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Religionen-Weltanschauungen Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?

Neptun
Neptun
Mitglied

Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von Neptun
Nun bin ich erst seit kurzer Zeit Mitglied im ST und verfolgte die Diskussionen über die Feiertage des Osterfestes mit regem Interesse. Nun soll hier jeder seine Meinung sagen dürfen, das ist ja auch gut so und in Ordnung. Mona47 sprach es meiner Meinung nach mit dem folgenden Zitat richtig an:

Zitatanfang
Es sind immer wieder diese Art von Beiträgen ("Ich würde mich sehr schämen zu sagen, ich bin gläubig!" = Zitat v. arno?), die mich wütend machen, zumal noch andere in den Gesang einstimmen.
Zitatende

Nun komme ich zu der Ansicht, dass eine konstruktive Sichtweise sowie Diskussionen über christliche Religionen in unserem Land nicht mehr möglich ist. Das Christentum hat viele Verbrechen verursacht, großes Leid in die ganze Welt gebracht, so die allgemeine Meinung und Äußerungen von denjenigen, die das Christentum aus der heutigen Sichtweise verurteilen, was schlicht unfair ist. In der Zwischenzeit kam die Aufklärung

Aus der Presse entnahm ich, gläubige Christen haben einen Gendefekt oder, was noch schlimmer ist, sie sind mit einem „Gottesgen“ infiziert (kein Witz). So das Neueste aus der Wissenschaft. Welche Wissenschaftler dies postulieren, wird tunlichst verschwiegen.

Atheistische Ansichten (auch „nur“ ein Glaube und mit nichts zu beweisen) führen dazu, dass die freien Meinungsäußerungen stark beeinträchtigt werden, man verliert schlichtweg die Lust sich noch zu äußern. Sollte das der Zweck eines Religionsforums sein?. Sirona wurde auch hart angegangen, warum? Warum bekommt man Schaum vor dem Mund, wenn sich ein Mitglied über seine Glaubensansichten äußert? Was ist so schlecht und bekämpfenswert an unserem christlichen Menschenbild? Worin besteht das Verbrechen wenn man sich an die 10 Gebote hält oder die christlichen Feiertage aus Überzeugung feiern möchte?

Viele der 10 Gebote sind in unserem Grundgesetz (auch mit einem Gottesbezug versehen) verankert und wir leben sehr gut damit, z.B. Die Würde des Menschen ist unantastbar, gleiche Rechte für Frauen, usw..

Zum Schluss erlaube ich mir die provokante Bemerkung, dass ohne Christentum ein funktionierendes Leben in der Gesellschaft überhaupt nicht denkbar wäre. Asche auf mein Haupt.

Falls ich zu weit ausgeholt habe bitte ich um Nachsicht, wollte nur meinen Frust verarbeiten.

Beste Grüße
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf Neptun vom 08.04.2015, 12:33:14
Aus der Presse entnahm ich, gläubige Christen haben einen Gendefekt oder, was noch schlimmer ist, sie sind mit einem „Gottesgen“ infiziert

Ich bin knallharter Atheist, ich "glaube" an nichts Übernatürliches und in meinem Weltbild wirken nur die Naturgesetze, aber so einen Schwachsinn (Zitat) würde ich nie denken oder gar behaupten.

Was liest Du denn für sonderbare Presse-Erzeugnisse, die solch einen absurden Schmarrn veröffentlichen???
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von Sirona
als Antwort auf Neptun vom 08.04.2015, 12:33:14
Neptun, Du hast interessante Gedanken aufgeworfen. Ähnliche gingen mir auch durch den Kopf als ich lesen musste, dass die Christianisierung die Entwicklung unserer Gesellschaft um mehr als 1000 Jahre verhindert habe.

Inzwischen klagen die Kirchen über einen zunehmenden Mitgliederschwund und darüber dass sich immer mehr Menschen von der Christenheit abwenden. Somit müssten die Verhältnisse in einer sich mehr und mehr entfaltenden säkularen Gesellschaft besser werden, sich die Menschheit weiterentwickeln können und friedlichere Verhältnisse zu beobachten sein.

