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Schwarzes Brett Hinweis auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung

niederrhein
niederrhein
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Darf ich das weitergeben?
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf hugo vom 26.04.2009, 19:53:11
Darf ich das weitergeben?

[...] Was wollt Ihr denn eigentlich ? Wisst Ihr nicht den ungeheuren Vorzug zu schätzen, in einem Rechtsstaat leben zu dürfen, einem Wohlstandsstaat allererster Güte/Sahne, einem Exportweltmeister, einem Land mit vielen Milliardären und sehr vielen Millionären, unter dem Schutzschirm einer Regierung die sich sowas von sozial gegenüber dem gemeinen Bürger dünkt, das die Menschheit der halben Welt alle Finger danach ausstreckt und sich nichts sehnlicher wünscht, als hier die Früchte -die wie im Schlaraffenland in den Mund fliegen- genießen zu dürfen ?

denkt doch mal an die langen Schlangen in welche sich noch vor wenigen Jahren die Brüder und Schwestern aus dem Osten anstellen mußten, wenn sie mal eine Frucht aus der Dritten Welt ergattern wollten,,und jetzt ? könnt Ihr von Früh bis Abends Kiloweise diese Bananen, nach Größe, Farbe, Herkunftsland und Preis sortiert,, in Euch hineinstopfen,,,
Kann es für Euch etwas erstrebenswerteres geben ? also reißt Euch zusammen, jammert hier nicht rum,, - Hugo
geschrieben von hugo



Wenn ich die Erlaubnis habe, würde ich das gerne folgenden Gruppen weitergeben:
- Studenten im 1. bzw. 2. Semester
- Kandidaten bzw. Doktoranden

Und über befreundete Lehrer an verschiedenen Schulen hier in meiner Region: Hauptschule (9. Klasse und M-10), Realschule und zwei Gymnasien.

Ich würde dann über die Reaktion der Studenten informieren bzw. mich dann die Reaktion der Schüler an den verschiedenen Schultypen informieren lassen ...

Aber wohlbemerkt ... nur mit ausdrücklicher Erlaubnis.

Ich selbst kommentiere das Geschriebene nicht.

Mit einem freundlichen Gruß

Die Bertha
vom Niederrhein


P.S. Eine kleine Schwierigkeit würde sich allerdings ergeben ... für die jungen Menschen ist dieser ideologische Antagonismus West-Ost nicht mehr ganz verständlich und relevant ...
hugo
hugo
Mitglied

Re: Darf ich das weitergeben?
geschrieben von hugo
als Antwort auf niederrhein vom 26.04.2009, 20:10:01
gerne, niederrhein,,,darfst Du diese Fragen stellen..

Klar, sollen die Befragten nicht meine emotionale Ausgangssituation nach - vermutlich unüberlegten Äußerungen eines Users- in Betracht ziehen, welche diese satirische Fragestellung auslöste. Das würde die Spontanität der Antworten und damit deren Aussagekraft sicher beeinflussen.

Mit derlei Fragestellungen und Behauptungen -ausgelöst durch und von Leuten die sich nicht mit den Sachargumenten Betroffener auseinandersetzen, sondern sich eher mit Schlagzeilen der Medien zufriedengeben- muss sich ein Nichtgewendeter Altossi (dem noch einige frühere Erfahrungen anhaften)in fast allen Westforen herumschlagen.,,aber das macht ja oft gerade die richtige Würze aus, die ich so gerne habe *g*

seit einigen Tagen trage ich mich mit dem Gedanken eine Diskussion zum Thema Rechtsstaat /Unrechtsstaat, dem ständigem Streitauslöser auch hier unter uns, zu beginnen.
Möchte jedoch nicht nur die üblichen Allerwelts-Behauptungen und Bildzeitungsdingsda dazu erörtern, (die ja dann doch nur zu den üblichen belämmerten Beleidigungen führen) sondern was sich Jeder selber darunter ausgedacht hat.

