Forum Soziales und Lebenshilfe Soziales Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches

Soziales Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches

Emmalotta
Emmalotta
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Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches
geschrieben von Emmalotta
Liebe STler,

nachdem ich nun auch das erste halbe Jahr meines Ruhestandes und damit meine selbst erwählte "Orientierungsphase" fast hinter mir habe, nachdem ich auch viele gute Anregungen aus den Beiträgen meines Threads "Ruhestand - schwarzes Loch unvermeidbar?" bekommen habe (dafür allen ein herzliches DANKE!!), bin ich endlich aktiv auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit. Und dabei gibt es auch ziemlich skurrile Erfahrungen - siehe unten. Da dachte ich mir: es wäre hilfreich, gut und sicherlich auch unterhaltsam, einmal Eure Erfahrungen zu diesem Thema kennenzulernen ...

Hier also meine heutigen Telefonate in Sachen "Bewerbung um ein Schöffenamt":

Ich wäre gern Schöffin, weil ich mich schon immer für Menschen und ihre Schicksale interessiert habe, weil ich es schwierig finde, vor dem Hintergrund gegebener Gesetze jedem gerecht zu werden (Tätern und Opfern) und weil Gerichte, die im Namen des Volkes urteilen, auch mit Vertretern des Volkes besetzt sein sollten. Nun werden im kommenden Jahr neue Schöffen benannt (gewählt?), es trifft sich also gut, ich kann mich bewerben.

Das muss man bei seiner Gemeinde bzw. Stadt tun, las ich im Internet. Also rufe ich bei meiner Stadtverwaltung an, beim "Service-Telefon". Da sitzt ein offenkundig sehr junges Mädel, stutzt erstmal, als ich mein Anliegen vorbringe und sagt dann: "Also, dafür können Sie sich hier nicht so einfach bewerben - in welchem Bereich denn überhaupt?" Nach einigem Hin und Her ist klar: sie verstand, ich wolle mich im Rathaus als Chefin bewerben Das Wort Schöffin war ihr völlig fremd ...

Ok., hab ich ihr also erklärt, worum es sich dabei handelt. Half aber nicht weiter, weil sie keine Ahnung hatte, wer denn für solche seltsamen Jobs zuständig ist Ich habs dann aufgegeben, ihr alles noch mal zu erklären und mich an das Amtsgericht gewandt.

Tja, sagt mir ein netter Mitarbeiter, da müsse man sich an die Stadt wenden. Hab ich gemacht, sage ich, aber die nehmen keine Bewerbung als Chefin an und was eine Schöffin ist, wissen die nicht. Nach einem heftigen Lachanfall hat er mir dann die richtige Telefonnummer vom Hauptamt der Stadt und auch gleich den Namen der zuständigen Sachbearbeiterin genannt. Ende gut, alles gut: Sie hat meine Bewerbung sogar telefonisch entgegengenommen. Allerdings hat sie nur meine Daten gewollt - meine Motivation für dieses Amt hat sie nicht hinterfragt.

Irgendwann im nächsten Jahr werde ich dann wieder etwas hören - von der Stadt nicht, aber vom Amtsgericht. Das besetzt nämlich den Wahlausschuss für Schöffen, aber bewerben kann man sich da nicht - nur bei der Stadt Also,um es auf den Punkt zu bringen: Die Stadt sammelt Bewerbungen ein - Name, Vorname, Geburtsname, Beruf, Adresse - und setzt das alles auf eine vermutlich lange Liste. Ein Wahlausschuss beim Amtsgericht kriegt diese Liste und pickt sich Namen raus. Ohne je mit den Bewerbern gesprochen zu haben, ohne Genaueres über die Bewerber zu wissen. Finde ich schon ein bisschen befremdlich, dies Verfahren

Wann ich was höre, ist ungewiss, die Wahlperiode dauert das ganze Jahr 2013 (!!!), die Arbeit finge dann erst 2014 an. Vielleicht hör ich aber auch gar nichts, weil man sich im Wahlausschuss gegen meinen Namen auf der Liste entschieden hat

Schaun mer mal. Ich berichte gern weiter.

Und bin gespannt auf Eure Erfahrungen!
Liebe Grüße, Emma
olga64
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Re: Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches
geschrieben von olga64
als Antwort auf Emmalotta vom 06.12.2012, 14:21:15
Bei Schöffen gibt es Altersgrenzen - aber da liegen Sie ja noch darunter.
Meine Mutter war viele Jahre Schöffin. Sie hatte sich nie beworben, sie wurde ausgewählt. Warum dies so war, war ihr auch egal - sie fing mit Feuereifer an. Dieser legte sich bald. Viel zu sagen haben Schöffen ja nicht - sie sind ja keine Juristen. Oft sitzen sie recht gelangweilt stundenlang vor Gericht, während die Juristen untereinander ihre "Deals" auskungeln. Aber wenn Sie ernannt werden - warum nicht? Sie sollten dann nur prüfen, wie und wann Sie wieder aussteigen können - bei meiner Mutter war dies nicht einfach. Es ging vor Ablauf der Schöffenperiode nur gegen schlüssiges ärztliches Attest. Olga
clara
clara
Mitglied

