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Religionen-Weltanschauungen Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?

Carla21
Carla21
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Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von Carla21
Was sagt Ihr dazu - evtl. auch im Zusammenhang mit der Diskussion um Thilo Sarrarzin?

Das Folgende sind entweder direkte Zitate oder Zusammenfassungen von S. 135 – 138 aus dem Buch „Welcome to your brain“ von Sandra Aamodt und Samuel Wang, dtv-Verlag , Auflage 2010.

„Gehirne können sich im Laufe der Zeit auf zwei Arten weiterentwickeln.1. kann die Umgebung die Hirnentwicklung beeinflussen und rasche Veränderungen, selbst von einer Generation auf die nächste auslösen.2. geht die biologische Evolution weiter, bei der Veränderungen über mehrere Generationen hinweg stattfinden.

Ein Teil der Veränderung zu 1. könnte dem sogen. Flynn-Effekt zugrunde liegen. Anhand der Daten aus 20 Ländern auf der ganzen Welt untersuchte Flynn (Neuseeländer) die Ergebnisse bei standardisierten Intelligenztests im Verlauf der Zeit. Er stellte fest, dass die durchschnittlichen Werte in jedem Land bei späteren Generationen anstiegen – durchschnittlich um etwa 3 Punkte pro Jahrzehnt (in Israel sogar um 20 Punkte in 30 Jahren). Wegen der besseren Ernährung und der anregenden Umgebung ist es durchaus möglich, dass menschliche Gehirne heute im Durchschnitt größer und ausgereifter sind als noch vor hundert Jahren.

Einige Indizien sprechen dafür, dass sich dieser Effekt allmählich abschwächt. In Dänemark, dem Land mit dem höchsten Zuwachs zu 1. steigt der Intelligenzquotient (IQ) seit einigen Jahren nicht mehr an.
Mit anderen Worten, weil die Zahl der armen oder ihrer Ressourcen beraubten Menschen abnimmt, steigt der durchschnittliche Intelligenzquotient. Die Steigerung der Intelligenz in Spanien nahm von einem niedrigen bis zu einem hohen IQ allmählich ab, wobei in der oberen Hälfte fast kein Zuwachs mehr zu beobachten war.

Die Autoren ziehen folgende Schlussfolgerungen: Damit eine natürliche Selektion (2.)eintritt, müssen Individuen mit einem bestimmten Merkmal mehr Nachkommen haben als Individuen, denen dieses Merkmal fehlt. Es kann Jahrtausende dauern, bis irgendwelche Änderungen der Intelligenz zu beobachten sind.
Den Flynn-Effekt zu beeinflussen, und so schnellere Wirkung zu erzielen, ist ein viel sinnvollerer Einsatz für die Verbesserung unserer Spezies – zumindest ein Einsatz mit einem unmittelbaren Gewinn. Erst nach Ausschöpfung dieser Ressourcen sollte man sich um die Verbesserung der natürlichen Selektion (2) kümmern.“
yuna
yuna
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Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von yuna
als Antwort auf Carla21 vom 19.03.2011, 19:07:08
Gibt es nicht Entwicklungen, die sprunghaft einsetzen können, einfach aus dem Grund heraus, dass anders das Überleben nicht mehr gesichert wäre? Bzw ein Fortbestand der Spezies?
Das muss dann ja nicht zwangsläufig eine Entwicklung über Jahrhunderte sein und auch nicht zwangsläufig eine natürliche Weiterentwicklung.
Oftmals sind es spontane Mutationen.
Ich denke dabei beispielsweise an die Frauen in Afrika, die sich seit Jahren prostituieren und von denen einige Frauen aufgrund dieser Lebensumstände inzwischen immun gegen HIV sind.
Es gibt einige Fälle in der Geschichte, wo beispielsweise nach dem Ausbrechen einer schweren Epidemie die nachfolgenden Generationen durch die Überlebenden, genetische Veränderungen aufwiesen, die sie immun gegen die jeweilige Krankheit machten.

Ich könnte mir vorstellen, dass so was auch mit dem Gehirn passieren kann. Ich weiß nicht, ob das einer Steigerung der Intelligenz zugute käme, es könnte auch einfach neue Fähigkeiten mit sich bringen.

Davon ab, bin ich aber irgendwie der Ansicht, dass das Gehirn an sich schon weit genug entwickelt ist, wir haben nur nicht freien Zugriff auf alles. Was in unser Bewusstsein drängt sind gefilterte Informationen. Aufnehmen und verarbeiten tut das Gehirn viel, viel mehr. Hätten wir da auf alles bewusst Zugriff, wären wir vermutlich hoffnungslos überfordert. Also besteht die Entwicklung vllt. dahingehend, dass die Filter nach und nach mehr durchlassen.