Hat man eine Art Rangfolge im Kopf (ala Hitlerregime, Stalinzeit, Pol Pot-Regime, Mao-Kulturrev., Südafrika Apartheid, DDR, ,,,,) oder nicht,, welche Eigenschaften bzw fehlenden Eigenschaften muss/sollte ein Unrechtsstaat besitzen um in dieser Rangfolge weit oben oder unten zu stehen ,,?

übrigens hat unser Regierungschef (MV) neulich eine schwere Diskussion dazu losgetreten, als er einen differenzierten Umgang mit der DDR-Geschichte forderte.

Das geht nun schon soweit das sich nicht nur einige "Bürgerrechtler" darüber eschauffieren sondern die Parteien selber (FDP CDU) dies als Wahlkampfmunition tüchtig verschießen,,(die OZ ist voll davon)

und heute -so sah ich die Vorankündigung bei Anne Will- wird daraus sogar eine Sendung produziert


Zwischen Unrechtsstaat und Ostalgie – neuer Streit um das DDR-Erbe
Sendung: 26.04.2009 um 21.45 Uhr mit Wolfgang Schäuble (CDU), Wolfgang Thierse (SPD), Ulrich Maurer (Die Linke) und der Historiker Hubertus Knabe.
hugo
carlos1
carlos1
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Re: Nur eine kurze Antwort
geschrieben von carlos1
als Antwort auf niederrhein vom 26.04.2009, 18:49:42
Hallo Niederrhein,

ich bin dir dankbar, dass du diesen Artikel eingebracht hast. Es geht um Wirtschaft(wirtschaften) und Moral. Somit gibt etwas zum Grübeln. Über dem Grübeln sollten wir jedoch nicht die "Praxis", das Leben wie es ist, vergessen. Du stellst die Frage:

"Wer verkündet und verteidigt (sic!) dieses Bild vom egoistischen Menschen? Wer hat davon den Nutzen? Warum eben kein anderes Bild vom Menschen und menschlichen Gesellschaften?"

Ich suche nun und finde wenige, die diesen Egoismus verbal verteidigen, um ihn zu nutzen. Altruismus dagegen finde ich, oft wird er in einer schwülstigen Form als höchste Moral gepredigt. Die Menschen sind in ihren Handlungen, ihrem Vorgehen, ihrer alltäglichen Praxis darauf bedacht Vorteile zu erlangen. Wir werden mit Werbung überschüttet, die uns suggeriert, dass der Erwerb eines bestimmten Gutes unser Selbstwertgefühl hebt und unumgänglich sei. Die Designerklamotten in der Schule bestimmen den sozialen Status eines Schülers (geistige Leistung wird abgewertet) etc. Ein anderes Bild von der Gesellschaft gibt es sehr wohl. Geboten wird es von den Kirchen, Parteien, Gewerkschaften, Sozialverbänden, jeder schmückt seine Interessen mit altruistischen Vokabeln. Gram hat Recht, das war immer so. Nachdenklich sein bedeutet aber auch andere Wege suchen.

Du schreibst:

"... ihn offensichtlich auch zu anderem, eben zur Kooperationsfähigkeit, zur Empathie, zu sozialem Handeln befähigt."

Sicher, der Mensch ist ein offenes "System". Er kann auch anders. Gerade, weil der Egoismus dominiert, bemühen wir die Moral. Eine der Kernthesen dser Soziobiologie lautet, dass Moral weitgehend mit Altruismus gleichzusetzen sei. Damit wäre Moral im individuellen Verhalten gemeinhin - wenn nicht sogar immer - als eine Art Altruismus anzusehen, wobei der Altruist weniger erhält als er gibt. Wer will das schon in der Praxis? Wir reden gerne davon, aber danach handeln?

