Religionen-Weltanschauungen Öffentlich sterben?

ingo
ingo
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Öffentlich sterben?
geschrieben von ingo
Hier ein interessanter Kommentar zum Thema.....und am Ende die Informations-Quelle...( Bitte erst lesen, dann gucken...)

Öffentliches Sterben?
Unsere Gesellschaft hat Sterben und Tod in die Ecke gestellt

In der vergangenen Woche hat ein ungewöhnlicher Plan des Aktionskünstlers Gregor Schneider für Furore gesorgt: Er will einen Menschen im Museum sterben lassen. Die erwarteten Reaktionen der Politiker und Kirchenmänner ließen nicht lange auf sich warten. Völlig undenkbar, lautete das einhellige Urteil. Dabei stellt sich aber die Frage, ob die Darstellung beziehungsweise die Öffentlichkeit des Todes oder das Sterben selber das Kopfschütteln hervorruft. So ungewöhnlich die Idee auch im ersten Augenblick klingt, desto plausibler ist es, dass ausgerechnet ein Künstler das Thema aufs Tapet bringt. Immerhin ist es Aufgabe der Kunst, mit Tabus zu brechen und den Menschen den Spiegel vorzuhalten – und der Tod ist in unserer Gesellschaft wohl eines der größten Tabuthemen überhaupt.

Bis vor 60 Jahren gehörte der Tod zum Alltag dazu. Die Alten starben in der häuslichen Geborgenheit inmitten ihrer Familie und Freunde. Die Bekannten defilierten am Sterbebett vorbei und nahmen Abschied vom Sterbenden. Lebensverlängernde Maßnahmen im heutigen Sinne gab es nicht. Wenn die ärztliche Kunst an ihre Grenzen stieß, dann war es eben so. Nach dem Tod wurde der Leichnam von der Familie für die Beerdigung zurechtgemacht, zu Hause aufgebahrt und mit großem Zeremoniell zur letzten Ruhe begleitet. Der „Pomp funèbre“ stand dem einer Hochzeit in nichts nach. Vom damaligen Umgang mit dem Tod zeugen die vielen künstlerischen Grabmäler und Mausoleen. Einen besonderen Einblick in die Sterbekultur der Zeit unserer Großeltern gibt das Bestattungsmuseum in Wien, aber auch in vielen Bauernmuseen hat das Thema Sterben und Tod genauso selbstverständlich seinen Platz, wie Geburt oder Hochzeit.

Heute ist das Sterben an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Die Menschen sterben nicht mehr daheim, sondern in Kliniken oder Heimen. Oft sind sie in ihren letzten Stunden allein oder von fremden Menschen umgeben. Häufig versuchen Ärzte die Todkranken mit jedem medizinischen Mittel am Leben zu erhalten. Leben um jeden Preis – nach dem Willen des Sterbenden wird meist nicht gefragt, oder er wird ignoriert.

Als Gegenbewegung sind in den vergangenen Jahren an vielen Krankenhäusern so genannte Palliativstationen entstanden, die unheilbar kranken Menschen ein würdiges Sterben ermöglichen sollen. Ebenso gibt es seit etlichen Jahren die Hospizstiftung, die schwerkranken Menschen ein würdevolles Sterben in Geborgenheit und mit vertrauten Menschen ermöglicht. Jedoch haben es diese und ähnliche Stiftungen nicht immer leicht. So sollte vor zwei Jahren am Rande einer Neubausiedlung in Bayreuth ein Hospizstift entstehen. Allerdings musste dieser Plan nach heftigsten Protesten der Nachbarn wieder fallengelassen werden.

Der Grund für die Proteste war schlicht und einfach: Die Nachbarschaft fürchtete sich davor, in allzu engen Kontakt mit dem Thema Tod zu kommen. Vorgeschoben wurden dabei die Kinder. Für diese wäre es ein Schock, wenn womöglich täglich Leichenwagen vor dem Haus hielten und Särge verladen würden. Diese kleine Episode zeigt deutlich, wie sehr wir das Lebensende aus unserer Mitte verbannt haben. Der Tod ist zur „persona non grata“ geworden, die Angst vor ihm beherrscht das Denken unserer Gesellschaft.