Ich denke z.B. an Savants und/oder andere neurologische Erkrankungen bzw Besonderheiten. Bei Savants ist dieses Filtersystem idR. an einigen Stellen defekt, weshalb sie so unglaubliche Fähigkeiten entwickeln können. Dafür sind sie aber dann oftmals auch zu kaum was anderem noch in der Lage.

Hach ja, das Gehirn. So spannend. Und noch so unerforscht, obwohl es schon so viel darüber zu lesen gibt.
schorsch
schorsch
Mitglied

Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von schorsch
als Antwort auf Carla21 vom 19.03.2011, 19:07:08
Meine Meinung: Intelligenz wird - wie viele andere lebensnotwendige Dinge - in den Genen von Eizelle und Sperma vererbt. Sie können nur langsam - über Tausende von Generationen - sich ändern. das aber, was wir im laufe unseres Erdenlebens lernen, wird vielleicht zu einem Hunderttausendstel in die Gene eingebaut, aber das allermeiste geht mit dem Tod verloren.

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hema
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Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von hema
Zwei Fragen:

1. Was hat diese Diskussion mit Religion zu tun?
2. Sind die paar deka Gehirn das einzig Wichtige im Menschen?

Der Mensch an sich entwickelt sich noch immer. Da ist neben dem Gehirn mehr includiert.

Z.B. das Herz, Gefühle, Erkenntnisse.

Wenn wir Menschen erkennen, dass etwas falsch ist und wenn wir dann anders handeln wollen, dann ist das eine Erkenntnis aus unseren Erfahrungen heraus. In diesem Sinn könnte ich fast sagen - wir sind gescheiter geworden und das hat sich vielleicht oder auch nicht, im Gehirn manifestiert.

Aber wer kennt schon die ganzen Zusammenhänge in unserem Körper? Oder weiß das jemand?

Mit Religion hat das nichts zu tun. Eher mit Gott!




yuna
yuna
Mitglied

Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von yuna
als Antwort auf hema vom 20.03.2011, 11:27:36
Aber hema, es behauptet doch keiner, dass das Gehirn das wichtigste am Menschen ist und dass er sich sonst nicht weiter entwickelt.
Warum darf man nicht spezialisiert auf einen Bereich diskutieren, ohne das es heißt, man würde den Rest vernachlässigen?

Davon ab zeigt mir die Geschichte häufig, dass der Mensch vllt. dazu lernt, aber auch sehr schnell wieder vergisst und dann dazu neigt, die gleichen Fehler wieder und wieder zu machen.

Das unterscheidet ihn von einigen Tierarten :P
loretta
loretta
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Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von loretta

Ist das Gehirn wirklich das wichtigste?
Da gibt es anders lautende Meinungen

Arschloch

loretta

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Karl
Karl
Administrator

Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von Karl
als Antwort auf Carla21 vom 19.03.2011, 19:07:08
Hallo carla21,


Du sprichst hier zwei unterschiedliche Themen an. Einerseits erwähnst Du, dass das Gehirn ganz offensichtlich in seiner individuellen Entwicklung von Umweltfaktoren abhängig ist. Diese sind sehr vielfältiger Natur. So "banale" Sachen wie Wetter und Ernährung spielen eine Rolle, aber bei sozialen Tieren wie dem Menschen sind natürlich besonders die sozialen Interaktionen wichtig (s. z. Kaspar Hauser), dazu gehört die Ausbildung in Elternhaus, Kindergarten und Schule.

Wir unterscheiden uns statistisch gesehen genetisch nicht signifikant von unserer Elterngeneration. Alle statistischen Veränderungen in Bezug auf Gehirne und deren Leistungen wie IQ etc., die zwischen benachbarten Generationen zu beobachten sind, sind zu 99.999999% auf Umweltänderungen zurückzuführen.

Wir dürfen nicht vergessen, dass Rundfunk, Fernsehen und Internet relativ neu auf dieser Erde sind.

Das zweite Thema ist die Evolution der genetischen Grundlagen von Gehirnen. Diese erstreckt sich über viel längere Zeiträume, da individuell erworbene Eigenschaften nicht vererbt werden! Evolution ist eine langsamer Prozess, der viele Generationen und Selektionsprozesse erfordert.