Mit Praxis meine ich Wirtschaften, den Lebensunterhalt gewinnen (knappe Güter!), damit wir immer genügend Spaß haben. Wirtschaften unterliegt dem ökonomischen Prinzip: Mit den gegebenen Mitteln ein möglichst gutes Ergebnis erzielen. Das beherrscht uns alle. Deshalb vergleichen wir Preise und suchen "Schnäppchen" (jedes Schnäppchen ist aber ein Nullsummenspiel: Des einen Gewinn ist des andern Verlust). Nicht nur ein paar gierige Banker werden von dem ökonomischen Prinzip geleitet (im Übrigen sind rund zwei Drittel der deutschen Banken keine Privatbanken und haben nicht an dem großen Gewinnrad gedreht). Alles, was verbraucht wird, muss eben auch vorher erarbeitet werden. Die optimale Kombination der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden, Kapital ist Aufgabe der Unternehmen. Es ist nicht richtig immer nur mit Fingern auf einige wenige zu zeigen, den paar gierigen Bösewichten mit ihren Interessen und ihrem Nutzen, die den Rachen nicht voll kriegen können. Jeder von uns greift nach preiswerten Agrarprodukten. Wir freuen uns, wenn die Milch billiger wird. Die Milchbauern mit ihrem 16 Stundentag und dem Ertrag aus ihrer Arbeit, von dem sie nur schwer leben können, sind uns wurscht. Sie kriegen am wenigsten ab, die Großmolkereien kassieren mehr. Und der Handel mit der Dritten Welt? Wären wir fair - anständig - würden wir diesen Ländern für ihre Produkte unsere Märkte öffnen. Das tun wir aber nicht, wir zahlen ihnen auch nicht den angemessenen Preis. Marktmacht macht stark, auch ungerecht.

Die Finanzkrise wurde ausgelöst durch unkontrollierbare Finanzprodukte, so heißt es. Diese Produkte waren mathematisch exakt berechnet. Der Glaube an die Allmacht der Mathematik ließ kleinere Risiken übersehen. Die Gier tat ein Übriges. Dann kam der Lemmingeffekt hinzu. Was viele tun, muss doch irgendwie richtig sein etc ..... Nur Schuld der Banken? Die Auswüchse sind bekannt.
c.

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Medea
Medea
Mitglied

Re: Nur eine kurze Antwort
geschrieben von Medea
als Antwort auf carlos1 vom 27.04.2009, 08:09:56
Nur ganz kurz:
die Gier ist mir verhaßt und es ist mir schmerzlich zu sehen, wie sie allenthalben durch die Jahrhunderte grassiert.
Diese so negative Eigenschaft ist zum entfesselten Geist aus der Flasche geworden, ihr verderblicher Einfluß bestimmt ganze Lebensbereiche, der Mensch bleibt niveaulos zurück. Und sie scheint unausrottbar ...

M.

luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Nur eine kurze Antwort
geschrieben von luchs35
als Antwort auf carlos1 vom 27.04.2009, 08:09:56
Carlos, ich schliesse mich Deiner Meinung an, dass dieser Thread Niederrheins ein Lichtblick ist, um über das soziale Verhalten des Menschen nachzudenken und sich darüber auszutauschen. Wir haben ja im Augenblick geradezu einen "Bilderbuchanlass" angesichts der Situation, die die ganze Welt in einen Aufruhr versetzt.

Meine unmassgeblichen Überlegungen zum Thema:

Soziales Verhalten ist eher ein Produkt der Erziehung. Betrachten wir doch einmal die Reaktionen eines Neugeborenen, das noch nicht durch seine Umwelt geprägt ist. Sein erster Ausdruck ist "Habenwollen", sei es die Milch oder die Aufmerksamkeit der Mutter, das Berührtwerden, Versorgtsein, ohne selbst etwas zu geben. Also Egoismus als Überlebenschance.

Die zweite Stufe ist die Neugier, die schon das Wort "Gier" enthält, auch die Gier des Wissenwollens, die zum Fortschritt führt.

