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Soziales Aus dem Alltag einer Journalistin

elisa7
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Aus dem Alltag einer Journalistin
geschrieben von elisa7
Eine Freundin von mir arbeitet bei einer Zeitung. Jedesmal, wenn wir uns treffen, erzählt sie mir von ihrer Arbeit. Ich kenne sie schon lange und weiß, dass sie freundlich und hilfsbereit ist. Aber das wird nicht immer so gesehen. Hier erzählt sie eine kleine Begebenheit dazu:

"In der Redaktion einer Tageszeitung gehört Eile zum Job. Doch nun war die Arbeit wirklich zu viel geworden. Freie Tage bekamen Seltenheitswert. Als Journalistin habe ich zwar in meinem Arbeitsvertrag einen klar umrissenen Arbeitsbereich, aber mir ist die Teamarbeit wichtig. Wo es möglich war, sprang ich für die anderen ein und versuchte zu helfen.

Unter dem ständigen Streß wurde die Stimmung in der Redaktion zunehmend gereizter. Schließlich sagte ich mir: Jetzt ist Schluß, ich lasse mich nicht von meinem Job auffressen. Ich werde mein Pensum tun, aber das gut. Und mehr ist nicht mehr drin!

Diese Entscheidung führte zu einer Mehrbelastung meiner Kollegen. Ich konnte nicht mehr im gleichen Umfang wie vorher für sie einspringen. Das trug natürlich nicht gerade zur Entspannung der Situation bei. Ich litt unter dem aggressiven Ton, der oft in der Redaktion herrschte, aber auch darunter, dass es anscheinend keine Lösung gab. Noch mehr machte mir zu schaffen, dass ich mir selbst lieblos vorkam. Da nahm ich mir vor: Ich mache so viel und das alles so gut, wie ich kann. Und was dann noch bleibt, kann ich eben nicht. Daraufhin hatte ich den Eindruck, dass sich in mir manches entkrampfte und ich gelassener wurde.

Als ich an einem Freitag in die Redaktion kam, war der Berg von Arbeit besonders hoch. Im Laufe des Vormittags kam ein freier Mitarbeiter mit einem Text an, der noch redigiert - also inhaltlich und formal - überprüft werden musste. Das ist die Aufgabe des Redakteurs, hat also nichts mit meinem Aufgabenbereich zu tun. Ich wies den Redakteur auf diesen Text hin und darauf, dass er sehr eilig war, aber er brummte zwischen zwei Telefonaten: Keine Zeit!

Da meine Arbeit nicht so eilig war, nahm ich mich des Artikels an, denn ich wollte dem Redakteur und seinem freien Mitarbeiter helfen.

Nach über einer Stunde suchte der Redakteur den Artikel. Ich sagte ihm, ich wollte ihm nur helfen und hätte wegen der Eile den Artikel bearbeitet und bereits zum Satz gegeben. Seine Antwort war gereizt: Was mir denn da einfalle, dies sei nicht meine Arbeit, das solle ich in Zukunft bleiben lassen. Noch am Tag zuvor wäre ich wahrscheinlich an die Decke gegangen. Doch dieses Mal habe ich mich dadurch wirklich nicht aus der Fassung bringen lassen, und bin freundlich geblieben..." C.R.

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