere die Frauen und auch die Homosexuellen - einfach nicht mehr finden können. Und das werden die progressiven Pfarrer nicht ändern können ,weil die Mauer der konservativen, alten Bischöfe zu starr ist.
Jetzt hat der Papst ja ein umfangreiches WErk von 300 Seiten erarbeiten lassen - aber was ändert sich hier für die Klientel, ausser, dass sie mal wieder von einem ebenso medienfreundichen Papst beschwichtigt wird? Olga
Sirona
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von Sirona
als Antwort auf olga64 vom 11.04.2016, 17:34:55
Natürlich wird Pfarrer Schießler die starre Mauer der Konservativen nicht einreißen können, ich glaube auch dass er das nicht im Sinn hat. Er möchte lediglich für die Zukunft ein Zeichen setzen, das vielleicht anderen Pfarrern Denkanstöße zu Veränderungen geben könnte. Immerhin hat Pfarrer Schießler es durch sein Konzept geschafft dass viele Gemeindemitglieder wieder den Gottesdienst besuchen.

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olga64
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von olga64
als Antwort auf Sirona vom 11.04.2016, 20:46:54
Bayern ist ja nach wie vor ein sehr katholisches Land (böse Zungen behaupten, Bayern käme sofort nach dem Vatikan im Ranking der "schwarzen Staaten").
DA gibt es den Herrn SChüssler - da gab es aber auch einen dunkelhäutigen Pfarrei-Pfarrer in einem Münchner Vorort, der weggemobbt wurde, weil er sich u.a. für die Flüchtlinge einsetzte.
Nun muss man verstehen, dass es praktisch keinen Nachwuchs mehr gibt im klerikalen BEreich. Früher missionierte die katholische Kirche in Afrika - jetzt holt man von dort die Priester für die Pfarreien. Dieser weggemobbte Pfarrer liess sich versetzen, weil er es nicht mehr aushielt. Er war auch ein wenig progressiver, was dazu führte, dass am Stammtisch entschieden wurde "der passt net zu uns" und dann ging es los. Hinterher natürlich wieder das übliche scheinheilige Getue mit Transparenten "wir wollen unseren Pfarrer zurück". Aber der mag nicht mehr und verstehen kann ich ihn gut. Olga
Sirona
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von Sirona
als Antwort auf olga64 vom 12.04.2016, 16:20:41
Dieser Pfarrer lebt mit seinen Gemeindemitgliedern und ist einer von ihnen. Mir bereitet es weiterhin großes Vergnügen in sein Buch zu schauen und ihm bei der Schilderung seines Werdeganges und Lebens "zuzuhören". Hier noch einmal eine Kostprobe aus seinem Buch: „Himmel, Herrgott, Sakrament“.
Man spürt dass er seinen Glauben lebt und ihn nicht abgedroschen oder abgehoben in den Alltag bringt. Er spricht, denkt und schreibt wie ihm sein „bayrischer Schnabel“ gewachsen ist. Und das versteht jeder Mensch, der Gebildete und der Ungebildete. Allein der gewählte Titel seines Buches verrät den Urbayern.