Soziales Verhalten gegenüber Geschwistern oder Spielkameraden etc. jedoch zeigt sich kaum, muss also erlernt oder anerzogen werden. Alles gehört ihm...von der Schaufel bis zum Sandkuchen.
Ab jetzt dürften die angeborenen Gene eine nicht unerhebliche Rolle spielen, je nachdem , welche mitgebrachte Tendenz sie haben, die bei allen Lebewesen unterschiedlich sind.
Beispielsweise hat nicht jeder den Drang, Menschen zu töten, die Veranlagung dazu ist aber vorhanden. Doch bei dem einen wird dieser Drang durch Erziehung oder Erfahrung kanalisiert und zur positiven Kraft, beim andern wird der Drang ohne Eingriff von aussen ausgelebt, und der Mensch wird kriminell.
Das Bewusstsein ;"das darf ich nicht!" muss erlernt werden.

Da erhebt sich die Frage, ob die "absolute Freiheit" eines jeden Menschen wirklich erstrebenswert ist oder ob er gebremst und gezügelt werden muss oder unterstützt in seinen sozialen Bestrebungen.
Doch gerade das setzt voraus, dass jene, die sich für diese Aufgabe berufen fühlen, selbst über die positiven Eigenschaften verfügen, die sie vorleben oder weitergeben sollten.

Und hier ist das Ende der Fahnenstange gekommen: Ist es überhaupt erreichbar, ein Menschenbild der sozialen Verantwortung gegenüber seiner gesamten Umwelt zu schaffen? Oder sollten wir uns damit abfinden, dass sich die Erde und ihre Bewohner eben so zeigt, wie sie eben ist und wir lernen müssen, damit zu leben?
--
luchs35
niederrhein
niederrhein
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Leider nur eine kurze Antwort (Für Frau Luchs und Herrn Carlos)
geschrieben von niederrhein
als Antwort auf carlos1 vom 27.04.2009, 08:09:56
Leider nur eine kurze Antwort

Zunächst eine kurze Entschuldigung, weil ich bis zum Ende des Sommersemesters leider (wieder) sehr beruflich eingespannt bin (d.h. leider trifft's nicht so, denn ich mache das ja freiwillig ...)

Denn beide Beiträge verdienen, daß man sich mit den Argumenten intensiv auseinander setzt.


Darf ich wenigstens einige Stichpunkte einbringen?

(1) Unabhängig von der "biologischen" Ausstattung des Menschen hat sich doch im Laufe seiner Entwicklung herausgestellt, daß er ein "lernfähiges Wesen" ist. Ja, gerade diese Lernfähigkeit ist ein wesentliches konstituierende Merkmal des Menschen. (Biologen und Anthropologen werden in diesem Zusammenhang auf die besonderen Rolle und Fähigkeiten des menschlichen Gehirns hinweisen.)

(2) Im vielen Bereichen des menschlichen Lebens setzen wir diese Lernfähigkeit des Menschen voraus. Man könnte auch sagen, die intellektuelle und soziale Lernfähigkeit ist eine, wenn nicht die Voraussetzung der modernen Massengesellschaften.

(3) So hat der Mensch auch die verschiedenen Modelle sozialer Zusammengehörigkeit, des gesellschaftlichen Zusammenlebens kennengelernt und erfahren; sei es im kleinen Kreis einer Sippe, (Groß)Familie, in einem Dorf etc.

(4) Ebenso haben Menschen soziale Spielregeln als Vorausetzungen für ein Zusammenleben entwickelt und als verbindlich aufgestellt. Das gilt für die indigenen Völker bis eben zu den modernen Massengesellschaften. Ob Kant (Kategorische Imperativ) oder Volksmund ... Was Du nicht willst, daß man Dir tu ... etc.

(5) Da weder der Mensch absolut gut ist (um einmal bei dieser verkürzten, aber immerhin anschaulichen Vorstellung zu bleiben) noch absolut schlecht ist (was immer man darunter verstehen will), bedarf er der Korrektive durch seine Mitmenschen und der Gesellschaft.
(Stichwort von Carlos: "der Mensch ist ein offenes "System".)