Ist das aber so? Wie sieht es in einer Welt aus, in der das Christentum immer weniger Einfluss ausübt?
Gewalt und Kriminalität nehmen in beängstigender Weise zu, selbst Jugendliche und Kinder werden immer gewaltbereiter. Man achtet das Gut anderer nicht mehr, Häuser und Wohnungen gleichen oft einer Festung. Die Gefängnisse sind überfüllt und kosten dem Steuerzahler viel Geld. Und Mobbing scheint an den Arbeitsplätzen alltäglich geworden zu sein, viele Menschen leiden an dem Burnout-Syndrom. Die Alten- und Pflegeheime sind überfüllt und die Voraussetzung für eine Aufnahme erfordert oft eine langjährige Anmeldung. Die menschliche Versorgung in den Krankenhäusern lässt zu wünschen übrig. Massentierhaltungen und unmögliche Tierquälerei in den Forschungslabors werden von gewissenlosen Menschen durchgeführt, zudem wird die Umwelt verpestet und verschmutzt. Überall sieht man nur noch das Streben nach Wohlstand und die Gier nach Reichtum, Reiche werden immer reicher und Arme immer ärmer. Die freie Sexualität hat auch keinen Fortschritt gebracht bzw. die Menschen glücklicher gemacht, im Gegenteil, es gibt immer mehr alleinerziehende Mütter, die an den Belastungen oft zerbrechen.

Sieht so der Fortschritt einer nichtchristlichen Welt aus? Nein sicher nicht, ich sehe darin eher den Untergang einer Zivilisation.

Zugegeben, im Namen der Christenheit sind viele Gräueltaten verübt worden, aber lebt man in einer Gesellschaft sicherer in der ethisch-moralische Grundsätze keine Rolle mehr spielen und jeder das tut was ihm gefällt?

Sirona

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Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Neptun vom 08.04.2015, 12:33:14
Aus der Presse entnahm ich, gläubige Christen haben einen Gendefekt oder, was noch schlimmer ist, sie sind mit einem „Gottesgen“ infiziert (kein Witz). So das Neueste aus der Wissenschaft. Welche Wissenschaftler dies postulieren, wird tunlichst verschwiegen.
Das ist nicht das Neueste aus der Wissenschaft, sondern alt. Und es stecken ein paar Mißverständnisse darin. Das sog. "Gottesgen" war der Versuch einer Erklärung, warum manche Menschen gläubig sind und andere nicht. Diese Idee stammt aus dem längst überholten Glauben, daß Gene direkt unser Handeln und Denken steuern würden. Niemand hat jemals ernsthaft behauptet, daß ein Gen aus einer Infektion stammen würde.

Der Glaube, ohne das Christentum würde eine Gesellschaft nicht funktionieren, ist absurd. Es gibt auf der Welt genug Staaten bzw. Gesellschaften, die ohne einen nennenswerten Prozentsatz an Christen gut funktionieren. So ein Glaube an die grundlegende Bedeutung des Christentums zeugt höchstens von Scheuklappen beim Betrachten unserer Welt.

Merkwürdig finde ich außerdem, daß als Alternative zu Gläubigen immer nur Atheisten angeführt werden. Auch das sieht für mich nach selektiver Wahrnehmung aus. Es gibt zahlreiche Agnostiker, die nicht gegen die Existenz eines oder mehrerer Götter argumentieren, sondern denen es schlicht egal ist, ob es einen Gott gibt oder nicht. Einem Agnostiker ist der Glaube anderer egal, solange er damit nicht belästigt wird und er braucht keinen Gott für sein Leben, weil in seiner Weltsicht kein Bedarf für die Existenz übernatürlicher Wesen besteht.

Die 10 Gebote sind keineswegs eine christliche Erfindung, abgesehen von den Geboten mit Bezug zu einem Gott. Alle anderen Gebote sind lediglich Notwendigkeiten, die sich aus dem Zusammenleben vieler Menschen ergeben. So kann man sie zum Beispiel aus dem Gesetz vom Karma ableiten, nur daß sie dort nicht wörtlich formuliert sind, sondern Mitdenken erfordern.

det
dutchweepee
dutchweepee
Mitglied

Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf Sirona vom 08.04.2015, 13:17:32
Zugegeben, im Namen der Christenheit sind viele Gräueltaten verübt worden, aber lebt man in einer Gesellschaft sicherer in der ethisch-moralische Grundsätze keine Rolle mehr spielen und jeder das tut was ihm gefällt?

Ich bin ungetaufter Atheist, war noch nie in einem Religionsunterricht oder gar einem Gottesdienst. Willst Du mir Moral, Ethik und Mitgefühl absprechen, weil ich mit Göttern nichts am Hut habe? Ich laufe nicht stehlend, mordend, vergewaltigend und brandschatzend durch die Gegend, nur weil ich keine Angst vor einem strafenden, übernatürlichen Wesen habe.

