Forum Soziales und Lebenshilfe Soziales Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...

Soziales Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...

stefan15
stefan15
Mitglied

Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...
geschrieben von stefan15
Diese jetzt nun folgende Geschichte habe nicht ich erlebt, sondern ein junger Student, der in der gleichen Gruppe ist wie ich, wo wir uns jeweils monatlich treffen. Er hat sie mir erzählt, und ich darf sie hier bringen.
Man könnte jetzt auch sagen, was ist denn an der Geschichte so Besonderes? Nun, ich denke, jeder von uns hat manchmal seine kleine Hürde, die es mit einem beherzten kleinen Sprung zu überwinden gilt...


"Ich wohne mit zehn anderen Studenten im Haus einer Studentenverbindung. An einem Abend - wir hatten eine Zusammenkunft - erwarteten wir einen Bekannten, der uns ein elektronisches Gerät vorbeibringen wollte. Es wurde immer später. Gegen 24 Uhr kam er schließlich an. Stau auf der Autobahn, schlechtes Wetter... "Übrigens, ich habe zwei holländische Studenten an der Autobahn aufgelesen. Die sind auf dem Rückweg von Prag. Habt ihr die Möglichkeit, sie hier übernachten zu lassen?"

Fragende Blicke richteten sich auf mich als den Hausverantwortlichen. Wir hatten alle schon negative Erfahrungen mit solchen Situationen gemacht. Während ich noch hin und her überlegte, ging die Tür auf, und die beiden standen im Flur. Rein äußerlich machten sie keinen besonders vertrauenserweckenden Eindruck.

Während ich sie in ihrer Muttersprache begrüßte, fiel mir ein, dass es für solche Fälle ja auch noch die Bahnhofsmission gibt. Sie schienen meine Gedanken zu erraten und sagten mir: "Wir können uns gut vorstellen, dass es für euch schwierig ist, zwei wildfremde Leute unterzubringen, oder?" Ich gab mir einen Ruck. Als ich den beiden einen Raum zeigte, in dem sie übernachten konnten, hörte ich, wie ein Kommilitone von der 'Bahnhofsmission' sprach. Aber ich hatte meine Entscheidung getroffen und wollte jetzt auch dazu stehen.

Die beiden hatten keine Schlafsäcke bei sich. Also organisierte ich Bettzeug. Als sie sahen, welche Mühe wir uns gaben, es ihnen so gemütlich wie möglich zu machen, wurden sie gesprächig. Da ich zudem ihre spanische Sprache beherrschte, wurde es sehr spät.

Als ich selbst schlafen ging, war ich immer noch unruhig. In meinem Nachtgebet versuchte ich Gott zu sagen, wie ich mich fühlte und was mir Sorgen machte. Am nächsten Morgen habe ich den beiden dann noch einen günstigen Platz empfohlen, von dem sie gut weitertrampen konnten. Als ich in den Raum kam, in dem sie übernachtet hatte, mußte ich feststellen, dass sie alles aufgeräumt hatten. Sogar die Bettwäsche hatten sie sauber zusammengefaltet und auf einen Stapel gelegt. Ein wenig schämte ich mich für meine Sorge vom Vorabend, aber dann spürte ich auch eine Freude in mir, dass ich auf meine innere Stimme gehört hatte..." F.R.
zwergi
zwergi
Mitglied

Re: Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...
geschrieben von zwergi
als Antwort auf stefan15 vom 08.10.2010, 11:45:01
Danke, Stefan15 für diese Gedanken. Kann sie sehr gut nachempfinden. Muss mir auch immer anhören:
"Du glaubst auch immer noch an das Gute in fremden Menschen!"
Na gut, zugegeben, man irrt sich auch mal.
Aber mit geht dann immer dieses gewisse Gleichnis durch den Kopf! Es sind doch alles "Brüder und Schwestern", (auch wenn manche ihren Gott "Allah" nennen!).
tranquilla
tranquilla
Mitglied

Re: Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...
geschrieben von tranquilla
als Antwort auf stefan15 vom 08.10.2010, 11:45:01
hallo stefan15,

ich kann deine zufriedenheit auch verstehen.

als ich noch jünger war und ein auto fuhr, hatte ich auch oft anhalter mitgenommen. im nachhinein leichtsinnig, so als jung frau und mutter. weiß nicht warum ich es tat.
und oft habe die anhalter auch bis in den ort gefahren, wohin sie wollten, wenn er nicht gerade 100 km weit weg war und ich genug zeit hatte. ein gutes gefühl war es gewesen, wenn sie sich dafür bedankten, hatte ich doch eine freude bereitet. einmal habe ich einen jungen mann mit nach hause genommen, das war kurz nach der öffnung der innerdeutschen grenze. irgendwie war er von brandenburg in die frankfurter gegend gekommen und es war fast mitternacht. - meine kinder waren nicht glücklich darüber, mußten sie doch zusammenrücken. wir hatten dann aber noch eine zeitlang briefkontakt, der leider eingeschlafen ist - wohl zeitmangel auf beiden seiten. bereuen mußte ich meine hilfe nie.

lg
tranquilla

Urego
Urego
Mitglied

Re: Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...
geschrieben von Urego
als Antwort auf stefan15 vom 08.10.2010, 11:45:01


@ Stefan15

Beim Lesen Deiner Geschichte kam mir sofort der Gedanke, daß Du wahrscheinlich doch der Hausverantwortliche gewesen sein könntest, um aus Gründen der Bescheidenheit in der Anonymität verweilen zu können. Oder Du bist ein begnadeter Pfarrer, der uns, gut verpackt und versteckt, seine Wochenendpredigt untergeschoben hat. Raffiniert!

Spaß beseite! Ich bin auch der Meinung, daß man fremden Menschen immer erst einmal eine Chance geben muß und zwar eine echte. Sie dürfen nicht von vornherein schon verloren haben. Ich habe einen großen Teil meines Lebens mit Heranwachsenden gearbeitet, die allesamt mit zentimeterdicken Akten zu mir kammen. Ich hatte am Arbeitsplatz einen großen Aktenschrank und habe sie dort deponiert und mußte selten eine herausholen.

Dazu muß ich aber sagen, daß ich das verantworten konnte, anderen Menschen gegenüber. Meine Absicht war einfach, ihnen unvoreingenommen gegenüber zu treten. Wie gesagt: Ich bin ganz selten enttäuscht worden.
Man muß so ein gewisses Urvertauen besitzen und, wenn man das nicht hat, wird man sowieso kein Hausverantwortlicher.

Urego
indeed
indeed
Mitglied

Re: Aber dann spürte ich auch eine Freude in mir...
geschrieben von indeed
als Antwort auf Urego vom 08.10.2010, 17:24:56
Du hast doch sehr lobenswert entschieden und bist ja auch nicht enttäuscht worden. Was mir aber sofort aufgefallen ist, dass holländische Studenten spanisch sprachen. Im allgemeinen ist ihre Muttersprache niederländisch.
Was stimmt denn nun?
Nichts für ungut.
LG Ingrid

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