In dieser Situation stößt Gregor Schneider mit seinem Vorschlag des öffentlichen Sterbens fast schon zwangsläufig auf eine Mauer des Widerstands. Dabei ist es gerade mal drei Jahre her, dass Menschen und Medien fasziniert das öffentliche Sterben von Papst Johannes Paul II. verfolgt haben. Dieser Papst hat die Menschen dadurch für sich gewonnen, dass er eben nicht vor Alter, Krankheit und Tod davongelaufen ist und sich in eine stille Ecke verkrochen hat. Er hat bewusst seine Gebrechlichkeit und sein Sterben den gesellschaftlichen Idealen nach Jugendlichkeit, Vitalität und dem Streben nach ewigem Leben entgegengestellt. Dabei hat er uns gezeigt, wie würdiges Sterben aussehen kann, auch wenn die Öffentlichkeit zusieht.

Ob der Tod im Museum mit der menschlichen Würde und einem würdigen Sterben vereinbar ist, darüber lässt sich sicherlich streiten. Schneider will mit seinem Projekt jedoch erstmal den Tod aus der Tabuzone holen und im Sterben vielleicht sogar noch etwas Schönes wahrnehmen lassen. Zumindest ersteres ist Schneider mit seiner Idee gelungen: Er hat die Diskussion um unsere Sterbekultur wieder angefacht und den Tod aus seiner Nische geholt. Und das ist gut so, denn der Tod gehört nun mal zum Leben dazu. Den Tod oder die eigene Vergänglichkeit wahrnehmen bedeutet auch ein Stück mehr Lebensqualität für jeden von uns, weil wir dann intensiver leben.

Katharina Hischer
Redaktion kath.de


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kreuzkampus
Karl
Karl
Administrator

Re: Öffentlich sterben?
geschrieben von Karl
als Antwort auf ingo vom 25.04.2008, 18:56:53
Zu diesem Thema gibt es bereits viele Wortmeldungen im Seniorentreff, s. Linktipp, das Thema hatte marina eröffnet.

Der von dir zitierte Kommentar, kreuzkampus, bringt einige Gedanken, die auch Seniorentreffler geäußert haben, aber nicht alle (die wenigsten) haben Verständnis für den Künstler.
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karl
pilli
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Re: Öffentlich sterben?
geschrieben von pilli
als Antwort auf Karl vom 25.04.2008, 19:02:34
also

wenn so ein öffentliches sterben eine gut vorbereitete bühne findet und vielleicht auch noch klageweiber schöne weisen singen ...

warum eigentlich nicht?

das einverständnis des wanderers zwischen den welten natürlich vorausgesetzt.


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pilli

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nasti
nasti
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Re: Öffentlich sterben?
geschrieben von nasti
als Antwort auf pilli vom 25.04.2008, 20:49:18

Jörg Immendorf dokumentierte seine Krankheit fast bis zum Tode in Medien. Für mich wäre schöner Ihn so behalten in Erinnerung, wie er war früher.
Obwohl ich ganz nahe stehe zum „zeichnerischen Exhibitionismus“, sterben möchte ich am liebsten alleine ohne Publikum, wie ein wildes Tier in Wald.
Die Geschmäcke sind verschieden…..


Nasti
nasti
nasti
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Re: Öffentlich sterben?
geschrieben von nasti
als Antwort auf nasti vom 25.04.2008, 21:18:17
Und noch was....


Ausstellung Pete Doherty: Er malt mit seinem Blut


http://www.stern.de/unterhaltung/ausstellungen/618077.html


Wahznsinnig große ist das Bedürfnis bekannt und berühmt werden...*g*
ingo
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Ups
geschrieben von ingo
als Antwort auf Karl vom 25.04.2008, 19:02:34
Ich wusste nicht, dass das Thema schon gelaufen ist.....Mir ging es eigentlich auch nur darum, mitzuteilen, dass sich Katholiken, die hier häufig miesgemacht werden, aktiv mit einem solchen Thema beschäftigen. Meine Sache ist dieses öffentliche Sterben nicht.
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kreuzkampus

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