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Soziales Der Silberstreif am Horizont

elisa7
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Der Silberstreif am Horizont
geschrieben von elisa7
Eine Berufskollegin von mir, auch eine Sozialarbeiterin, erzählte mir eine typische Geschichte, wie sie bei uns häufig vorkommen:

"Ich habe Johannes im Spital kennengelernt, in dem ich als Sozialarbeiterin tätig bin. Was haben wir nicht schon alles versucht, damit er von der Droge loskommt! Doch letztlich fruchteten alle Bemühungen nichts. Bei Entziehungskuren wie bei Methadonprogrammen - immer wieder stürzte er ab. Es gelang Johannes einfach nicht, sich an Termine und Bedingungen zu halten. So ging es schon seit sieben Jahren.

Mit 25 Jahren hatte er keinen Job, war obdachlos, krank und von seiner Familie verstoßen worden. Er traute sich selbst und denen, die ihm helfen wollten, nichts mehr zu. Nur in durchgefixten Nächten konnte er seine Enttäuschungen vergessen.

Meine Arbeitskollegen im Spital, wo ich Johannes kennengelernt hatte, gaben mir zu verstehen, dass es sinnlos sei, sich weiterhin um ihn zu kümmern. "Der wird es nie mehr schaffen. Was mühst du dich noch mit ihm ab?", sagten sie. Eigentlich hatten sie recht. Auch ich ertappte mich dabei, dass ich ihn fast aufgab.

Doch wenn ich an mein eigenes Leben dachte, dann sah ich die Dinge auf einmal anders. Ich erlebe meine Schwächen manchmal so stark, dass ich verzweifeln und im Boden versinken möchte. Gerade in solchen Momenten spüre ich jedoch eine starke lebensbejahende Kraft in mir. Oft sind es gute Freunde, die mir helfen, diese Kraft zu entdecken.

Auch Johannes brauchte so einen Freund. In ihm steckte ebenfalls der Wunsch zu leben. Das konnte ich immer wieder an einer Bemerkung erkennen.

Als ich Johannes nach einem erneuten Rückfall begegnete, wollte er mir ausweichen. Ich schaute ihm jedoch fest in die Augen und sagte: "Auch wenn bislang alles danebengegangen ist: Der Wunsch nach Leben in dir ist stärker als alles andere." Einen Moment lang war er verlegen, doch dann nickte er.

Als er schon am darauffolgenden Tag wieder abstürzte, drohte auch in mir die Enttäuschung überhand zu nehmen. Kurze Zeit später - Johannes war für ein paar Tage im Spital - zeigte sich allerdings erneut ein Silberstreif am Horizont. Ich erfuhr von einem freien Platz in einem therapeutischen Wohnheim. Der Leiter erklärte sich bereit, den Platz freizuhalten und Johannes nach seinem Krankenhausaufenthalt aufzunehmen.

Als ich ihm davon erzählte, war Johannes sehr sehr froh. "Diesmal wird es klappen", meinte er nur. Natürlich bleiben viele Fragen offen: Wird er mit der Hausordnung zurecht kommen? Wird er einen Platz in einem Methadonprogramm bekommen? Wird er vielleicht sogar einen Job finden?

Seit ein paar Wochen ist Johannes im Heim. Die Fragen bleiben. Doch "...die Liebe hofft alles". Und im Moment sieht es gut aus." C.S.
marianne
marianne
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Re: Der Silberstreif am Horizont
geschrieben von marianne
als Antwort auf elisa7 vom 24.05.2011, 15:48:12
"...und wenn sie nicht gestorben sind..."
edlihnurb
edlihnurb
Mitglied

Re: Der Silberstreif am Horizont
geschrieben von edlihnurb
als Antwort auf elisa7 vom 24.05.2011, 15:48:12
Tolle Geschichte!!
Man muß einfach nur die richtigen Worte finden dann klappt es auch mit dem Nachbarn!!!!

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