Religionen-Weltanschauungen Normalität

miriam
miriam
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Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von miriam
Normalität lässt sich nicht herbeireden

Der Titel den ich diesem Thread gegeben habe, ist eigentlich ein Satz von Salomon Korn* - ein Mensch den ich verehre und immer wieder gerne lese. (Zu seiner Person siehe Link).

In der Tat: wir sind noch weit entfernt von der wünschenswerten Normalität zwischen Christen und Juden, besser gesagt zwischen nichtjüdischen und jüdischen Deutschen.

Aber schon die Normalität wird anders aufgefasst bei diesen zwei Gruppierungen.
Der Treffpunkt (im übertragenen Sinne) wäre die Erinnerung – und ich finde es eigentlich in gewisserweise auch verständlich, dass sich eben da die Geister scheiden.
Einerseits möchte man lernen mit den Erinnerungen zu leben, diesen vergangenen Alltag in den heutigen Alltag zu integrieren und ihn auf dieser Weise auch begehbar zu machen, die anderen möchten sich eigentlich lieber nicht erinnern. Man hat vielleicht auch deswegen Erinnerungstage eingerichtet – an den tragische Teil der Vergangenheit wird da gedacht – den Alltag möchte man ungestört begehen.

Ungestört? Ja - warum denn eigentlich gestört? Nur eine ganz kleine Minderheit war damals schon auf der Welt, für die Taten der Vorfahren ist man nicht verantwortlich – nur für die gebotene Wachsamkeit, dass sich so etwas nicht wiederholt.

Salomon Korn weist darauf hin, dass die Shoa eine Vergangenheit ist, die man nicht einfach bewältigen kann.
Aber es gibt in der unterschiedlichen Erinnerung, auch Punkte an denen man sich begegnet. Als Architekt, lag Korn besonders daran, diese Begegnungspunkte auszubauen.

Ich weiß nicht, ob es ihm gelungen ist diese Begegnungspunkte so zu gestalten, dass man sie auch einigermaßen unbeschwert aufsucht.
In stelle nur fest, dass die Themen die hier zu solchen Begegnungspunkten werden könnten, von einigen wenigen als Barriere ausgebaut werden. Gemeinsames Erinnern wird dabei eine vermutlich [i]gewollte[/]? Unmöglichkeit.

Miriam
dutchweepee
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von dutchweepee
als Antwort auf miriam vom 26.12.2009, 11:28:36
Als "Ungläubiger" sind Juden für mich so normal wie Christen, Moslems oder das Pizza-Monster. Die verschiedenen Sekten sollten eigentlich in den vielen tausend Jahren gelernt haben, miteinander zu leben. ABER NEIN! Sie haben jede noch ihren wahren Gott und die allein seeligmachende Wahrheit - eklig!
miriam
miriam
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von miriam
als Antwort auf dutchweepee vom 26.12.2009, 11:34:36
Nur eine kleine Anmerkung, Dutch: du gehst von der falschen Voraussetzung aus, dass Jude sich auf eine Religionsangehörigkeit begrenzt.
In diesem eng gefassten Sinn wäre ich auch nicht Jüdin.

Im übrigen: Normalität lässt sich auch nicht herbeifluchen.

Miriam

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seewolf
seewolf
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von seewolf
als Antwort auf miriam vom 26.12.2009, 11:43:00
Ich habe jetzt Erklärungsbedarf - Miriam:

Wenn sich "Jude" NICHT auf Religionszugehörigkeit begrenzt, wie Du schreibst, worauf noch erstreckt sich der Begriff "Jude"?
sysiphus
sysiphus
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von sysiphus
als Antwort auf seewolf vom 26.12.2009, 16:36:14
Was ist eigentlich ein Jude?

Von Georg Kreisler

Am Anfang des vergangenen Jahrhunderts hielt jemand in Prag eine politische Rede, in deren Verlauf er sagte: "Ich bin aus dem Judentum ausgetreten", worauf der im Publikum sitzende Max Brod rief: "Aber das Judentum nicht aus ihnen."

sysiphus...
miriam
miriam
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von miriam
als Antwort auf sysiphus vom 26.12.2009, 17:02:19
Als Erstes ein herzliches Dankeschön an dich Sysiphus - du hast mir die Antwort sehr erleichtert mit deinem Zitat von Georg Kreisler.

