Religionen-Weltanschauungen Zwiebeltürme in Bolivien?

angelottchen
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Re: Zwiebeltürme in Bolivien?
geschrieben von angelottchen
als Antwort auf bongoline vom 30.08.2008, 12:27:11
alles schön und gut, aber wenn die deutsche Presse so wichtige Details bei ihrer Berichterstattung auslässt, dann ist auch das mittelalterlich!


Damit nichts doppelt steht aber auch nicht vergessen wird,
hier noch einmal mein Beitrag aus dem Parallelthread;

Re: Zwiebeltürme in Bolivien?

( angelottchen antwortete [29.08.08 16.34] auf den Beitrag von longtime [29.08.08 12.53] )

tja, ein merkwürdig untriebiger Priester ... den seine Gemeinde übrigens schon 2006 unbedingt loswerden wollte und eine dringende Eingabe an den Erzbischof, den Kardinal und den Nuncio der Region machte ... vorgeworfen wird ihm ein "gewaltsamen Akt des Mobbing" und er sei ein exzentrischen Priester ...er hatte einen behinderten Mann in der Messe auf die Knie zwingen wollen und da dieser das körperlich nicht konnte, warf der Priester den Mann aus der vor den Augen der entsetzten Messebesucher aus der Kirche ..

Ausserdem wird ihm vorgeworfen, 50Mio Dollar die für die Armen und Bedürftigen in der Region im Ausland gesammelt worden waren, in seine abstrusen Kirchebauten gesteckt zu haben. In der bolivianischen Presse gibts da noch mehr Schoten über den frommen Mann ...

bestürzend, dass in den angelinkten Berichten von der Geldveruntreuung nichts steht ..


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angelottchen



der u.a. Link geht auf die bolivianische website von katari, einer organisation und Zeitung der Indios, die sich für die Interessen der Ureinwohner und den Mestizen und gegen eine Allmacht der Weissen einsetzt
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angelottchen
cecile
cecile
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Re: Zwiebeltürme in Bolivien?
geschrieben von cecile
als Antwort auf angelottchen vom 30.08.2008, 12:35:36
Ob weißblaue Zwiebeltürmchen in Bolivien zum Gesamtbild passen - das kann ich nicht sagen - die Bolivianer haben wahrscheinlich auch andere Sorgen, als sich um Stilbrüche dieser Art zu kümmern.

Viel mehr interessiert mich die kontestierte Persönlichkeit des Padre Obermaier - auch wenn er in Deutschland (von wegen Spendenfreudigkeit) anscheinend bis zum Seligmachungs-Prozess hochgejubelt wird - er ist und bleibt in Bolivien arg kontestiert.

Kontestiert wird nicht nur seine merkwürdige Art, mit seinen Schäfchen umzugehen ("Wer von mir unterstützt wird, der hat mir auch zu gehorchen...)sondern auch sein Umgang mit den Menschen, die für ihn als Unternehmer (und etwas anderes ist er wohl nicht!) arbeiten oder gearbeitet haben.

Soviel ich weiß, ist vor Jahren sogar Klage gegen ihn erhoben wurden ...aber er scheint sein Imperium so weit gefestigt zu haben, daß kein "irdischer" Machthaber ihm was anhaben kann.

Angelottchen hat Recht - wer spanisch versteht, der braucht nur zu googeln - er wird schnell fündig!


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cecile
simba
simba
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Re: Zwiebeltürme in Bolivien?
geschrieben von simba
als Antwort auf cecile vom 30.08.2008, 14:55:20
Wenn ich heute über eine religiöse Organsisation für Arme spende, sollte und muss ich mir im Klaren sein, dass mit diesem Geld auch missioniert wird, also neue Miglieder herangezogen und Kirchen gebaut werden, eine Investition fürs ewige Leben sozusagen.
Es gibt ja auch genug weltliche Organisationen, wo man spenden kann und dann Gewissheit hat, dass keine Kirchen gebaut werden. Ob die Spenden dorthinkommen wo sie hinsollen, ist überall mehr als fraglich....
simba

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longtime
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Re: Zwiebeltürme in Bolivien?
geschrieben von longtime
als Antwort auf simba vom 30.08.2008, 16:12:08
(Bin wieder eingeloggt, nach eigenartigen Schwierigkeiten... -
Pardon für meine Doppeleinstellung, die mir bei Korrektur und Erweiterung des Themas passierte…)

Vorangestellt:
Definition von „Heimat“ (als „freiere Anwendung“ des Begriffs nach dem Grimmschen Wörterbuch):
Dem Christen ist der Himmel die Heimat, im Gegensatz zur Erde, auf der er als Gast oder Fremdling weilt:

Aus dem Wörterbuch:
Ein Gedicht von HÖLTY (in der Rechtschreibung des Grimmschen Wörterbuchs).