(6) Warum setzen wir auf der einen Seite auf die Lernfähigkeit des Menschen, auf der anderen Seite behaupten Leute, das ideale Wirtschafts- und Gesellschaftssysstem sei jenes, das auf den "ökonomischen Egoismus" des einzelnen setzt. (Welche euphemistischen Periphrasen man für das kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell verwendet, ist in diesem Zusammenhang nebensächlich.)

(7) Warum bzw. wer proklamiert also dieses Wirtschafts- und Gesellschaftsystem als das einzig mögliche Modell? Dies angesichts der Entwicklung der letzten hundertundfünfzig Jahre und des gegenwärtigen Zustandes? Doch nur der, der eben von diesem Modell profitiert. Erstaunlich ist nur, daß offenbar auch jene diesem Modell kritiklos zustimmen und/oder sogar offensichtlich verteidigen, die selbst mehr oder weniger Opfer dieses Systems sind und dessen Fehler und vor allem Folgen doch nicht ignorieren können.

(8) Warum eben nicht ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell? Ein Modell, das eben nicht die schamlose Profitgier als oberstes Ziel setzt. (Ich verweise explizit auf die Prämissen von Derrick Jensen; siehe Forum/Aktuelle Themen; mein Beitrag)

(9) In dem Zeitungs-Artikel von Eckenförde findet genau dazu sich etliche Hinweise ... (Doch dazu später einmal).


Ich muß mich noch einmal entschuldigen, weil ich jetzt nicht auf alle wichtigen Argumente eingehen kann.

Mit einem freundlichen Gruß

Die Bertha
vom Niederrhein


P.S. Sowohl in der letzten FAS (26.04.09) als auch in der FAZ vom 11.04.2009 finden sich Artikel, die gleichsam Gegenpositionen (oder sagen wir: andere Positionen) zum Artikel von Eckenförde vertreten.
So unter dem Stichwort
"Soziale Marktwirtschaft". Ökonomie als Instrument, nicht als Selbstzweck. Von Thomas Strobl
www.faz.de; Suche: Thomas Strobl.
In der Druckausgabe der FAZ lautete die Überschrift:
Wie der Markt wirklich sozial wird. Alle reden von der Sozialen Marktwirtschaft, doch ein Blick in das Buch ihres Erfinders Alfred Müller-Armack zeigt, was heute alles falsch verstanden wird.
(Die beiden Versionen - die im Internet und die in der Druckausgabe - sind sonst inhaltlich identisch.)

P.S. Vielleicht in diesem Zusammenhang ein Hinweis auf das neue Heft von GEO Wissen (Nr. 43/Mai 2009)
Themen dieses Heftes: Wer bin ich? U.a.

WIE UNS DER LEBENSWEG FORMT. Die Facetten der Persönlichkeitsentwicklung - in Bildern.

GEO WISSEN-UMFRAGE. Was den Menschen prägt.

GEGEN DEN WIND. Sozialer Aufstieg wird in Deutschland zunehmend schwierig.

WAS VON VATER UND MUTTER BLEIBT. Zwei Frauen und zwei Männer sprechen über den Tod ihrer Eltern.

DAS ERBE DER ELTERN. Sind wir Gefangene unserer Kindheit?
[...]

DIE PRÄGUNG IM MUTTERLEIB. Wie schon vor der Geburt Verhaltensmuster angelegt werden.

DIE MACHT DER HORMONE. Chemische Botenstoffe lenken den Menschen durchs Leben.

NEUE ZELLEN FÜR DIE ALTEN TAGE. Kann sich das Gehirn lebenslang erneuern?

(Quelle: Webseite von GEO)

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carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Leider nur eine kurze Antwort (Für Frau Luchs und Herrn Carlos)
geschrieben von carlos1
als Antwort auf niederrhein vom 27.04.2009, 19:58:04

Hallo Niederrhein, medea, luchs, hugo,

habe im Moment wenig Zeit, werde aber noch auf die interessanten Beiträge antworten. Das Thema ist spekulativ und erfordert, dass weiter ausgegriffen wird. Es hat sicher mit unserer Wahrnehmung des Wirtschaftssystems zu tun und dem Freiheitsbegriff.