Re: Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches
geschrieben von clara
als Antwort auf Emmalotta vom 06.12.2012, 14:21:15
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass auch das Ehrenamt des Betreuers eine lohnende Aufgabe ist. Früher hieß es Vormund und der Betreute wurde als Mündel bezeichnet. Diese für den betr. bedürftigen Menschen diskriminierenden Bezeichnungen wurden ersetzt.
Man wird eigentlich dazu von Amts wegen ernannt und muss bei einer Absage Gründe derselben nennen. Es kann aber auch durchaus sein, dass man sich um dieses Ehrenamt bewirbt. Es wird mit einer kleinen jährlichen Vergütung belohnt.

Clara

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weserstern
weserstern
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Re: Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches
geschrieben von weserstern
als Antwort auf olga64 vom 06.12.2012, 16:02:26
Bei Schöffen gibt es Altersgrenzen - aber da liegen Sie ja noch darunter.
Meine Mutter war viele Jahre Schöffin. Sie hatte sich nie beworben, sie wurde ausgewählt. Warum dies so war, war ihr auch egal - sie fing mit Feuereifer an. Dieser legte sich bald. Viel zu sagen haben Schöffen ja nicht - sie sind ja keine Juristen. Oft sitzen sie recht gelangweilt stundenlang vor Gericht, während die Juristen untereinander ihre "Deals" auskungeln. Olga


Viele Vereine, Parteien oder auch private Personen schlagen die Schöffen vor... auch kann man sich selbst bewerben...

Das Losverfahren entscheidet... und sicher sitz man stundenlang bei Gericht... doch das Votum der Schöffen ist ebenbürtig dem der Richter... dieses findet dann vor dem endgültigen Richterspruch statt..
" Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück"...
diese Beratung kann dann auch mal stundenlang dauern... denn es werden alle "Für und Wider" erörtert..
da zählt die Stimmabgabe der Schöffen gleichwertig, wie die der Richter.
Gerade deshalb, da die Schöffen keine Richter sind ...mit dem juristischen Hintergrund... gibt es, bei uns, dieses Justizsystem...

weserstern
olga64
olga64
Mitglied

Re: Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches
geschrieben von olga64
als Antwort auf weserstern vom 06.12.2012, 21:21:33
findet dann vor dem endgültigen Richterspruch statt..
" Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück"...
diese Beratung kann dann auch mal stundenlang dauern... denn es werden alle "Für und Wider" erörtert..
da zählt die Stimmabgabe der Schöffen gleichwertig, wie die der Richter.
Gerade deshalb, da die Schöffen keine Richter sind ...mit dem juristischen Hintergrund... gibt es, bei uns, dieses Justizsystem...

weserstern


Mein Freund ist ja Anwalt und demzufolge sehr oft vor Gericht, um seine Mandanten dort zu verteidigen. Schöffen sind in der Regel keine Juristen und viele wollen auch bei unverständlichen juristischen Termini nicht nachfragen, was das bedeutet. Ausserdem finden kleinere Prozesse ja im Minutentakt statt - da bleibt überhaupt keine Zeit dazu. Bei vielen Prozessen schleicht sich ja auch mehr und mehr das Deal-Prozedere ein. Von Anfang an bieten der Staatsanwalt und der Richter den Anwälten z.B. geringere Strafen gegen Schuldanerkenntnisse an. Auch dabei haben Schöffen zwar eine Stimme - die Gegenseite hat aber naturgemäss mehr Stimmen. Also rein mathematisch kann dies zwar "gleichwertig" sein - in der Praxis läuft das aber nicht so. Olga
weserstern
weserstern
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Re: Die Suche nach dem Ehrenamt - Erbauliches und Unverdauliches
geschrieben von weserstern
als Antwort auf olga64 vom 10.12.2012, 15:28:52
Schöffengericht

Je nach schwere des Falles wird an unterschiedlichen Gerichten geurteilt.

Die Besetzung der einzelnen Gerichte finden sie im Link...

Beim Landgericht ... ist die Besetzung... der vorsitzende Richter.. 2 beisitzende Richter und 2 Schöffen...
da kann es auch schon mal vorkommen, dass Zeugen aus fremden Ländern vorgeladen werden...
Gutachter aussagen... Mediziner Urteile über die schwere der Verletzungen abgeben... Fotos als Beweis vorgelegt werden, Videos anschaut werden... die gesamte Kammer Vorort reist...
und man trifft Starverteidiger.. sogar aus ihrer Region ...
das läuft natürlich nicht im Minutentakt.

Gruß weserstern

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