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Soziales Deutschunterricht für Aussiedler erteilen

lalelu
lalelu
Mitglied

Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von lalelu
In unserer Nachbarschaft gibt es eine sehr nette Familie russischen Ursprungs. Die Tochter, in der vierten Klasse, spricht fließend Deutsch und Russisch, der Vater kann sich radebrechend verständlich machen, die Mutter spricht und versteht fast kein Wort. Eine „Unterhaltung“ ist nur möglich, wenn die Kleine als Dolmetscherin fungiert. Zwar gibt es bei der VHS verschiedene Deutschkurse, die sogar bezuschusst werden, aber die Mutter hat bisher keinen dieser Kurse besucht – den Grund dafür kenne ich nicht.

Nun würde ich dieser Frau gerne das Angebot machen, ihr ein wenig Deutsch beizubringen, aber da ich selbst keinerlei Russischkenntnisse habe, weiß ich nicht recht, wie ich das bewerkstelligen soll. Mir fehlt nämlich die Zeit, mir selbst die Grundlagen der russischen Sprache anzueignen.

Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt daran interessiert ist, aber bevor ich ihr mein Hilfsangebot unterbreite, würde ich gerne wissen, ob das überhaupt funktionieren kann. Daher meine Frage: Hat jemand von euch schon einmal etwas Vergleichbares versucht und hat Tipps für mich?

Nur als Info: wir haben der Tochter schon häufig bei den Hausaufgaben geholfen und werden das auch in Zukunft tun, wenn sie ab August das Gymnasium besucht. Daher bestehen seitens der Familie keine generellen Vorbehalte, Hilfe anzunehmen. Sie „revanchieren“ sich mit leckerem selbstgebackenem russischem Gebäck oder mit Schneeräumen im Winter, schon bevor wir aufgestanden sind.

Danke, wenn jemand mir einen Tipp geben kann!

Lalelu
Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf lalelu vom 08.06.2011, 11:01:21
Tipp?

Ja, lass es sein.

Sprachen kann man nur dann lernen,
wenn man selber es will.

Und sie ist doch glücklich und zufrieden wie es jetzt ist.

Ich kenne beide Sprachen und Mentalitäten.
Du machst ziemlich sicher ein Fass ohne Boden auf.

Eine Redewendung ist: 'Sage mir...'
Richtig übersetzt heißt das 'Mach mal...'
Und das auch mit der Sprache.
lalelu
lalelu
Mitglied

Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von lalelu
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.06.2011, 11:10:10
Danke für deine Antwort, Digizar!

Aber: ganz glücklich ist sie nicht! Sie fühlt sich einsam, wie ihre Tochter mir sagte. Diese ist bis zum Nachmittag in der Schule, der Mann geht arbeiten, und die Frau ist fast den ganzen Tag alleine. Ein Schwätzchen am Gartenzaun, ein paar Worte mit den Nachbarn – nichts geht. Nur deshalb kam ich auf die Idee.

Ich weiß auch nicht, ob sie selber es nicht will oder ob sie sich vielleicht nicht traut, in einen Kurs zu gehen.

Versteh’ mich nicht falsch: ich will ihr beileibe nichts aufdrängen; ich möchte nur gerne wissen, ob es funktionieren kann, wenn beide Seiten es wollen und sich Mühe geben.

Lalelu

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Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf lalelu vom 08.06.2011, 11:22:11

Versteh’ mich nicht falsch: ich will ihr beileibe nichts aufdrängen; ich möchte nur gerne wissen, ob es funktionieren kann, wenn beide Seiten es wollen und sich Mühe geben.
Lalelu


Wenn beide Seiten es wollen....
Es wird aus der Situation heraus beginnen können, am Gartenzaun. Langsam aber stetig.

@ Digi
Du machst irgendwas in der Kommunikation falsch.
Ein "Taiga-Porsche" fährt sich auch etwas anders als ein "Alles-ist-möchlich".
Versuch es doch mal mit etwas klareren, imperativeren Ansagen (Da ist die Tastatur, da faß´ die Mouse an).
Umerziehung zur Eigenhilfe geht sehr gut durch Unterlassung.
Ich teste es auch gerade.
Aber zucke nicht mit der Hand als wolltest Du gleich selber anpacken.

nordstern
Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf lalelu vom 08.06.2011, 11:22:11
...ob es funktionieren kann, wenn beide Seiten es wollen und sich Mühe geben.