Im Gegenteil - die meisten Straftaten werden nachwievor von Gläubigen verübt, da sie statistisch noch in der Überzahl sind, sich aber offensichtlich durch ihren "Glauben" nicht von schlimmen Straftaten abhalten lassen.
Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf dutchweepee vom 08.04.2015, 13:44:50
Willst Du mir Moral, Ethik und Mitgefühl absprechen, weil ich mit Göttern nichts am Hut habe? Ich laufe nicht stehlend, mordend, vergewaltigend und brandschatzend durch die Gegend, nur weil ich keine Angst vor einem strafenden, übernatürlichen Wesen habe.
Das ist einer Punkte, wegen denen ich manche Christen einfach nicht ernst nehmen kann. Sie scheinen wirklich zu glauben, daß Moral und Ethik nur vom Glauben an ihren Gott abhängen. Wie verblendet muß man durchs Leben laufen, um solche Behauptungen aufzustellen?

det

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Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf Neptun vom 08.04.2015, 12:33:14
...Zum Schluss erlaube ich mir die provokante Bemerkung, dass ohne Christentum ein funktionierendes Leben in der Gesellschaft überhaupt nicht denkbar wäre. Asche auf mein Haupt...
Damit hast Du ohne Zweifel Recht. Mit der Asche.

Jedoch...
hat das nichts mit Christentum zu tun, sondern mit Verstand.
Mit der Erkenntnis, dass es einer allein nicht schaffen kann.
Ich kann nicht auf dem Feld arbeiten, und gleichzeitig eine Dissertation korrigieren (als Beispiel). Und noch ein einigermaßen angenehmes Leben haben ohne Steine kloppen zu müssen.
Also muss ich mich mit anderen arrangieren; und zwar auf einer Ebene, die für alle gangbar ist, nämlich mit den Gesetzen, die sich diese Gemeinschaft gegeben hat (und nicht ein evtl Gott).

Die 'Unregelmäßigkeiten', die sich Kirche erlaubt hat, die darauf pocht, die Religion zu verbreiten, sind Dir sicher bekannt, zB: (Inquisition -heutzutage werden 'nicht-Gläubige' aus Kircheneinrichtungen entfernt/entlassen-, Kreuzzüge (im Namen des HErrn propagiert aus Machtgelüste eines Paptes), der Anspruch, als Stellvertreter Gottes auf Erden berufen zu sein, ... soll ich weiter aufzählen?
Und zum Schluss? den Mummenschanz, den Popanz der (katholischen) 'Würdenträger' bei verschiedenen Anlässen.

Sie haben den gezielten Sinn, Menschen, die sich eine Sache nicht erklären können -weil sie nicht genug Wissen haben-, zu erzählen, dass diese unbekannten Sachen einfach gottgegeben seien. Und damit hält man die Leute weiterhin dumm und bei der Stange. Eben weil sie wissen, dass sich da 'jemand kompetent darum kümmert'. Nämlich die studierten Herrschaften, die ihre Schäfchen bei der Stange halten müssen, um von deren 'freiwilligen' Pfründen (Steuern) zu überleben. (Limburg).

Menschen kann alles verkauft werden, und das geht am einfachsten über Glauben oder Gewalt (Dogmen), und Glauben kommt wieder aus der Religion. Und diese wird wieder missbräuchlich benutzt, umd 'das dumme Volk' auch weiterhin gläubig dumm zu halten.
Damit wird bewußt und vorsätzlich gezielt der Verstand vernebelt; eine ganz besonders hinterlistige Art und Weise, wie mit Menschen niemals umgegangen werden sollte. Die (kath) Kirche aber tut es weiterhin und vorsätzlich zum Schaden der gesamten Menschheit. Das hatte schon Luther (teilweise) erkannt.

Deswegen gehören 'Religion/Glauben' eigentlich hinweg gefegt. Der Glaubens- Habitus sitzt allerdings sehr fest im Leben der Menschen. Und damit das auch ja so bleibt, werden schon Kids infiltriert. Was Hänschen nicht lernt, das ... Was Hänschen aber lernt, das bleibt hängen. Es bleibt Unfug, Unwissen hängen.

Die Gesetze und Gegebenheiten, die ein Mensch zum (Über-)leben braucht, sind nicht religions- oder glaubensgebunden. Sie stammen aus der Realität. Und weil diese Realität manchmal hart ist, springt die Religion, die Kirche, mit ihrem 'gottgegebenem Trost' ein.
Hilfts sachlich? Nein! Anpacken hilft. Und davon lenkt der Glaube (ist ja alles gottgewolltes Schicksal) ab.