Wann, friedensbothe, der du das paradies
dem müden erdenpilger entschlieszest, tod,
wann führst du mich mit deinem goldnen
stabe gen himmel, zu meiner heimath?


*

Mein Beitrag zu der von „kontinente“ gestellten Frage:

Ich glaube, dass es stimmt, dass es (besten Falls) nur einen Gott geben kann, dass bisher viele macht- und wirtschaftpolitische Vorstellungen von Gott und seinen Einrichtungen und seinem “Haus“ und den Verehrungsformen, die angeblich gottgewollt sind, entwickelt wurden - je nach staatlichen, nationalen, wirtschaftlichen und sog. kulturellen Wertschöpfungsformen.

Soweit wir zurückblicken können in die Geschichte, sind militärische, patriarchalische Herrschaftsformen, wo Mächtige und Priester (häufig im Streit miteinander), sich der Arbeitskraft und der Demut und Unterwerfungsbereitschaft von Abhängigen bedient haben, sich in ihren Dominanz – und Moralansprüchen und ihren religiösen Spektakel finanzieren zu lassen.

Es sind unterschiedliche Gottesbilder und –einbildungen (aus verschiedenen Kultur- und Religionsstufen) und fragwürdige Kulte und Geschäfte, d.h. Wirtschaftsformen, von denen aus fruchtbar gottlose Kriege und Showkämpfe und Kapitalinszenierungen erfolgt sind und erfolgen: vom Prunkkatholizismus (z.B. Kölner Dom oder Petersdom) bis zum einfachen Wohnzimmer, in dem Juden in der Diaspora sich trafen, bis zur bescheidensten Hütte, in der Liebende gottselig miteinander kommunizieren, die keine kirchliche Öffentlichkeit sehen wollen, bis zur ketzerischen Klause von Dichtern, die wahrhafte Propheten sind, auch wenn keine Kirche sie anerkannte ode gar verfolgte.

Zum sozialen und gemeindlichen Leben genügen die von allen Völkern akzeptierten Menschenrechte: das Recht auf Leben, Gesundheitsfürsorge, Bildung und Meinungsfreiheit – unter der Zusicherung der Religionsfreiheit.

Wenn diese Rechte und Verpflichtungen für alle Menschen – aller Kulturen und politischen Dressur- oder Vernachlässigungs- oder Tötungsrituale – gelten könnten, wären mir die unterschiedlichen Gotteshaus-Baukünste egal.

Da sie aber immer – und wie hier in Bolivien am Beispiel des Padre an den schönen Belegen der Diskutierenden gezeigt – Machtoperationen und Geschäfte sind, empfinde ich sie als fortgesetzte Kolonisierungen.

So glaube ich, dass die jetzigen Gottesauslegungen aller pseudo-christlichen Wörter und Orte ihre Gründe haben in dem nicht sublimierbaren Männergehabe für Macht, Unmenschlichkeiten, Ignoranzen, Gewinn bringende und „Kunst“ und Künstlichkeiten und Kitsch produzierende Szenarien.

Ich würde es gerne erleben, dass nicht länger dominante Völker (mit ihren Göttern und Kapitalien, ihrer Wirtschaftsstruktur und den Ausbeutungsmöglichkeiten des Globalismus) unterlegene Völker und Menschengruppen mit religiösen Moral- oder Bauformen erpressen, weil sie den armen in den ökonomischen Minderheit im globalen Elend das Lebensminimum diktieren wollen, besonders mit religiösen Spielformen, solange es keine weltumspannende Aufklärung gibt.

*
Danke für die weitreichenden Diskussionsbeiträge!
A.S.R.
--
longtime

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