Religionen-Weltanschauungen Wie leben alte Westlinke heute?

Heute Morgen musste ich bei der Lektüre der Südd. Zeitung (etwas verschlankt, da dort gestreikt wird) sehr an Sittingbull denken (in freundlichem Sinne). Es erscheint dort ein langes Interview mit Elmar Altvater, dem Ex-Politik-Professor und ein Aushängeschild der akademischen Altlinken in Westdeutschland, bzw. Westberlin.
Er steht nach wie vor zu seinem Wunsch, den Sozialismus in Deutschland (oder weltweit) zu installieren und dem Kapitalismus den Garaus zu machen, gibt aber zu, dass er milder wurde und dies nicht mehr vehement und mit voller Kraft betreibt - immerhin ist er auch schon 75 Jahre alt.
DAs machte mich auch ein wenig lächeln, wenn ein jahrzehntelanger deutscher Professor mit annehmbaren Sold und heute einer sicher üppigen Beamtenpension hier nicht aufgeben mag und womöglich ein wenig vergisst, welche kapitalistischen Steuerstrukturen sein Einkommen seit Jahrzehnten bezahlen?
Ich kenne Elmar Altvater aus seiner Münchner Studentenzeit und habe die Feste in der WG, wo er wohnte, in bester Erinnerung. Sie waren lang und feucht und gesprächstechnisch immer anspruchsvoll (bis zu einer gewissen Promille-Grenze).Auch in Schwabing`s Kneipen war er immer ein gerne gesehener Gast - sicher ebenso in Berlin. Olga

Westlinke und Ostrechte für mich aus der östlichen Froschperspektive ein undefinierbares Vokabular, welches der Erklärung durch Politexperten bedarf.

Crimmscher

Wie alte Westlinke heute leben?
Nun ich kenne eine Menge von ihnen, schließlich gehöre ich zur
68-er-Generation und fast jeder junge Mensch der etwas auf sich
gab, schloß sich dieser Bewegung an.
Brav sein war vorgestern, Rebellion gegen das Alte, Verkrustete
war das Gebot der Stunde, halbe Nächte wurde durchdiskutiert und
nach neuen Wegen gesucht, die altbackene Gesellschaft zu verändern.

Im Rückblick heute sehe ich manches erstaunliche. Ein großer Teil
der Westlinken begann, sich zu etablieren, ein nobler Beruf, ein
Häuschen, Urlaube in der Toskana, der R4 machte dem BMW Platz, die
Kinder besuchten Privatschulen, manche stiegen zu hohen Ämtern in
der Politik auf.

Meine Achtung genießt nach wie vor Norbert Gansel, der sich
meiner Meinung nach nicht verbiegen ließ.
Vom linken Utopia bin ich lange schon abgerückt,
möglicherweise ein wenig "weiser" geworden, ich bilde meine
Meinung aus dem, was ich sehe, höre, erlebe und
was um mich herum geschieht. Ich lasse mir kein X für ein U
vormachen. Und ich lebe recht zufrieden, abgesehen von diesem
oder jenem Zipperlein.

M.

Ja, liebe Medea - so ist es auch bei mir. Die langen Jahrzehnte in der Industrie haben mich sicher geformt und auch hinter die Kulissen des früher von mir so begeistert aufgenommenen Sozialismus blicken lassen (kam ja aus bürgerlichen, bayerischen Verhältnissen). Auch bei meinem Bruder sehe ich dies - es wäre aber auch fast ein wenig lächerlich, noch heute in Afghanistan-Jacken, möglichst wirren Haaren und auf Matratzen in WG`s zu leben (mit Rückenleiden) und unsere Joints mit billigem Rotwein runterzuspülen. WAs geblieben ist (bei mir) ist die Möglichkeit zum Denken und die Lust dazu und auch das Streiten darüber, wenn nötig.
Bei Elmar Altvater, den ich wie gesagt lange kenne, stört mich nur ein wenig, dass er zum einen gerne die Segnungen unseres kapitalistischen Systems in Anspruch nimmt und dann doch Mitglied der Linken wird mit einem immer noch kleinen Anspruch,dieses System zu zerstören. Ich werde versuchen, mit ihm Kontakt aufzunehmen - dies interessiert mich schon, was da in seinem gescheiten Kopf so vorgeht. Schöne Ostern - alles Gute weiterhin - Olga