Ich möchte versuchen diese zum Teil schwierige Frage mal anders als direkt zu beantworten.
Was bedeutet der Begriff Volk – wenn man über Juden spricht?
Als Volk betrachte ich eigentlich die Israelis – denn diese verbinden mehr Merkmale als die Juden die in anderen Ländern leben. Es verbinden sie zwar auch die kulturellen Merkmale, die Tradition u.U. die Religion – zum Unterschied aber zu den Juden die in anderen Ländern leben, verbindet die Israelis ein gemeinsames Land, eine gemeinsame Staatsangehörigkeit und eine gemeinsame Sprache.
Nur bedingt verbindet sie auch eine Religion, es gibt wesentlich mehr Traditionalisten in Israel, als religiöse Menschen, dies ist aber ein anderes Kapitel.

Juden die in vielen anderen Ländern dieser Welt leben, verbindet in erster Linie die Tradition (wie schon oben erwähnt: nicht zu verwechseln mit der Religion), zum Teil gehört die spezifische Kultur auch zur Tradition – ich tendiere eher dazu, die kulturellen Merkmale als eigenständig zu betrachten.

Die nicht zu leugnenden Gemeinsamkeiten die eine Gruppe mehr oder weniger homogen erscheinen lässt, kann man am ehesten als eine Ethnie betrachten.

Wenn auch diese Ethnien von Land zu Land auch unterschiedliche Merkmale aufweisen, überwiegen die Gemeinsamkeiten die auch geschichtlich gewachsen und bedingt sind.
Ethnien leben immer als Minderheit auf dem Territorium eines Staates. Dass ihnen heute in den westlichen Demokratien die gleichen Rechte erteilt wurden wie dem Rest der Bevölkerung, ist m.E. eine der wesentlichen Verdienste der Demokratie.

Leider ist auch die Judenverfolgung eine solche Gemeinsamkeit, die natürlich auch vor dem Holocaust bestand. Wie viele andere auch, betrachte ich in Bezug auf die Gemeinsamkeit, den Holocaust als ein negatives (historisches) Element, welches hoffentlich nur vorübergehend das Wir-Gefühl verstärkt hat.

Hingegen ist die Diaspora (hier ist damit die Judenvertreibung gemeint), ganz sicher eines der Elemente die zur Gemeinsamkeit geführt hat und weiterhin dazu gehört.

Gruß von Miriam

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hugo
hugo
Mitglied

Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von hugo
als Antwort auf miriam vom 26.12.2009, 18:07:11
hallo miriam
"Hingegen ist die Diaspora (hier ist damit die Judenvertreibung gemeint), ganz sicher eines der Elemente die zur Gemeinsamkeit geführt hat und weiterhin dazu gehört."

wie kommst Du darauf bzw was ermutigt Dich da von Gemeinsamkeit zu sprechen ??

Es stimmt, bis zu der Aussage das es eine gemeinsame Unterdrückung, Vertreibung Ausrottung usw. von Christen, Juden, Sinti, Roma, Kommunisten und vielen sich nicht dem Faschismus einreihenden Menschen während der Nazizeit gab.

Daraus ist jedoch keineswegs (wie man auch hätte erwarten und erhoffen können)eine fest zusammenhaltende und sich gegenseitig schützende und helfende "Gemeinschaft" geworden,,nicht mal für eine dauerhafte Interessengemeinschaft hat es gereicht,

im Gegenteil,,im Zuge der jeweils eigenen Pfründe gehen sich die Vertreter dieser damals gemeinsam Verfolgten,,,(bis auf wenige Ausahmen) jetzt fast an die Gurgel

hugo
hema
hema
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von hema
als Antwort auf miriam vom 26.12.2009, 18:07:11
Geh ich richtig in der Annahme dass Jude ein "Volksstamm", eine Kultur ist wie z.B. Indianer, Zigeuner, Inka, etc.?

Das Besondere am Judentum ist aber die Religion, aus der praktisch der Islam und das Christentum hervor gegangen sind. Für beide Religionen ist das AT und damit das ADAMSGESCHLECHT die Basis des heutigen Lebens.

Eigentlich alles sehr normal.
Ich hab sowieso kein Problem damit.



schorsch
schorsch
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von schorsch
als Antwort auf miriam vom 26.12.2009, 11:28:36
Jude, Christ, Moslem, Hindu, Atheist; alles Menschen wie du und ich. Das Denken macht den Menschen aus. So wie ich denke, bin ich wohl von allem etwas - und es ist mir wohl dabei!
JuergenS
JuergenS
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Re: Normalität lässt sich nicht herbeireden
geschrieben von JuergenS
als Antwort auf schorsch vom 27.12.2009, 09:46:26
So wie du, Schorsch, denke, lebe auch ich.
Du könntest deine Sammlung noch erweitern um:
Suchende, die noch in keiner Religion angekommen sind, aber in dem Umfeld mitschwimmen, in dem sie, zufällig, leben. Zu denen rechne ich mich, ich bin nicht besser oder schlechter als Religions-Überzeugte.

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