Gruß
c.

carlos1
carlos1
Mitglied

Ideale Wirtschaftsformen?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf niederrhein vom 27.04.2009, 19:58:04
"Wir haben ja im Augenblick geradezu einen "Bilderbuchanlass" angesichts der Situation, die die ganze Welt in einen Aufruhr versetzt."luchs

Hallo luchs, ein Bilderbuchanlass, um über eine andere Wirtschaftsform nachzudenken, das meinst du wohl. Zunächst einmal zum Bilderbuchanlass: Wir müssten alle paar Jahre uns neu orientieren, nähmen wir traurige Anlässe als Gelegenheit zur Umorientierung. Eine Neuausrichtung auf eine an den Realitäten orientierte Wirtschaft ist etwas anderes als Umorientierung. Den Neoliberalismus in dieser Form wird es in Zukunft nicht mehr geben. Was an ihm liberal war, kann ich nicht sagen. Eine Methode der Geldbeschaffung ist noch kein Liberalismus.

"Soziales Verhalten ist eher ein Produkt der Erziehung." luchs

Hallo Niederrhein, hier treffen sich deine Argumente mit denen von Niederrhein. die von der Lernfähigkeit des Menschen spricht. Niederrhein wendet sich aber dagegen, von der Lernfähigkeit des Menschen zu sprechen und gleichzeitig ein Wirtschaftssystem zu idealisieren, das auf den Egoismus setzt. Dagegen habe ich Einwände. Es gibt kein "ideales" Wirtschaftssystem, schon gar keines, in dem der Egoismus verherrlicht wird. Es gibt aber viele Leute, die davon überzeugt sind, dass es ein Wirtschaftssystem wie die so genannte "soziale Marktwirtschaft" gibt, in dem der menschliche Egoismus weniger oder am wenigsten schadet. Weiter: Jedes System ist in sich perfekt, solange nicht der Störfaktor Mensch in Aktion tritt. Der tritt aber immer in Aktion, weil jeder am Wirtschaftsleben teilnimmt (im Rahmen seines Haushaltsbudgets z. B. Einkäufe tätigt). Ich war früher Anhänger der Zentralverwaltungswirtschaft (Planwirtschaft), wie sie auf dem Papier entwickelt wurde. Leider erwies sie sich als so störanfällig, dass sie in der Praxis nicht funktionierte, nicht funktionieren konnte. Das hat meine Überzeugung geändert.

Eine soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsform ist in der Verfassung (Grundgesetz) nicht gegeben oder vorgeschrieben. Die Marktwirtschaft als Wirtschaftsform hat keinen Verfassungsrang. Grundrechte sind vorrangig und binden die Gesetzgebung und geben dem Bürger Sicherheit vor staatlichen Zugriffen. Freiheitsrechte dürfen nicht angetastet werden. Zu Freiheitsrechten gehört aber auch die Möglichkeit sich wirtchaftlich frei zu betätigen. Der Gebrauch des Privateigentums aber steht wiederumunter aucheinem Generalvorbehalt, dass es dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen hat. Die Bundesrepublik ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat (Art. 20 GG glaube ich).