Ich bin daher ein scharfer Kritiker jener „Schlafwandler“ vorne am Altar, die auf „heilig und entrückt“ machen, tatsächlich aber emotionslos wie auf Autopilot geschaltet Sonntag für Sonntag über die Köpfe der Gläubigen hinweg ihr Predigt-Soll runterspulen – bis das ganze Gemeindeleben selig entschlafen ist. In der Predigt darf es nicht geschehen, dass die „Ehrwürdigkeit“ die innerliche Begeisterung ersetzt. Dann ist die Liturgie nur noch eine leere Hülle und die operative Hektik verdeckt geistige Windstille und die Tatsache, dass da vorne jemand vor seiner Gemeinde innerlich längst weggetreten ist, weil sei inneres Feuer vor langer Zeit schon erloschen ist. Das ist wie beim Gastwirt, der einem lieblos Essen aus der Tiefkühltheke auf den Tisch wirft mit den Worten“ „Frisch war vorgestern, heute habe ich nur noch „habe ich nicht“. Ein Wirt, der solchen „Friss oder stirb!“-Service liefert, wird schnell Pleite machen. Und so ist es ja bereits vielerorts in den Kirchen. Die leeren Bänke sind ein Offenbarungseid, die Menschen sind längst fort, dorthin, wo sie mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung und Antworten zu finden meinen für das, was sie im Leben beschäftigt. Jeden Sonntag fremdschämen, wie er sich durch seinen vorgegebenen Predigttext quält, ob er es wenigstens diesmal schafft oder wieder scheitert, das ist nur etwas für Schaulustige, wie sie bei Autobahnunfällen auf den Brücken stehen. 
Wenn es mir als Pfarrer nicht mehr gelingt, aus einer tiefen inneren Überzeugung heraus meine Zuhörer mitzureißen, sie dort zu packen, wo es zwickt, wo Wunden offen liegen oder ihre Sehnsucht hingeht dann wird das Glockengeläut bald keine Gläubigen mehr zum Gebet rufen sondern nur noch dem Denkmalschutz und touristischen Zwecken dienen. 
Bad Kohlgrub selbst ist da auch ein Beispiel, was passiert, wenn man nicht begreift, dass alles im Fluss ist – auch die Zeit. Der Ort war 1987 noch ein florierender Kurort, der dank seiner heilsamen Moorbäder aus dem Nichts heraus mit einer gepflegten Kundschaft gesegnet war. Durch ihre zahlreichen Gäste sind die Dorfbewohner zu Wohlstand gekommen – heute werden sie eher wieder arm, weil das Kurwesen nicht mit der Zeit gegangen ist und es versäumt wurde zu investieren und sich den veränderten Bedürfnissen der Kundschaft anzupassen – neue touristische Themenfelder zu entwickeln. Irgendwie ähnelt das auch meiner Kirche: Versäumnisse rächen sich.

Ob die Oberen der Kath. Kirche ihre "Versäumnisse" erkennen und einen Kurswechsel vornehmen werden? Da habe ich so meine Zweifel, denn wenn ich oft die Kardinäle wie aufgereihte "Zuchtperlen" in ihren Bänken sitzen sehe, kann ich mir das nicht vorstellen.

Sirona
JuergenS
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf Sirona vom 14.04.2016, 08:16:05
"Man spürt dass er seinen Glauben lebt und ihn nicht abgedroschen oder abgehoben in den Alltag bringt. Er spricht, denkt und schreibt wie ihm sein „bayrischer Schnabel“ gewachsen ist. Und das versteht jeder Mensch, der Gebildete und der Ungebildete."

Genau so hab ich ihn erlebt, als ich vorletztes Jahr mit ihm sprechen konnte, im Warteraum zur Abholung meines internationalen Führerscheins.

Ab und zu denkt man mit Wohlwollen an die eigene Kindheit zurück, wo einem solche Lichtgestalten der Kirche kaum begegnet sind. Eine weitere solche ist für mich Pater Ruppert Mayer, auch er lebte nur für seinen Glauben und kam an die Menschen heran.
Edita
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Re: Ein fröhlicher lebensbejahender Pfarrer in München
geschrieben von Edita
als Antwort auf JuergenS vom 14.04.2016, 08:56:57
Ach......ich glaube seit über 30 Jahren schon, bin ich angetan von Notker Wolf , der Mann gefällt mir einfach, als Priester und als Rocker, vor allem auch weil er seine Vorstellung von menschenwürdiger Politik nicht hinterm Berg hält, er hat schon immer den Faulenzer im Menschen kritisiert und angemahnt, aber auch rücksichtsloses Management, daß einzig und allein auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, verurteilt und moralisch abgemahnt!



Edita

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