Doch doch, durchaus kann das funktionieren.
Und in ihrem Alter (~35?) erst recht.

Sei Dir klar darüber, daß Du nicht nur die Sprache rüberbringst, sondern einen gänzlich total unterschiedlichen Aufbau selbiger.
Und zusätzlich noch eine andere Mentalität einpflanzen darfst; sowohl menschlich als auch sprachlich.

Einen Versuch ist es immer wert.
Sie hat wahrscheinlich nur Schiss vor ner Blamage auf so einem öffentlichen Kurs. Oder hat gar Komplexe (verständlich).
D.h. daß Du alles aufbauen darfst.
Allerdings - der Lehrer lernt immer am meisten.

Vor allen Dingen hüte Dich aber davor, Aufgaben abzunehmen, die sie selber machen kann! (Siehe Nordstern). Auch nicht in einem Anfall von Ungeduld. Damit würdest Du nur vieles kaputt machen.

Ich war rd 12 Jahre in jenen Gefilden, und ich weiß sehr genau wovon ich schreibe.
Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.06.2011, 11:30:44
...Ich teste es auch gerade.
Aber zucke nicht mit der Hand als wolltest Du gleich selber anpacken.


Das Stadium hab ich längst hinter mir

Und Du richte Dich darauf ein, daß sie so lange nörgeln, bis Du es doch machst.
Außerdem warst Du ja der Letzte, der da dran war, und seitdem geht es nicht mehr.
Auch durch dieses Stadium bin ich durch.
Und Du wirst da auch durch müssen. Garantiert.
Und lalelu auch

Sicherlich warten da noch ein par weitere Überraschugen auf mich, aber ich habe schon Jahrzehnte 'Schulung' überlebt.
Und mich an den Bratengeruch gewöhnt.

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Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von ehemaliges Mitglied
als Antwort auf ehemaliges Mitglied vom 08.06.2011, 12:08:37


Und Du richte Dich darauf ein, daß sie so lange nörgeln, bis Du es doch machst.
Außerdem warst Du ja der Letzte, der da dran war, und seitdem geht es nicht mehr.


Zu spät, zu spät.

Das war der Anlaß, zukünftig nur noch Hilfe zur Selbsthilfe in
bestimmten Fällen zu geben.
Eben wegen " ich war zuletzt dran" und wenn es zwei, drei Jahre her ist.

Aber ok, ist ein anderes Thema.

nordstern
clara
clara
Mitglied

Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von clara
als Antwort auf lalelu vom 08.06.2011, 11:01:21
Liebe Lalelu, Du schreibst "russischen Ursprungs", deshalb eine Nachfrage: Handelt es sich um Russlanddeutsche? Russen bekämen ja m.W. keine Aufenthaltsgenehmigung in der BRD oder täusche ich mich da? Nur wenn mindestens ein Ehepartner deutschstämmig ist, wird die erteilt. So wie es bei einem jungen Mann in meiner Bekanntschaft ist. Als Deutschstämmiger holte er neulich zwecks Heirat seine Freundin aus Kasachstan nach. Diese musste sich nach der neuen Regelung vorher einem Deutschtest unterziehen und hatte dafür schon in der alten Heimat einen Kurs besucht.
Ich frage deshalb, weil bei Deutschstämmigen der Wille, deutsch zu lernen, oft vorhanden ist, und sich auch die deutsche Mentalität selbst über die Jahrhunderte oft erhalten hat. Wahrscheinlich gibt es auch andere Erfahrungen, ich kann jedenfalls von mehreren Russlanddeutschen in meinem Ort sprechen.

Zu Deinem Problem: In Schulen wird teilweise völlig in der Fremdsprache unterrichtet, auch in nichtsprachlichen Fächern, d.h., ohne die Muttersprache zu verwenden oder gar zu übersetzen. Auch kann man im Notfall Hände und Füße zu Hilfe nehmen. Ich hätte also in dieser Hinsicht keine Bedenken. Ich selbst habe auf diese Weise von einer Freundin Italienischunterricht erhalten - deutsch wurde nicht gesprochen.

Eine relativ junge Frau müsste doch Interesse daran haben, die Sprache ihrer neuen Heimat zu erwerben! Privatunterricht könnte ihr auch vielleicht bestehende Hemmungen nehmen. Ich würde einfach mal fragen, an der Reaktion merkt man, ob echtes Interesse besteht.