Zwischen dem Modell der Marktwirtschaft und der Planwirtschaft als Idealformen gibt es eine Vielzahl von Varianten, Hunderte von Modellen, mit jeweils anderen Ausprägungen. Es hat übrigens niemals in der Geschichte eine echte Planwirtschaft gegeben, in der eine zentrale Behörde alle grundlegenden Aufgaben der Wirtschaft organisierte und löste (Grundfragen: Wer produziert was, wie mit welchem Aufwand und wann und wo mit was? Wer erhält welchen Anteil an der Produktion? Zentrale Fragen, die jede Wirtschaftsform lösen muss). Echte Planwirtschaft nach dem Modell setzt den Verzicht auf Geld voraus, alles wird verteilt. Da geht es nur gerecht zu? Du als Konsument hast keine Wahl, nimmst, was dir gegeben wird und bist glücklich. Die Sowjetunion war niemals eine "ideale" Planwirtschaft, die DDR ebenso wenig. Natürlich gab es in der DDR Märkte, Tauschmärkte nämlich. Die Hausfrauen hatten immer Taschen dabei. Wo es 'Schlangen an Läden gab, kauften sie ein, was es gerade gab, es konnte ja immer getauscht werden. Der Mensch ist vernünftig und korrigiert die Fehler des Systems. Bloß von Effizienz sollte man dabei nicht reden.

Marktwirtschaft? Die Aufgaben der Wirtschaft (s.o. Koordination der Produktionsfaktoren, W-Fragen) werden hier von den Märkten übernommen, dem Ort wo viele Angebote und viele Nachfrager aufeinandertreffen. Bei freier Preisbildung. So heißt es. Aber so was gibt es nicht. Kennst du irgendeinen "Markt, der "frei" ist? Prof. Heuser in Frankfurt nannte vor Jahrzehnten nur zwei freie Märkte: Rauschgift und Prostitution. Mit den beiden bin ich mir heute nicht mehr so sicher. Vielleicht würde er heute die jungen Finanz-Hüpfer vor ihren Terminals in den Investmentbanken nennen, die Milliarden jeden Tag um den Globus schieben (damit Margen ausnutzen) und die mit Millionen entlohnt wurden. Mr. Dougal (wohl ein junger Finanzbubi) von der CS-Group verdiente so seine schlappen 360 Mio Dollar im Jahr. Müssen wir deshalb aber gleich das Internet abschaffen? Wir können Gesetze noch und noch verabschieden, Kontrollen installieren und versuchen auch die Korruption einzudämmen und den Menschen "gut" und "edel" machen. Wird nicht gelingen. Die großen Firmen, die in ihren Etagen die Korruption und den Unterschleif eindämmen wollen (mit Hilfe von Datenabgleich etwa) stehen am Pranger. Wer gar staatlicherseits einen Trojaner bei Kriminellen (auch Wirtschaftskriminellen) installieren will, ist gemeingefährlich.
Leider zu lang geworden.

Einen schönen Abend noch
c.
luchs35
luchs35
Mitglied

Re: Ideale Wirtschaftsformen?
geschrieben von luchs35
als Antwort auf carlos1 vom 28.04.2009, 20:22:03

Hallo Carlos

Für mich sind die verschiedenen Wirtschaftsformen und ihre Märkte schon Widerspruch und Zustimmung in sich selbst, da in jedem Ansatz Wahrheit und Täuschung zugleich zu finden sind. Ich möchte dir in keinem Punkt widersprechen, aber mein Denkansatz ist ein anderer , er hatte nicht unbedingt das System als solches im Visier, sondern das Verhalten des Menschen, der doch für das System verantwortlich ist . Zuerst war der Mensch, dann das oder die System/e.

Jede Gesellschafts- oder Wirtschaftsform ist schlussendlich das Resultat menschlicher Überlegungen , die wiederum aus einem Entwicklungsprozess seit Urzeiten entstanden sind. Die Frage oder der Wunsch nach einem verantwortungsvollen Miteinander der Menschen kann nicht erst bei der Festlegung einer neuen Lebensform beginnen, sondern müsste in der Wandlungsfähigkeit sowie der Vernunft der Menschen die Wurzel suchen.
Aber genau das ist, was ich bezweifle. Ich glaube nicht daran, dass der Mensch in seinem Grundwesen sich veränden lässt. Sicher, ihm ist Verstand und Einsicht gegeben, die er zum Wohle aller einsetzen könnte, aber er wird immer an Machtkonzentrationen scheitern.