Ein Leben ohne Religion ist deswegen sehr wohl besser lebbar als eines mit einer einlullenden Religion.
silhouette
silhouette
Mitglied

Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von silhouette
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.04.2015, 13:57:13
Die gewichtigeren Grundlagen auf die sich unsere heutigen Vorstellungen von Kultur, Ehtik und Moral, letztendlich also von Zusammenleben beziehen, finden sich in der Aufklärung und im Humanismus (siehe bei wiki, wenn es jemanden interessiert). Und das war unser Glück. Denn die christliche Religion, die zwar von Luther schon sehr demokratisiert und humanisiert wurde, zeigt, wie du auch an extremen Begriffen dargestellt hast, nicht das Gesicht der Gesellschaft, in der wir jetzt leben (dürfen!).
justus39
justus39
Mitglied

Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von justus39
als Antwort auf Neptun vom 08.04.2015, 12:33:14
Danke für diesen Beitrag Neptun.
Ich selbst bin kein fanatischer Kirchengänger, aber ich schäme mich nicht, ein Christ zu sein.

Auch habe ich keine Probleme damit, an eine höhere Intelligenz zu glauben, der wir die Ordnung im Kosmos und die Funktion der Naturgesetze zu verdanken haben. Ich halte es für vermessen wenn der kleine sterbliche Mensch von sich behauptet, das Höchste, Größte und Vollkommenste zu sein, was die Welt je hervorgebracht hat. Dabei befinde ich mich auch durchaus in guter Gesellschaft.

Das Christentum hat ursprünglich auch viel zur Zivilisation in Europa beigetragen.
Wir verdanken den Klöstern die schreibkundigen Gelehrten, welche den Kosmos erforschten, Kranke pflegten und es verstanden, Heilkräuter gegen Krankheiten zu verwenden. Daher dürfte auch noch das Latein unserer Ärzte und Apotheker stammen. Die Zehn Gebote wurden zur Grundlage unserer Gesetzbücher, und die ersten Bildungsanstalten waren wohl christliche Klöster.
Nicht zuletzt verdanke ich dem Christentum auch meine Freude an den Orgelwerken, Requiems und Chorgesängen und an der klerikalen Architektur.

Aber wie jede Weltanschauung und Gesellschaft wird auch der Machtaperat der Kirche zu einer reaktionären Institution wenn er sich nicht reformiert sondern an überholten Dogmen festhält und seine Macht missbraucht. Ich bin der Hoffnung, dass das Christentum in Europa seine schlimmsten Zeiten, für die auch alle staatlichen Mächte Verantwortung trugen, hinter sich hat und sich jetzt auf einem guten Weg befindet.
Ich fürchte aber auch, dass die zivilisierte Menschheit eines Tages einen Glauben bitter nötig haben wird.

justus
Sirona
Sirona
Mitglied

Re: Hat das Christentum nur Schlechtes gebracht?
geschrieben von Sirona
als Antwort auf justus39 vom 08.04.2015, 14:08:47
Justus, besser hätte ich die Vorteile nicht aufzählen können, die unsere europäische Kultur durch das Christentum erfahren hat. Als große Verehrerin klass. Musik ist es mir ein Bedürfnis die großartigen Oratorien, Messen, Requiems und auch die orthodoxen Gesänge zu hören. Ohne das Christentum wäre dies nicht möglich, denn die Komponisten wollten mit ihren Werken einem höheren Wesen - Gott - dienen.

Jede Medaille hat zwei Seiten. Warum immer nur die schlechte Seite aufgezeigt und die andere Seite ignoriert wird ist für mich unverständlich.

Das echte Christentum beinhaltet Menschentum, Humanismus ohne kirchliches Beiwerk. Genau darum handelt es sich bei der christlichen Lehre. Jesus und seine Apostel wollten keine Kirche gründen, sondern die Menschen zum wahren verantwortlichen Menschentum führen. Insofern ist seine Lehre neben der Ethik anderer großer Denker und Philosophen das Mittel, den Humanismus über alle Glaubensmodelle zu stellen und zu fördern. Bei Jesus, Buddha, Judentum etc. geht es letzten Endes um das Erreichen einer wahren menschenwürdigen Kultur! Doch scheint der unmündige Mensch seit seiner frühesten Geschichte so etwas wie Rituale zu benötigen, die ihm durch die Kirchen und verschiedenen Religionen angeboten werden, die ihn aber von dem wesentlichen Kern der Lehre entfernt.

Sirona

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