Karl

yuna
yuna
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Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von yuna
als Antwort auf loretta vom 20.03.2011, 12:15:15
Haha, Loretta, uuuh das Video habe ich schon ewig nicht mehr gesehen.

Davon ab, wenn man mal bedenkt, dass das erste, was bei der Menschwerdung entsteht, der Schließmuskel ist... *hüstel* wird da schon was dran sein :P

Wir waren also alle mal ein Arschloch.
Die einen haben sich weiter entwickelt.
Andere nicht.
So ist das.
Ist ja aber nicht schlimm, als "anderer" kann man ja immer noch z.B. Atomlobbyist oder Diktator werden.
loretta
loretta
Mitglied

Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von loretta
als Antwort auf yuna vom 20.03.2011, 14:21:59


sehr gut

loretta
Carla21
Carla21
Mitglied

Re: Intelligenz, Vererbung. Entwickelt sich das Gehirn immer noch?
geschrieben von Carla21
Lieber gesund und intelligent als krank und doof.

Die beiden Autoren von „Welcome to your brain“ meinen (das war ein Diskussionsanstoß und nicht meine Meinung), dass die Investition in eine anregende und von Mängeln - wie z. B. fehlende Bildung, Hunger/Durst oder ständige Bedrohung - freie Umgebung derzeit mehr für die allgemeine (messbare) und schnelle Intelligenzentwicklung bringt als der Eingriff in das menschliche Erbgut d. h. der Eingriff in die natürliche Selektion.

Die natürliche, unbeeinflusste Entwicklung neuer Gehirneigenschaften dauert sehr lange und unterliegt m. E. Zweifeln hinsichtlich ihrer positiven Wirksamkeit auf tatsächliche Lebensumstände.

Beim Auftreten neuer Blutgruppen konnte man z. B. ziemlich schnell ihr Auftreten im Verlauf der Menschheitsgeschichte bestimmen, aber bis heute steht gar nicht fest, ob die zuletzt aufgetretene Blutgruppe (B) die beste Variante ist und ob sie nicht gleichzeitig Nachteile mit sich bringt. Spontane Mutationen treten immer wieder und sogar individuell in erstaunlicher Anzahl auf. Aber diese Mutationen sind spontan und prozentual eher schädlich als nützlich. Wobei der Zufall z. B. bei der Resistenz gegen Aids den kurzfristigen Vorteil von spontanen Mutationen verdeutlicht. Aber die Menschheit hat insgesamt wohl eher dadurch überlebt, dass sie die Ursache der Krankheit erkannt und Gegenmittel entwickelt hat, d. h. mittels Intelligenz reagiert hat wobei die resistenten Frauen in Afrika evtl. besonders zur Verbreitung von Aids beigetragen haben. Dies dürfte die Komplexität von spontanen Mutationen verdeutlichen. Damit sich spontane Mutationen weltweit durchsetzen, müssten sich die Erbträger außerdem überdurchschnittlich vermehren. Und wenn das tatsächlich geschehen sollte, dann müsste sich die Umgebung wenig wandeln, damit die Mutationen ihren Vorteil dauerhaft ausspielen können.

Es geht nicht darum, dass anfänglich noch viele Fehler wegen fehlenden Wissens gemacht werden (es wird z. B. immer wieder betont, dass eine gezielte Beeinflussung von Charakter oder Intelligenz derzeit noch gar nicht möglich ist) und vermutlich die individuellen Kosten bis zur Zielerreichung hoch sein dürften, sondern darum, ob wir überhaupt eine Verbesserung der Intelligenz und der vererbbaren Eigenschaften für erforderlich halten d. h. sie überhaupt wollen.

Wenn wir aber nicht einmal bereit sind, uns und den einzelnen Menschen vor gravierenden Erbkrankheiten mittels PID (Aussonderung von erbkranken Embryonen im Zellstadium von 4 - 8 Zellen im Wege der künstlichen Befruchtung) schützen zu lassen, weil Politik, d. h. viele Bürger das als unerlaubten Eingriff in die natürliche Evolution ansehen und die angeblich schnell mögliche Verbesserung der Intelligenz durch eine anregende und menschenfreundliche Umgebung angezweifelt werden darf, da auch aufgrund kultureller Einflüsse eine allgemeine und schnelle Intelligenzentwicklung behindert werden kann, dann befürchte ich, dass die Möglichkeit der gezielten Eingriffe in die dauerhafte Verbesserung unser Gene und damit unseres Gehirns später nicht wahrgenommen wird und der Mensch viel zu lange so mangelhaft bleibt wie er ist.

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