LG, Clara

Nachtrag: Das Wort "Aussiedler" in der Überschrift habe ich glatt überlesen, deshalb erübrigt sich meine Eingangsfrage!
Felide1
Felide1
Mitglied

Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von Felide1
als Antwort auf lalelu vom 08.06.2011, 11:01:21


Meine Schwiegertochter in spe ist Russin.Sie spricht perfekt Deutsch aber mit unserem Dialekt hapert es. Ich habe ihr vom ersten Tag an gesagt, wenn du was nicht verstehst dann frag nach, schließlich mußt du wenn du hierbleiben willst früher oder später auch den Dialekt verstehen. Am Anfang wurde Schriftsprache und das selbe im Dialekt gesprochen, heute klappt es schon wunderbar im Einzelgespräch und in der Gruppe wird es auch nicht mehr lange dauern bis sie alles versteht.Ich habe mir zur Gewohnheit gemacht wenn ich was nicht verstehe aufzuzeichnen, wenn das Wort dafür genannt wird einige male nachzusprechen so lernt man relativ leicht andere Sprachen zumindest einige wichtige Worte quatschen.

Felide
lalelu
lalelu
Mitglied

Re: Deutschunterricht für Aussiedler erteilen
geschrieben von lalelu
@nordstern & digizar, & clara & felide1

herzlichen Dank, dass ihr euch Gedanken macht!

@nordstern: der Gartenzaun als Ausgangsposition dürfte nicht ausreichen; ich bin dort einfach zu selten anzutreffen, als dass daraus ein fruchtbarer „Unterricht“ entstehen könnte – und wenn ich mal dort bin, dann ist sie meistens nicht da. Wenn schon, dann müssten feste Termine vereinbart werden. Die Gefahr, dass ich ihr alles abnehme, besteht allerdings nicht.

@digizar: sie ist älter als du es vermutest, ich schätze, sie geht auf die 50 zu. Die kleine Tochter ist ein Nachkömmling. Es gibt außerdem einen erwachsenen Sohn, der selbst schon zweifacher Papa ist und mit seiner Familie in Baden Württemberg lebt.

Es ist mir schon klar, dass es nicht einfach sein wird, da unterschiedlicher Sprachaufbau und unterschiedliche Mentalität berücksichtigt werden müssen und da wir uns gegenseitig sprachlich nicht verstehen, um Unklarheiten erklären zu können.

@clara: Die Familie kommt aus Kasachstan, ich weiß aber nicht, wieso sie nach Deutschland kam/kommen konnte. Auch nach meinem Kenntnisstand muss wenigstens einer deutsche Wurzeln haben, damit die Familie als russlanddeutsch anerkannt wird. Deshalb gehe ich davon aus, dass das auch hier der Fall ist, aber die Sprachkenntnisse der beiden Erwachsenen sind zu schlecht bzw. gar nicht vorhanden, als das sie das erklären könnten; das Kind wollten wir nicht ausfragen.

Hier gibt es ziemlich viele Aussiedler, da beim Abzug der Amerikaner die vielen bestehenden Housings den ankommenden russlanddeutschen Familien zur Verfügung gestellt wurden. Besonders die ersten dieser Familien kamen mit recht guten Sprachkenntnissen hierher. Bei späteren Übersiedlern waren Sprachkenntnisse oftmals kaum bis nicht vorhanden. Erst daraufhin verlangte man zur Einreise den Nachweis von Grundkenntnissen der deutschen Sprache, so dass diejenigen, die jetzt einreisen, wieder gute Sprachkenntnisse haben oder sich wenigstens verständlich machen können.

Da ihr mir alle Mut zusprecht, werde ich meiner Nachbarin jedenfalls den Vorschlag machen, ihr Deutschunterricht zu erteilen. Falls sie darauf eingeht, wird dieser Unterricht todsicher einsprachig sein – aber Hände und Füße werden ganz bestimmt ebenfalls zum Einsatz kommen.

@Felide 1: O wei! Als Ausländerin einen einheimischen Dialekt zu erlernen ist manchmal schwieriger als eine neue Fremdsprache. Deiner Schwiegertochter viel Erfolg dabei!

Lalelu

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