Solange es Menschen gibt, schlagen sie sich die Köpfe ein , und keine kriegerische Scheusslichkeit bringt sie davon ab, das gleiche wieder zu tun. Wir sehen tagtäglich die Bilder der Kriege, die an verschiedenen Brennpunkten wüten. Hintergrund ist die unstillbare Gier der Mächtigen, auch jener, die sich als idealistische Freiheitshelden aufspielen und sowie sie die Macht in den Händen halten, sich genauso verhalten wie jene , die sie zuvor wegen derer Grausamkeit bekämpften. Beispiele gibt es hierfür mehr als genug.

Das gleiche gilt auch für die Krisensituation, in der sich die Welt befindet. Sicher werden nun Korrekturen angebracht, die aber über kurz oder lang wieder unterlaufen werden, denn nirgendwo als in seiner Gier nach immer mehr ist der Mensch erfinderischer. Machtkonzentrationen helfen ihm dabei. Sie sind das eigentlich Übel in meinen Augen. Wo Macht die Hauptrolle spielt, hat der einzelne Mensch bereits verloren.

Und : Wo und wann haben jemals die Menschen wirklich aus der Geschichte dauerhaft gelernt??
--
luchs35
carlos1
carlos1
Mitglied

Re: Ideale Wirtschaftsformen?
geschrieben von carlos1
als Antwort auf luchs35 vom 29.04.2009, 08:22:48

Lieber Luchs,

Danke für deinen guten Beitrag. Du gehst auf Kernfragen éin.
Eigentlich ist das Thema hier am Schwarzen Brett deplatziert, aber es steht nunmal hier in der Rubrik.

"Zuerst war der Mensch, dann das oder die System/e." luchs

Alles, was geschieht, geht vorher durch unseren Kopf. Aber der Kopf wiederum sammelt seine Eindrücke und Empfindungen aus der Natur und Kultur, die eben dieser Kopf geschaffen hat. Die Welt besteht auch nicht nur aus Arbeit und Wirtschaften. Das wolltest du sagen. Indem wir das eine tun, heißen wir es doch nicht gut - "Widerspuch und Zustimmung" (so deine Formulierung) in einer Gesellschaft, in der Dinge geschehen, die unverständlich sind und die wir ablehnen. Es scheint mir was Wahres dran zu sein, wenn wir sagen, dass der Mensch schon im Voraus verstümmelt wird, indem wir jede Subjektivität uznd Innerlichkeit leugnen. Genau das tun wir, wenn nur das System im Blick steht. Der Mensch ist nicht nur das Produkt sozialer Strukturen, das durch diese vollkommen determiniert wird. Wer das System in den Vordergrund stellt, lässt den Menschen allzu gern im Kollektiv verschwinden.

"verantwortungsvolles Miteinander der Menschen" gestützt auf Vernunft...
so formulierst du das. Also wieder Erziehung als Mittel zur Besseung der Gesellschaft. Wie bringen wir Subjektivität und Innerlichkeit in die Praxis ein? Denn Effizienz ist auch gefragt. Brot und Wasser verbunden mit Menschheitsideen helfen nicht allein. Es wäre ein Erziehungsprojekt, das langfristig angelegt sein müsste. Es hat solche gigantischen Erziehungsprojekte in der Geschichte gegeben, die über Jahrhunderte liefen (Höfische Liebe, Minnesang). Sie haben emanzipatorische und kulturelle Fortschritte gebracht. Es wäre schon ein Besserung zum Guten, wenn wir vor Augen hätten, dass die Hälfte der Menschheit aus Frauen besteht, die nicht nur von System-oder Sozio-Engineering schwelgen.

Im Moment nehmen wir auch an einem gigantischen Erziehungsprojekt teil: Die Internetwelt verändert unsere Sprache und unser Denken. Wir stehen erst am Anfang. Ob alles "gut" ausgehen wird, wissen wir aber nicht.

Grüße an dich
c.


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